Spruch:
1) Der Schriftsatz der beklagten Partei vom 18. 3. 2013 wird zurückgewiesen.
2) Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Sozialrechtssache wird zur Verfahrensergänzung und zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die beklagte Partei hat ihre Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.
Text
Begründung
Der Klägerin wurde von der beklagten Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse anlässlich der Geburt ihrer Tochter B***** am 24. 6. 2007 für den Zeitraum vom 25. 8. 2007 bis 31. 12. 2007 das Kinderbetreuungsgeld in Höhe von 1.874,37 EUR und ein Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld in Höhe von 781,74 EUR zuerkannt und ausbezahlt.
Seit 1. 3. 2007 verfügt die Klägerin über die Gewerbeberechtigung für das freie Gewerbe des Handels und Handelsagentengewerbes, seit 5. 12. 2007 zusätzlich für das freie Gewerbe der Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeugen mit Anhängern, deren höchstzulässige Gesamtgewichte insgesamt 3.500 kg nicht übersteigen. Zu einem nicht näher festgestellten Zeitpunkt wurde der Ehegatte der Klägerin als Dienstnehmer der „G***** Transportfirma H*****“ (zur Sozialversicherung) angemeldet. Die Klägerin hat die auf sie lautenden Gewerbe nicht bzw nie selbst ausgeübt. Da ihr Ehegatte aufgrund eines vorangegangenen Konkurses keine Gewerbeberechtigung mehr bekommen hätte, meldete die Klägerin die Gewerbe gleichsam als „Strohfrau“ für ihren Ehemann an. Dieser erbrachte mit dem familieneigenen Kleinbus verschiedene Transportleistungen.
Mit Bescheid des Finanzamts Linz vom 2. 2. 2010 wurden der Klägerin aufgrund der Einkünfte aus ihrem Gewerbebetrieb ursprünglich 743,67 EUR an Einkommenssteuer für das Jahr 2007 vorgeschrieben. Aufgrund einer Berufung änderte das Finanzamt diesen Bescheid mit Bescheid vom 3. 3. 2010 dahingehend ab, dass die Einkünfte der Klägerin aus Gewerbebetrieb mit 5.000 EUR ausgewiesen und die Einkommenssteuer mit 0,00 EUR festgesetzt wurde. Aus der Begründung des betreffenden Bescheids ergibt sich, dass die Einkünfte aus dem Gewerbebetrieb aufgrund der Lebenshaltungskosten geschätzt wurden. Weiters wurden der Klägerin für das Jahr 2007 Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 1.329,27 EUR vorgeschrieben.
Mit Bescheid vom 28. 10. 2011 widerrief die beklagte Partei die Zuerkennung des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld für den Zeitraum vom 25. 8. 2007 bis 31. 12. 2007 und verpflichtete die Klägerin zum Rückersatz der in dieser Zeit empfangenen Leistungen von insgesamt 781,74 EUR mit der Begründung, dass der maßgebliche Gesamtbetrag der Einkünfte der Klägerin im Jahr 2007 den für dieses Jahr geltenden Grenzbetrag von 5.200 EUR überschritten habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitige Klage der Klägerin mit dem sinngemäßen Begehren auf Feststellung, dass sie nicht zum Rückersatz der genannten Leistung verpflichtet sei. Es weise zwar der Einkommenssteuerbescheid für 2007 Einkünfte aus dem Gewerbebetrieb in Höhe von 5.000 EUR auf, dieser Betrag beruhe aber nur auf einer Schätzung der Lebenshaltungskosten. Tatsächlich habe die Klägerin im betreffenden Jahr überhaupt keine (zusätzlichen) Einkünfte erzielt.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und die Verpflichtung der Klägerin zur Rückzahlung des zu Unrecht bezogenen Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld in Höhe von 781,74 EUR. Der maßgebliche Gesamtbetrag der Einkünfte der Klägerin für das Jahr 2007 betrage 6.329,27 EUR und übersteige daher den maßgebenden Grenzbetrag von 5.200 EUR. Da diese Überschreitung mehr als 15 % betrage, sei die Härtefall‑Verordnung nicht anwendbar und der Zuschuss daher zur Gänze zurückzuzahlen.
