OGH 7Ob89/11f

OGH7Ob89/11f28.9.2011

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. KR E***** K***** und 2. S***** K*****, beide *****, beide vertreten durch Proksch & Fritzsche, Frank, Fletzberger, Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagte Partei V*****, vertreten durch Mag. Heribert Donnerbauer, Rechtsanwalt in Retz, wegen Feststellung, über den „Rekurs“ (richtig Revisionsrekurs) der Kläger gegen den Beschluss des Landesgerichts Korneuburg als Berufungs- und Rekursgericht vom 4. Jänner 2011, GZ 21 R 387/10z-27, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Hollabrunn vom 29. September 2010, GZ 5 C 12/10g-21, als nichtig aufgehoben und die Klage zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird ersatzlos behoben und dem Gericht zweiter Instanz eine Entscheidung über die Berufung unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Der Beklagte ist schuldig, den Klägern die mit 1.230,95 EUR (darin enthalten 205,16 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekurses binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Kläger waren seit Juni 2007 Mitglieder des beklagten Vereins. Der Erstkläger, der auch Obmannstellvertreter war, wurde in der Vorstandssitzung vom 6. 11. 2007 zum Zuchtbuchkoordinator gewählt. Als solcher war er gegenüber der Landwirtschaftskammer als Aufsichtsbehörde für das Zuchtgeschehen verantwortlich. In der Vorstandssitzung vom 13. 12. 2007 kritisierte er die Zuchtwarteschulung, worauf er vom Vorstand mit der Erstellung eines Schulungsprogramms beauftragt wurde. In einer weiteren Vorstandssitzung am 31. 1. 2008 äußerte der Erstkläger neuerlich Kritik an der Zuchtwarteschulung und an der Zuchtbuchführung; er übte auch Kritik an der Geschäftsstelle und am Aufnahmeverfahren. Zuvor hatte er den Obmann mehrmals darauf hingewiesen, gerichtlich beeideter Sachverständiger für Pferdewesen, aber kein im Sinn der Vereinsvorgaben zertifizierter Pferderichter zu sein. Dennoch hatte sich der Erstkläger am 8. 8. 2007 bereit erklärt, als solcher zu fungieren. In der Sitzung am 31. 1. 2008 wies er neuerlich auf seine mangelnde Zuchtrichtereigenschaft hin. Daraufhin wurde an seiner Stelle ein anderer Zuchtrichter bestellt.

In der Vorstandssitzung am 13. 3. 2008 zweifelte der Erstkläger die Qualifikation eines anderen Zuchtrichters an, weshalb dieser über Aufforderung des Vorstands seine Zertifikate vorlegte. Der Erstkläger betonte neuerlich, kein Zuchtrichter zu sein. Im Zuge einer sich entspinnenden Diskussion über seine fachliche Qualifikation wurde der Erstkläger verbal attackiert. Er reagierte beleidigt und sagte, der Vereinsvorstand habe keine Ahnung von einer Verbandsführung, geschweige denn von Pferden, da den Vorstandsmitgliedern „der nötige Verstand“ fehle.

In der Folge forderte der Vereinsobmann den Erstkläger mit Schreiben vom 19. 3. 2008 auf, freiwillig aus dem Verein auszutreten; andernfalls müsse sein „Austritt“ (gemeint Ausschluss) beantragt werden. Dies, weil sich der Kläger als Zuchtrichter ausgegeben habe, obwohl er hiefür keine Prüfungen habe. In weiterer Folge legte der Erstkläger in einer E-Mail dar, dass er entgegen Vorstandsbeschlüssen nicht mehr in der Körkommission bei der „Hengstanerkennung“ 2008 aufscheine. Diese E-Mail leitete er an sämtliche Adressen weiter, die ihm die Geschäftsstelle des Vereins zur Verfügung gestellt hatte. Er nahm an, dass es sich dabei nur um (aktuelle) Vereinsmitglieder handle. Dies war aber nicht der Fall. Ein ehemaliges Mitglied verständigte den Obmann, dass der Erstkläger „verbandsinterne Vertraulichkeiten“ weitergeleitet habe. In einer außerordentlichen Vorstandssitzung am 3. 4. 2008, zu der man den Erstkläger einlud, wurde vom Vereinsvorstand das Ruhen der Mitgliedsrechte beider Kläger und deren Ausschluss aus dem Verein mehrheitlich angenommen. In einer Vorstandssitzung am 24. 4. 2008 wurden die Protokolle der Sitzungen vom 13. 3. 2008 und 3. 4. 2008 in Abwesenheit der Kläger angenommen. Keines der Protokolle wurde den Klägern zur Einsicht übermittelt. Mit Schreiben vom 4. 6. 2008 teilte der Obmann den Klägern mit, dass das Ruhen ihrer Mitgliedschaft und ihr Vereinsausschluss von der Mehrheit der Vorstandsmitglieder bestätigt worden sei. Als Grund wurde beim Erstkläger „verbandsschädigendes Verhalten“ und bei der Zweitklägerin „Familienzugehörigkeit“ genannt.

