OGH 10ObS47/03i

OGH10ObS47/03i18.3.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Reinhard Drössler (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Albert Ullmer (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei mj Stefan B*****, Schüler, *****, vertreten durch den Vater Werner B*****, ebendort, vertreten durch Rechtsanwälte Steflitsch OEG in Oberwart, gegen die beklagte Partei Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, Adalbert Stifter-Straße 65, 1200 Wien, im (Revisions-)Rekursverfahren nicht vertreten, wegen Versehrtenrente und Integritätsabgeltung, über den Revisionsrekurs und den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 24. Oktober 2002, GZ 7 Rs 162/02a-34, womit infolge Rekurses und Berufung der klagenden Partei der Beschluss und das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 15. Februar 2002, GZ 30 Cgs 296/00d-25, bestätigt bzw aufgehoben sowie aus Anlass der Berufung die Klage teilweise zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Nachtrag zum "Revisionsrekurs/Rekurs" wird zurückgewiesen.

Der Rekurs wird, soweit er sich gegen den aufhebenden Beschluss (Punkt 3.) und gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes im Kostenpunkt (Punkt 4.) richtet, zurückgewiesen.

Im Übrigen wird dem Revisionsrekurs und dem Rekurs nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Rekurskosten selbst zu tragen.

Text

Begründung

Der am 12. 4. 1989 geborene Kläger wurde am 9. 5. 2000 im Rahmen des Turnunterrichts beim Fußballspiel von einem durch einen Rasenmäher hochgeschleuderten Stein am linken Auge getroffen. Dabei erlitt er eine durchbohrende Verletzung des Augapfels. Nach Evisceration und Plombenimplantation in der Universitätsaugenklinik erfolgte schließlich eine Augenprothesenanpassung, wobei die erste, zu kleine Prothese durch eine größere, nun sehr streng sitzende ersetzt wurde, die zu ständigen Reizungen des Bindehauttraktes führt.

Mit Bescheid vom 3. 10. 2000 wurde der Unfall des Klägers vom 9. 5. 2000 als Arbeitsunfall nach § 175 Abs 4 ASVG anerkannt. Als Verletzung wurde eine durchbohrende Verletzung des Linken Augapfels festgehalten und dem Kläger ein Versehrtengeld - entsprechend der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 30 vH - von S 15.494 (EUR 1.125,99) zuerkannt.

Dagegen richtet sich die Klage auf Gewährung einer Versehrtenrente ab 9. 5. 2000, in eventu eines höheren Versehrtengeldes sowie auf Feststellung, dass der Kläger auf Grund der Folgen des Arbeitsunfalles Anspruch auf Integritätsabgeltung habe, in eventu auf Gewährung von Integritätsabgeltung. Er habe neben der halbseitigen Erblindung auch deutliche psychische Schäden erlitten, die sich auf sein späteres Berufsleben (Ende der Schulpflicht voraussichtlich Juni 2004) niederschlagen würden, und sei durch den Unfall von vielen Berufen ausgeschlossen. Seine unfallbedingte MdE betrage zumindest 50 vH, weshalb er Anspruch auf Versehrtenrente und Integritätsabgeltung habe.

Die beklagte Partei beantragte Klagsabweisung. Die unfallbedingte MdE des Klägers ab 21. 6. 2000, dem Tag des Abschlusses der Heilbehandlung, betrage 30 vH. Über den Anspruch auf Versehrtenrente habe die Beklagte noch nicht abgesprochen, weshalb der Rechtsweg unzulässig sei. Auch für den Anspruch auf Integritätsabgeltung fehle mangels eines klagbaren Bescheides die sukzessive Kompetenz.

Das Erstgericht wies das Begehren auf Feststellung, dass der Kläger Anspruch auf Integritätsabgeltung habe, in eventu auf Gewährung einer solchen zurück und erkannte zu Recht, dass das Begehren auf Gewährung einer Versehrtenrente ab 9. 5. 2000 sowie das Eventualbegehren auf Gewährung eines höheres (als 30 %igen) Versehrtengeldes abgewiesen werde und die beklagte Partei gem § 77 Abs 1 ASGG die Kosten des Verfahrens zu tragen habe.

