OGH 10ObS136/12s

OGH10ObS136/12s17.12.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, den Hofrat Dr. Fellinger und die Hofrätin Dr. Fichtenau sowie die fachkundigen Laienrichter Prof. Mag. Dr. Thomas Keppert (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Ing. Thomas Bauer (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei M*****, vertreten durch Mag. Michael Kadlicz, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, gegen die beklagte Partei Wiener Gebietskrankenkasse, 1100 Wien, Wienerbergstraße 15‑19, vertreten durch Dr. Heinz Edelmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen Rückforderung von Kinderbetreuungsgeld, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 27. März 2012, GZ 9 Rs 145/11a‑17, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Arbeits‑ und Sozialgericht vom 10. Juni 2011, GZ 5 Cgs 103/11f‑8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin bezog von der beklagten Gebietskrankenkasse für ihren am 15. 11. 2003 geborenen Sohn M***** im Zeitraum vom 1. 1. 2006 bis 14. 5. 2006 Kinderbetreuungsgeld in Höhe von 1.947,02 EUR. Im gleichen Zeitraum verdiente sie als unselbständig Erwerbstätige monatlich 1.062,01 EUR brutto. Im März 2006 erhielt die Klägerin zusätzlich eine Sonderzahlung von 531 EUR brutto. Im April 2006 kam ein Fahrtkostenzuschuss in Höhe von 1.592 EUR zur Auszahlung, der für den Zeitraum Jänner bis Dezember 2006 berechnet war.

Mit Bescheid vom 19. 4. 2011 sprach die beklagte Partei aus, dass die Zuerkennung des Kinderbetreuungsgeldes für den Zeitraum 1. 1. 2006 bis 14. 5. 2006 widerrufen und die Klägerin zum Rückersatz der unberechtigt empfangenen Leistung von 1.947,02 EUR verpflichtet werde.

Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin rechtzeitig Klage, mit dem Begehren, es möge festgestellt werden, dass der Anspruch auf Rückforderung des Kinderbetreuungsgeldes nicht zu Recht bestehe.

Die Klägerin brachte zusammengefasst vor, bei Berechnung der für die Zuverdienstgrenze maßgebenden Einkünfte müsse der Fahrtkostenzuschuss außer Betracht bleiben, weil es sich bei diesem Betrag um eine einmalige jährliche Leistung handle, die einen sonstigen Bezug iSd § 67 EStG 1988 darstelle. Sonstige Bezüge gemäß § 67 EStG 1988 hätten bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nach § 8 Abs 1 Z 1 KBGG außer Ansatz zu bleiben. Die Arbeitgeberin habe die Einmalzahlung in der Lohnbestätigung nur irrtümlich in die steuerpflichtigen Bezüge miteinbezogen. Nach der Judikatur des VwGH seien unter dem Begriff „sonstige Bezüge“ nach § 67 EStG 1988 vom selben Arbeitgeber neben dem laufenden Arbeitslohn bezogene sonstige Einkünfte zu verstehen, die neben, also zusätzlich zum Lohn ausbezahlt werden und die sich sowohl durch den Rechtstitel als auch durch die tatsächliche Auszahlung deutlich von den laufenden Bezügen unterscheiden. Diese Merkmale träfen auf den Fahrtkostenzuschuss zu. Es handle sich um eine einmalige Leistung, die neben dem laufenden Monatslohn bezahlt werde und auch nicht für den üblichen Lohnzahlungszeitraum (ein Monat) geleistet werde, sondern für das gesamte Jahr. Da sich der Gesetzgeber bei Berücksichtigung der steuerfreien Einkünfte sowie sonstiger Bezüge zur Vermeidung administrativer Probleme entschlossen habe, diese pauschal zu berücksichtigen, sei für die Berechnung ein Zuschlag von 30 % vorgenommen worden. In diesem Zuschlag sei auch der Fahrtkostenzuschuss als sonstiger Bezug nach § 67 EStG berücksichtigt. Damit ergäben sich Einkünfte von 1.062,01 EUR x 4 Monate (ohne Sonderzahlung) in Höhe von 4.240,04 EUR (gemeint wohl „4.248,04 EUR“). Gemäß § 8 KBGG errechne sich für das Jahr 2006 ein maßgeblicher Gesamtbetrag von 11.506,56 EUR (4.248,04 EUR minus 764,64 EUR [an anteiligen Sozialversicherungsbeiträgen für 4 Monate], minus 489 EUR [an Pendlerpauschale ], minus 44 EUR [an Werbungskosten], also 2.950,04 EUR geteilt durch 4 mal 12 ergibt 8.851,20 EUR zuzüglich 30 % ergibt 11.506,56 EUR). Die im Jahr 2006 geltende Zuverdienstgrenze von 14.600 EUR werde damit nicht erreicht. Sollte der Fahrtkostenzuschuss doch eingerechnet werden, wäre dieser jedenfalls anteilsmäßig zu aliquotieren. Das zur Auszahlung gebrachte Kinderbetreuungsgeld sei zudem bereits gutgläubig verbraucht worden.

