Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 4.173,30 EUR (darin 695,55 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Über das Vermögen des A***** Kärnten (kurz: A***** Kärnten) wurde am 15. 7. 2008 der Anschlusskonkurs eröffnet und die Klägerin zur Masseverwalterin bestellt. Die A*****-Organisation besteht aus dem beklagten Verein als Bundesorganisation (Dachverein) sowie den neun Landesorganisationen, die als Zweigvereine des Beklagten organisiert sind. Beim A***** Kärnten handelt es sich um die Landesorganisation für Kärnten, die nach wie vor im Vereinsregister eingetragen ist.
Das am 20. 5. 2006 beschlossene und bis 8. 5. 2010 gültige Statut des Beklagten enthielt unter anderem folgende Bestimmung:
„§ 14 Schiedsgericht
(1) Zur Schlichtung von allen aus dem Vereinsverhältnis entstehenden Streitigkeiten ist das vereinsinterne Schiedsgericht berufen. Es entscheidet über Streitigkeiten innerhalb der Bundesorganisation sowie über Streitigkeiten, die sich aus dem Verhältnis der Bundesorganisation zu ihren Zweigvereinen ergeben. Es handelt sich hierbei um eine 'Schlichtungseinrichtung' im Sinne des Vereinsgesetzes 2002 und nicht um ein Schiedsgericht nach den §§ 577 ff ZPO.
...
(4) Die Entscheidungen des Schiedsgerichts sind vereinsintern endgültig.“
Im am 8. 5. 2010 beschlossenen neuen Statut des Beklagten änderte sich die zitierte Bestimmung des Statuts vom 20. 5. 2006 nicht. § 14 Abs 1 erhielt lediglich die Absatzbezeichnung § 14 Abs 2.
Die Klägerin brachte am 27. 1. 2011 eine Schiedsklage bei der Schiedseinrichtung des Beklagten ein, deren Begehren der am selben Tag eingebrachten Klage entspricht. In der Schiedsklage wird eine Rechtsanwältin als Schiedsrichterin benannt. Mit Schreiben vom 28. 3. 2011 ersuchte der Vorsitzende des Schiedsgerichts den Klagevertreter um Mitteilung binnen einer Woche, welches Mitglied des A*****-Schiedsgerichts namens der Klägerin genannt werde. Mit Schreiben vom 14. 4. 2011 wies der Klagevertreter auf die bereits erfolgte Benennung der Schiedsrichterin in der Schiedsklage hin.
Mit ihrer ebenfalls am 27. 1. 2011 eingebrachten Klage begehrte die Klägerin die Zahlung von 1.347.619,07 EUR sA sowie die Feststellung der Haftung des beklagten Vereins für alle künftigen Schäden aus der Vorenthaltung des dem A***** Kärnten zustehenden Anteils an den Mitgliedsbeiträgen für das Jahr 2008. Diese Landesanteile seien vom Beklagten an den A***** Kärnten wegen einer unzulässigen Gegenverrechnung mit Forderungen des Beklagten in dieser Höhe nicht bezahlt worden, obwohl jede Landesorganisation aufgrund eines Beschlusses des A*****-Bundesvorstands vom 19. 6. 1993 Anspruch auf 15 % der Mitgliedsbeiträge sowie einer Personaldotation nach einem besonderen Berechnungsschlüssel habe. Die A*****-Organisation bestehe aus dem Beklagten als Bundesorganisation sowie den neun Landesorganisationen, die als Zweigvereine organisiert seien. Beim A***** Kärnten handle es sich um die Landesorganisation für Kärnten. Den Beklagten als Dachverein, der die Funktion einer Konzernmutter mit beherrschendem Einfluss ausübe, treffe gegenüber dem A***** Kärnten Fürsorgepflichten. Dazu gehöre auch ein Haftungsverbund, nach dem der Beklagte für die Verbindlichkeiten seiner Zweigvereine hafte und ihnen gegenüber eine Insolvenzabwendungspflicht habe. Der Beklagte hätte die zur Gegenverrechnung herangezogenen Forderungen nicht fällig stellen dürfen, sondern so wie bisher ausreichende Geldmittel für die Deckung der Kosten der Aufgabenerfüllung zur Verfügung stellen müssen.
