Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Sozialrechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Der am 26. 12. 1956 geborene Kläger war in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag (dem 1. November 2009) überwiegend als Kraftfahrer im grenzüberschreitenden internationalen Güterverkehr beschäftigt und lenkte vorwiegend LKW-Züge mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von 40 Tonnen. Aufgrund dieser Tätigkeit verfügt er über jene Kenntnisse und Fähigkeiten, die denen eines gelernten Berufskraftfahrers gleichzusetzen sind. Wegen seines - näher festgestellten - Leistungskalküls ist der Kläger nicht mehr in der Lage, die Tätigkeit eines Berufskraftfahrers auszuüben.
Gegenstand des Revisionsverfahrens ist die Frage der Verweisbarkeit des Klägers auf die Tätigkeit eines Fuhrparkdisponenten.
Über den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinaus traf das Erstgericht bisher folgende weitere Feststellungen:
„Die Kerntätigkeit des Berufskraftfahrers ist das Lenken des Fahrzeugs. Er hat aber auch die Routen- und Streckenplanung durchzuführen und entsprechend den jeweiligen Aufträgen einen Terminplan zu erstellen. Nahezu täglich muss er die Sicherheit des Fahrzeugs überprüfen; weiters muss er die Ladungssicherung vornehmen. Bei Fahrten außerhalb der Europäischen Union gehört die Erledigung der Zollformalitäten zu den Aufgaben des Berufskraftfahrers. Für den Güterverkehr benötigt er den Führerschein der Klassen C und E; der 'Gefahrengutführerschein' (genauer: Bescheinigung über die Gefahrgutlenkerschulung) ist von Vorteil.
Fuhrparkdisponenten werden bei großen Speditions- und Busunternehmen, aber auch in Betrieben mit einem großen Fuhrpark (ab einem Fahrzeugstand von dreißig, vierzig LKWs oder Bussen) beschäftigt. Haupttätigkeit ist die Einteilung der Kraftfahrzeuge und die Zuteilung der Fahrer. Es handelt sich um eine körperlich leichte Tätigkeit in Büroräumen, überwiegend im Sitzen; Fuhrparkdisponenten halten sich nur kurzzeitig im Freien auf (etwa zu 10 % der Arbeitszeit bei Kontrollen am Fahrzeug, etwa beim Ablesen von Tachographenscheiben und der Kilometerstände). Sie erstellen die Dienstpläne für die Fahrer, unterstützen diese bei der Routenplanung und sind für die ordnungsgemäße Anmeldung der Fahrzeuge bei der Versicherung, die Einhaltung der Serviceintervalle und die Beauftragung von Reparaturarbeiten verantwortlich. Fuhrparkdisponenten führen selbst keine Reparaturarbeiten durch. Der Besitz der Führerscheinklassen C und E ist erforderlich. Fuhrparkdisponenten üben die Lenktätigkeit in weit geringerem Ausmaß als Berufskraftfahrer (oder auch gar nicht) aus; allenfalls führen sie leichte Überstellungen oder Fahrten zur Werkstatt durch. Beim Fuhrparkdisponenten handelt sich um keinen Lehrberuf. In der Praxis werden für diese Tätigkeit vorzugsweise erfahrene Kraftfahrer eingestellt. Verwertbar sind von gelernten bzw angelernten Berufskraftfahrern vor allem die technischen Kenntnisse und Fähigkeiten dieses Berufs, dies betrifft insbesondere die Flottenwartung, die Überprüfung der Fahrzeuge auf Fahrbereitschaft, auf die Betriebs- und die Verkehrssicherheit; weiters die Kenntnisse und Erfahrungen im Bereich der Zollabwicklung, der Behandlung der Transportgüter, aber auch die Strecken- und Terminplanung. Wesentlich ist die Erfahrung im Transportwesen, die man nur in der Praxis als Berufskraftfahrer gewinnt und die bei anderen Berufskraftfahrern Akzeptanz bringt. Im Gegensatz zum Beruf des Berufskraftfahrers sind zusätzliche EDV-Kenntnisse erforderlich. Es werden spezielle Softwareprodukte für die Disposition verwendet, die entsprechenden Kenntnisse werden im Rahmen einer unter