Das Erstgericht stellte fest, dass die Klägerin nicht zum Rückersatz des im Zeitraum vom 25. 8. 2007 bis 31. 12. 2007 empfangenen Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld in Höhe von 781,74 EUR verpflichtet sei. Es stellte über den bereits eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinaus noch fest, dass die Klägerin Hausfrau ist und ihre insgesamt fünf Kinder betreut. Über ihr Vermögen wurde im Jahr 2012 der Privatkonkurs eröffnet. Der Ehegatte der Klägerin verdient ca 1.250 EUR netto (monatlich). Es steht nicht fest, dass unter zusätzlicher Berücksichtigung des Einkommens aus ihren Gewerbebetrieben der maßgebliche Gesamtbetrag der Einkünfte der Klägerin im Jahr 2007 insgesamt 5.200 EUR überschritten hat.
In rechtlicher Hinsicht gelangte das Erstgericht zu dem Ergebnis, dass die Einkommenssteuer der Klägerin für das Jahr 2007 nicht nur mit 0,00 EUR festgesetzt worden sei, sondern das dieser Festsetzung zugrundeliegende Einkommen auch bloß geschätzt worden sei. An eine solche Schätzung des Einkommens durch das Finanzamt erachte sich das Erstgericht insbesondere deshalb nicht gebunden, weil bei der Klägerin zu berücksichtigen sei, dass sie ihre Lebenshaltungskosten durchaus (bis zu einem gewissen Grad) von der Familienbeihilfe und dem Kinderbetreuungsgeld samt Zuschuss bestritten habe und nicht ersichtlich sei, ob dieser Umstand in die Schätzung des Finanzamts Eingang gefunden habe. An maßgebenden Einkünften für das Jahr 2007 stünden damit nur die der Klägerin vorgeschriebenen Sozialversicherungsbeiträge fest, die ihr als Gewerbeinhaberin unstrittig zuzurechnen seien. Daraus allein resultiere aber noch keine Überschreitung des Grenzbetrags nach § 9 Abs 3 KBGG, weshalb die Klägerin den Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld im Jahr 2007 zu Recht bezogen habe und nicht zu dessen Rückzahlung verpflichtet sei.
Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil. Soweit die beklagte Partei eine Bindung auch der Sozialgerichte an die von den Abgabenbehörden ermittelten Einkünfte aus dem Gewerbebetrieb geltend mache, sei eine solche Bindung der Gerichte an einen Einkommenssteuerbescheid der Abgabenbehörde bei der Ermittlung des relevanten Einkommens nach § 8 KBGG zu verneinen (vgl 10 ObS 51/12s). So seien etwa steuerliche Abschreibungen, die nur aus wirtschaftlichen Gründen vorgesehen seien, für den Sozialversicherungsbereich nicht als einkommensmindernd anzuerkennen. Schon deshalb könnten die Gerichte, deren Bindung sich überdies nur auf den Spruch über den Bescheidgegenstand (hier: Festsetzung der Einkommenssteuer) erstrecken könne, nicht an die in der Begründung bzw rechtlichen Beurteilung des Bescheids der Abgabenbehörde enthaltenen sonstigen Daten gebunden sein. Die sich aus der Bescheidbegründung ergebende Ermittlung der Einkünfte als bloße Schätzung der Lebenshaltungskosten stelle daher keine verbindliche Grundlage für die Ermittlung der nach § 8 KBGG maßgebenden Einkünfte dar. Da im konkreten Fall nicht feststehe, dass die Klägerin über die ihr vorgeschriebenen Sozialversicherungsbeiträge hinaus mehr als 3.870,73 EUR an weiteren Einkünften aus ihrem Gewerbebetrieb erzielt habe, habe sie den Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld im Jahr 2007 zu Recht bezogen, weshalb sie nicht zur Rückzahlung verpflichtet sei.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil das Berufungsgericht zur Frage der fehlenden Bindung an das von den Abgabenbehörden ermittelte Einkommen der zitierten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs gefolgt sei.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision der beklagten Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass die Klägerin verpflichtet werde, den für den Zeitraum vom 25. 8. 2007 bis 31. 12. 2007 in Höhe von insgesamt 781,74 EUR an sie ausbezahlten Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld an die beklagte Partei zurückzuzahlen. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Klägerin erstattete keine Revisionsbeantwortung.
