OGH 12Os24/12i

OGH12Os24/12i15.5.2012

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. Mai 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden, durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger, Mag. Michel und Dr. Michel-Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Marvan als Schriftführer in der Strafsache gegen Frank T***** und weitere Angeklagte wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und Z 2, 130 vierter Fall StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Jürgen M***** gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Jugendschöffengericht vom 2. Dezember 2011, GZ 39 Hv 68/11t-67, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch in Rechtskraft erwachsene Schuldsprüche weiterer Angeklagter sowie Freisprüche (verfehlt auch von der rechtlichen Kategorie; vgl Lendl, WK-StPO § 259 Rz 1) enthält, wurde Jürgen M***** des Verbrechens des schweren gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und Z 2, 130 (richtig:) vierter Fall, 15 Abs 1 StGB sowie der Vergehen der Sachbeschädigung nach § 125 StGB und des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach § 136 Abs 1 und Abs 2 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er im September 2011 in H***** und anderen Orten - zusammengefasst wiedergegeben - jeweils im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter

A./ anderen fremde bewegliche Sachen in einem 3.000 Euro übersteigenden Wert gewerbsmäßig mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen und wegzunehmen versucht, und zwar

I./ mit Frank T*****

1./ Berechtigten des Jugendhauses K***** einen Laptop im Wert von 1.326,90 Euro, ein Mobiltelefon im Wert von 200 Euro, Lebensmittel im Wert von 62 Euro, sechs Playstation-Spiele im Wert von 588,95 Euro und 25 Euro Bargeld;

2./ Nail Y***** 400 Euro, eine Stange Zigaretten im Wert von 40 Euro, Süßigkeiten und Getränke im Wert von zusammen 73,80 Euro;

3./ Berechtigten des FC L***** Bekleidung unbekannten Werts;

4./ der Auto I***** HandelsgesmbH verwertbare Gegenstände (Versuch);

5./ Christian W***** brauchbare Gegenstände (Versuch);

II./ mit Frank T***** und Cheyenne We***** Kurt Ma***** Getränke im Wert von 12 Euro;

III./ mit Frank T***** und dem abgesondert verfolgten Christoph P*****;

1./ der Auto I***** HandelsgesmbH zwei Mobiltelefone im Wert von 1.000 Euro und Originalautoschlüssel im Wert von 300 Euro;

2./ Berechtigten des Jugendtreffs J***** einen Kopfhörer;

3./ Berechtigten des Bades V***** brauchbare Gegenstände (Versuch);

IV./ mit Frank T*****, Cheyenne We***** sowie den abgesondert verfolgten Milorad Ko***** und Christoph P***** Nicole Ma***** Zigaretten im Wert von 522 Euro, Getränke im Wert von 102 Euro sowie Feuerzeuge im Wert von 35 Euro;

C./ mit Frank T***** und Cheyenne We***** eine fremde Sache, nämlich das Clubheim des SC M*****, verunstaltet;

D./ mit Frank T*****, Cheyenne We***** sowie den abgesondert verfolgten Milorad Ko***** und Christoph P***** einen PKW der Auto I***** HandelsgesmbH ohne Einwilligung des Berechtigten in Gebrauch genommen, wobei sie sich die Gewalt über das Fahrzeug durch eine in § 129 StGB geschilderte Handlung verschafften.

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten. Sie verfehlt ihr Ziel.

Die Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall), die insgesamt nicht - wie geboten - Maß an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe (RIS-Justiz RS0119370, RS0116504) nimmt, behauptet mit spekulativen Erwägungen zu den angenommenen Werten des Diebsguts eine unvollständige Begründung zu den Schuldspruchpunkten A./I./1./ und A./III./1./, legt aber jeweils nicht dar, welche wesentlichen Verfahrensergebnisse übergangen worden wären (RIS-Justiz RS0118316 [T4 und T5]).

Indem der Beschwerdeführer (nominell Z 5 dritter und vierter Fall, der Sache nach Z 10) zum Schuldspruch A./I./1./ Feststellungen zu den - teils nur im Ausspruch nach § 260 Abs 1 Z 1 StPO angeführten - Werten der gestohlenen Gegenstände vermisst und damit der Sache nach den Entfall der Qualifikation nach § 128 Abs 1 Z 4 StGB anstrebt, vermag er einen Rechtsfehler mangels Feststellungen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 605) nicht aufzuzeigen, weil das Urteil insgesamt hinreichend deutliche Konstatierungen enthält (insb US 11 vgl im Übrigen RIS-Justiz RS0117228; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 19).

