Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird. Der Vollzug und die Verständigungen obliegen dem Erstgericht.
Text
Begründung
Mit Beschluss vom 18. 4. 2000 bewilligte das Bezirksgerichts Innere Stadt Wien im Verfahren 72 E ***** der betreibenden Partei aufgrund des Sicherstellungsauftrages des Finanzamtes für den ***** und ***** Bezirk Wien, S***** und G***** vom 12. 4. 2000 zur Sicherstellung der Forderung an Umsatz- und Einkommenssteuer über ATS 904.561 sA (1996 bis 1998) die Exekution zur Sicherstellung durch Vormerkung des Pfandrechtes hinsichtlich des 1/3-Anteiles des Verpflichteten, Mag. Herwig S*****s (B-LNr. 6) ob der EZ ***** GB *****. Die Grundbuchseingabe der betreibenden Partei langte am 14. 4. 2000 beim auch als Grundbuchsgericht zuständigen Bezirksgericht Innere Stadt Wien ein (TZ 3795/00). Beim Vollzug am 20. 4. 2000 erfolgte die Eintragung irrtümlich ob des 1/3-Anteiles DI Heinrich S*****s (B-LNr. 4).
Mag. Herwig S***** (Geschenkgeber) und seine Schwester Margit S***** (Geschenknehmerin) hatten bereits am 28. 3. 2000 über den Miteigentumsanteil des Verpflichteten einen Schenkungsvertrag unterfertigt. Aufgrund dieses Schenkungsvertrages wurde das Eigentumsrecht der Geschenknehmerin ob dem unbelasteten Miteigentumsanteil am 15. 5. 2000 einverleibt (TZ 4601/00). Im Berichtigungsverfahren (§ 104 Abs 3 GBG) sprach sich die Geschenknehmerin gegen die Berichtigung des Vollzugsfehlers aus. Das Erstgericht ordnete die Berichtigung der Eintragung des vorgemerkten Pfandrechtes an.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Geschenknehmerin im Sinn einer ersatzlosen Behebung des angefochtenen Beschlusses Folge und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 20.000 übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Die Frage der Gutgläubigkeit der beteiligten Geschenknehmerin könne mangels Einigung der Beteiligung nur im streitigen Rechtsweg geklärt werden.
Die Antragstellerin bekämpft in ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs diesen Beschluss mit dem Abänderungsantrag, den erstinstanzlichen Beschluss wiederherzustellen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.
Gemäß § 104 Abs 3 GBG kann ein nach vollendeter Eintragung wahrgenommener Fehler beim Vollzug eines Grundbuchsbeschlusses in zwei Fällen berichtigt werden:
- 1. Wenn der Fehler keinerlei Rechtsfolgen nach sich gezogen hat;
- 2. sonst im Einvernehmen mit den Beteiligten (was hier aufgrund des Widerspruches der Beteiligten ausscheidet).
Die strengen Anforderungen, welche die zitierte Bestimmung an die Berichtigung eines beim Vollzug des die Eintragung bewilligenden Beschlusses unterlaufenen Fehlers stellte, bezwecken den Schutz desjenigen, der im Vertrauen auf die Richtigkeit und Vollständigkeit des Grundbuchs bücherliche Rechte erworben hat. Grundbücherliche Vorgänge sollen eine geschehenen gutgläubigen Rechtserwerb im Vertrauen auf den Grundbuchsstand nicht nachträglich wirkungslos machen können (RIS-Justiz RS0060738). Die Erschwerung der Berichtigung eines Fehlers, der „irgendeine Rechtsfolge nach sich gezogen haben könnte", bezieht sich demnach nur auf den Fall, dass die Berichtigung mit einem mittlerweile eingetretenen Rechtserwerb kraft Gutglaubensschutzes kollidieren würde. Hier ist das Einverständnis des Betroffenen unumgänglich; ein nachträglicher Rechtserwerb, bei dem Vertrauensschutz nicht rechtsbegründend wirkt, bleibt hingegen unbeachtlich (5 Ob 17/94 = SZ 67/13).
Ein Vertrauensschutz desjenigen, der durch einen Vollzugsfehler in eine bücherlicher Rechtsposition gelangt ist, kann schon aus rechtlichen Gründen von vornherein ausscheiden (so wie etwa Gläubiger eines exekutiv erworbenen Pfandrechtes keinen Gutglaubensschutz genießen: RIS-Justiz RS0060708). Ist dies mit den Quellen grundbuchsrichterlicher Erkenntnis eindeutig feststellbar, kann die Berichtigung eines Vollzugsfehlers auch gegen den Willen desjenigen angeordnet werden, der dadurch eine vom Vertrauensschutz nicht erfasste bücherliche Rechtsposition verliert (5 Ob 314/03t mwN). Nach diesen Kriterien kommt im vorliegenden Fall ein Vertrauensschutz der beteiligten Geschenknehmerin schon aus rechtlichen Erwägungen nicht in Betracht.
Die antragsgemäße Bewilligung der Vormerkung des Pfandrechtes zugunsten der Antragstellerin mit Beschluss vom 18. 4. 2000 bewirkte die Rückwirkung des (bedingt) dinglichen Rechtserwerbes auf den Zeitpunkt des Einlangens des Antrages beim mit dem Grundbuchsgericht identen Exekutionsgericht (3 Ob 165/98f mwN; RIS-Justiz RS0011256).
Der Erwerb des Eigentumsrechtes der Geschenknehmerin folgte der Vormerkung des zwar auf einem unrichtigen Miteigentumsanteil eingetragenen, aber zuvor antragsgemäß bewilligten Pfandrechtes, nach. Es besteht nach der Judikatur des Obersten Gerichtshofes kein Gutglaubensschutz bei unentgeltlichem Erwerb einer Liegenschaft, was sowohl für die positive Seite des Publizitätsgrundsatzes (6 Ob 737/87
= SZ 62/219 = JBl 1990, 314 = NZ 1990/37 [krit Hofmeister]) als auch
für dessen negative Seite (4 Ob 189/02a = ÖJZ 2000/108 = JBl 2003, 584 mit Hinweis auf Karollus „Grundbücherlicher Vertrauensschutz bei unentgeltlichen Erwerb? JAP 1990/91, 228) gilt. Vonkilch kritisiert in seiner Besprechung der Entscheidung 4 Ob 189/02a (NZ 2003/83) nicht die Reduktion des Gutglaubenserwerbes auf den entgeltlichen Rechtserwerb auch im Hinblick auf das negative Publizitätsprinzip des Grundbuches; vielmehr weist er auf die rein obligatorischen Wirkungen einer nicht verbücherten Servitut und den Unterschied zwischen dinglichen Rechten und mangels Verbücherung keine absolute Wirkung entfaltenden obligatorischen Rechten hin; Überlegungen, die im Fall eines bereits bewilligten, aber in der Folge unrichtig eingetragenen dinglichen Pfandrechtes (§ 447 ABGB) nicht zum Tragen kommen. Aus diesen Erwägungen erweist sich die vom Erstgericht angeordnete Berichtigung als zulässig.
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