Zur Zulässigkeit des ordentlichen Rechtswegs brachte die Klägerin vor, ihre Rechtsstellung als Masseverwalterin sei nicht mit der des gemeinschuldnerischen Vereins A***** Kärnten gleichzusetzen, der darüber hinaus nur mehr formal im Vereinsregister eingetragen sei und keine Aktivitäten mehr entfalte. Der Masseverwalter könne als solcher eine allfällige Entscheidung des Schiedsgerichts nicht durchsetzen. Die Anrufung der Schlichtungseinrichtung sei unzumutbar, weil diese die Klägerin (erst) nach drei Monaten zur bereits erfolgten Namhaftmachung ihres Mitglieds des Schiedsgerichts aufgefordert habe. Eine ähnliche Vorgangsweise sei in einer vorangegangenen Schiedsklage zu beobachten gewesen. Der Beklagte habe eine außergerichtliche Lösung dezidiert abgelehnt, weshalb ohnehin von keiner Mitwirkung des Beklagten am Schiedsverfahren auszugehen wäre. Darüber hinaus handle es sich nicht um einen Fall vereinsinterner Selbstverwaltung und das Vereinsverhältnis stelle keine notwendige Voraussetzung für den Klagsanspruch dar.
Der Beklagte erhob insbesondere die Einrede der Unzulässigkeit des ordentlichen Rechtswegs. Die Statuten des Beklagten würden im Sinn des § 8 VerG 2002 zur Schlichtung von Streitigkeiten, die sich aus dem Verhältnis der Bundesorganisation zu ihren Zweigvereinen ergeben, die Anrufung eines vereinsinternen Schiedsgerichts vorsehen. Die geltend gemachten Ansprüche auf vermögenswerte Leistungen hätten ihre Wurzel in der Vereinsmitgliedschaft und wären ohne die Eigenschaft des A***** Kärnten als Zweigverein des Beklagten nicht denkbar. Die Klägerin hätte vor Klagseinbringung das vereinsinterne Schiedsgericht anrufen müssen.
Das Erstgericht erklärte den ordentlichen Rechtsweg für unzulässig, hob das bisherige Verfahren als nichtig auf und wies die Klage zurück. Der Klage liege eine Streitigkeit aus dem Vereinsverhältnis zwischen Dachverein (Beklagter) und Zweigverein (A***** Kärnten) zu Grunde. Der A***** Kärnten sei als Zweigverein nach wie vor im Vereinsregister eingetragen und besitze daher unabhängig von den tatsächlich gesetzten Aktivitäten Rechtspersönlichkeit. Er werde durch die Masseverwalterin nur „mediatisiert“, ohne dass die Verpflichtungen aus § 8 Abs 1 VerG 2002 erlöschten. Da die Schlichtungsklage erst gleichzeitig mit der Klage im ordentlichen Rechtsweg eingebracht worden sei, stehe der Klage gemäß § 8 Abs 1 VerG 2002 das Prozesshindernis der Unzulässigkeit des Rechtswegs entgegen.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte den Revisionsrekurs für zulässig. Begründend führte es aus, der A***** Kärnten - ein Zweigverein gemäß § 1 Abs 4 VerG 2002 mit eigener Rechtspersönlichkeit - sei „Mitglied“ des beklagten Dachvereins. Zwischen ihm und dem beklagten Dachverein bestehe ein Vereinsverhältnis im Sinn des § 8 Abs 1 erster Satz VerG 2002. Die Klägerin stütze sich nicht auf ein selbständiges Schuldverhältnis, welches ohne das Vereinsverhältnis zwischen A***** Kärnten und dem Beklagten denkbar wäre, weil sowohl der „Haftungsverbund“ als auch das „konzernähnliche Abhängigkeitsverhältnis“, welches die Klägerin als Grund für die Unzulässigkeit der von der Beklagten vorgenommenen Aufrechnung heranziehe, mangels anderer (gesellschafts-)rechtlicher Verbindungen zwischen den Streitteilen nichts anderes sei als das im Statut des Beklagten vom 20. 5. 