European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2013:0080OB00096.12V.0405.000
Spruch:
Die außerordentlichen Revisionen der klagenden und der beklagten Partei werden gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung
Rechtliche Beurteilung
I. Zur außerordentlichen Revision des Beklagten:
Ob der Auflösungsgrund des § 1118 erster Fall ABGB verwirklicht ist, hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab und stellt daher im Allgemeinen keine die Zulässigkeit der Revision rechtfertigende Rechtsfrage dar, außer es läge eine auffallende und im Interesse der Rechtssicherheit zu korrigierende Fehlbeurteilung durch die zweite Instanz vor (9 Ob 187/01t; RIS‑Justiz RS0113693). Eine solche vermag der Revisionswerber nicht aufzuzeigen.
Über weite Strecken erschöpfen sich die Revisionsausführungen in der Bekämpfung der Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen. Insofern ist die Revision nicht gesetzmäßig ausgeführt und daher unbeachtlich. Auch die behaupteten Mängel des Berufungsverfahrens liegen nicht vor. Dass sich das Berufungsgericht nicht mit der Mängel‑ und der Tatsachenrüge des Beklagten auseinandergesetzt habe, trifft nicht zu. Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens, die vom Berufungsgericht verneint wurden, können im Revisionsverfahren nicht mehr gerügt werden (RIS‑Justiz RS0042963).
Nach den Feststellungen der Vorinstanzen hat der Beklagte über einen langen Zeitraum immer wieder und trotz Aufforderung zur Unterlassung, sogar noch nach Zustellung der Räumungsklage, das ihm eingeräumte Recht auf Benutzung zweier PKW‑Abstellplätze im Hof der Liegenschaft der Klägerin in mehrfacher Weise vertragswidrig überschritten bzw dessen Überschreitung geduldet, indem er Autowäschen vornahm, Grillfeste und Ablagerungen von Gegenständen der Tanzschule duldete und eigenmächtig eine Begrenzungsmauer aufmauern ließ. Die Einschätzung des Berufungsgerichts, dass darin eine die Auflösung des Bestandvertrags über die Stellplätze rechtfertigende Vertrauensunwürdigkeit des Beklagten zu sehen ist, ist unter Berücksichtigung der maßgeblichen Verhältnisse des hier zu beurteilenden Einzelfalls nicht unvertretbar.
Soweit der Beklagte hinsichtlich eines der beiden Stellplätze seine passive Klagelegitimation bestreitet, bekämpft er die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung einer zwischen den Streitteilen (bzw ihren Rechtsvorgängern) unter Einbeziehung der Tanzschule geschlossenen Vereinbarung. Damit strebt er lediglich eine andere Vertragsauslegung im Einzelfall an, womit er ebenfalls ‑ da die Auslegung durch das Berufungsgericht jedenfalls vertretbar ist ‑ keine erhebliche Rechtsfrage aufzeigt.
II. Zur außerordentlichen Revision der Klägerin:
Das Berufungsgericht hat dem Begehren der Klägerin auf Räumung der Stellplätze stattgegeben, ihr Begehren auf Unterlassung der Benützung der gesamten Liegenschaft aber mit der Begründung abgewiesen, dass die Klägerin aus dem von ihr geltend gemachten erheblich nachteiligen Gebrauch der Stellplätze nicht ein derartiges, die gesamte Liegenschaft betreffendes Unterlassungsbegehren ableiten könne. Die dieser Auffassung zugrunde liegende Auslegung des Klagevorbringens, die Klägerin habe vom behaupteten erheblich nachteiligen Gebrauch der Stellplätze unabhängige bzw über diesen hinausgehende Eingriffe in das Eigentum der Klägerin an der gesamten Liegenschaft nicht geltend gemacht, ist keineswegs unvertretbar. Dass ‑ wie die Revision nunmehr geltend macht ‑ einzelne der geltend gemachten Eingriffshandlungen nicht nur die in Bestand genommenen Stellflächen betroffen hätten, mag zutreffen; dem hat das Berufungsgericht aber in jedenfalls vertretbarer Weise entgegengehalten, dass alle vorgebrachten Eingriffe als erheblich nachteiliger Gebrauch der Stellplätze geltend gemacht worden seien. Die Auslegung des Parteienvorbringens im Einzelfall begründet nach der völlig einheitlichen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs keine erhebliche Rechtsfrage (RIS‑Justiz RS0042828). Dass eine andere Auslegung des Vorbringens ebenfalls denkbar wäre, vermag die Zulässigkeit der Revision nicht zu begründen. Gelangt das Berufungsgericht ‑ wie hier ‑ nur zu einer anderen rechtlichen Beurteilung als das Erstgericht, so kann von einer „Überraschungsentscheidung“ keine Rede sein (10 ObS 47/03i mwH; RIS‑Justiz RS0037300). Auf ihr (vom Beklagten bestrittenes) Vorbringen über einen Widerruf eines dem Beklagten gefälligkeitshalber eingeräumten Durchgangsrechts über den Hof kommt die Klägerin in der Revision nicht mehr zurück.
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