Es stellte noch fest, bei der neuropsychiatrischen Fachbegutachtung habe sich ergeben, dass die Angstsymptomatik des Klägers (beim Einschlafen, Angst vor Erblindung, vor Ausgeschlossensein und andere soziale Ängste) und seine Nachhallerrinnerungen (Flash-Backs) sowie seine auffallende freudlos-passive und wie benommen wirkende Stimmung, in die er gerate, wenn er sich an den Unfall erinnere, einer sogenannten posttraumatischen Belastungsstörung zuzuordnen sei. Dazu komme das bei ihm zwanghaft auftretende Augenreiben, das als Zwangsstörung mit vorwiegend Zwangshandlungen zu klassifizieren sei, womit er offensichtlich die sozialen Ängste, die er im Zusammenhang mit seinem Augenverlust immer wieder erlebe, zu bewältigen versuche. Es handle sich hiebei um eine psychische Erkrankung, die auch bei Erwachsenen auftreten könne, deren Verlauf nicht vorauszusagen sei. Die unfallkausalen psychiatrischen Leiden bedingten eine weitere MdE von 25 vH, und zwar zum Untersuchungszeitpunkt im März 2001 in Bezug auf den Schulbesuch und das Lernen in der Schule. Ihre Auswirkung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt könne nicht festgestellt werden, weil nicht mit der notwendigen Sicherheit zu prognostizieren sei, wie weit die Fähigkeit des Klägers zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit, wenn er diese einmal zur Gänze ausübe, gegeben sein werde.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht den Standpunkt, betreffend die Integritätsabgeltung sei das Klagebegehren zurückzuweisen, weil mangels Vorliegens eines klagbaren Bescheides die sukzessive Kompetenz des Gerichtes nicht gegeben sei. Der Kläger sei als Schüler nach § 8 Abs 1 Z 3 lit h ASVG in der Unfallversicherung teilversichert. Die Beklagte habe das Ereignis vom 9. 5. 2000 als Arbeitsunfall anerkannt und dem Kläger gemäß § 212 Abs 3 ASVG als einmalige Leistung ein Versehrtengeld entsprechend einer 30 %igen MdE gewährt, während er eine Versehrtenrente beanspruche. Diese setze jedoch bei Schülern nach § 203 Abs 2 ASVG eine zumindest 50 %ige MdE, über drei Monate nach dem Eintritt des Versicherungsfalles hinaus, voraus. Schüler seien bei der Feststellung der MdE fiktiv so zu behandeln, als ob sie zum Anfallszeitpunkt schon dem allgemeinen Arbeitsmarkt zur Verfügung gestanden wären. Es sei zu prüfen, wie sich die Unfallfolgen bei der Beschäftigung Erwachsener auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auswirken würden; darauf, ob die Unfallfolgen für die schulische Leistungsfähigkeit relevant sind, komme es nicht an. Durch den Verlust des linken Auges habe der Kärger bezogen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt eine MdE von 30 vH erlitten. Die unfallbedingten psychischen Sekundärleiden bewirkten bezogen auf die schulische Kariere des Klägers und nach sozialwissenschaftlichen Standpunkten eine (weitere) MdE von 25 vH. Da jedoch nicht festgestellt habe werden können, inwieweit die rein psychische Folgeerkrankung eine (weitere) MdE bezogen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt herbeiführe und dem Kläger, der insoweit behauptungs- und beweisbelastet sei, der Nachweis einer solchen nicht gelungen sei, müsse letztlich von einer MdE von 30 vH ausgegangen und das Klagebegehren auf Versehrtenrente sowie das Eventualbegehren auf Gewährung eines höheren Versehrtengeldes abgewiesen werden.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte den Zurückweisungsbeschluss (Punkt 1.), hob aus Anlass der Berufung das Ersturteil in Bezug auf das Begehren auf Versehrtenrente ab 9. 5. 2000 auf und wies die Klage in diesem Umfang zurück (Punkt 2.); im Übrigen gab es der Berufung Folge, hob das Ersturteil hinsichtlich des Begehrens auf Gewährung von (höherem) Versehrtengeld unter Zurückverweisung der Rechtssache an das Erstgericht auf (Punkt 3.) und sprach aus, dass die "Kosten des Verfahrens weitere Verfahrenskosten" seien (Punkt 4.).

Gemäß § 67 Abs 1 Z 1 ASGG dürfe in einer Leistungssache nach § 65 Abs 1 Z 4 und 6 bis 8 ASGG vom Versicherten eine Klage nur erhoben werden, wenn der Versicherungsträger darüber (bereits) mit Bescheid entschieden habe. Dem Grundsatz der sukzessiven Kompetenz entsprechend hätten die Arbeits- und Sozialgerichte die Aufgabe, über die mit Klage geltend gemachten Ansprüche nach Abschluss des mit einem über die sozialversicherungsrechtlichen Ansprüche des Versicherten absprechenden Bescheid des Versicherungsträgers beendeten Verwaltungsverfahrens in einem eigenen selbständigen Verfahren zu entscheiden. Da § 65 Abs 1 Z 1 ASGG Rechtsstreitigkeiten über den Bestand, den Umfang und das Ruhen eines Anspruches auf Versicherungsleistung umfasse, wobei die Aufzählung nicht taxativ sei, könne kein Zweifel daran bestehen, dass das Begehren auf Feststellung eines Anspruches auf Integritätsabgeltung eine solche Rechtsstreitigkeit sei und diese Bestimmung nicht nur Leistungsbegehren betreffe.

Es sei zwar richtig, dass in der Unfallversicherung anders als in der Pensionsversicherung nicht das Antragsprinzip (§ 361 ASVG) gelte; die Beklagte hätte aber mit ihrem Bescheid vom 3. 10. 2000 schon deswegen nicht über eine Integritätsabgeltung absprechen müssen und können, weil diese ua einen Anspruch auf Versehrtenrente voraussetze (§ 213a Abs 1 ASVG), den der damals 11jährige Kläger keinesfalls haben konnte, weil die Versehrtenrente nicht vor Vollendung des 15. Lebensjahres anfallen könne (vgl SSV 26/49).