2006 festgelegte Rechtsverhältnis. Wenn sich die Klägerin insbesondere auf die Fürsorgepflichten des Beklagten berufe, stütze sie sich auf das Vereinsverhältnis. Da die Rechtspersönlichkeit des A***** Kärnten nicht beendet sei, stehe dieser nach wie vor in einem Vereinsverhältnis zur Beklagten. Trotz der Insolvenzeröffnung über den A***** Kärnten handle es sich um eine „Streitigkeit aus dem Vereinsverhältnis“ im Sinn des § 8 Abs 1 VerG 2002. Ziel der Klägerin sei nicht primär ein vollstreckbarer Exekutionstitel, sondern die Erlangung einer Zahlung von 1.347.619,07 EUR sA. Weshalb eine solche Zahlung im vereinsinternen Schlichtungsverfahren jedenfalls nicht erlangt werden könne, sei nicht ersichtlich. Anders als in einem Prüfungsprozess gehe es im vorliegenden Verfahren nicht darum, eine mit Rechtswirkung gegenüber nicht selbst am Verfahren beteiligten Personen ausgestattete Entscheidung herbeizuführen. Die vorherige Anrufung der vereinsinternen Schlichtungsstelle sei für die Klägerin zumutbar. Auch ein „massives Zerwürfnis“ zwischen dem A***** Kärnten und dem Beklagten begründe keine Unzumutbarkeit, ebensowenig Streitigkeiten zwischen dem Beklagten als Dachverband mit Organen des A***** Kärnten als Zweigverein. Gleiches gelte auch für den Umstand, dass „sämtliche Schlichtungsversuche bisher gescheitert“ seien, habe doch die Klägerin offenbar die Schiedseinrichtung der Beklagten vor Klagseinbringung gar nicht angerufen. Auch wenn nach dem „Vernehmen“ der Klägerin innerhalb der Schlichtungsstelle eine Streitigkeit über die Entlohnung der Mitglieder der Schlichtungseinrichtung bestehe, liege darin keine Funktionsunfähigkeit der Schlichtungseinrichtung. § 8 Abs 1 VerG 2002 trage Umständen, die eine Verzögerung der Entscheidung der Schlichtungseinrichtung zur Folge hätten, dadurch Rechnung, dass der ordentliche Rechtsweg offen stehe, sofern nach Ablauf von sechs Monaten ab Anrufung - nicht Formierung - der Schlichtungseinrichtung das Verfahren nicht beendet sei.
Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage der Anwendung des § 8 Abs 1 VerG 2002 in jenen Fällen, in welchen es sich bei einem der Streitteile um den Masseverwalter in der Insolvenz über das Vermögen eines Vereins, Zweigvereins oder einer natürlichen Person als Vereinsmitglied handle, nicht vorliege.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diese Entscheidung gerichtete Revisionsrekurs der Klägerin ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig, er ist jedoch nicht berechtigt.
1. Voranzustellen ist, dass die Rechtspersönlichkeit des Vereins A***** Kärnten nicht mit Eröffnung des Konkursverfahrens, sondern erst mit der Eintragung seiner Auflösung im Vereinsregister endet. Ist eine Abwicklung erforderlich, verliert der Verein seine Rechtspersönlichkeit erst mit der Eintragung ihrer Beendigung (§ 27 VerG 2002). Nach den erstgerichtlichen Feststellungen ist der Gemeinschuldner nach wie vor im Vereinsregister eingetragen.
2. Einer Klage steht das gemäß § 42 Abs 1 JN in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen wahrzunehmende Prozesshindernis der Unzulässigkeit des Rechtswegs entgegen, wenn sie in einer Streitigkeit aus dem Vereinsverhältnis nach § 8 Abs 1 VerG 2002 vor dem Verstreichen von sechs Monaten seit Anrufung der vereinsinternen Schlichtungseinrichtung eingebracht worden ist, außer das Schlichtungsverfahren endete bereits vor der Klagseinbringung (RIS-Justiz RS0122426).