Die beklagte Gebietskrankenkasse beantragte Klageabweisung und wendete im Wesentlichen ein, dass der Arbeitgeber die steuerpflichtigen Bezüge der Klägerin für den klagsrelevanten Zeitraum mit 4.566,40 EUR gemeldet habe, wovon Werbungskosten von 44 EUR in Abzug zu bringen seien, sodass sich ein Betrag von 4.522,40 EUR ergebe. Aus diesem Betrag (geteilt durch 4 zuzüglich 30 % mal 12) errechne sich ein maßgebender Gesamtbetrag aus nichtselbständiger Arbeit für das Jahr 2006 von 17.637,36 EUR, der den Grenzbetrag von 14.600 EUR um mehr als 15 % übersteige. Eine geringfügige Überschreitung der Zuverdienstgrenze nach der Härtefälle‑Verordnung sei nicht mehr gegeben. Ob und gegebenenfalls wie der jeweilige Bezieher die erhaltenen Beträge verwendet habe, sei für die Beurteilung des Bestehens eines Rückforderungsanspruchs unerheblich. Geleistete Fehlauszahlungen seien jedenfalls rückzufordern.

Die Klägerin erwiderte, dass der von ihrer Arbeitgeberin bekanntgegebene steuerpflichtige Bezug in Höhe von 4.566,40 EUR den Bruttolohn ohne Sonderzahlungen für den Zeitraum Jänner bis April 2006 in Höhe von 5.820,04 EUR (= 4 mal 1.062,01 EUR) zuzüglich 1.572 EUR an Fahrtkostenzuschuss umfasse. Davon seien 764,64 EUR an Sozialversicherungsbeiträgen (191,16 EUR x 4) und die Pendlerpauschale von 489 EUR in Abzug gebracht worden.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und verpflichtete die Klägerin zur Rückzahlung der 1.947,02 EUR binnen vier Wochen. In rechtlicher Hinsicht vertrat es den Standpunkt, gemäß § 2 KBGG bestehe Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld, wenn der maßgebliche Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 8 KBGG) des Elternteils im Kalenderjahr den Grenzbetrag von (im Jahr 2006) 14.600 EUR nicht übersteige. Es sei von jenen Einkünften auszugehen, die während der Kalendermonate mit Anspruch auf Auszahlung des Kinderbetreuungsgeldes zugeflossen seien. Sonstige Bezüge iSd § 67 EStG 1988 haben außer Betracht zu bleiben. Da die Zuverdienstgrenze auf den „maßgeblichen Gesamtbetrag der Einkünfte“ abstelle, sei sie als Einkünfte-und nicht als Einkommensgrenze zu verstehen, weshalb der Fahrtkostenzuschuss als Teil des maßgeblichen Gesamtbetrags der Einkünfte anzusehen sei. Die Pendlerpauschale sei bei Berechnung des maßgeblichen Gesamtbetrags nicht in Abzug zu bringen, weil es nicht die Höhe der Einkünfte verringere, sondern als Begünstigung bei der Berechnung der zu leistenden Steuer zu sehen sei. Bei der Berechnung nach § 8 KBGG sei somit von einem Gehalt von 4.248,04 EUR (1.062,01 EUR mal 4) auszugehen, minus 764,64 EUR an Sozialversicherungsbeiträgen, minus 4,24 EUR an Betriebsratsumlage ergebe 3.479,17 EUR, geteilt durch 4 mal 12 minus 132 EUR ergebe 10.305,48 EUR, zuzüglich 30 % ergebe 13.397,12 EUR. Zuzüglich des Fahrtkostenzuschusses von 1.572 EUR abzüglich des darauf entfallenden Sozialversicherungsbeitrags von 15,72 EUR betrage der maßgebliche Gesamtbetrag der Einkünfte (auch ohne Erhöhung des Fahrtkostenzuschusses um 30 %) zumindest 14.953,37 EUR. Dieser Betrag liege zwar über dem maßgeblichen Grenzbetrag von 14.600 EUR, die Überschreitung übersteige jedoch 15 % nicht. Ein Härtefall liege dennoch nicht vor, weil gar nicht vorgebracht worden sei, dass die Auszahlung eines Fahrtkostenzuschusses für die Klägerin unvorhersehbar gewesen wäre. Dass der Leistungsempfänger aufgrund der Unkenntnis der entsprechenden Gesetzesbestimmungen nicht erkannt habe, dass er die Zuverdienstgrenze überschreiten könne, erfülle nicht das Kriterium der Unvorhersehbarkeit. Aufgrund der objektiven Rückzahlungsverpflichtung komme dem Einwand des gutgläubigen Verbrauchs keine Berechtigung zu.