Für eine etwaige Säumnisklage habe die Amtswegigkeit im Unfallversicherungsrecht keine Bedeutung. Wenn der Versicherte von dieser Gebrauch machen wolle, habe er jedenfalls - auch in der Sphäre der Amtswegigkeit - zuvor einen Antrag beim Sozialversicherungsträger zu stellen. Es liege daher auch keine mehr als sechsmonatige Säumnis iSd § 67 Abs 1 Z 2 ASGG vor, auf die sich der Rekurswerber wider das Neuerungsverbot - auch erstmals im Rekurs berufen habe. Mangels sukzessiver Kompetenz des Gerichtes sei daher das Begehren des Klägers auf Feststellung sowie das Eventualbegehren auf Leistung einer Integritätsabgeltung zu Recht zurückgewiesen worden.

Zur Berufung sei vorweg die Rechtswegzulässigkeit betreffend das Klagebegehren auf Gewährung der Versehrtenrente zu erörtern, weil die Beklagte nur über den Anspruch des Klägers auf Versehrtengeld bescheidmäßig abgesprochen habe. Die seit 1. 1. 1977 eingeführte Unfallversicherung für Schüler und Studenten sehe für Personenschäden leicht versehrter Schüler und Studenten eine einmalige Leistung - dass sogenannte Versehrtengeld nach § 212 Abs 3 ASVG - vor. Diese setze eine unfallbedingte MdE von mindestens 20 vH, über drei Monate nach Eintritt des Versicherungsfalles hinaus, voraus und werde entsprechend der MdE gestaffelt. Auf eine aus demselben Versicherungsfall anfallende Versehrtenrente sei das Versehrtengeld insoweit anzurechnen, als es den Betrag übersteige, der bei früherem Anfall dieser Rente für diese Zeit bis zu dem in § 204 Abs 4 ASVG bestimmten Zeitpunkt gebührt hätte. Die Versehrtenrente für Schüler falle nach dieser Bestimmung mit dem Zeitpunkt an, an dem der Schulbesuch voraussichtlich abgeschlossen gewesen und der Eintritt ins Erwerbsleben erfolgt wäre.

Im Anlassfall habe die Beklagte bisher über einen etwaigen Anspruch des Klägers auf Versehrtenrente nicht entschieden. Dies, weil diese Versicherungsleistung frühestens mit Vollendung des 15 Lebensjahres des Kläger anfallen könnte, zu welchem Zeitpunkt auch die unfallbedingte MdE zu ermitteln wäre. Daher fehle auch für dieses Begehren die sukzessive Kompetenz des Gerichtes, weshalb aus Anlass der Berufung das Urteil in diesem Umfang aufzuheben und das Begehren zurückzuweisen sei.

Zu den gerügten Verfahrensmängeln vertrat das Berufungsgericht den Standpunkt, die Zustellung der Klagebeantwortung gründe sich auf § 40 Abs 4 ASGG wonach die Bestimmungen des § 112 ZPO über die direkte Zustellung - wenn beide Parteien qualifiziert vertreten werden, sinngemäß anzuwenden seien. Jeder dieser Vertreter könne daher die für den Prozessgegner bestimmte Gleichschrift eines bei Gericht einzubringenden Schriftsatzes an den Vertreter direkt übersenden. Dass diese Regelung infolge Unsachlichkeit gleichheits- und somit verfassungswidrig wäre, weil Rechtsanwälte durch ein strenges Standes- und Disziplinarrecht öffentlich-rechtlicher Natur erhöhte Gewissenhaftigkeit bei der Vornahme von Direktzustellungen zugeschrieben werde, während andere qualifizierte Personen nach § 40 Abs 1 Z 2 ASGG einem derartigen Standes- und Disziplinarrecht nicht unterliegen, vermöge nach Ansicht des Berufungsgerichts keine Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung auszulösen. Die hier auftretenden qualifizierten Vertreter nach § 40 Abs 1 Z 3 ASGG seien nämlich Angestellte von - als Körperschaften öffentlichen Rechts entsprechenden Kontrollmechanismen unterworfenen - Sozialversicherungsträgern. Eine Mangelhaftigkeit liege daher nicht vor, zumal der Kläger die Klagebeantwortung - wie er selbst zugestehe - ohnehin erhalten habe.

Wenn der Kläger moniere, dass ihn das Erstgericht mit seiner Rechtsansicht überrascht habe, wonach die MdE eines zum Unfallszeitpunkt schulpflichtigen Schülers fiktiv so als ob er schon am allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sei, einzuschätzen wäre, sei er darauf zu verweisen, dass sich das Verfahren mit der unfallbedingten MdE des Klägers bezogen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt befasst habe, weshalb eine nähere Erörterung dieser Frage entbehrlich gewesen erscheine.