dreimonatigen innerbetrieblichen Schulung vermittelt. In der Regel werden EDV-Grundkenntnisse vorausgesetzt. Fuhrparkdisponenten werden innerbetrieblich eingeschult, die notwendigen Fertigkeiten, auch die Anwendung spezieller EDV-Kenntnisse, können in wenigen Monaten (zumindest weniger als sechs Monaten) erlernt werden. Erforderlich ist eine gewisse - durch 'learning bei doing' erreichbare - Kommunikationsfähigkeit, weil Termine mit Fachwerkstätten zu vereinbaren und die regelmäßigen Kontrollen beim TÜV zu veranlassen sind. Die Tätigkeit eines Fuhrparkdisponenten ist mit überdurchschnittlichem Zeitdruck verbunden; bei großen Unternehmen liegt dauernder Zeitdruck vor, auch bei kleineren Unternehmen mit sieben bis zehn Fahrzeugen ist der Zeitdruck jedenfalls überdurchschnittlich, aber nicht durchgehend. Fremdsprachenkenntnisse sind - außer Grundkenntnisse in Englisch - nicht erforderlich. Österreichweit gibt es mindestens hundert Stellen für Fuhrparkdisponenten.
Der Kläger könnte ohne Überschreitung seines medizinischen Leistungskalküls als Fuhrparkdisponent tätig sein.“
Das Erstgericht wies - ausgehend von diesem Sachverhalt - das auf Zuerkennung einer Invaliditätspension gerichtete Klagebegehren ab. In rechtlicher Hinsicht bejahte es die Verweisbarkeit eines (angelernten) Berufskraftfahrers auf die Tätigkeit eines Fuhrparkdisponenten. Das Berufsbild des Berufskraftfahrers umfasse neben der Kerntätigkeit des Lenkens eines Kraftfahrzeugs ein breites Spektrum an Kenntnissen und Fähigkeiten, die von der Fahrzeugtechnik, Lagerung, Lade- und Stautechnik, kaufmännischen, organisatorischen bis hin zu rechtlichen Kenntnissen reichten. Die zahlreichen administrativen und organisatorischen Aufgaben im Zusammenhang mit dem Einsatz von LKWs, der Verladung von Gütern und der Abwicklung von Transporten, seien von Berufskraftfahrern und Fuhrparkdisponenten gleichermaßen zu erledigen, mit dem Unterschied, dass der Berufskraftfahrer nur für sein Fahrzeug verantwortlich sei, der Fuhrparkdisponent aber für eine gesamte LKW-Flotte. Angesichts dieser Umstände stellten die Aufgaben eines Fuhrparkdisponenten keinesfalls nur untergeordnete Teiltätigkeiten des Berufs „Berufskraftfahrer“ dar, die sich qualitativ nicht hervorheben. Nur dann wäre die Verweisbarkeit aber zu verneinen. Die erforderlichen EDV-Kenntnisse seien im Rahmen einer innerbetrieblichen Einschulung zu erwerben.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers keine Folge. Es verwies auf die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts und hielt den Ausführungen des Klägers ergänzend entgegen, dass eine Verweisung nicht schon deshalb unzulässig sei, weil eine ganz wesentliche (und im Regelfall körperlich belastende) Kerntätigkeit - wie hier das Lenken von Kraftfahrzeugen - wegfalle, wenn der Versicherte bei Ausübung der für ihn in Betracht kommenden Tätigkeit noch in der Lage sei, qualitativ hervorgehobene Teiltätigkeit zu verrichten und die im Zusammenhang mit seinem Beruf erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten verwerten zu können. Dies sei sowohl hinsichtlich der technischen Belange als auch in Bezug auf die Routenplanung und die im internationalen Transport erforderlichen Zollabwicklungen gegeben, weshalb gerade erfahrene Berufskraftfahrer nach kurzer innerbetrieblicher Einschulung bevorzugt als Fuhrparkdisponenten eingestellt würden. Ähnlich verhalte es sich mit der in ständiger Rechtsprechung erfolgenden Verweisung gelernter Handwerker, die körperlich nicht mehr in der Lage seien, ihren erlernten Beruf auszuüben und auf die (Angestellten-)Tätigkeit eines Fachmarktberaters/Fachmarktverkäufers verwiesen würden. Der Wechsel eines qualifizierten