Das Berufungsgericht bestätigte die Abweisung des Klagebegehrens. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil keine Rechtsprechung zu der Frage bestehe, ob Fahrtkostenzuschüsse in den Zuverdienst gemäß § 8 Abs 1 Z 1 KBGG einzurechnen seien.

Rechtlich ging das Berufungsgericht davon aus, nach der Rechtsprechung des VwGH (91/13/0081) handle es sich bei Reisekostenvergütungen nicht um „sonstige Bezüge“ iSd § 67 EStG, sondern um laufende Bezüge. Dass es sich bei dem von der Klägerin bezogenen Fahrtkostenzuschuss um steuerfreie Einkünfte (§§ 3, 26 und 68 EStG) handle, sei von der Klägerin nicht behauptet worden. Das Erstgericht habe daher zu Recht den Fahrtkostenzuschuss bei der Berechnung des für den Bezug von Kinderbetreuungsgeld maßgeblichen Gesamtbetrags der Einkünfte miteinbezogen. Es sei auf die Summe der Einkünfte abzustellen, die während der Kalendermonate mit Anspruch auf Auszahlung des Kinderbetreuungsgeldes zugeflossen seien. Der Zeitpunkt des Zuflusses richte sich nach § 19 EStG. Maßgeblich sei also grundsätzlich der Zeitpunkt der tatsächlichen Zahlung, nicht aber das Anspruchsprinzip bzw die Fälligkeit. Wie die beklagte Partei zutreffend errechnet habe, übersteige der nach diesen Grundsätzen ermittelte Gesamtbetrag den im vorliegenden Fall zur Anwendung kommenden Grenzbetrag von 14.600 EUR im Ausmaß von mehr als 15 %. § 1 lit a der Härtefälle‑Verordnung komme daher von vornherein nicht zum Tragen. Auf den in der Berufung geltend gemachten Verfahrensmangel, der darin liegen soll, dass das Erstgericht dem Beweisantrag auf Einvernahme der Klägerin zu den Voraussetzungen der Anwendung der Härtefälle‑Verordnung nicht nachgekommen sei, müsse nicht eingegangen werden.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Klägerin mit dem Antrag, auf Abänderung in ein klagestattgebendes Urteil; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Klägerin ist zulässig und berechtigt.