I) Nach Erhebung der außerordentlichen Revision brachte die beklagte Partei am 18. 3. 2013 einen weiteren Schriftsatz ein. Abgesehen davon, dass er schon deshalb zurückgewiesen werden muss, weil er lange nach Ablauf der Rechtsmittelfrist eingebracht wurde, steht nach dem Grundsatz der „Einmaligkeit des Rechtsmittels“ jeder Partei im Rechtsmittelverfahren nur ein Schriftsatz zu (10 ObS 83/05m ua; RIS‑Justiz RS0041666).
II) Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abgewichen ist und im Sinne der beschlossenen Aufhebung auch berechtigt.
Die Revisionswerberin macht ‑ zusammen-gefasst ‑ geltend, dass für die Ermittlung des maßgeblichen Gesamtbetrags der Einkünfte nach § 8 KBGG weder den Krankenversicherungsträgern noch den Gerichten die Berechtigung zukomme, die von der Abgabenbehörde festgestellten und übermittelten Einkunftsdaten nachzuprüfen, weil Steuerdaten nicht der Kontrolle anderer Behörden oder der Arbeits‑ und Sozialgerichte unterliegen würden. Da die beklagte Partei somit nicht die rechtliche Kompetenz zur (Neu‑)Festsetzung von Steuerbemessungsgrundlagen habe, habe sie daher die betreffenden Steuerdaten weder auf deren Richtigkeit hin zu überprüfen noch selbst zu ermitteln und sie könne diese Daten auch nicht im Nachhinein abändern. Es bestehe somit im Bereich des Kinderbetreuungsgeldes sowohl für den Krankenversicherungsträger als auch für die Gerichte eine entsprechende Bindungswirkung hinsichtlich der Höhe eines laut Einkommenssteuerbescheid festgestellten steuerpflichtigen Einkommens. Die vom Berufungsgericht für seinen gegenteiligen Rechtsstandpunkt zitierte Entscheidung 10 ObS 51/12s habe insofern einen anderen Sachverhalt betroffen, als in dieser genannten Entscheidung zu beurteilen gewesen sei, ob ein Veräußerungsgewinn nach § 24 EStG 1988 ein iSd § 8 Abs 1 Z 2 KBGG relevantes Einkommen darstelle, während es sich bei dem von der Klägerin erzielten Einkommen um Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 23 EStG 1988) und damit unzweifelhaft um ein iSd § 8 Abs 1 Z 2 KBGG relevantes Einkommen handle.
Rechtliche Beurteilung
Der erkennende Senat hat dazu Folgendes erwogen:
1. Nach § 9 Abs 1 Z 2 KBGG haben verheiratete Mütter oder verheiratete Väter nach Maßgabe des § 12 KBGG Anspruch auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld. Ausgeschlossen vom Zuschuss sind gemäß § 9 Abs 3 KBGG in der hier anzuwendenden Fassung der KBGG‑Novelle, BGBl I 2003/58, Personen, deren maßgeblicher Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 8) einen Grenzbetrag von 5.200 EUR übersteigt.