Berechtigung komme der Mängelrüge nur insofern zu, als (sich) das Erstgericht betreffend die Frage der MdE bezogen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt nicht auf die mangelnde Behauptung und den mangelnden Beweis durch den Kläger hätte zurückziehen dürfen; habe doch das Gericht sämtliche notwendig erscheinende Beweise nach § 67 Abs 1 ASGG von Amts wegen aufzunehmen. Nur wenn nach der Aktenlage kein Anhaltspunkt für einen rechtserheblichen Umstand vorliege, seien amtswegige Erwägungen nicht erforderlich.

Der Kläger habe schon in der Klage behauptet, durch den Arbeitsunfall nicht nur psychische (Blindheit links), sondern auch psychische Folgen davon getragen zu haben. Der vom Gericht beigezogene Kinderpsychiater habe Letztere bestätigt, weshalb mit ihm zu erörtern gewesen wäre, wie sich die beim Kläger auftretenden Leiden (Angst- und Zwangsstörung) zum Stichtag 21. 6. 2000 auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausgewirkt hätten. Im Falle, dass der bisherige Sachverständige diese Frage nicht beantworten hätte können, hätte das Erstgericht amtswegig einen anderen Kinderpsychiater oder psychiatrischen Sachverständigen beizuziehen gehabt.

Entgegen der Ansicht der Berufung sei aber auch bei Jugendlichen die MdE grundsätzlich abstrakt, entsprechend der durch den Unfall bedingten Beeinträchtigung im Erwerbsleben einzuschätzen. Maßgebend sei nicht die konkrete Beeinträchtigung in einer bisher ausgeübten Tätigkeit (Schulbesuch), sondern der vor und nach dem Unfall bestehenden Arbeitsmöglichkeiten im gesamten Bereich des Erwerbslebens. Der verletzte Schüler sei so zu behandeln, als ob er zum Zeitpunkt des Unfalls bereits dem allgemeinen Arbeitsmarkt zur Verfügung gestanden wäre. Bei der Beurteilung der Unfallsfolgen sei davon auszugehen, wie sich die erlittene Verletzung bei der Beschäftigung Erwachsener auf dem Gebiet des allgemeinen Arbeitsmarktes auswirken würde. Die versicherte Tätigkeit (Schulbesuch) sei nicht als Arbeit anzusehen, weil diese vor dem Eintritt in das Erwerbsleben stehe. Ob zwar die genannten Richtlinien auf die deutsche Unfallversicherung Bezug nehmen, könne für die österreichische Rechtslage nichts anderes gelten.

Daraus ergebe sich für den Kläger, dass die Frage, ob ihm ein höheres Versehrtengeld zustehe, noch nicht abschließend beantwortet werden könne. Erforderlich sei die neuerliche Befragung des Sachverständigen zur psychiatrischen MdE des Klägers ab 21. 6. 2000 wobei insbesondere geklärt werden müsste, wie sich eine derartige unfallbedingte Einschränkung auf seine Erwerbstätigkeit ausgewirkt hätte, wenn er damals fiktiv (als Erwachsener) ins Erwerbsleben eingetreten wäre. Hinzuweisen sei darauf, dass der Sachverständige bisher die an ihn gestellten Fragen zur Minderung der Erwerbsfähigkeit bezogen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt deswegen nicht habe beantworten können, weil er meinte, die MdE für die Zukunft (Anfall der Versehrtenrente) einschätzen zu müssen und für ihn künftige Entwicklung der Unfallfolgen nicht absehbar waren.

Um die Höhe des zustehenden Versehrtengeldes ermitteln zu können bedürfe es auch einer Gesamteinschätzung der Unfallfolgen ab 21. 6. 2000, zumal es nicht ausgeschlossen erscheine, dass die augenfachärztliche Sachverständige auch schon eine psychische Komponente berücksichtigt habe. Sollte der beigezogene Kinderpsychiater die aufgeworfenen Fragen nicht zufriedenstellend klären können, werde das Erstgericht einen anderen Sachverständigen aus diesem Gebiet oder einen psychiatrischen Sachverständigen beizuziehen haben, um diese Fragen zu beantworten.

Falls das fortgesetzte Verfahren eine mehr als 30 %ige unfallbedingte Gesamt-MdE des Klägers ab 21. 6. 2000 ergeben sollte, werde ihm ein dementsprechendes Versehrtengeld zuzuerkennen sein. Ergebe das Verfahren keine höhere MdE als eine 30 %ige, werde das Erstgericht dem Kläger erneut das Versehrtengeld in diesem Ausmaß zuzuerkennen haben, weil durch die Klagsführung der Bescheid der Beklagten außer Kraft getreten sei. Die Entscheidung des Erstgerichtes sei daher in Bezug auf die Integritätsabgeltung zu bestätigen, hinsichtlich der Versehrtenrente müsse die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurückgewiesen werden, und die das Versehrtengeld betreffende Entscheidung sei aufzuheben.

Hinsichtlich der Beweisrüge und der Berufung im Kostenpunkt verwies das Berufungsgericht den Berufungswerber auf die obige Entscheidung. Der (unnotwendige) Ausspruch über die gesetzliche Kostentragungspflicht des Versicherungsträgers bedeute keine Entscheidung über eine etwaige Kostenersatzpflicht gegenüber dem Kläger.