Die Revisionswerberin wiederholt ihren Rechtsstandpunkt, der einmal jährlich neben dem Arbeitslohn zur Auszahlung gelangende Fahrtkostenzuschuss sei bei Errechnung des maßgeblichen Gesamtbetrags der Einkünfte nach § 8 KBGG als sonstiger Bezug iSd § 67 EStG 1988 außer Acht zu lassen und durch den 30%igen Pauschalzuschlag berücksichtigt. Der maßgebliche Gesamtbetrag der Einkünfte sei auch um die Pendlerpauschale zu reduzieren, die Werbungskosten nach § 16 EStG darstelle. Sollte der Fahrtkostenzuschuss doch in den maßgeblichen Gesamtbetrag der Einkünfte einzurechnen sein, so wäre sachgerechterweise eine periodenweise Zuteilung vorzunehmen, weshalb sich ‑ umgerechnet auf ein Monat ‑ der Fahrtkostenzuschuss mit 131 EUR errechne. Auch die auf dieser Basis anzustellende Berechnung ergebe ‑ unter Berücksichtigung auch der Pendlerpauschale ‑ einen unter dem Grenzbetrag von 14.600 EUR liegenden Gesamtbetrag. Selbst wenn man den gesamten Fahrtkostenzuschuss einberechnen wollte, resultiere unter Berücksichtigung sämtlicher abzuziehender Beträge eine nur geringfügige Überschreitung im Sinne der Härtefälle‑Verordnung.

Die beklagte Partei wendet in ihrer Revisionsbeantwortung ua ein, die steuerrechtliche Beurteilung obliege ausschließlich den Finanzbehörden und nicht den Gerichten. Wie aus dem Akteninhalt ersichtlich sei, habe die Abgabenbehörde der beklagten Partei die sonstigen Bezüge der Klägerin gemäß § 67 EStG mit „EUR 0,00“ gemeldet, woraus erkennbar sei, dass die Abgabenbehörde den Fahrtkostenzuschuss nicht unter die sonstigen Bezüge nach § 67 EStG subsumiert habe. Es komme iSd § 19 EStG 1988 allein auf den Zeitpunkt des „Zuflusses“ der Zahlung an. Der Klägerin wäre ein Verzicht auf das Kinderbetreuungsgeld für April 2006 zumutbar gewesen.

Dazu ist auszuführen:

1.1. Gemäß § 2 Abs 1 Z 3 KBGG hat ein Elternteil Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld für sein Kind, sofern der „maßgebliche Gesamtbetrag der Einkünfte“ des Elternteils im Kalenderjahr den Grenzbetrag nicht übersteigt.

1.2. Entscheidend ist somit, ob der Gesamtbetrag der Einkünfte der Klägerin (§ 8 KBGG) im Jahr 2006 den damals maßgeblichen Grenzbetrag von 14.600 EUR (§ 2 Abs 1 Z 3 KBGG idF BGBl I 2005/100) überschritten hat. War dies nicht der Fall, wäre die Klägerin nicht gemäß § 31 Abs 2 KBGG zum Ersatz des Kinderbetreuungsgeldes verpflichtet.

1.3. § 8 Abs 1 Z 1 KBGG regelt die Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit und sieht grundsätzlich vor, dass auf die während der Kalendermonate mit Anspruch auf Auszahlung des Kinderbetreuungsgeldes (Anspruchszeitraum) zugeflossenen Einkünfte abzustellen ist („Zuverdienst“). Unter den Begriff des Zuverdienstes fallen alle steuerpflichtigen Einkünfte und Einkunftsteile. Steuerfreie Einkünfte und Einkunftsteile zählen hingegen nicht zum Zuverdienst. Sonstige Bezüge iSd § 67 EStG 1988 bleiben ebenfalls außer Ansatz.

2.1. Da der Gesetzgeber bei der Beurteilung des Gesamtbetrags der Einkünfte iSd § 8 KBGG „grundsätzlich“ von den steuerpflichtigen Einkünften gemäß dem EStG 1988 ausgeht (RV 620 BlgNR 21. GP 61), knüpft er damit an jenen Einkommensbegriff an, der für Zwecke der Erhebung der Einkommenssteuer als maßgeblich angesehen wird. Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26. 2. 2009, G 128/08 ua, ausgeführt hat, ist der Heranziehung des steuerrechtlichen Einkommensbegriffs für Zwecke der Bemessung familienfördernder Leistungen aus verwaltungsökonomischen Überlegungen nicht entgegenzutreten, zumal eine alternative, vom Steuerrecht losgelöste Ermittlung des „tatsächlichen Einkommens“ allein für Zwecke des KBGG nur mit einem unverhältnismäßig hohen administrativen Ermittlungsaufwand im Einzelfall zu verwirklichen wäre.