Facharbeiters in eine Angestelltentätigkeit führe dann zu keinem Verlust des Berufsschutzes, wenn eine entsprechende Nahebeziehung zum bisher ausgeübten Beruf bestehe. Diese sei im vorliegenden Fall zu bejahen, weil Kernbereiche der Ausbildung zum Berufskraftfahrer vom Fuhrparkdisponenten unmittelbar verwertbar seien. Die für die Bürotätigkeit erforderlichen Kenntnisse seien Teil der Ausbildung für den Lehrberuf „Berufskraftfahrer“; die zusätzlich nötigen EDV-Kenntnisse seien innerhalb weniger Monate durch innerbetriebliche Einschulung auf einer speziellen Software erlernbar. Nicht als Verweisungstätigkeit komme die Tätigkeit eines Fuhrparkleiters in Betracht. Diese unterscheide sich von jener des Fuhrparkdisponenten insofern, als der Fuhrparkleiter (entsprechend der Ausbildung zum Speditionskaufmann) eine überwiegend kaufmännische Tätigkeit mit Managementfunktion verrichte.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil keine oberstgerichtliche Rechtsprechung zu der Frage bestehe, ob ein Berufskraftfahrer auf die Tätigkeit eines Fuhrparkdisponenten verweisbar sei.
Die Revision ist aus den vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig; sie ist im Sinne des eventualiter gestellten Aufhebungsantrags auch berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Der Kläger macht in seinen Rechtsmittelausführungen im Wesentlichen geltend, bei einem Berufskraftfahrer bilde das Lenken von Kraftfahrzeugen die Kerntätigkeit, sodass schon begrifflich nicht von einer zulässigen Verweisung auf den Beruf eines Fuhrparkdisponenten ausgegangen werden könne, bei dem die organisatorischen bzw EDV-Tätigkeiten im Vordergrund stünden. Weiters releviert er, es seien bei Prüfung der Verweisbarkeit bei ihm vorgelegene Einschränkungen außer Acht gelassen worden, welche in concreto seine Verweisung auf den Beruf des Fuhrparkdisponenten in Frage stellten. So sei unberücksichtigt geblieben, dass er als Fernfahrer über keine EDV-Grundkenntnisse verfüge; er weise auch keine entsprechenden Fremdsprachenkenntnisse auf. Das Fehlen entsprechender Feststellungen zu den EDV- und Fremdsprachenkenntnissen werde als sekundärer Feststellungsmangel gerügt.
Dazu ist zu auszuführen:
1. Dass ein Versicherter, der überwiegend in einem erlernten oder angelernten Beruf tätig war, auch auf Teiltätigkeiten seiner Berufsgruppe verwiesen werden darf, durch die er den bereits erworbenen Berufsschutz nicht verliert, entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (RIS-Justiz RS0084541). Der Kläger, der Berufsschutz als angelernter Berufskraftfahrer genießt, kann daher nur auf Berufstätigkeiten verwiesen werden, die eine ähnliche Ausbildung und gleichwertige Kenntnisse und Fähigkeiten wie der maßgebende Lehrberuf des Berufskraftfahrers erfordern, wobei der Berufsschutz hiedurch nicht verloren gehen darf (10 ObS 57/91, SSV-NF 5/40 mwN). Der erworbene Berufsschutz bleibt, wenn später überwiegend nur Teiltätigkeiten ausgeübt werden, nur dann erhalten, wenn die spätere Tätigkeit in ihrer Gesamtheit noch als Ausübung des erlernten oder angelernten Berufs anzusehen ist (10 ObS 58/95, SSV-NF 9/35 mwN). Entscheidend ist somit, ob ein Kernbereich der Ausbildung auch bei Ausübung der Teiltätigkeit verwertet werden muss (10 ObS 369/89, SSV-NF 4/2). Die Ausübung einer Teiltätigkeit, die sich qualitativ nicht hervorhebt und bloß untergeordnet ist, vermag dem gegenüber einen vorher bestehenden Berufsschutz nicht aufrecht zu erhalten. Die Frage, ob bestimmte Tätigkeiten, als quantitativ und qualitativ nicht ganz unbedeutend angesehen werden können und damit berufsschutzerhaltend sind, kann nur anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden (vgl