1.1 Die Ermittlung des maßgeblichen Gesamtbetrags der Einkünfte hat somit nach § 8 KBGG zu erfolgen. Es wird dabei grundsätzlich von den (steuerpflichtigen) Einkünften gemäß dem EStG 1988 ausgegangen. Während § 8 Abs 1 Z 1 KBGG die Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 25 EStG 1988) regelt, ist in § 8 Abs 1 Z 2 KBGG in der hier maßgebenden Fassung der KBGG‑Novelle, BGBl I 2005/100, die Ermittlung der unter anderem für die Zuverdienstgrenze des § 9 KBGG maßgeblichen Einkünfte aus den Einkunftsarten gemäß §§ 21 bis 23 sowie §§ 27 bis 29 EStG 1988 näher geregelt. Auch bei diesen Einkunftsarten ist gleich den Einkünften aus unselbständiger Erwerbstätigkeit grundsätzlich der Gesamtbetrag der steuerpflichtigen Einkünfte iSd § 2 Abs 2 EStG 1988 maßgeblich. Gemäß § 2 Abs 4 Z 1 EStG 1988 sind Einkünfte aus Land‑ und Forstwirtschaft (§ 21 EStG 1988), selbständiger Arbeit (§ 22 EStG 1988) und Gewerbebetrieb (§ 23 EStG 1988) der nach den §§ 4 bis 14 EStG zu ermittelnde Gewinn. Für die sich aus den Einkunftsarten der §§ 21 bis 23 und §§ 27 bis 29 EStG ergebenden Einkünfte iSd § 2 Abs 2 EStG sind grundsätzlich nicht nur die in den Anspruchsmonaten, sondern die im gesamten Kalenderjahr zufließenden Einkünfte maßgeblich. Nicht einzurechnen sind Einkünfte, die aus einer Betätigung bezogen werden, die vor Beginn des Anspruchszeitraums beendet oder nach Ende des Anspruchszeitraums begonnen wird. Einkünfte aus Betätigungen, die Grundlage für Pflichtbeiträge in der gesetzlichen Sozialversicherung darstellen, sind um die darauf entfallenden vorgeschriebenen Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung zu erhöhen (vgl Ehmer ua, KBGG 2 , 146 ff).
1.2 Bei der Beurteilung des Gesamtbetrags der Einkünfte iSd § 8 KBGG geht der Gesetzgeber somit grundsätzlich von den steuerpflichtigen Einkünften gemäß dem EStG 1988 aus und knüpft damit an jenen Einkommensbegriff an, der für Zwecke der Erhebung der Einkommenssteuer als maßgeblich angesehen wird. Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26. 2. 2009, G 128/08 ua, VfSlg 18.705, ausgeführt hat, ist der Heranziehung des steuerrechtlichen Einkommensbegriffs für Zwecke der Bemessung familienfördernder Leistungen aus verwaltungsökonomischen Überlegungen nicht entgegen-zutreten, zumal eine alternative, vom Steuerrecht losgelöste Ermittlung des „tatsächlichen Einkommens“ allein für Zwecke des Kinderbetreuungsgeldes nur mit einem verhältnismäßig hohen administrativen Ermittlungsaufwand im Einzelfall zu verwirklichen wäre.
1.3 Nach der Rückforderungsbestimmung des § 31 Abs 2 zweiter Satz KBGG ist der Empfänger einer Leistung nach diesem Bundesgesetz auch dann zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn sich ohne dessen Verschulden aufgrund des von der Abgabenbehörde an die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse übermittelten Gesamtbetrags der Einkünfte ergibt, dass die Leistung nicht oder nicht in diesem Umfang gebührt hat. Gemäß § 37 Abs 1 KBGG haben die Abgabenbehörden den Krankenversicherungsträgern jene Daten, die eine wesentliche Voraussetzung zur Wahrnehmung der ihnen durch dieses Bundesgesetz übertragenen Aufgaben darstellen, elektronisch zu übermitteln. In diesem Sinne haben die Abgabenbehörden für Personen, deren Einkommen zur Feststellung des Anspruchs auf Leistungen nach diesem Bundesgesetz heranzuziehen ist, im Rahmen ihres Wirkungsbereichs im Ermittlungsverfahren festgestellte Daten gemäß § 8 sowie jene Daten, aus denen Ansprüche auf Familienbeihilfe hervorgehen, auf Anfrage den Krankenversicherungsträgern bekannt zu geben (vgl § 37 Abs 2 KBGG in der Stammfassung, BGBl I 2001/103).
2. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass aufgrund der unterschiedlichen Ziele der Sozialversicherungsgesetze und der Steuergesetze zwischen dem Einkommen im Sinn des EStG 1988 und dem Erwerbseinkommen im Sinne der Sozialversicherungsgesetze erhebliche Unterschiede bestehen können. Die Versicherungsträger (sowie aufgrund der sukzessiven Kompetenz die Gerichte) können daher in diesen Fällen bei der Ermittlung des relevanten Einkommens zu durchaus anderen Ergebnissen als die Abgabenbehörden kommen. Letztlich ist es somit Aufgabe der Gerichte zu klären, welche Einkünfte bzw Abzüge bei der Ermittlung der Höhe der Erwerbseinkommen im Sinne der Sozialversicherungsgesetze zu berücksichtigen sind (vgl zuletzt 10 ObS 136/12s mwN; RIS‑Justiz RS0085302, RS0085210, RS0105193 ua). So sind etwa steuerliche Abschreibungen, die nur aus wirtschaftlichen Gründen vorgesehen sind, für den Sozialversicherungsbereich nicht als einkommensmindernd anzuerkennen (RIS‑Justiz RS0084294 [T1] ua). Nach dieser Rechtsprechung ist eine Bindung der Gerichte, welche sich überdies nur auf den Spruch über den Bescheidgegenstand erstrecken kann, an einen Einkommenssteuerbescheid der Abgabenbehörde in diesem Zusammenhang zu verneinen (vgl RIS‑Justiz RS0084294 [T2] ua). So hat der erkennende Senat beispielsweise in der auch vom Berufungsgericht zitierten Entscheidung 10 ObS 51/12s unter Verneinung der Bindung an den Einkommenssteuerbescheid die Auffassung vertreten, dass es sich bei dem damals zu beurteilenden „fiktiven“, eine Konstruktion des Steuerrechts darstellenden Veräußerungsgewinn iSd § 24 EStG 1988 um kein iSd § 8 Abs 1 Z 2 KBGG relevantes Einkommen handelt, welches dem für die Rückforderung des Kinderbetreuungsgeldes maßgebenden Zeitraum zugeordnet werden könnte.
2.1 Es entspricht aber ebenfalls der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass es die Ablehnung einer generellen Rezeption des Steuerrechts nicht ausschließt, im Einzelfall auftretende Zweifelsfragen unter Zuhilfenahme steuerrechtliche Normen zu klären (10 ObS 140/07x, SSV‑NF 21/82 mwN; RIS‑Justiz RS0085302, RS0085210). So hat der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach ausgeführt, dass für die Ermittlung der Einkünfte aus selbständiger Erwerbstätigkeit grundsätzlich auf die Bestimmungen des EStG 1988 zurückzugreifen ist (vgl 10 ObS 198/09d, SSV‑NF 24/2 mwN). Wenn daher Einkünfte aus einer steuerrelevanten Einkunftsart erfließen, spricht grundsätzlich nichts dagegen, zB Einkünfte aus Gewerbebetrieb oder aus selbständiger Arbeit mit dem Gewinn im Sinne des Steuerrechts gleichzusetzen (vgl 10 ObS 104/10g; 10 ObS 300/90; 10 ObS 245/90, SSV‑NF 4/95; 10 ObS 57/88, SSV‑NF 2/111 ua; Schrammel , Probleme der Ausgleichszulage, ZAS 1992, 9 [11] mwN). In diesem Sinn hat es der Oberste Gerichtshof beispielsweise als gerechtfertigt angesehen, im Ausgleichszulagenrecht bei selbständig Erwerbstätigen grundsätzlich vom steuerlichen Gewinn, vermindert um die gesetzlich geregelten Abzüge, auszugehen, wenn die ausgleichszulagenrelevanten Einkünfte aus einer steuerrelevanten Einkunftsart erfließen (10 ObS 421/01m, SSV‑NF 16/67 ua).
2.2 In der einen mit dem vorliegenden Sachverhalt vergleichbaren Fall betreffenden Entscheidung 10 ObS 104/10g hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass bei selbständig Erwerbstätigen auch bei der Ermittlung des maßgeblichen Gesamtbetrags der Einkünfte nach § 8 KBGG von den mit rechtskräftigem Einkommenssteuerbescheid für den maßgebenden Zeitraum festgestellten steuerpflichtigen Einkünften der Kinderbetreuungsgeldbezieherin auszugehen ist. An dieser Auffassung ist auch im vorliegenden Fall weiterhin festzuhalten.
