OGH 11Os77/13b

OGH11Os77/13b23.7.2013

Der Oberste Gerichtshof hat am 23. Juli 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab, Mag. Lendl, Mag. Michel und Dr. Oshidari als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Müller als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Roland B***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146 Abs 1, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 30. August 2012, GZ 13 Hv 45/12y-604, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden die Angeklagten Roland B*****, Rene L*****, Franz D*****, Peter K***** und DI Gerald R***** gemäß § 259 Z 3 StPO vom - zusammengefassten - Vorwurf (Anklageschrift ON 504) freigesprochen, sie hätten in Wien andere durch Täuschung über Tatsachen, und zwar durch die Vorgabe, eine äußerst gewinnträchtige und risikolose Veranlagung durchzuführen, zu Handlungen verleitet, welche diese am Vermögen schädigten, und zwar

1./ Roland B*****, DI Gerald R*****, Franz D*****, Peter K***** und Rene L***** zwischen Juli und Oktober 2009 mit dem abgesondert verfolgten Arthur H***** in unterschiedlicher Täterzusammensetzung als Geschäftsführer, Vorstand, faktischer Machthaber oder Vermittler der e***** corporation sieben namentlich genannte Personen zur Herausgabe von jeweils zwischen 49.000 Euro und 200.000 Euro liegenden Beträgen (insgesamt 849.000 Euro, Anklagegruppe B);

2./ und 3./ Peter K*****, DI Gerald R***** und Roland B***** zwischen Mai und Juni 2011 als Verantwortliche, faktische Machthaber oder Vermittler der S***** AG und deren Internetplattform „f*****.com“ Gerhard St*****, Peter K***** und DI Gerald R***** überdies Alfred Fr***** zur Herausgabe von Beträgen zwischen 480 Euro und 2.000 Euro (insgesamt 4.880 Euro; Anklagegruppe C).

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Freispruch richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 9 lit a StPO gestützte, zum Nachteil sämtlicher Angeklagter erhobene Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft.

Die Verfahrensrüge (Z 4) moniert unter Hinweis auf „S 175 ff in ON 603“ die Abweisung (ON 603 S 181) eines Antrags auf Vernehmung mehrerer namentlich genannter Zeugen zum Beweis dafür, „dass die Angeklagten zu den Teilfakten B und C der Anklageschrift im bewussten und gewollten Zusammenwirken betrügerisch das System e***** und f*****.com gegründet und durch arbeitsteilige Vorgehensweise im Sinne der Punkte B und C der Anklage aufrecht erhalten haben“, übersieht aber, dass der tatsächlich gestellte Antrag, „alle Beweisanträge aufrecht“ zu erhalten (ON 603 S 177 letzter Absatz), eine derartige Antragstellung mit der erforderlichen Bestimmung der Beweismittel gar nicht erkennen lässt, weshalb sie insoweit den Bezugspunkt der geltend gemachten Nichtigkeit verfehlt (§ 55 Abs 1 zweiter Satz StPO; RIS-Justiz RS0099498; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 327).

Für einen Erfolg der weiteren, sich gegen die Abweisung des Antrags auf Vernehmung des Zeugen Wolfgang Z***** zum selben Beweisthema (ON 603 S 175 f) richtenden Verfahrensrüge (Z 4) mangelt es dem Antrag an einer Begründung, aus welchem Grund der beantragte Zeuge Angaben zum Vorliegen der für die Annahme betrügerischen Vorgehens erforderlichen subjektiven Tatbestandselemente machen könnte und die beantragte Beweisaufnahme sohin das behauptete Ergebnis erwarten lasse (§ 55 Abs 1 letzter Satz StPO; RIS-Justiz RS0099453, RS0099189; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 327), zumal der Hinweis auf „diesbezügliche Ausführungen der AS 62 ff“ (ON 603 S 179 erster Absatz) nicht eindeutig erkennen lässt, auf welche konkrete Aktenstelle Bezug genommen werden sollte.