3. „Streitigkeiten aus dem Vereinsverhältnis“ gemäß § 8 Abs 1 VerG 2002 sind nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs solche privatrechtlichen Streitigkeiten zwischen Vereinsmitgliedern und dem Verein oder Vereinsmitgliedern untereinander, die mit dem Vereinsverhältnis „im Zusammenhang stehen“ (6 Ob 219/04f = SZ 2005/41), „typischerweise ohne Verbundenheit der Klägerin mit dem beklagten Verein nicht denkbar wären“ (5 Ob 60/05t) oder „in der Vereinsmitgliedschaft wurzeln“ (4 Ob 146/07k = SZ 2007/140 = Rauscher, Zak 2007/639, 367; 4 Ob 168/07w; zuletzt 8 Ob 66/11f).
Dazu gehören Auseinandersetzungen zwischen dem Verein und Mitgliedern über Ansprüche des Vereins auf Zahlung der Mitgliedsbeiträge und auf Erbringung anderer - mit der Mitgliedschaft verknüpfter - vermögenswerter Leistungen für den Zeitraum der Vereinsmitgliedschaft, gleich viel, ob das Mitgliedsverhältnis bei Entstehen des Streitfalls noch besteht oder bereits beendet wurde. In derartigen Streitigkeiten ist die vereinsinterne Schlichtungseinrichtung vor einer Anrufung des ordentlichen Gerichts zu befassen (4 Ob 146/07k = SZ 2007/140).
Die Klägerin bestreitet im Revisionsrekursverfahren zutreffend nicht mehr, dass es sich bei ihrem Klagebegehren um eine Privatrechtsstreitigkeit aus dem Vereinsverhältnis zwischen dem Gemeinschuldner als Zweigverein und dem beklagten Dachverein handelt. Gegenstand der Klage ist die Zulässigkeit der vom beklagten Verein vor der Konkurseröffnung vorgenommenen Aufrechnung des behauptungsgemäß dem Gemeinschuldner zustehenden Anteils an den Mitgliedsbeiträgen für das Jahr 2008 mit Verbindlichkeiten des A***** Kärnten. Die von der Klägerin als pflichtwidrig und unzulässig angesehene Aufrechnung wäre ohne die Verbundenheit des Gemeinschuldners mit dem beklagten (Dach-)Verein nicht denkbar.
Dass der A***** Kärnten als Zweigverein Vereinsmitglied der beklagten Bundesorganisation (Dachverein) war (und ist), entspricht dem Vorbringen der Klägerin und den erstinstanzlichen Feststellungen, sodass ihre erstmaligen gegenteiligen Behauptungen im Revisionsrekurs dem Neuerungsverbot (analog § 504 Abs 2 ZPO) widersprechen.
4. Die Klägerin meint - entgegen § 8 Abs 1 VerG 2002 -, auf die vorherige Anrufung der vereinsinternen Schlichtungsstelle verzichten zu können, weil sie als Masseverwalterin (nunmehr: Insolvenzverwalterin) nicht Vereinsmitglied und damit nicht an § 8 VerG 2002 gebunden sei und weil die Anrufung der Schlichtungseinrichtung unzumutbar sei. Beide Argumente führen nicht zum Erfolg.
4.1. Vorliegend ist weder ein Anfechtungsprozess (vgl dazu Fremuth, Schiedsverfahren und Konkurs - Zur Bindung des Masseverwalters an Schiedsvereinbarungen des Gemeinschuldners, ÖJZ 1998, 848 [849]; Schubert in Konecny/Schubert, KO § 6 Rz 35) - die Anfechtungstatbestände der KO waren Gegenstand eines bereits rechtskräftig abgeschlossenen Vorprozesses zwischen den Streitteilen - noch ein Prüfungsprozess (vgl dazu Konecny in Konecny/Schubert, § 110 KO Rz 6; Fremuth aaO 849 ff; Kodek in Bartsch/Pollak/Buchegger, Österreichisches Insolvenzrecht, Band IV § 110 KO Rz 7; Nunner-Krautgasser, Insolvenzrecht bricht Verbandsrecht - stimmt das? in Grundei/Karollus, Berufssportrecht II 89 [113]; Geroldinger, Keine „Prüfungsprozesse“ vor Vereinsschlichtungseinrichtungen? ZIK 2009/127, 78; Feil, Insolvenzordnung7 § 110 Rz 10) zu beurteilen, für die Besonderes gilt.