Diesen Beschluss bekämpft der Kläger mit Revisionsrekurs (gegen Punkt 1.) und Rekurs (gegen die Punkte 1. bis 4.) und beantragt, den angefochten Beschluss im klagsstattgebenden Sinn abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag - in eventu wegen Nichtigkeit - gestellt.

Die beklagte Partei hat keine Revisionsrekurs- bzw Rekursbeantwortung erstattet (ON 39).

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs gegen den aufhebenden Beschluss (Punkt 3.) und die Kostenentscheidung (Punkt 4.) des Berufungsgerichtes ist unzulässig.

Im Übrigen (gegen die Bestätigung der Klagszurückweisung durch das Erstgericht und gegen die aus Anlass der Berufung ausgesprochene weitere Klagszurückweisung [Punkte 1. und 2.]) sind der Revisionsrekurs bzw Rekurs nicht berechtigt.

Vorweg ist festzuhalten, dass der Klagevertreter mit Schriftsatz vom 6. 3. 2003 "ergänzendes Vorbringen" zum Revisionsrekurs/Rekurs vom 22. 11. 2002 erstattet hat. Dieser Nachtrag ist als unzulässig zurückzuweisen, weil dem Kläger nur ein Rechtsmittel zusteht und die Voraussetzungen einer Verbesserung nach § 84 Abs 3 ZPO nicht vorliegen (SSV-NF 2/5 mwN; 10 ObS 424/01b; uva).

Unzulässig ist aber auch das Rechtsmittel selbst soweit es sich gegen den Aufhebungs- und Zurückverweisungsbeschluss nach Punkt 3. und den Kostenausspruch nach Punkt 4. der Berufungsentscheidung wendet:

Nach ständiger Judikatur ist auch im arbeits- und sozialgerichtlichen Verfahren die Zulässigkeit eines Rekurses nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO davon abhängig, dass ein entsprechender Ausspruch des Berufungsgerichtes erfolgt. Dies ergibt sich schon aus § 45 Abs 3 ASGG, der ausdrücklich auf § 519 Abs 1 Z 2 ZPO verweist. Nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO kann der aufhebende Beschluss des Berufungsgerichtes aber nur angefochten werden, wenn das Berufungsgericht ausspricht, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig ist. Dabei darf das Berufungsgericht diese Zulässigkeit gemäß Abs 2 dieser Bestimmung wieder nur unter der Voraussetzung des § 502 ZPO ("erhebliche Rechtsfrage" etc vergleichbar § 46 Abs 1 ASGG) aussprechen. Nur hinsichtlich dieses zuletzt genannten Beurteilungsmaßstabes durch das Berufungsgericht ordnet nun das ASGG eine Abweichung von § 519 Abs 1 Z 2 iVm Abs 2 ZPO dahin an, dass das Berufungsgericht in den Streitigkeiten im Sinne des § 46 Abs 3 ASGG diesen Ausspruch immer setzen darf; ist doch auch sonst in diesen Verfahren iSd § 46 Abs 3 ASGG unabhängig vom Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage nach § 46 Abs 1 ASGG (vergleichbar § 502 Abs 1 ZPO) die Revision zulässig. Es ändert sich also nur der Beurteilungsmaßstab iSd § 519 Abs 2 ZPO.

Daran aber, dass ein aufhebender Beschluss des Berufungsgerichtes nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO überhaupt nur dann angefochten werden kann, wenn das Berufungsgericht dies im Sinne des § 519 Abs 1 Z 2 ZPO zulässt, ändert sich nichts. Mangels eines solchen Ausspruchs ist der Aufhebungs- und Zurückverweisungsbeschluss nach Punkt 3. der Berufungsentscheidung nicht anfechtbar und daher der Rekurs als unzulässig zurückzuweisen (SSV-NF 10/12; RIS-Justiz RS0043896; RS0085739; RS0102027; zuletzt: 10 ObS 49/01f und 8 ObA 135/01p; vgl zu § 519 ZPO RIS-Justiz RS0043898; RS0043880). Auch auf die Frage, ob statt der Zurückverweisung der Sozialrechtssache an das Erstgericht eine Beweisergänzung durch das Berufungsgericht hätte durchgeführt werden sollen (Punkt I.1.1. des Rechtsmittels), ist daher nicht zu prüfen.

Wenn der Kläger auch darin eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens erblickt, dass das Berufungsgericht die Berufung im Kostenpunkt nicht behandelt habe, hält er dazu zwar selbst fest, dass auf Seite 19 der Berufungsbegründung ohnehin Ausführungen zur Kostenrüge "getätigt" wurden, die er auch inhaltlich bekämpft (Punkt V.1.3. des Rechtsmittels); er vermisst aber einen diesbezüglichen Ausspruch im Spruch des "Berufungsurteiles" (richtig: Beschluss des Berufungsgerichtes), wo in Punkt 4. lediglich über die Kosten des Berufungsverfahrens entschieden werde. Für den Fall, dass in seinem Rechtsmittel insoweit ein Revisionsrekurs zu erblicken sei, führt er aus, dass hier einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung vorliege.