2.2. Dennoch können aufgrund der unterschiedlichen Ziele der Sozialversicherungsgesetze und der Steuergesetze zwischen dem Einkommen iSd EStG 1988 und dem Erwerbseinkommen im Sinn der Sozialversicherungsgesetze erhebliche Unterschiede bestehen. Die Versicherungsträger (sowie aufgrund der sukzessiven Kompetenz die Gerichte) können bei der Ermittlung des relevanten Einkommens zu durchaus anderen Ergebnissen als die Steuerbehörden im Abgabeverfahren kommen (jüngst: 10 ObS 51/12s mwN, wo unter Verneinung der Bindung an den Einkommenssteuerbescheid der Veräußerungsgewinn nach § 24 EStG als kein iSd § 8 Abs 1 Z 2 KBGG relevantes Einkommen angesehen wurde). Letztlich ist es immer Aufgabe der Gerichte zu klären, welche Einkünfte bzw Abzüge bei der Ermittlung der Höhe des Erwerbseinkommens im Sinne der Sozialversicherungsgesetze zu berücksichtigen sind (10 ObS 51/12s). Auch wenn die Behauptung der beklagten Partei zutreffen sollte, die Abgabenbehörde hätte im vorliegenden Fall den Fahrtkostenzuschuss nicht unter § 67 EStG subsumiert, kann dies demnach nicht zu einer Bindung der Gerichte führen.

2.3. Nach ständiger Rechtsprechung (RIS‑Justiz RS0124063) ist der maßgebliche Gesamtbetrag der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 8 Abs 1 Z 1

KBGG) im Wesentlichen wie folgt zu ermitteln:

Bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit ist von jenen Einkünften auszugehen, die während der Kalendermonate mit Anspruch auf Auszahlung des Kinderbetreuungsgeldes und des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld zugeflossen sind. Als Anspruchsmonate für die Ermittlung der maßgeblichen Einkünfte zählen dabei nur jene Kalendermonate, in denen mehr als die Hälfte des Monats Anspruch auf Auszahlung des Kinderbetreuungsgeldes und des Zuschusses bestanden hat. Bezüglich der zeitlichen Zuordnung des Einkommens gelangt das im Einkommenssteuerrecht geltende

Zuflussprinzip zur Anwendung. Gemäß § 19 EStG 1988 gelten Einnahmen aus jenem Kalenderjahr als bezogen, in dem sie zugeflossen sind. Bezüglich der Höhe der maßgeblichen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit ist von einer Art Bruttoeinkommen auszugehen, das nicht den tatsächlichen Bruttoeinkünften entspricht, sondern durch den in § 8 Abs 1 Z 1

KBGG geregelten Modus errechnet wird. Sonstige Bezüge iSd § 67 EStG bleiben außer Ansatz (§ 8 Abs 1 Z 1 KBGG). Die gemäß § 2 Abs 2 EStG 1988 während der Anspruchsmonate zugeflossenen Einkünfte sind um 30 % (bei Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe um 15 %) zu erhöhen. Da die Freigrenze für den Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld und auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld mit einem Jahresbetrag festgelegt ist, bedarf es daher auch einer entsprechenden Anpassung, wenn der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld bzw Zuschuss ‑ wie im Falle der Klägerin ‑ nicht das volle Kalenderjahr gegeben ist. Diese Anpassung erfolgt durch die Umrechnung der während des Anspruchszeitraums erzielten Einkünfte auf einen fiktiven Jahresbetrag. Die Summe der während der Anspruchsmonate zugeflossenen Einkünfte, erhöht um 30 % (bzw bei Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe um 15 %), ist durch die Anzahl dieser Anspruchsmonate zu teilen und mit zwölf zu vervielfachen. Der sich ergebende Betrag ist schließlich der Freigrenze nach § 12 Abs 1

KBGG gegenüberzustellen (vgl Ehmer ua, Kinderbetreuungsgeldgesetz2 134 ff).

2.4. Unter „Zufluss“ ist die Erlangung der rechtlichen und wirtschaftlichen Verfügungsmacht zu verstehen (§ 19 EStG 1988). Entscheidend ist die tatsächliche Zahlung bzw bei Überweisung des Arbeitslohns auf das Arbeitnehmer‑Konto die objektive Verfügungsmöglichkeit, die mit der Gutschrift auf dem Konto gegeben ist.