Die herrschende Lehre nimmt grundsätzlich an, dass Schiedsverträge, die der Gemeinschuldner vor der Konkurseröffnung abgeschlossen hat, für und gegen die Konkursmasse und damit für und gegen den Masseverwalter wirken. Damit wird von einer prinzipiellen Bindung des Masseverwalters an Schiedsvereinbarungen des Gemeinschuldners ausgegangen (Nunner-Krautgasser aaO 112; Petschek/Reimer/Schiemer, Das österreichische Insolvenzrecht [1973] 496; Fremuth-Wolf, Die Schiedsvereinbarung im Zessionsfall [2004] 57 f, 208 FN 407; Grundei, Das Spannungsverhältnis zwischen [internationalem] Sportverbandsrecht und staatlichem Recht, ecolex 2007/174, 400 [402]). Der erkennende Senat schließt sich dieser - soweit überblickbar - einhelligen Rechtsmeinung an. Nichts anderes kann für die vereinsinterne Streitschlichtung gelten.
Weder das VerG 2002 noch die KO (nunmehr: IO) enthalten Bestimmungen, wonach der Masseverwalter im Regelfall nicht an das vereinsinterne Schlichtungsverfahren gebunden sein soll. Soweit die Klägerin damit argumentiert, dass ihre Bindung sachlich nicht zu rechtfertigen sei, übersieht sie, dass sie gesetzliche Vertreterin des Gemeinschuldners hinsichtlich der Konkursmasse ist (RIS-Justiz RS0106041). Sie ist zwar im Interesse aller Gläubiger, aber „immer nur als Vertreter und Organ (Amtsorgan) der Konkursmasse tätig“, sodass sie nur Ansprüche der Masse geltend machen kann (7 Ob 65/01m; 1 Ob 44/06m). Als gesetzliche Vertreterin des Gemeinschuldners A***** Kärnten, dessen Ansprüche sie mit dem Klagebegehren geltend macht, ist sie an die Sonderbeziehung des insolventen Zweigvereins mit dem beklagten Dachverein gebunden. Der pauschale Verweis auf „konkursspezifische Sonderpflichten“, die „Funktion des Insolvenzverwalters“ und „die Besonderheiten des Insolvenzverfahrens“ führen zu keiner abweichenden Beurteilung.
4.2. Ziel der Klage ist die Befriedigung der erhobenen Forderungen. Dass dies im vereinsinternen Schlichtungsverfahren jedenfalls nicht möglich sein sollte, ist - wie das Rekursgericht zutreffend darlegte - nicht ersichtlich. Die in § 8 Abs 1 VerG 2002 normierte Pflicht jedes Vereins, eine entsprechende Schlichtungseinrichtung zu schaffen und seine Mitglieder zu verpflichten, im Fall einer Rechtsstreitigkeit aus dem Vereinsverhältnis diese Schlichtungseinrichtung anzurufen, ehe vor dem ordentlichen Gericht geklagt werden kann, folgt einerseits aus dem Anliegen des Gesetzgebers, die ordentlichen Gerichte nach Möglichkeit von Prozessen in Vereinssachen zu befreien (Krejci/S. Bydlinski/Weber-Schallauer, VerG2 § 8 Rz 2). Andererseits erscheint es - wie die Gesetzesmaterialien betonen - sinnvoll, vor Anrufung des Gerichts eine derartige Schlichtung anzustreben, weil man sich auf diese Weise vorerst die Auseinandersetzung mit der mitunter schwierigen Frage, ob eine bloße Vereinsstreitigkeit oder eine Rechtsstreitigkeit aus dem Vereinsverhältnis vorliegt, erspart. Außerdem stellen in vielen Vereinen die Vereinsverhältnisse Sonderbeziehungen dar, die es angebracht erscheinen lassen, die Vereinsmitglieder vor der Anrufung eines Gerichts zu einer außergerichtlichen Streitbeilegung anzuhalten (990 BlgNR 21. GP 28). Dadurch, dass - falls es zu keiner Beendigung des Schlichtungsverfahrens innerhalb einer Frist von sechs Monaten kommt - das ordentliche Gericht angerufen werden kann, soll eine unerwünschte Verzögerung des effektiven Rechtsschutzes vermieden werden (7 Ob 139/07b mwN). Der Befürchtung der Klägerin, dass es zu einer wesentlichen Verzögerung der Abwicklung des Insolvenzverfahrens kommt, kann dadurch begegnet werden.