RIS-Justiz RS0084497 [T1, T4, T15 und T20], RS0084541 ua). Für die Prüfung dieser Frage ist daher die genaue Feststellung der konkret ausgeübten Tätigkeiten erforderlich (RIS-Justiz RS0112425), die dafür verwertbaren Teile der Ausbildung, Kenntnisse und Fähigkeiten des erlernten (angelernten) Berufs sowie der zusätzlichen Kenntnisse und Fähigkeiten und der Umstände, unter denen sie erworben werden können (10 ObS 192/02m, SSV-NF 16/75; 10 ObS 10/00v, SSV-NF 14/20 ua). Dabei ist neben dem festgestellten Inhalt der Tätigkeit auch die Einschulungs- oder Einweisungszeit wesentlich, die ein ungelernter Arbeiter benötigt, um solche Tätigkeiten verrichten zu können (10 ObS 290/99s, SSV-NF 13/129). Bei der Frage, ob bestimmte Tätigkeiten berufsschutzerhaltend sind, handelt es sich um eine Rechtsfrage (RIS-Justiz RS0084541 [T16]). Im Sinne dieser Grundsätze führt auch der Wechsel eines qualifizierten Facharbeiters in eine Angestelltentätigkeit dann zu keinem Verlust des Berufsschutzes, wenn eine entsprechende Nahebeziehung zum bisher ausgeübten Beruf besteht. Bildet die handwerkliche Ausbildung und die dabei erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten ein Anstellungs- und Ausübungskriterium für den Beruf eines Kunden- oder Verkaufsberaters in Groß- und Baumärkten in der jeweiligen Branche und finden qualifizierte Facharbeiter als Kunden- oder Verkaufsberater auch tatsächlich Verwendung, können gelernte Handwerker auch auf derartige Berufe verwiesen werden (10 ObS 101/10s; 10 ObS 72/02i; 10 ObS 53/02w, SSV-NF 16/24). So wurde zB ein Tischler auf Wohn- und Verkaufsberater in Einrichtungshäusern, ein Maurer auf den Beruf eines Fachmarktberaters/Fachmarktverkäufers, ein Zimmerer auf Kundenberater und/oder Verkäufer in einem Bauwarengroßmarkt etc verwiesen.
1.1. Hinsichtlich der berufsschutzerhaltenden Verweisbarkeit eines Berufskraftfahrers hat der Oberste Gerichtshof beispielsweise ausgesprochen, dass die Tätigkeiten als LKW-Lenker (teilweise im grenzüberschreitenden Verkehr) und als Busfahrer oder die Tätigkeit als Autobusfahrer im internationalen Einsatz den bereits vorher erworbenen Berufsschutz erhalten (10 ObS 345/99d, SSV-NF 14/18 und 10 ObS 365/99w, SSV-NF 14/19); ebenso die Tätigkeit als Chauffeur im Viehtransport, verbunden mit der Wartung des Fahrzeugs und der Ausfüllung von Formularen (10 ObS 90/02m, SSV-NF 16/79). Es wurde auch die Verweisung auf die Tätigkeiten eines Fahrers von Dienstpersonenkraftwagen und eines Direktionschauffeurs nicht beanstandet (10 ObS 205/97p). Die Tätigkeit eines Straßenbahnfahrers wurde dagegen für die Erhaltung des Berufsschutzes als Berufskraftfahrer als ungeeignet angesehen (10 ObS 411/98h, ARD 5061/13/99; 10 ObS 272/92, SSV-NF 6/147). In der Entscheidung 10 ObS 290/99s, SSV-NF 13/129, wurde als prüfenswert erachtet, ob nicht auch noch andere einschlägige, wenn auch nicht unmittelbar mit dem Lenken von Kraftfahrzeugen verbundene Verweisungsberufe, wie beispielsweise der Beruf eines Fuhrparkleiters in Betracht kämen (siehe auch 10 ObS 256/99s, SSV-NF 14/36). Die Frage der Verweisbarkeit eines angelernten Berufskraftfahrers auf diese Tätigkeit war dann Gegenstand der Entscheidung 10 ObS 167/04p. Mangels entsprechend genauer Feststellungen zu den für diesen Beruf erforderlichen Kenntnissen und Fähigkeiten, den nötigen Ausbildungsgang, sowie zur Frage, ob es sich unter Verwendung und Weiterentwicklung der als Berufskraftfahrer erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten um eine Aufstiegsposition für einen gelernten Berufskraftfahrer handelt, wurde die Entscheidung der Vorinstanzen aufgehoben, ohne dass zur Verweisung abschließend Stellung genommen werden konnte.