Darauf ist jedoch ebenfalls nicht weiter einzugehen, weil nach ständiger Rechtsprechung die Entscheidung des Gerichts zweiter Instanz über den Kostenpunkt weder im Rahmen einer Revision noch mit Rekurs bekämpft werden. Dies gilt auch in Sozialrechtssachen (SSV-NF 12/22; 8/115; 5/37 ua; RIS-Justiz RS0085813; zuletzt: 10 ObS 207/02t mwN).

In den Rechtsmittelausführungen die sich - vor der getrennten Ausführung des Revisionsrekurses bzw Rekurses - ausdrücklich gegen die "gesamte" berufungsgerichtliche Entscheidung richten, macht der Kläger zunächst als Nichtigkeit des Berufungsverfahrens geltend, das Berufungsgericht habe dadurch, dass es keine mündliche Berufungsverhandlung anberaumt und die Berufungsentscheidung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen habe, den Nichtigkeitsgrund nach § 477 Abs 1 Z 4 ZPO verwirklicht, wobei es seine Vorgangsweise "verfehlt" auf § 492 ZPO (§ 2 Abs 1 ASGG) gestützt habe (Punkt I. des Rechtsmittels).

Nach § 492 ZPO können die Parteien auf die Anordnung einer mündlichen Berufungsverhandlung verzichten. Wenn keine der Parteien die Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung beantragt hat, wird angenommen, dass die Parteien auf die Anordnung einer solchen Verhandlung verzichtet haben. Die Entscheidung über die Berufung erfolgt dann in nichtöffentlicher Sitzung ohne vorhergehende mündliche Verhandlung. Das Gericht kann jedoch, wenn dies im Einzelfall erforderlich scheint, eine mündliche Verhandlung anordnen, insbesondere dann, wenn das Berufungsgericht eine Beweisaufnahme für nötig hält (§ 488 ZPO).

Nun ist richtig, dass die Verletzung der Vorschrift des § 492 ZPO Nichtigkeit nach § 477 Abs 1 Z 4 ZPO iVm § 503 Z 1 ZPO begründet (SSV-NF 7/53 mwN; RIS-Justiz RS0042245). Allerdings muss der Antrag auf Anberaumung einer Berufungsverhandlung grundsätzlich ausdrücklich (SSV-NF 13/75; RIS-Justiz RS0042245 [T1]) gestellt werden, was im vorliegenden Fall - wie die Revision ausdrücklich zugesteht - nicht geschehen ist; hat der Kläger in der Berufung doch lediglich Aufhebungs- bzw Abänderungsanträge gestellt. Da die in der Berufung enthaltenen Anträge auch nicht undeutlich oder unklar waren (vgl JBl 1988, 472; RZ 1991/76; RdW 2001/316) und daher kein Anlass bestand, den Berufungswerber in einem Verbesserungsverfahren zu einer eindeutigen Erklärung aufzufordern, wurde seitens des Klägers wirksam auf eine mündliche Berufungsverhandlung verzichtet (§ 492 Abs 1 Satz 2 ZPO).

Entgegen dem vom Kläger vertretenen Standpunkt gelten diese Grundsätze nach der Rechtsprechung des erkennenden Senates (vgl zuletzt: 10 ObS 351/01t) auch im sozialrechtlichen Verfahren, sodass die geltend gemachte Nichtigkeit nicht vorliegt (vgl auch RIS-Justiz RS0042245 [T2]) zu dem im Rechtsmittel angesprochenen Fall eines Antrages auf auf Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung, der in § 44 Abs 2 ASGG ausdrücklich dem § 501 Abs 1 zweiter Satz ZPO entsprechend geregelt ist (Feitziger/Tades ASGG² FN 5 zu § 44 ASGG), woraus sich ergibt, dass das ASGG auch insoweit - entgegen der Auffassung des Klägers - keine abweichende Anordnung iSd § 2 Abs 1 ASGG enthält).

Aber auch von einer überraschenden Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, die - bei sonstiger Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens - eine Erörterung und damit eine Berufungsverhandlung auch ohne Parteiantrag erfordert hätte, kann nicht gesprochen werden:

Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs darf das Gericht die Parteien nicht mit einer Rechtsansicht überraschen, die sie bisher unbeachtet ließen und auf die sie nicht aufmerksam gemacht wurden (Fucik in Rechberger² Rz 4 zu § 182 ZPO; MietSlg 50.719; SZ 70/199 mwN uva; RIS-Justiz RS0037300). Eine gerichtliche Handlungspflicht im Sinne des § 182 ZPO besteht aber nur dann, wenn die der Entscheidung zugrunde gelegte Rechtsansicht vor Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz von keiner der Parteien ins Treffen geführt wurde und der jeweilige Prozessgegner demnach keine Gelegenheit zur Stellungnahme hatte (RIS-Justiz RS0037300 [T16]). Gelangt das Berufungsgericht nur zu einer anderen rechtlichen Beurteilung als das Erstgericht, so kann von einer "Überraschungsentscheidung" keine Rede sein (1 Ob 283/00z mwN; SZ 70/199; SZ 68/135; RIS-Justiz RS0037300 [T30]).