3. Wie die beklagte Partei in ihren Revisionsausführungen zutreffend aufzeigt, besteht nach der bereits zitierten Regelung des Rückforderungstatsbestands nach § 31 Abs 2 zweiter Satz KBGG unabhängig vom Verschulden des Leistungsempfängers eine Verpflichtung zur Rückzahlung des unberechtigt Empfangenen, wenn sich aus dem von der Abgabenbehörde an die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse nachträglich übermittelten Gesamtbetrag der maßgeblichen Einkünfte gemäß § 8 KBGG ergibt, dass die Zuverdienstgrenze unter anderem des § 9 Abs 3 KBGG überschritten wurde. Zutreffend macht die beklagte Partei daher geltend, dass sie bei ihrer Entscheidung über den Widerruf und die Rückforderung des strittigen Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld an den Spruch des rechtskräftigen Einkommenssteuerbescheids der Klägerin vom 3. 3. 2010 gebunden war und sie daher keine Einkunftsdaten, die vom relevanten Einkommenssteuerbescheid abweichen, ihren Berechnungen zugrunde legen durfte.
3.1 Die angesprochene Bindung der beklagten Partei und damit aufgrund der sukzessiven Kompetenz auch des Arbeits‑ und Sozialgerichts an den rechtskräftigen Einkommenssteuerbescheid besteht nur hinsichtlich der Höhe der ermittelten Einkünfte. Für die Beachtlichkeit der Einkünfte im Einzelnen oder im Gesamten ist nicht das steuerliche Ergebnis von Bedeutung, sondern die Anordnungen in § 8 KBGG. In diesem Sinne hat der Oberste Gerichtshof in der vom Berufungsgericht zu Unrecht für seinen Rechtsstandpunkt ins Treffen geführten Entscheidung 10 ObS 51/12s ausgesprochen, dass es sich beim Veräußerungsgewinn nach § 24 EStG um kein iSd § 8 Abs 1 Z 2 KBGG relevantes Einkommen handelt. Demgegenüber ist im vorliegenden Fall nicht strittig, dass es sich bei den im Einkommenssteuerbescheid der Klägerin vom 3. 3. 2010 für das Jahr 2007 ausgewiesenen Einkünften um Einkünfte aus Gewerbebetrieb iSd § 23 EStG handelt, die Gewerbebetriebe allein auf Rechnung und Gefahr der Klägerin betrieben wurden und ihr daher die Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 5.000 EUR allein zuzurechnen sind.
3.2 Nach Lehre ( Schragel in Fasching/Konecny 2 II/2 § 190 ZPO Rz 14; Fucik in Rechberger , ZPO 3 § 190 Rz 5 jeweils mwN) und ständiger Rechtsprechung (vgl 9 ObA 42/10g; 2 Ob 210/07g mwN ua; RIS‑Justiz RS0037051, RS0036948 ua) ist für die Gerichte nur der Spruch über den Bescheidgegenstand bindend, nicht jedoch dessen Begründung bzw rechtliche Beurteilung. Abgabenbescheide haben gemäß § 198 Abs 2 BAO im Spruch die Art und Höhe der Abgaben, den Zeitpunkt ihrer Fälligkeit und die Grundlagen der Abgabenfestsetzung (Bemessungsgrundlagen) zu enthalten (vgl VwGH 92/14/0129). Zur Bemessungsgrundlage gehören Größen, aus denen die Abgaben unmittelbar abgeleitet werden, wie beispielsweise das Einkommen (§ 2 Abs 2 EStG) bei der veranlagten Einkommenssteuer ( Ritz , BAO 4 § 198 Rz 16 mwN). Damit ist auch die Bemessungsgrundlage der festgesetzten Abgabe der Rechtskraft fähig ( Stoll , BAO 2078).