Zu der hier nach Ansicht der Vorinstanzen für den Kläger noch in Betracht kommenden Tätigkeit eines „Fuhrparkdisponenten“ besteht noch keine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs. Dazu ist auszuführen:
1.2. Die Kenntnisse und Fähigkeiten eines angelernten Berufskraftfahrers sind an dem seinerzeit durch die Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 28. 7. 1987, BGBl 1987/396, geschaffenen Berufsbild des Lehrberufs „Berufskraftfahrer“ zu messen (RIS-Justiz RS0084792 [T10]). Ein Kraftfahrer, dessen Kenntnisse nur unwesentlich über diejenigen hinausgehen, die von jedem Lenker eines Schwerkraftfahrzeugs anlässlich der Führerscheinprüfung verlangt werden, übt keinen angelernten Beruf aus (RIS-Justiz RS0084792). Der Berufskraftfahrer benötigt also nicht nur die für das Lenken eines Kraftfahrzeugs und die für den Güternahverkehr erforderlichen Kenntnisse, sondern darüber hinausgehende Kenntnisse, die vor allem für den grenzüberschreitenden Verkehr bedeutsam sind. Hiezu gehört nicht nur die Ausfertigung für den Transport erforderlicher Papiere, sondern auch kaufmännisches Rechnen und Schriftverkehr, die Kenntnis des einschlägigen Zahlungsverkehrs, der wichtigsten europäischen Verkehrswege, der Strecken- und Terminplanung, Grundkenntnisse der Transportversicherung, der Beförderungsverträge, des Handels-, Straf- und Verwaltungsrechts, der Zollvorschriften und der Warenkunde etc (10 ObS 234/99f, SSV-NF 13/107; 10 ObS 204/06g mwN).
1.3. Dafür, dass die Tätigkeit eines Fuhrparkdisponenten in ihrer Gesamtheit als Ausübung des erlernten oder angelernten Berufs angesehen werden kann, spricht - wie bereits die Vorinstanzen erkannt haben -, dass ein Bereich der Berufskraftfahrerausbildung - insbesondere über technische Belange, aber auch die Kenntnisse und Erfahrungen in Bezug auf die Routenplanung und die im internationalen Transport erforderlichen Zollabwicklungen - bei der Ausübung der Tätigkeit des Fuhrparkdisponenten verwertet werden können bzw müssen. Weiters ist maßgeblich, dass am Arbeitsmarkt als Fuhrparkdisponenten bevorzugt erfahrene Berufskraftfahrer eingestellt werden.