Hier hat die beklagte Partei bereits in der Klagebeantwortung - wenn auch nur hinsichtlich des Antrages auf Integritätsabgeltung - die sukzessive Kompetenz des Erstgerichtes mangels Vorliegens eines klagbaren Bescheides eingewendet und in der Verhandlung vom 15. 2. 2002 vorgebracht, dass über die Versehrtenrente bescheidmäßig noch nicht erkannt worden sei, sondern lediglich über den Anspruch auf Versehrtengeld, sodass auch diesbezüglich keine Zulässigkeit des Rechtsweges gegeben sei. Der Klagevertreter hat dieses Vorbringen bestritten (ON 24). Die rechtlichen Erwägungen des Berufungsgerichtes (zum Fehlen eines Bescheides der beklagten Partei bzw zum Zeitpunkt des Anfalls der Versehrtenrente für Schüler nach § 204 Abs 4 ASVG), wurden daher bereits im Verfahren erster Instanz ins Treffen geführt und erörtert (vgl auch das Vorbringen des Klagevertreters "im Hinblick auf die Bestimmung des § 204 Abs 4 ASVG" lt AS 141 f = Seite 3 f in ON 24), sodass die Parteien in keiner Weise überrascht wurden (RIS-Justiz RS0037300 [T23]; 1 Ob 283/00z mwN; 9 Ob 47/01d mwN; uva zuletzt: 10 ObS 15/03h).

Ob der zu Punkt II. des Rechtsmittels gerügte, bereits in der Berufung geltendgemachte angebliche Verfahrensmangel (Bedenken gegen die Direktzustellung von Schriftsätzen) vorliegt, war hier nicht neuerlich zu prüfen. Angebliche Verfahrensmängel erster Instanz, die vom Berufungsgericht verneint wurden, können nämlich nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senates auch im Verfahren nach dem ASGG nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden (Kodek in Rechberger² Rz 3 Abs 2 zu § 503 ZPO; MGA, ZPO15 E38 zu § 503 mwN; SSV-NF 11/15; 7/74; 5/116 ua; RIS-Justiz RS0042963 [T45] und RS0043061). Auf die dazu erstatteten - ebenfalls die "gesamte" berufungsgerichtliche Entscheidung betreffenden - Ausführungen ist somit nicht weiter einzugehen.

Was nun die zu Punkt III. und IV. des Rechtsmittel getrennt vorgetragenen Ausführungen zum Revisionsrekurs gegen Punkt 1. und zum Rekurs gegen Punkt 2. des angefochtenen Beschlusses anlangt, trifft die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes, dass - mangels sukzessiver Kompetenz - der Rechtsweg sowohl für das Begehren auf Feststellung bzw Leistung einer Integritätsabgeltung, als auch für jenes auf Gewährung einer Versehrtenrente unzulässig ist, zu. Es kann daher auf diese Ausführungen verwiesen werden (§ 510 Abs 2 zweiter Satz ZPO).

Den Rechtsmittelausführungen ist noch folgendes entgegenzuhalten:

Jede Klage in Sozialrechtssachen setzt nach § 67 Abs 1 Z 1 ASGG mit Ausnahme des - hier nicht klagsgegenständlichen - Falles einer Säumnis zwingend bei sonstiger Unzulässigkeit des Rechtsweges einen Bescheid voraus, der meritorisch über den der betreffenden Leistungssache zugrunde liegenden Anspruch des Versicherten ergangen sein muss (RIS-Justiz RS0085867; SSV-NF 11/22). Gemäß § 65 Abs 2 ASGG fallen unter die Sozialrechtssachen auch Klagen auf Feststellung. Dies gilt mangels einer Beschränkung für alle in § 65 Abs 1 ASGG erfassten Rechtssachen. Voraussetzung dafür ist gemäß § 228 ZPO ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung eines Rechtes oder Rechtsverhältnisses. Ansprüche, die erst in Zukunft entstehen werden, können in der Regel nicht zum Gegenstand einer Feststellungsklage gemacht werden (SSV-NF 5/78; 8/94 = SZ 67/164; 10/48 mwN ua). Auch Feststellungsklagen nach § 65 Abs 2 ASGG setzen auf Grund des Prinzips der sukzessiven Kompetenz, dem sie ebenfalls unterliegen (RIS-Justiz RS0085875), jedenfalls einen Bescheid voraus, der über das gestellte Feststellungsbegehren des Versicherten abgesprochen hat (Kuderna ASGG² Anm 14 zu § 65 ASGG mwN; 10 ObS 2/01v).

Liegt eine meritorische Entscheidung des Versicherungsträgers über den geltend gemachten Anspruch des Versicherten nicht vor, ist der Rechtsweg - von § 68 ASGG und anderen hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen - ausgeschlossen. Auch ein Austausch des Versicherungsfalls oder der Art der begehrten Leistungen im gerichtlichen Verfahren ist nicht zulässig, weil es für solche Begehren an einer "darüber" ergangenen Entscheidung des Sozialversicherungsträgers fehlt (SSV-NF 12/65 mwN; 13/149 ua).