3.3 Im vorliegenden Fall wurden die Einkünfte der Klägerin iSd § 2 Abs 2 EStG 1988 aus Gewerbebetrieb (§ 23 EStG) für den maßgeblichen Zeitraum 2007 im Spruch des rechtskräftigen Einkommenssteuerbescheids vom 3. 3. 2010 mit 5.000 EUR festgestellt. Soweit die Klägerin geltend macht, dieser Betrag beruhe nur auf einer Schätzung der Lebenshaltungskosten und sie habe im betreffenden Jahr überhaupt keine (zusätzlichen) Einkünfte erzielt, ist ihr zu erwidern, dass in Anbetracht der dargestellten Bindung an den Spruch des Einkommenssteuerbescheids auch eine durch Schätzung der Bemessungsgrundlage ermittelte Besteuerungsgrundlage heranzuziehen ist. Soweit von der Klägerin in ihrer Klage die Berechnung der Besteuerungsgrundlage bemängelt wird, geht sie daher ins Leere (vgl VwGH 2008/08/0210; 2002/08/0052 ua). Dies würde in gleicher Weise auch für einen dahin zu verstehenden Einwand der Klägerin, es seien ihr diese Einkünfte nicht zugeflossen, gelten (vgl 10 ObS 104/10g; VwGH 2006/08/0033).
4. Da somit der maßgebliche Gesamtbetrag der Einkünfte gemäß § 8 KBGG (unter Berücksichtigung der der Klägerin vorgeschriebenen Sozialversicherungsbeiträge von 1.329,27 EUR) in Höhe von insgesamt 6.329,27 EUR den für das Jahr 2007 gemäß § 9 Abs 3 KBGG geltenden Grenzbetrag von 5.200 EUR bei weitem überschreitet, ist nach der zutreffenden Rechtsansicht der beklagten Partei der Rückforderungstatbestand des § 31 Abs 2 zweiter Satz KBGG erfüllt, zumal auch ein Härtefall iSd § 1 lit a KBGG‑Härtefälle‑Verordnung (BGBl II 2001/405 idF BGBl II 2004/91) nicht vorliegt. Eine Anwendung der Härtefallregelung des § 1 lit b der Härtefälle‑Verordnung kommt erst nach Vorliegen eines rechtskräftigen Bescheids oder Urteils über die Rückzahlungsverpflichtung in Betracht (RIS‑Justiz RS0124750).
5. Dennoch ist die Sache noch nicht spruchreif.
5.1 Gemäß § 89 Abs 4 ASGG ist unter anderem in Rechtsstreitigkeiten über die Pflicht zum Rückersatz einer zu Unrecht empfangenen Versicherungsleistung die Leistungsfrist unter Berücksichtigung der Familien‑, Einkommens‑ und Vermögensverhältnisse des Klägers nach Billigkeit zu bestimmen. Das Gericht kann insoweit auch die Zahlung in Raten anordnen. Das Vorliegen der Billigkeitsvoraussetzungen ist von Amts wegen zu prüfen. Eine gänzliche oder teilweise Nachsicht der Rückzahlungspflicht durch das Gericht ist hingegen nicht möglich (vgl Neumayr in ZellKomm 2 § 89 ASGG Rz 23 mwN).
5.2 Wie sich aus der Einsichtnahme in die Insolvenzdatei ergibt, wurde mit Beschluss des Bezirksgerichts Linz vom 16. 5. 2011, 37 S 62/11p, über das Vermögen der Klägerin das Schuldenregulierungsverfahren eröffnet. Da der vorgelegte Zahlungsplan von den Gläubigern nicht angenommen wurde, wurde mit dem in Rechtskraft erwachsenen Beschluss vom 5. 7. 2011 das Abschöpfungsverfahren eingeleitet und in weiterer Folge das Schuldenregulierungsverfahren aufgehoben. Eine Bestimmung der Leistungsfrist gemäß § 89 Abs 4 ASGG kann aber nicht ohne Berücksichtigung der aktuellen Einkommens‑ und Vermögensverhältnisse der Klägerin im Hinblick auf das anhängige Abschöpfungsverfahren erfolgen. Da ‑ ausgehend von einer anderen Rechtsansicht der Vorinstanzen ‑ diese Frage mit den Parteien bisher weder erörtert noch darüber ausreichend Feststellungen getroffen wurden, bedarf es einer Verhandlung in erster Instanz, um die Sache spruchreif zu machen.
Die beklagte Partei hat ihre Kosten unabhängig vom Verfahrensausgang selbst zu tragen (§ 77 Abs 1 Z 1 ASGG).
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