Spruch:
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und dem Berufungsgericht eine neuerliche Entscheidung über die Berufung der beklagten Partei aufgetragen.
Die Kosten des Rekursverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die beklagte Partei ist ein in - nicht selbstständig rechtsfähige - Sektionen gegliederter Sportverein, der Kläger war ab dem Jahr 2003 Leiter ihrer Sektion „Reiten“. Mit seiner Klage begehrt er die Rückzahlung des Restbetrags eines zinsenlosen Darlehens, das er der Sektion zur Abdeckung damals bestehender Bankverbindlichkeiten gewährt habe. Dieses Darlehen sei vereinbarungsgemäß in jährlich auszuhandelnden Raten, spätestens aber bei Ausscheiden des Klägers aus dem Verein per 30. 9. 2008 zur Rückzahlung fällig gewesen.
Das Erstgericht gab der Klage - unter Abweisung eines geringfügigen Mehrbetrags aufgrund einer Gegenforderung - statt. Das Berufungsgericht hob diese Entscheidung mit dem angefochtenen Beschluss unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Rechtssache zur Erörterung der Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Rechtswegs nach § 8 Abs 1 VerG an das Erstgericht zurück. Angesichts der festgestellten engen Wechselbeziehung zwischen der strittigen Darlehensgewährung und der Vereinsmitgliedschaft des Klägers sei von einer Streitigkeit aus dem Vereinsverhältnis auszugehen. Zur Vermeidung einer Überraschungsentscheidung müsse dem Kläger aber die Möglichkeit eingeräumt werden, die von ihm behauptete Unzumutbarkeit der Anrufung eines Vereinsschiedsgerichts unter Beweis zu stellen.
Rechtliche Beurteilung
Der von der Beklagten beantwortete Rekurs des Klägers ist zulässig, weil die Entscheidung des Berufungsgerichts von der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abweicht, er ist dementsprechend auch berechtigt.
Der Begriff der Streitigkeit aus dem Vereinsverhältnis ist, wie das Berufungsgericht zunächst völlig zutreffend ausgeführt hat, auf alle privatrechtlichen Streitigkeiten zwischen Vereinsmitgliedern und dem Verein oder Vereinsmitgliedern untereinander auszudehnen, sofern sie in der Vereinsmitgliedschaft wurzeln (4 Ob 146/07k; 6 Ob 219/04f). Dazu gehören zunächst Streitigkeiten über die Zahlung der Mitgliedsbeiträge, aber auch über die Erbringung anderer mit der Mitgliedschaft verknüpfter vermögenswerter Leistungen an den Verein (4 Ob 146/07k; 6 Ob 117/09p). Beruht der Anspruch allerdings nach dem Klagebegehren auf einem selbstständigen vertraglichen Schuldverhältnis, für dessen Zustandekommen die Vereinszugehörigkeit nicht denknotwendig Voraussetzung ist, liegt seine Grundlage nicht im Vereinsverhältnis, sondern in dem zwischen den Streitparteien abgeschlossenen Vertrag (RIS-Justiz RS0122425 [T9]).
Entscheidend ist, auf welche Tatsachen der Kläger seinen Anspruch gründet (6 Ob 194/09m; 4 Ob 73/09b; 2 Ob 273/06w = ecolex 2008/14 [Wilhelm]). Im vorliegenden Verfahren ist dies ein Darlehensvertrag, der es der Beklagten ermöglicht habe, den Negativsaldo eines Bankkontos abzudecken und dadurch Zinsen zu ersparen. Auch wenn unstrittig ist, dass die Stellung des Klägers als Mitglied und Funktionär des Vereins das entscheidende Motiv für die Gewährung des Darlehens zu nicht fremdüblichen Konditionen war, wurzelt dieses Grundgeschäft, auf das sich die Klage beruft, deswegen nicht schon denknotwendig in der Vereinszugehörigkeit, so wie auch der Bank-(überziehungs-)kredit nicht, den es ersetzt hat. Der vorliegende Darlehensvertrag hätte in ähnlicher Form auch mit einem nicht dem Verein angehörenden, sondern nur an der Förderung seiner Zwecke interessierten Sponsor abgeschlossen werden können. Die vereinbarten Rückzahlungsmodalitäten, die einer Abstattung nach Tunlichkeit und Möglichkeit entsprechen, und die Fälligkeit des gesamten Restbetrags bei Eintritt eines bestimmten Ereignisses können nicht als derart ungewöhnlich qualifiziert werden, dass sie ohne Zusammenhang mit einer Vereinsmitgliedschaft denkunmöglich bestehen könnten.
Der vorliegenden Klage steht daher nicht das Hindernis der temporären Unzulässigkeit des Rechtswegs nach § 8 Abs 1 VerG entgegen. Ausgehend von seiner vom Obersten Gerichtshof nicht geteilten Rechtsansicht hat das Berufungsgericht das Rechtsmittel der Beklagten nicht vollständig behandelt; die Rechtssache ist daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, das neuerlich über die Berufung zu entscheiden haben wird.
Der Kostenvorbehalt beruht auf §§ 50 Abs 1, 52 Abs 1 ZPO.
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