Soweit die Beschwerde - ohne konkrete Nennung eines Schuldspruchpunkts, ersichtlich jedoch gemeint A./III./1./ - eine Aktenwidrigkeit behauptet, weil die Tatrichter einerseits beim Beutewert im Zweifel der Verantwortung der Angeklagten gefolgt seien, andererseits aber den Wert zweier Mobiltelefone mit 1.000 Euro angenommen haben, obwohl die Angeklagten diesen infolge Alters der Geräte mit je 40 Euro beziffert haben, lässt sie die für eine prozessordnungsgemäße Ausführung erforderliche exakte Bezeichnung der Fundstelle der argumentativen Basis vermissen (RIS-Justiz RS0124172 [T5]) und zeigt keine unrichtige Wiedergabe eines Beweismittelinhalts durch formellen Vergleich von Zitaten und Aktenlage auf (RIS-Justiz RS0099547).

Der Einwand, im Ausspruch nach § 260 Abs 1 Z 1 StPO werde zum Schuldspruch A./IV./ der Wert der Zigaretten mit 522 Euro und zu A./III./1./ der Wert zweier Mobiltelefone als „unerhoben“ angeführt (US 3), während die Feststellungen diesen an anderer Stelle (zu A./IV./ mit 222 Euro [US 12] und zu A./III./1./ mit 1.000 Euro anführen [US 11]), zeigt keinen inneren Widerspruch in der Bedeutung der Z 5 vierter Fall des § 281 Abs 1 StPO auf, weil der Gesamtwert der Beute selbst unter Außerachtlassung des Werts der beiden Mobiltelefone und der Annahme eines Werts der Zigaretten von bloß 222 Euro (ON 13 S 51 [522 Euro] und ON 66 S 7 [zehn Stangen]) 3.000 Euro übersteigt, die Differenzen sohin keine für die Annahme der Qualifikation entscheidenden Tatsachen betreffen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 443).

Nominell gestützt auf § 281 Abs 1 Z 5 und 10 StPO, der Sache nach nur Unvollständigkeit geltend machend (Z 5 zweiter Fall) wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Annahme gewerbsmäßiger Tendenz. Mit dem rein spekulativen Hinweis auf eine allenfalls zeitnahe zu erwartende Verhaftung und der Behauptung bloß vorübergehender Verwendung gestohlener elektronischer Geräte wird kein Begründungsdefizit aufgezeigt, sondern lediglich (unzulässig) die Beweiswürdigung des Erstgerichts nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung bekämpft.

Soweit der Beschwerdeführer zum Schuldspruch A./III./ eine Unvollständigkeit auch in Ansehung der unrechtmäßigen Bereicherung durch Zueignung eines zur anschließenden unbefugten In-Betrieb-Nahme des Fahrzeugs (D./2./) verwendeten Fahrzeugschlüssels behauptet, macht er damit in Ansehung des jedenfalls unter 300 Euro gelegenen Werts eines erbeuteten Schlüssels keinen entscheidenden Umstand geltend.

Gleiches gilt für den Hinweis, der mit 300 Euro angenommene Wert mehrerer Schlüssel widerspräche der allgemeinen Lebenserfahrung.

Im Übrigen würde selbst der Umstand, dass die Wegnahme des im Rahmen des Schuldspruchs D./2./ die Qualifikation nach § 136 Abs 2 StGB begründenden Schlüssels auch als eine der Tathandlungen im Rahmen des Schuldspruchs A./III./1./ inhaltlich verfehlt angeführt wird, keine Nichtigkeit des letztgenannten Schuldspruchs begründen, weil mangels selbstständiger Tat ein Freispruch nicht in Betracht käme, sondern lediglich die Nennung des betreffenden Schlüssels zu unterbleiben hätte (RIS-Justiz RS0117261) und der Wegfall eines von mehreren Schlüsseln bei einem von mehreren Angriffen keine Veränderung der nach § 29 StGB gebildeten Subsumtionseinheit zur Folge hätte noch die Wortqualifikation nach § 128 Abs 1 Z 4 StGB beeinflussen würde (vgl RIS-Justiz RS0120980).

Die Tatsachenrüge (Z 5a), die ungeachtet unterschiedlicher Anfechtungsansätze undifferenziert mit der Mängelrüge ausgeführt wird, entzieht sich mangels jeglicher Substantiierung einer inhaltlichen Erwiderung.

Mit Blick auf § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO ist anzumerken, dass die Annahme auch des § 130 erster Fall StGB neben der Qualifikation nach § 130 vierter Fall StGB verfehlt ist. Für eine amtswegige Wahrnehmung in Ansehung der demnach vorliegenden Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 11 StPO besteht jedoch kein Anlass, weil dem Angeklagten ausgehend von den angenommenen Erschwerungsgründen daraus kein effektiver Nachteil erwachsen ist. Soweit diese im Zuge des Berufungsverfahrens einer Korrektur (beispielsweise in Ansehung der nicht von Konstatierungen getragenen Annahme „mehrfacher Qualifikation der Sachbeschädigung“ - US 17) bedürfen, besteht bei der Entscheidung über die Berufung keine Bindung des Oberlandesgerichts an den verfehlten Ausspruch des Erstgerichts (RIS-Justiz RS0118870).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurück zu weisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte