OGH 6Ob737/87

OGH6Ob737/8721.12.1989

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hermine G***, im Haushalt, Hitzendorf, Mayersdorf 3, vertreten durch Dr. Bernd Fritsch und Dr. Klaus Kollmann, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei Karl R***, technischer Angestellter, Graz, Jakob-Gschiel-Gasse 8/27, vertreten durch Dr. Peter Böhm, Rechtsanwalt in Graz, wegen Löschung einer Dienstbarkeitseinverleibung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 7. September 1987, GZ 2 R 36/87-33, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 14. November 1986, GZ 16 Cg 432/84-22, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird stattgegeben. Das angefochtene Urteil und das Urteil erster Instanz, soweit es das Löschungsbegehren nach Punkt 2 der Klage betrifft, werden aufgehoben und derart abgeändert, daß die in der Einlage 150 des Grundbuches 63.253 Mayersdorf unter COZ 1 a einverleibte Dienstbarkeit des Gehens, Fahrens und Viehtreibens über das Grundstück 211/2 insoweit als unwirksam erklärt und die Löschung angeordnet wird, als die grundbücherliche Eintragung auch die EZ 190 desselben Grundbuches als herrschendes Gut ausweist. Der Beklagte ist schuldig, der Klägerin außer den mit Punkt 3.) des erstgerichtlichen Urteiles ON 22 zugesprochenen Kosten noch die mit 12.024,45 S bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin enthalten an Barauslagen 2.400 S und an Umsatzsteuer 874,95 S) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Von einer Landesstraße zweigt ein in der Natur auf mehrere 100 m ausgebildeter Weg (in der Folge: Zufahrtsweg) ab. Dieser Zufahrtsweg verläuft geradlinig über 10 Grundstücke jeweils entlang deren nordwestlicher Grenze. Er quert zunächst das an die Landesstraße anrainende Grundstück 211/2 und dann der Reihe nach die Grundstücke 211/1, 213/1, 213/2 und 213/3. Das Eckgrundstück 211/2 gehört zum Gutsbestand der Liegenschaft EZ 150. Die Klägerin ist Miteigentümerin dieser Liegenschaft. Das - von der öffentlichen Straße aus gezählt fünfte - Grundstück 213/3 bildet (seit seiner datumsmäßig nicht festgestellten Abschreibung von der Liegenschaft EZ 137) den alleinigen Gutsbestand der Liegenschaft EZ 190. Der Beklagte ist seit 1977 Alleineigentümer dieser Liegenschaft. Das Grundstück 213/3 stand im Jahre 1961 (ebenso wie die noch weiter von der öffentlichen Straße entfernten Grundstücke und das Grundstück 213/1) als Gutsbestand der Liegenschaft EZ 137 im Eigentum der Großmutter des Beklagten. Die seinerzeitigen Eigentümer der vier der Landesstraße zunächst gelegenen Grundstücke, darunter auch die Rechtsvorgänger der Streitteile, schlossen am 4. November 1961 einen Dienstbarkeitsvertrag. Nach dem Inhalt dieses Vertrages räumten die Rechtsvorgänger der Klägerin als Eigentümer der Liegenschaft EZ 150 mit dem Grundstück 211/2 unter anderem der Großmutter des Beklagten als Eigentümerin der Liegenschaft EZ 137 aber ausdrücklich nur in Ansehung des Grundstückes 213/1 die Dienstbarkeit des Geh-, Fahr- und Viehtriebsrechtes unter Bezugnahme auf die Darstellung des Zufahrtsweges in einem angeschlossenen Lageplan ein. Im dritten Vertragspunkt wurde ausdrücklich festgelegt:

"Rücksichtlich der übrigen Grundstücke der EZ 137 ... wird in diesem Vertrag die Wegeservitut nicht vereinbart, obwohl laut Planzeichnung dieser Weg auch für diese Grundstücke eingezeichnet ist.

Sollte Frau ...." (die Großmutter des Beklagten als Eigentümerin der Liegenschaft EZ 137) "für die noch nicht berücksichtigten Parzellen der EZ 137 ... ein Wegrecht erlangen wollen, wird diesbezüglich gesondert für diese Grundstücke jeweils ein Servitutsvertrag errichtet."