Mit Vorstandsbeschluss vom 12. 6. 2008 wurde die Geschäftsordnung des Beklagten im Punkt 3. „Ausschlussverfahren“ unter lit k) dahin ergänzt, dass „Einsprüche beim Vorstand oder Obmann innerhalb von 14 Tagen nach Beschluss“ einzubringen seien. Zuvor war keine Frist für die Einbringung eines Einspruchs vorgesehen. Eine weitere Änderung der Geschäftsordnung betraf Punkt 4. „Generalversammlung“, der nun unter lit e) „die Zulassung eines Anwalts für Mitglieder zu einer Vorstandssitzung oder Generalversammlung“ von einer „positiven Abstimmung durch den Vorstand und Bestätigung der Generalversammlung“ abhängig machte.

Die Kläger wurden von diesen Änderungen der Geschäftsordnung nicht in Kenntnis gesetzt. Es war ihnen auch nicht möglich, in die Geschäftsordnung Einsicht zu nehmen. Lediglich bei der Generalversammlung am 27. 9. 2008 wurde ihrem Rechtsanwalt eine kurze Einsicht ermöglicht. Dieser überprüfte dabei nur Punkt 4. lit e) betreffend die Zulässigkeit der Anwesenheit von Anwälten. Die 14-tägige Frist für die Anrufung des Schiedsgerichts nach Beschlussfassung der Generalversammlung nahm er nicht zur Kenntnis. Er erhielt auch keine Kopie der neuen Geschäftsordnung. In der Generalversammlung wurde über den Einspruch der Kläger gegen den vom Vorstand beschlossenen Ausschluss verhandelt. An dieser Verhandlung wollte neben dem Erstkläger auch dessen Anwalt, der nunmehrige Klagevertreter, teilnehmen. Dieser wurde aber von der Generalversammlung ausgeschlossen, „nahm ein paar Tische weiter Platz“ und konnte die Sitzung weiter mitverfolgen. Im Sitzungsprotokoll wurden die Weitergabe von verbandsinternen Informationen an bereits vom Beklagten ausgeschlossene Mitglieder, die Beleidigung sämtlicher Vorstandsmitglieder, die mehrfachen negativen Einwände gegen Vorschläge des Vorstands sowie persönliche Angriffe gegen den Obmann als Gründe für den Ausschluss des Erstklägers festgehalten. Als Grund für den Ausschluss der Zweitklägerin wurde deren „Familienzugehörigkeit“ und die damit in Verbindung stehende mögliche Weitergabe von verbandsinternen Informationen genannt. Dem Erstkläger wurde die Möglichkeit gegeben, zu den Ausschlussgründen Stellung zu nehmen. Der Ausschluss beider Kläger wurde in der Generalversammlung bestätigt und dem Erstkläger auch verkündet. Die Zweitklägerin, die eine Vereinssektion leitete, hat zu keinem Zeitpunkt verbandsinterne Informationen nach außen getragen.

Mit Schreiben vom 4. 10. 2008 riefen beide Kläger zur Streitschlichtung das vereinsinterne Schiedsgericht an und machten ihren Sohn G***** als Schiedsrichter namhaft. Sie begehrten insbesondere die Aufhebung der ihrer Meinung nach nicht gerechtfertigten Vereinsausschlüsse. Mit Schreiben vom 17. 10. 2008 wies der Verein die Kläger darauf hin, dass die nach der geänderten Geschäftsordnung eingefügte 14-tägige Frist zur Erhebung eines Einspruchs (Anrufung des Vereinsschiedsgerichts) abgelaufen gewesen sei, sodass keine Veranlassung zur Einberufung eines Schiedsgerichts bestehe.

Die Kläger begehren die Feststellung der Rechtsunwirksamkeit ihres Ausschlusses. Sie seien unbegründet ausgeschlossen worden. Mit dem Ausschluss sei insbesondere für den Erstkläger als Sachverständigen für Pferdewesen auch ein Imageschaden verbunden. Ihre Einsprüche seien in der Generalversammlung ohne inhaltliche Auseinandersetzung abgewiesen worden. Das von ihnen angerufene vereinsinterne Schiedsgericht sei untätig geblieben. Nach Ablauf von 6 Monaten ab Anrufung der vereinsinternen Schlichtungseinrichtung stehe für Rechtsstreitigkeiten aus dem Vereinsverhältnis der ordentliche Rechtsweg offen. Diese Frist sei abgelaufen.

Der beklagte Verein wendete die Unzulässigkeit des Rechtswegs ein. Eine gerichtliche Nachprüfung der Aufnahme oder des Ausschlusses von Mitgliedern verstoße gegen die verfassungsrechtlich garantierte Privatautonomie des Vereins. Die Kläger hätten die in der Geschäftsordnung verankerte 14-tägige Frist zur Anrufung des Schiedsgerichts ungenützt verstreichen lassen. Im Übrigen werde Klagsabweisung beantragt. Der Ausschluss sei rechtsgültig erfolgt. Ausschlussgründe seien ein beleidigendes Verhalten gegenüber anderen Mitgliedern und Vorstandsmitgliedern, vereinsschädigendes Verhalten und die Missachtung der Pflichten als Verbandsmitglieder gewesen. Der Erstkläger habe vorgetäuscht, geprüfter Zuchtrichter zu sein, ohne ein entsprechendes Zertifikat erworben zu haben. Die Zweitklägerin habe bereits in der Vergangenheit vereinsinterne Informationen weitergegeben. Bei Ausschluss (nur) ihres Ehemanns sei zu befürchten gewesen, dass sie dieses vereinsschädigende Verhalten weiterführe.

Die Kläger erwiderten, die Änderung der Geschäftsordnung sei jedenfalls ihnen gegenüber unwirksam gewesen. Eine Änderung der Verfahrensvorschriften in einem bereits anhängigen Verfahren widerspreche den rechtsstaatlichen Grundsätzen. Die 14-tägige Präklusivfrist für die Bekämpfung eines Vereinsausschlusses verstoße gegen die guten Sitten.

Das Erstgericht wies die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs mit gesondertem Beschluss ab und gab dem Klagebegehren statt. Die geänderte Geschäftsordnung sei gegenüber den Klägern nicht in Kraft getreten, da diese weder davon wissen noch darin Einsicht nehmen hätten können. Die Kläger hätten daher das zur Schlichtung der aus dem Vereinsverhältnis entstehenden Streitigkeiten befugte Schiedsgericht ordnungsgemäß angerufen. Der beklagte Verein habe jedoch keinen Schiedsrichter bestellt. Nach Ausschöpfung des in der Vereinssatzung vorgesehenen Instanzenzugs sei zur Überprüfung der Wirksamkeit des Ausschlusses nach Ablauf von 6 Monaten ab Anrufung der Schlichtungseinrichtung die Anrufung der ordentlichen Gerichte zulässig. Die Aussage des Erstklägers, der Vereinsvorstand habe „keinen Verstand“, sei eine situationsbedingte Äußerung gewesen, wobei sich der Erstkläger in einer Rechtfertigungsposition befunden habe. Es habe sich zwar nicht um eine sachliche Kritik gehandelt, dennoch könne dieses Verhalten nicht als unehrenhaft gewertet werden. Die Versendung der E-Mail sei dem Erstkläger nicht als Verschulden anzulasten, da ihm nicht bewusst gewesen sei, dass sie an vereinsexterne Adressaten gelangen könnte. Der Inhalt der E-Mail habe eine sachliche Kritik dargestellt. Auch sei es dadurch zu keiner Schädigung des Vereins gekommen. Dass der Erstkläger das Vorgehen des Vereinsvorstands einer Kritik unterzogen habe, könne ihm nicht als vereinsschädigendes Verhalten zur Last gelegt werden. Beide Kläger hätten verantwortungsvolle Funktionen im Verein innegehabt. Auch der Zweitklägerin sei kein vereinsschädigendes Verhalten vorzuwerfen. Ihre „Familienzugehörigkeit“ könne den Ausschluss weder nach der Geschäftsordnung noch nach den Statuten rechtfertigen.

Das vom Beklagten angerufene Berufungs- und Rekursgericht erklärte das Ersturteil und das vorangegangene Verfahren als nichtig und wies die Klage zurück. Es führte im Wesentlichen aus, nach § 8 Abs 1 Vereinsgesetz hätten die Statuten eines Vereins für die Austragung von Streitigkeiten aus dem Vereinsverhältnis eine Schlichtungseinrichtung vorzusehen. Sofern es zu keiner früheren Beendigung des Schlichtungsverfahrens komme, stehe der ordentliche Rechtsweg sechs Monate ab Anrufung der Schlichtungseinrichtung offen. Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung begründe allerdings die Nichteinhaltung des vereinsinternen Instanzenzugs die Unzulässigkeit des Rechtswegs. Auch die Nichteinhaltung einer zur Anrufung des vereinsinternen Schiedsgerichts nach den Vereinsstatuten oder in der Geschäftsordnung zulässigerweise gesetzten Frist nehme dem Rechtsschutzwerber die Möglichkeit der Anrufung der ordentlichen Gerichte. Rufe ein Vereinsmitglied die in den Statuten vorgesehene Berufungsinstanz nicht an, begründe dies daher die Unzulässigkeit des Rechtswegs. Die in der Vorstandssitzung vom 12. 6. 2008 beschlossene Änderung der Geschäftsordnung sei den Klägern gegenüber wirksam geworden. Eine mit Beschluss des Vorstands zustande gekommene Änderung der Geschäftsordnung werde sofort wirksam. Entscheidend sei, dass die geänderte Geschäftsordnung den Vereinsmitgliedern auch zur Kenntnis komme. Dies sei im vorliegenden Fall geschehen, da der Rechtsvertreter der Kläger in der Generalversammlung vom 27. 9. 2008 Gelegenheit gehabt habe, in die geänderte Geschäftsordnung Einsicht zu nehmen und dies auch für beide Kläger getan habe. Dem Vertreter der Kläger wäre es auch möglich gewesen, eine Kopie der geänderten Geschäftsordnung zu begehren. Die Bestimmung einer 14-tägigen Frist in der geänderten Geschäftsordnung sei nicht sittenwidrig gewesen, da auch Verfahrensvorschriften wie die ZPO und das AußStrG solche Fristen für Rechtsmittel oder Rechtsbehelfe vorsähen. Ob es sich bei der Änderung der Geschäftsordnung des Beklagten um eine „lex K*****“ gehandelt habe, sei nicht entscheidend. Da die Kläger die Frist für die Anrufung des Schiedsgerichts als Schlichtungsstelle versäumt hätten, sei der vereinsinterne Instanzenzug nicht ausgeschöpft worden. Die Kläger seien daher nicht berechtigt, ihren Ausschluss bei einem ordentlichen Gericht zu bekämpfen, weshalb das Verfahren als nichtig aufzuheben und die Klage aus diesem Grund zurückzuweisen sei.

Mit ihrem „Rekurs“ (richtig Revisionsrekurs) gegen diese Entscheidung der zweiten Instanz streben die Kläger deren Abänderung dahin an, dass das Ersturteil wiederhergestellt werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Das Berufungs- und Rekursgericht hat über mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 29. 6. 2011 erteiltem Auftrag seine Entscheidung durch die Aussprüche ergänzt, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteige und dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil zur Frage der Wirkung der Abänderung von Vereinsstatuten während eines laufenden Ausschlussverfahrens keine höchstgerichtliche Rechtssprechung vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Kläger ist zulässig und im Sinn des Aufhebungsantrags berechtigt.