2.5. Bei dem Zuschlag von 30 % der während der Zuverdienstmonate bezogenen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit handelt es sich um einen pauschalen Ansatz (EB RV 620, 21. GP 62 f). Es wird der bei den Einkünften berücksichtigte Abzug von steuerfreien Einkünften (§§ 3, 26, 68 EStG), von Pflichtbeiträgen aller Art sowie die gesetzliche Ausklammerung der sonstigen Bezüge iSd § 67 EStG pauschal zugeschlagen.

3.1. § 25 EStG enthält eine Aufzählung der (einkommenssteuerpflichtigen) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 2 Abs 3 Z 4 EStG). Nach der Lehre fallen darunter auch Fahrtkostenersätze des Arbeitgebers zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Mit solchen Fahrten verbundene Aufwendungen werden durch den Verkehrsabsetzbetrag sowie der Pendlerpauschale abgegolten (Doralt, Einkommenssteuergesetz, 15. Lieferung, § 25 Tz 91).

3.2. In § 26 EStG sind dann jene Leistungen des Arbeitgebers genannt, die nicht unter die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit fallen; ua sind dies Beträge, die aus Anlass einer Dienstreise als Reisevergütungen (Fahrtkostenvergütungen, Kilometergelder) und als Taggelder und Nächtigungsgelder gezahlt werden (§ 26 Z 4 EStG). Fahrtkostenersätze im Zusammenhang mit Dienstreisen sind jedoch insoweit steuerpflichtig, als sie die in § 26 Z 4 EStG ‑ im Zusammenhang mit Dienstreisen angeführten ‑ Sätze übersteigen (Doralt, aaO). Wie bereits das Berufungsgericht ausgeführt hat, hat die Klägerin aber kein Vorbringen in der Richtung erstattet, dass es sich bei dem Fahrtkostenzuschuss um steuerfreie Einkünfte iSd § 26 EStG handle.

4.1. Wie schon oben zu den Punkten 1.3. und 2.3. dargelegt, sind die grundsätzlich unter § 25 EStG 1988 fallenden sonstigen Bezüge iSd § 67 EStG 1988 gemäß § 8 Abs 1 Z 1 KBGG bei der Ermittlung der maßgeblichen Einkünfte nicht einzubeziehen (Ehmer ua KBGG2, 139; Schrenk, Details zum Kinderbetreuungsgeld, ARD 5289/4 2002, Fn 2). Unter § 67 EStG 1988 fallen sonstige, insbesondere einmalige Bezüge (zum Beispiel 13. und 14. Monatsbezug, Treueprämien, Tantiemen, Gratifikationen, Bilanzremunerationen, Jubiläumsgelder, Gewinn-beteiligungen, Leistungsprämien), die der Arbeitnehmer neben dem laufenden Arbeitslohn von demselben Arbeitgeber erhält. Nach dem VwGH liegt das Wesen der sonstigen Bezüge iSd § 67 EStG 1988 darin, dass sie der Arbeitgeber neben, also zusätzlich zum laufenden Bezug bezahlt, wobei dies aus äußeren Merkmalen ersichtlich sein muss (VwGH 86/14/0027; VwGH 91/13/0081). „Neben“ dem laufenden Arbeitslohn ist dabei nicht zeitlich, sondern kausal zu verstehen. Bei der Abgrenzung des sonstigen Bezugs vom laufenden Bezug ist auf die Bindung mit dem Lohnzahlungszeitraum abzustellen. Laufende Bezüge sind solche, die für regelmäßige Lohnzahlungszeiträume (idR einen Monat) flüssig gemacht werden, sonstige Bezüge sind dagegen Lohnteile, die zwar vom selben Arbeitgeber aufgrund des selben Dienstverhältnisses aber neben dem bzw zusätzlich zum laufenden Lohn gezahlt werden. Weitere Kennzeichen sind ua, dass die Bezüge nicht für den üblichen Lohnzahlungszeitraum (idR ein Monat) gezahlt werden dürfen und Leistungen aus mehreren Lohnzahlungszeiträumen abgedeckt werden und sich die tatsächliche Auszahlung von den laufenden Bezügen unterscheiden muss (Doralt, EStG, 15. EL, § 67 Rz 5; Hofbauer in Wiesner/Gabner/Wanke, MSA EStG 12. GL § 67 Anm 3 mwN).