Für gemäß § 8 Abs 1 Z 3 lit h ASVG in der Unfallversicherung teilversicherte Schüler richtet sich der Anspruch auf Versehrtenrente nicht nach § 203 Abs 1 leg cit, der eine mindestens um 20 vH verminderte Erwerbsfähigkeit voraussetzt. Wegen Arbeitsunfällen dieser Personen besteht vielmehr nach Abs 2 leg cit nur dann Anspruch auf Versehrtenrente, wenn die dadurch bewirkte Minderung der Erwerbsfähigkeit über drei Monate hinaus mindestens 50 vH beträgt. Die Versehrtenrente gebührt für die Dauer der Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 50 vH und fällt erst mit jenem - hier noch nicht erreichten - Zeitpunkt an, in dem der Schulbesuch voraussichtlich abgeschlossen gewesen und der Eintritt in das Erwerbsleben erfolgt wäre (§ 204 Abs 4 ASVG).

Nach § 212 Abs 3 ASVG ist für Schüler ein besonderes Versehrtengeld vorgesehen, das durch Kapitalabfindung (bereits) eine MdE von mindestens 20 vH ausgleichen soll (Tomandl Grundriss5 Rz 228). Es wird als einmalige Leistung (auch ohne die oa weiteren Voraussetzungen) gewährt, nach dem Grad der MdE (mit festgelegten) Beträgen bemessen und ist auf eine nach demselben Versicherungsfall anfallende Versehrtenrente insoweit anzurechnen als es den Betrag übersteigt, der bei früherem Anfall der Rente für die Zeit bis zu dem im § 204 Abs 4 ASVG bestimmten Zeitpunkt gebührt hätte.

Im vorliegenden Fall wurde mit dem der Klage zugrunde liegenden Bescheid ausschließlich über ein Versehrtengeld des Klägers auf Grund seines als Arbeitsunfall anerkannten (Schul-)Unfalles vom 9. 5. 2000 abgesprochen. Demgemäß steht den Rekursausführungen entgegen, dass - mangels Vorliegens einer meritorischen Entscheidung der beklagten Partei über die im Gerichtsverfahren geltendgemachten Ansprüche auf Integritätsabgeltung bzw Versehrtenrente im angefochtenen Bescheid - die Verfahrensvoraussetzungen des § 67 Abs 1 Z 1 ASGG für die erhobene Bescheidklage nicht gegeben sind. Aus der ausdrücklichen Anrechnungsbestimmung des § 212 Abs 3 ASVG ergibt sich, dass es sich auch beim Versehrtengeld bzw bei der Versehrtenrente um zwei verschiedene Leistungen handelt, und dass das Versehrtengeld gegenüber der hier begehrten Versehrtenrente (samt Integritätsabgeltung) nicht ein Minus sondern ein Aliud darstellt:

Hat der (Arbeits-)Unfall eines Schülers nämlich tatsächlich (wie hier behauptet wird) eine längerdauernde MdE von mindestens 50 vH zur Folge und erwirbt er damit (auch) einen Anspruch auf Versehrtenrente (der allerdings erst im § 204 Abs 4 ASVG bestimmten Zeitpunkt anfällt), dann kommt es (wie bereits ausgeführt) zum teilweisen Ruhen des Anspruches auf Versehrtengeld; dieses wird mit jenem Betrag ruhend gestellt, der die Höhe der fiktiven Versehrtenrente vom Eintritt des Versicherungsfalles bis zu ihrem tatsächlichen Anfall übersteigt. Damit soll verhindert werden, dass Versehrtengeld und Versehrtenrente zusammengenommen mehr ausmachen als eine Versehrtenrente, die schon ab dem Eintritt der Versehrtheit zuerkannt worden wäre (Tomandl SV-System 13. Erg-Lfg 330 [Punkt 2.3.3.2.2.E. letzter Abs]). Diese gesetzliche Anordnung der Anrechnung des Versehrtengeldes auf die aus demselben Versicherungsfall anfallende Versehrtenrente (§ 212 Abs 3 letzter Satz ASVG) ist jedoch nur dann erforderlich, wenn man Versehrtengeld und Versehrtenrente eben nicht als einen einheitlichen Anspruch, sondern als zwei verschiedene Leistungen ansieht, wofür im Übrigen auch die unterschiedlichen Anspruchsvoraussetzungen sprechen.

Aber auch die Integritätsabgeltung stellt ein Aliud zum bescheidmäßig zuerkannten Versehrtengeld dar; handelt es sich doch dabei um eine einmalige Zusatzleistung zur Versehrtenrente in Form einer Kapitalzuwendung, also einen eigenen Entschädigungsanspruch für erhebliche und dauernde Beeinträchtigungen der körperlichen oder geistigen Integrität (die als Folge eines Arbeitsunfalls aufgetreten sind), der nur dann zusteht, wenn der Körperschaden durch grob fahrlässige Außerachtlassung von Arbeitnehmerschutzbestimmungen herbeigeführt wurde (Tomandl Grundriss5 Rz 232 mwN).

Dem Rechtsmittel des Klägers war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

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