Nach § 8 Abs 1 Vereinsgesetz 2002 (VerG) haben die Statuten eines Vereins die Einrichtung einer (zwingenden) Schlichtungseinrichtung zu enthalten. Diese kann permanent für alle während einer bestimmten Funktionsperiode anfallenden Streitigkeiten aus dem Vereinsverhältnis oder aber auch im Anlassfall bestellt werden, wobei die Statuten im letzteren Fall genau Auskunft über die Bestellung zu geben haben (Fessler/Keller, Komm zum Vereinsgesetz 2002, 104; 8 Ob 78/06p, SZ 2006/136 = RdW 2007/168, 158 = JBl 2007, 324 [Mayr] = ecolex 2007/13, 34). Zweck dieser Norm ist die außergerichtliche vereinsinterne Beilegung von Vereinsstreitigkeiten vor Anrufung der ordentlichen Gerichte. Kommt es zu keiner Beendigung des Schlichtungsverfahrens innerhalb einer Frist von sechs Monaten, so kann das ordentliche Gericht angerufen werden, wodurch eine unerwünschte Verzögerung des effektiven Rechtsschutzes vermieden werden soll (RV 990 BlgNR 21. GP, 28). Die subjektiven, aus dem Vereinsverhältnis entspringenden Rechte des einzelnen Vereinsmitglieds können im ordentlichen Rechtsweg geltend gemacht werden, so zum Beispiel die Feststellung der Mitgliedschaft bei einem Verein und die Bestreitung der Zugehörigkeit sowie die Unwirksamkeit der Ausschließung aus dem Verein (RIS-Justiz RS0038953). Wie der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt zu § 4 Abs 2 lit g Vereinsgesetz 1951 und auch für die Rechtslage nach Inkrafttreten des VerG ausgesprochen hat, ist Voraussetzung der Anrufung der ordentlichen Gerichte aber die Ausschöpfung des in den Vereinssatzungen vorgesehenen Instanzenzugs (RIS-Justiz RS0045598; RS0045138).

§ 8 Abs 1 VerG entsprechend sieht § 14 der Satzungen des beklagten Vereins ein vereinsinternes Schiedsgericht vor, das sich aus drei ordentlichen Vereinsmitgliedern zusammensetzt und zur Schlichtung aller aus dem Vereinsverhältnis entstehenden Streitigkeiten berufen ist. Eine Schlichtungseinrichtung gemäß § 8 VerG ist kein Schiedsgericht nach den §§ 577 ff ZPO, kann aber als solches eingerichtet sein (7 Ob 52/08k, AnwBl 2008, 366 [Mayr] = ecolex 2008/304, 821 mwN). Darauf, dass dies im vorliegenden Fall zuträfe, deutet allerdings nichts hin und wurde von keiner der Parteien behauptet.

Nach nunmehr herrschender Ansicht steht einer Klage, die in einer Streitigkeit aus dem Vereinsverhältnis nach § 8 Abs 1 VerG vor Ausschöpfung des vereinsinternen Instanzenzugs oder vor dem Verstreichen von sechs Monaten seit Anrufung der vereinsinternen Schlichtungseinrichtung eingebracht wird (außer das Schlichtungsverfahren endete bereits vor der Klagseinbringung), das gemäß § 42 Abs 1 JN in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen wahrzunehmende Prozesshindernis der Unzulässigkeit des Rechtswegs entgegen (4 Ob 146/07k, SZ 2007/140 = JBl 2008, 51 = EvBl 2008/13; 7 Ob 52/08k; 8 Ob 138/08i, JBl 2009, 790 = EvBl 2009/149, 1009 [Nunner-Krautgasser] = RdW 2009/822, 849 ua; RIS-Justiz RS0122426; Mayr in JBl 2007, 327 ff [Glosse zu 8 Ob 78/06p]; ders in Rechberger³ Vor § 1 JN Rz 11 mwN; Rauscher, Zak 2007, 367). Das Berufungsgericht hat im vorliegenden Fall die Unzulässigkeit des Rechtswegs angenommen, weil die Kläger das vereinsinterne Schiedsgericht zur Bekämpfung ihres Ausschlusses nach dem geänderten Punkt 3. lit k) der Geschäftsordnung des Beklagten verspätet angerufen hätten und so der vereinsinterne Instanzenzug nicht ausgeschöpft worden sei. Diese Rechtsmeinung ist, wie die Kläger zu Recht geltend machen, verfehlt:

Das Berufungsgericht geht grundsätzlich zutreffend davon aus, dass eine - ordnungsgemäß zustande gekommene - Änderung der Geschäftsordnung durch den Vorstand des Vereins sogleich in Kraft tritt, sofern sie den betroffenen Mitgliedern zur Kenntnis gebracht wird. Richtig hat also das Berufungsgericht angenommen, es komme darauf an, dass die hier maßgebliche Änderung der Geschäftsordnung den Klägern zur Kenntnis gelangt ist. Nicht beigepflichtet werden kann allerdings der weiteren Ansicht des Berufungsgerichts, die Kläger hätten die vom Vorstand beschlossene Befristung eines Einspruchs gegen den Vereinsausschluss an die Schiedsinstanz kennen können oder sogar kennen müssen. Es steht fest, dass die betreffende, erst am 8. 8. 2008 beschlossene Änderung der Geschäftsordnung den Klägern nicht mitgeteilt wurde. Die ihrem Rechtsfreund anlässlich der Generalversammlung am 27. 9. 2008 eingeräumte Möglichkeit, in die (geänderte) Geschäftsordnung Einsicht zu nehmen, bezog sich allein auf den Umstand, dass dem Anwalt zuvor die Teilnahme an der Generalversammlung unter Hinweis auf Punkt 4. lit e) der Geschäftsordnung verweigert wurde. Nach den festgestellten Umständen gab es daher für den Klagevertreter keinen Anlass, nicht nur diese (ihm gezeigte) Bestimmung der Geschäftsordnung einzusehen, sondern anzunehmen oder auch nur zu vermuten, dass (weitere) Änderungen der Geschäftsordnung vorgenommen worden seien. Was den Klagevertreter veranlassen und berechtigen hätte sollen, die gesamte Geschäftsordnung und insbesondere deren Punkt 3. lit k) durchzusehen und dadurch in Kenntnis zu gelangen, dass die bisher unbefristet mögliche Erhebung eines Einspruchs gegen einen Vereinsausschluss beim vereinsinternen Schiedsgericht nun an die Einhaltung einer 14-tägigen Frist gebunden war, ist nicht zu erkennen. Von einem „Kennen müssen“ der Befristung und einer fahrlässigen Unkenntnis der Kläger von dieser Frist kann daher keine Rede sein. War demnach die Einspruchsbefristung den Klägern gegenüber unwirksam, hat sich der beklagte Verein zu Unrecht geweigert, das von den Klägern beantragte interne Schiedsgerichtsverfahren durchzuführen.

Der Klagezurückweisungsgrund der Unzulässigkeit des Rechtswegs wegen mangelnder Ausschöpfung des vereinsinternen Instanzenzugs durch die Kläger liegt daher nicht vor. Auch die sechsmonatige Frist des § 8 Abs 1 VerG wurde gewahrt. Der Zurückweisungsbeschluss des Berufungsgerichts ist daher aufzuheben.

Das Berufungsgericht hat ungeachtet seiner unzutreffenden Annahme der Unzulässigkeit des Rechtswegs die vom Beklagten in der Berufung erhobene Tatsachen- und Beweisrüge behandelt. Es hat die Einwände gegen Feststellungen des Erstgerichts als unzutreffend erachtet und alle erstgerichtlichen Feststellungen „übernommen“. Ausgehend von dem vom Erstgericht festgestellten, hier bereits eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hat das Berufungsgericht auch zur Rechtsrüge des Beklagten kurz Stellung genommen; die Rechtsansicht des Erstgerichts, es lägen keine ausreichenden Gründe für den Ausschluss der Kläger vor, sei zu teilen. Gleichwohl hat das Berufungsgericht (und konnte dies aufgrund seiner nicht zu billigenden Rechtsmeinung über die Zulässigkeit des Rechtswegs auch nicht) keine formelle Entscheidung über die Berufung des Beklagten getroffen. Mangels einer solchen zweitinstanzlichen Entscheidung ist es dem Obersten Gerichtshof - anders als nach § 519 Abs 2 ZPO - verwehrt, eine abschließende Sachentscheidung zu treffen. Im daher fortzusetzenden Berufungsverfahren wird das Berufungsgericht über die Berufung des Beklagten meritorisch zu entscheiden haben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50 iVm 52 Abs 1 Satz 2 und 41 ZPO. Der Beklagte ist im Zwischenstreit über die Zulässigkeit des Rechtswegs unterlegen. Er hat den Klägern daher deren Kosten zu ersetzen (RIS-Justiz RS0035955). Solche Kosten sind diesen nur im Revisionsrekursverfahren angefallen. Ihre erst- und zweitinstanzlichen Prozesshandlungen bezogen sich nicht ausschließlich auf den Zwischenstreit und können im fortgesetzten (Haupt-)Verfahren verwertet werden; Kosten sind aus diesem Grund insoweit nicht zuzusprechen (9 Ob 104/04s, SZ 2005/72; 1 Ob 195/10y ua).

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