4.2. Bei Ermittlung des maßgeblichen Gesamtbetrags der Einkünfte nach § 8 Abs 1 Z 1 KBGG sind demnach sämtliche „Einmalzahlungen“, die nicht zum laufenden Arbeitsentgelt gehören (etwa der 13. und 14. Monatsbezug, Bilanzgelder, gesetzliche und freiwillige Abfertigungen, Nachzahlungen aller Art, auch wenn sie das laufende Kalenderjahr betreffen, Urlaubsentschädigungen und Urlaubsabfindungen, auch soweit sie auf laufende Bezüge entfallen, Kündigungsentschädigungen etc) außer Ansatz zu lassen.

5.1. Zwischen den Parteien ist im vorliegenden Fall strittig, ob die einmal jährlich für das gesamte Arbeitsjahr erbrachte, als „Fahrtkostenzuschuss“ bezeichnete Leistung des Arbeitgebers eine „sonstige Leistung“ nach § 67 EStG 1988 darstellt und damit nach der Anordnung des § 8 Abs 1 Z 1 KBGG bei Errechnung des maßgeblichen Gesamtbetrags der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit unberücksichtigt zu bleiben hat.

5.2. Vorerst ist festzuhalten, dass weder zur inhaltlichen Bedeutung des Begriffs „Fahrtkostenzuschuss“ noch zu dessen Rechtsgrundlage ein explizites Parteienvorbringen vorliegt. Im EStG 1988 wird der Begriff „Fahrtkostenzuschuss“ nicht verwendet. Aus dem Akteninhalt lässt sich aber mit noch ausreichender Deutlichkeit erschließen, dass beide Parteien ihren Rechtsstandpunkten jeweils das Verständnis zugrunde legen, es handle sich um Zuschüsse des Arbeitgebers zu den der Klägerin für die Fahrten von ihrem Wohnort zur Arbeitsstätte und zurück auflaufenden Kosten. So bringt etwa die Klägerin in ihrer Revision vor, aus der vom Berufungsgericht zitierten Entscheidung des VwGH 91/13/0081 sei deshalb nichts zu gewinnen, weil diese sich nicht auf einen vom Arbeitgeber geleisteten Fahrtkostenzuschuss, sondern auf Taggelder für Dienstreisen beziehe; die beklagte Partei legt ihrer Revisionsbeantwortung kein anderes Begriffsverständnis zugrunde.

5.3. Die zu Fahrtkostenzuschüssen im Zusammenhang mit der „Zuverdienstgrenze“ nach dem KBGG bereits ergangene (einzige) Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 10 ObS 8/12t bezieht sich auf „freiwillige“, auf einer Betriebsvereinbarung beruhende Fahrtkostenzuschüsse in Höhe von monatlich 19,23 EUR, die unstrittig lohnsteuerpflichtig waren und zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehörten. Im Hinblick darauf, dass die Fahrtkostenzuschüsse monatlich im Einkommen enthalten waren, stellte sich dort die Frage, ob eine Einmalzahlung iSd § 67 Abs 1 EStG 1988 vorliegt, nicht.

5.4. Die Entscheidung des VwGH 91/14/0038 erging zu Reisekostenvergütungen eines Bundesbeamten, dessen Reisen durch laufende Dienstverrichtungen veranlasst und daher mit diesen eng verbunden waren, sodass die Reisekostenvergütungen als Teile seiner steuerpflichtigen Dienstbezüge anzusehen waren. Mit Rücksicht auf ihren engen Zusammenhang mit den auf den Reisen erbrachten, mit laufenden Bezügen honorierten Dienstleistungen wurden die Reisekostenvergütungen ebenfalls als laufende Bezüge ‑ und nicht als sonstiger Bezug iSd § 67 EStG 1988 ‑ gewertet.