4.3. Die herrschende Meinung macht von der temporären Unzulässigkeit des Rechtswegs dann eine Ausnahme, wenn die vorherige Anrufung der vereinsinternen Schlichtungsstelle für die betroffene Partei nicht zumutbar ist. Eine solche Unzumutbarkeit wird insbesondere bei einem Verstoß gegen die in § 8 Abs 2 VerG 2002 angesprochenen Grundsätze des fair trial nach Art 6 EMRK gesehen (4 Ob 150/07y; 4 Ob 77/09s).
Mit der nicht näher ausgeführten Behauptung, das vereinsinterne Schlichtungsverfahren lasse keine sachliche Entscheidung binnen angemessener Frist erwarten, und dem unsubstanziierten Verweis auf die mangelnde Funktionsfähigkeit der Schlichtungseinrichtung wird von der Klägerin im Revisionsrekurs keine Verletzung des fair trial aufgezeigt. Dass „dem Vernehmen nach“ - so das erstinstanzliche Vorbringen der Klägerin - innerhalb der Schlichtungsstelle eine Streitigkeit über die Entlohnung der Mitglieder der Schlichtungseinrichtung besteht, macht die Befassung der Schlichtungseinrichtung jedenfalls schon mangels der Behauptung einer Vereinbarung über die entgeltliche Tätigkeit dieser Mitglieder und der Unmöglichkeit deren Bezahlung infolge unvorhergesehenen Eintritts der Mittellosigkeit beider Parteien nicht unzumutbar. Wie das Rekursgericht zutreffend darlegte, auf dessen Ausführungen verwiesen werden kann (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO), kann von einer Unzumutbarkeit der vorherigen Anrufung der vereinsinternen Schlichtungsstelle wegen Vorliegens eines „besonderen Ausnahmefalls“ (vgl 8 Ob 78/06p) keine Rede sein.
Dem mit weiteren gesonderten Schriftsätzen während des Rekursverfahrens erstatteten Vorbringen und der Urkundenvorlage der Klägerin steht der Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels entgegen, sodass sie unzulässig sind (vgl RIS-Justiz RS0041666). Zudem ist bei der Prüfung der „Zulässigkeit des Rechtswegs“ auf den Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Streitverhandlung (hier: 29. 4. 2011) abzustellen, bis zu dem die Parteien im Wesentlichen durch ihre Anträge auch den Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens festlegen (8 Ob 138/08i = EvBl 2009/149, 1009 [Nunner-Krautgasser]). Die in den weiteren (unzulässigen) Rekursschriftsätzen enthaltenen Darlegungen beziehen sich aber auf zeitlich weit nachgelagerte Umstände, denen das Neuerungsverbot (analog § 482 Abs 2 ZPO und § 504 Abs 2 ZPO) entgegensteht. Tatsachen, die erst während des Rekursverfahrens entstanden sind, betreffen keine Umstände, die in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen wahrzunehmen sind (s Zechner in Fasching/Konecny² Vor §§ 514 ff ZPO Rz 90).
5. Zusammenfassend ergibt sich, dass die Vorinstanzen mangels vorheriger Anrufung der vereinsinternen Schlichtungseinrichtung durch die Klägerin zu Recht von der (temporären) Unzulässigkeit des Rechtswegs ausgegangen sind.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41 Abs 1 und § 50 Abs 1 ZPO.
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