1.4. Versteht man die Feststellung, dass „Fuhrparkdisponenten“ in der Lage sind, sich die notwendigen Fertigkeiten - auch die Anwendung der speziellen EDV-Kenntnisse - im Rahmen innerbetrieblicher Einschulungen in wenigen Monaten (weniger als sechs Monaten) anzueignen, dahin, dass ein als Fuhrparkdisponent eingestellter gelernter (angelernter) Berufskraftfahrer neben der Berufserfahrung als Berufskraftfahrer eine zusätzliche betriebsinterne Einweisungszeit in diesem Ausmaß benötigt, ist die Tätigkeit als Fuhrparkdisponent durchaus geeignet, den Berufsschutz als Berufskraftfahrer zu erhalten, auch wenn dem Lenken von Kraftfahrzeugen keine oder nur mehr eine geringe Rolle zukommt. Dass die Notwendigkeit einer betriebsinternen Einschulung eines qualifizierten Facharbeiters kein Verweisungshindernis darstellt, wurde bereits mehrfach ausgesprochen (10 ObS 72/02i mwN). Sollte die Einstellung eines Berufskraftfahrers als Fuhrparkdisponent einen Wechsel in eine Angestelltentätigkeit bewirken, führte dies infolge der entsprechenden Nahebeziehung zum bisher ausgeübten Beruf ebenfalls nicht zum Verlust des Berufsschutzes.
Es handelt sich beim Beruf des Fuhrparkdisponenten demnach um eine qualifizierte, den Berufsschutz als Berufskraftfahrer erhaltende Teiltätigkeit, sodass die Verweisung des Klägers auf diese Tätigkeit grundsätzlich zulässig ist.
2. Dennoch erweist sich die Rechtssache noch nicht als spruchreif:
Vorerst ist festzuhalten, dass in dem Revisionsvorbringen, der Kläger verfüge nicht über die erforderlichen EDV-Grundkenntnisse, kein Verstoß gegen das auch in Sozialrechtssachen herrschende Neuerungsverbot erblickt werden kann, weil im Hinblick auf den geltend gemachten Berufsschutz auch die Frage der Verweisbarkeit innerhalb seiner Berufsgruppe eine von Amts wegen zu überprüfende unabdingbare Entscheidungsvoraussetzung ist (10 ObS 290/99s, SSV-NF 13/129 mwN).
Weitere Voraussetzung für die Verweisung des Versicherten auf eine bestimmte Berufstätigkeit ist, dass sich dieser einer allenfalls notwendigen Einschulung unterziehen kann. Im vorliegenden Fall gehört zu den Grundvoraussetzungen für die Ausübung der Tätigkeit eines Fuhrparkdisponenten der Erwerb von EDV- Zusatzkenntnissen in speziellen Softwareprogrammen. Diese Kenntnisse können innerbetrieblich im Rahmen entsprechender Schulungen erlernt werden. Nach den bisherigen Feststellungen ist dabei „in der Regel“ das Vorhandensein von EDV-Grundkenntnissen vorausgesetzt. Dazu, ob der Kläger über diese Grundkenntnisse verfügt, allenfalls ob diese Kenntnisse entweder im Betrieb selbst oder im Falle der Arbeitslosigkeit durch (kostenlose) Seminare des Arbeitsmarktservice vermittelt werden, bestehen aber keine Feststellungen. Ferner steht nicht fest, ob der Kläger die überdies festgestellte Voraussetzung für die Anstellung als Fuhrparkdisponent, nämlich Grundkenntnisse der englischen Sprache, erbringt. Auch dazu werden im fortgesetzten Verfahren ergänzende Feststellungen zu treffen sein. Dabei könnten die Angaben des Klägers gegenüber der Sachverständigen für Innere Medizin Dr. Schuler zu seinen langjährigen Auslandsaufenthalten berücksichtigt werden (siehe Anamnese im Gutachten vom 19. 11. 2009 im Anstaltsakt).
3. Die auch in der Revision aufrecht erhaltene Behauptung, es sei für den Beruf des Fuhrparkdisponenten eine kaufmännische Ausbildung erforderlich, entfernt sich von den bisherigen Feststellungen. Die Tätigkeit eines Fuhrparkleiters wurde von den Vorinstanzen als Verweisungstätigkeit bisher gar nicht in Betracht gezogen, weshalb auf die diesbezüglichen Revisionsausführungen nicht weiter einzugehen ist.
4. Da für die abschließende Beurteilung entscheidungswesentliche Fragen bisher ungeklärt blieben, waren die Entscheidungen der Vorinstanzen zur Ergänzung des Verfahrens in diesen Punkten aufzuheben.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.
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