Die erst in der Verfahrensrüge zur Antragsfundierung erstatteten Nachträge sind verspätet und somit unbeachtlich (RIS-Justiz RS0099618; RS0099117).

Die von der Mängelrüge (Z 5 erster Fall) monierte Undeutlichkeit der Konstatierungen (vgl grundsätzlich Fabrizy, StPO11 § 281 Rz 42) zum Schädigungsvorsatz liegt bei den Fakten 1./, 2./II./ und 3./ aufgrund der Urteilsannahmen (US 4 f mit Begründung US 5, 7) zur fehlenden Feststellbarkeit einer Vorhersehbarkeit und Akzeptanz einer Schädigung durch die dort genannten Angeklagten nicht vor. Zufolge entsprechender Feststellungen geht auch der Vorwurf der Undeutlichkeit von Konstatierungen zur Tatbeteiligung beim Faktum 2./I./ ins Leere (US 4 letzter Absatz).

Da weitere Konstatierungen nicht erfolgten und hinsichtlich nicht getroffener Feststellungen eine Mängelrüge von vornherein nicht in Betracht kommt, sind die Vorwürfe der Undeutlichkeit (Z 5 erster Fall) sowie der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall), wonach das Gericht zu den beiden Faktenkomplexen „e*****“ und „f*****.com“ diverse Verfahrensergebnisse übergangen und deshalb die Feststellung bestimmter Umstände verabsäumt habe, aus dem Blickwinkel der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO ohne Belang (RIS-Justiz RS0099575 [T5]; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 420; Fabrizy, StPO11 § 281 Rz 41).

Bei der (für die Bekämpfung eines auf die Verneinung der Täterschaft gegründeten Freispruchs erforderlichen) Geltendmachung von Feststellungsmängeln wiederum darf kein mängelfrei konstatierter Umstand übergangen oder bestritten werden, sodass in Ansehung verneinter Tatbestandsmerkmale die erfolgreiche Geltendmachung eines Begründungsmangels erforderlich ist (RIS-Justiz RS0118580 [T14 und T20]; RS0127315; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 600 ff). Da wegen deren erfolgloser Anfechtung die fallaktuellen Konstatierungen, wonach zu 2./I./ ein kausaler Tatbeitrag der Angeklagten Peter K***** und DI Gerald R***** sowie im Übrigen der betrugsessentielle Schädigungsvorsatz nicht festgestellt werden konnte (US 4 f), eine anklagekonforme Verurteilung jedenfalls ausschließen, erübrigt sich ein Eingehen auf die sowohl in der Mängelrüge (inhaltlich indes Z 9 lit a) als auch in der Rechtsrüge (Z 9 lit a) unangemessen breit und oftmals wiederholt erhobenen, teilweise in eine - im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässige und daher unbeachtliche - kritische inhaltliche Auseinandersetzung mit den tatrichterlichen Erwägungen nach Art einer Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld mündenden Einwände, die unter dem Prätext vorgeblicher - überdies nicht konkret auf Tathandlungen der einzelnen Angeklagten bezogenen - Feststellungsmängel die zuvor erwähnten Konstatierungen prozessordnungswidrig übergehen.

Der zu 2./I./ erstattete Einwurf, das Erstgericht hätte das Anklagefaktum C./I./ selbständig umqualifizieren und dazu amtswegig ein Beweisverfahren abführen müssen, geht ins Leere (s US 9 f), weil eine Aufklärungsrüge (Z 5a) zum Nachteil des Angeklagten nicht geltend gemacht werden kann (§ 281 Abs 2 StPO; mit Blick auf die Z 7 des § 281 Abs 1 StPO vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 526, 538).

Die teils offenbar unbegründete, teils nicht gesetzmäßig ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde war daher - wie schon die Generalprokuratur zutreffend ausführte - bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 StPO).

Stichworte