6. Der Senat erachtet die Rechtsansicht der Vorinstanzen, der in Form einer Einmalzahlung der Klägerin gewährte Fahrtkostenzuschuss erfülle die in § 67 EStG 1988 und in der Judikatur des VwGH dazu genannten Kriterien nicht, als zutreffend:

6.1. Fahrtkosten (Ersatz der Fahrten zum Arbeitsort) stellen ein lohnsteuerpflichtiges Entgelt dar und sind daher bei der Berechnung des Gesamtbetrags der maßgeblichen Einkünfte grundsätzlich zu berücksichtigen (vgl Kresbach, Die Ermittlung der Zuverdienstgrenze beim Kinderbetreuungsgeld, FJ 2002, 166 f; Kurzübersicht des BMF zur Zuverdienstgrenze gemäß § 8 KBGG). Es sind daher monatlich mit dem Arbeitslohn ausbezahlte Fahrtkostenzuschüsse bei der Berechnung des Gesamtbetrags der maßgeblichen Einkünfte in Anschlag zu bringen (vgl auch 10 ObS 51/12s). Da nur der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten als Einkunft aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 2 Abs 3 EStG gilt (§ 2 Abs 4 Z 2 EStG 1988), sind zur Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte gemäß § 2 Abs 2 EStG 1988 von den Einnahmen die Werbungskosten gemäß § 16 EStG 1988 in Abzug zu bringen. Darunter fällt ua die Pendlerpauschale (Ehmer, KBGG2 140 f). Auf diesem Weg werden die mit den Fahrten verbundene Aufwendungen neben dem Verkehrsabsetzbetrag auch durch die Pendlerpauschale abgegolten.

Allein der Umstand, dass im vorliegenden Fall die Fahrtkosten vom Arbeitgeber nicht monatlich, sondern nur einmal im Jahr abgegolten werden, führt nicht dazu, dass der Fahrtkostenersatz für die täglichen Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu den steuerbegünstigten sonstigen Bezügen iSd § 67 EStG gehört:

Die vom Arbeitgeber der Klägerin einmal jährlich gewährte Fahrtkostenvergütung unterscheidet sich nur scheinbar von den laufenden Bezügen. Die täglichen Fahrten der Klägerin zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sind aber durch die laufende Dienstverrichtung veranlasst und mit dieser daher eng verbunden. Erhielt die Klägerin daher Reisekostenvergütungen, so können diese mit Rücksicht auf ihren engen Zusammenhang mit den mit laufenden Bezügen honorierten Dienstleistungen nur ebenfalls als laufende Bezüge gewertet werden (VwGH 91/13/0081).

7. Diese Erwägungen führen zusammenfassend dazu, dass der in Form einer „Einmalzahlung“ vom Arbeitgeber gewährte Fahrtkostenzuschuss bei Errechnung des maßgeblichen Gesamtbetrags der Einkünfte (§ 2 Abs 1 Z 3 KBGG) nicht als „sonstiger Bezug“ nach § 67 EStG 1988 angesehen werden kann, sondern bei Errechnung der Zuverdienstgrenze in Ansatz zu bringen ist (§ 8 Abs 1 Z 1 KBGG). Die von der Klägerin (eventualiter) gewünschte „Aliquotierung“ ist im Hinblick auf das Zuflussprinzip nicht möglich.

8. Es ergibt sich folgende Berechnung:

1.062,01 EUR x 4 = 4.248,04 EUR (Bruttolohn ohne SZ für Jänner bis April 2006) zuzüglich 1.592 EUR an Fahrtkostenzuschuss ergibt 5.840,04 EUR abzüglich folgender Beträge: 764,64 EUR an Sozialversicherungsbeiträgen (191,4 EUR x 4), 489 EUR an Pendlerpauschale, 44 EUR an Werbungskosten, 4,24 EUR an Betriebsratsumlage. Die Summe der während der Anspruchsmonate zugeflossenen Einkünfte beträgt somit 4.538,16 EUR. Dieser Betrag erhöht um 30 % (1.361,44 EUR), geteilt durch 4 (Anzahl der Anspruchsmonate), vervielfacht mit 12 ergibt 17.698,82 EUR.

Der im Jahr 2006 geltende Grenzbetrag von 14.600 EUR ist damit jedenfalls um mehr als 15 % überstiegen.

Die Revision der Klägerin erweist sich somit als nicht erfolgreich.

Die Klägerin hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen. Berücksichtigungswürdige Einkommens‑ und Vermögensverhältnisse für einen ausnahmsweisen Kostenersatzanspruch nach Billigkeit wurden nicht geltend gemacht und sind aus den Akten nicht ersichtlich (§ 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG).

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