Die Mutter des Beklagten erwarb im Jahre 1977 im Erbwege von ihrer Mutter das Grundstrück 213/3 und schenkte es noch im selben Jahr dem Beklagten. Zur Zeit dieses Rechtsüberganges bildete das Grundstück 213/3 den alleinigen Gutsbestand der Liegenschaft EZ 190. In dieser Grundbuchseinlage war (anläßlich ihrer datumsmäßig nicht festgestellten Eröffnung) - nach dem ausdrücklichen Vorbehalt im Dienstbarkeitsbestellungsvertrag vom November 1961 materiell zu Unrecht - die auch das nun im Miteigentum der Klägerin stehende Grundstück 211/2 belastende Grunddienstbarkeit als Gutsbestandteil mitübertragen worden.

Als der Schenkungsvertrag vom 9. Mai 1977 zwischen dem Beklagten als Geschenknehmer und seiner Mutter als Geschenkgeberin errichtet werden sollte, hatte sich der Beklagte einen Grundbuchsauszug über das Grundstück 213/3 besorgt und diesem Auszug entnommen, daß zugunsten des genannten Grundstückes ein unbeschränktes Geh- und Fahrrecht über den Zufahrtsweg bestünde. Nach der Parteienaussage des Beklagten, auf die das Prozeßgericht erster Instanz diese Feststellung gründete, ließ sich der Beklagte einen handschriftlichen Auszug von einem Grundbuchsbeamten vorlesen und sich nach dem Text der Eintragung vom Grundbuchsbeamten bestätigen, daß das Wegerecht bestünde.

Nach seinem Eigentumserwerb ist der Beklagte gelegentlich mit seinem Personenkraftwagen (von der Landesstraße) über den Zufahrtsweg zu seinem Grundstück gefahren. Im Jahre 1984 errichtete er auf seinem Grundstück eine Gartenhütte.

Im November 1984 begehrte die Klägerin mit ihrer Klage die grundbücherliche Löschung der ob der in ihrem Miteigentum stehenden Liegenschaft EZ 150 einverleibten Dienstbarkeit des Gehens, Fahrens und Viehtreibens zugunsten der Liegenschaft des Beklagten EZ 190. Das Prozeßgericht erster Instanz gab dem Löschungsbegehren statt. Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil zunächst mit der Begründung im klagsabweisenden Sinne ab, daß der Klägerin allein als bloßer Miteigentümerin die Anspruchsberechtigung zur Löschungsklage fehle.

Das Revisionsgericht bejahte die vom Gericht zweiter Instanz verneinte Anspruchsberechtigung der Klägerin und faßte einen Aufhebungsbeschluß (6 Ob 609/87 = ON 32).

Hierauf fällte das Berufungsgericht abermals ein das erstinstanzliche Urteil im Sinne einer Klageabweisung änderndes Urteil. Dazu sprach es aus, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstandes 15.000 S, nicht aber 300.000 S übersteigt. Weiters sprach das Berufungsgericht aus, daß die Revisionszulässigkeitsvoraussetzung nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO vorliege.

In rechtlicher Beurteilung hatte das Prozeßgericht erster Instanz gefolgert:

Mit dem Dienstbarkeitsvertrag vom 4. November 1961 sei zugunsten des nunmehr im Eigentum des Beklagten stehenden Grundstückes keine Wegedienstbarkeit begründet worden, sondern vielmehr eine etwaige Dienstbarkeitsbestellung einem weiteren Vertrag vorbehalten geblieben. Gerade dieser Vorbehalt habe eine Ersitzung (durch die Großmutter des Beklagten) ausgeschlossen. Die Geltendmachung der Eigentumsfreiheit des in ihrem Miteigentum stehenden Grundes durch die Klägerin erscheine bei der offensichtlich irrig erfolgten Grundbuchseintragung keinesfalls als Rechtsmißbrauch. Die Klagsführung verstoße auch nicht gegen Treu und Glauben, solange der (inhaltlich nicht näher vorbestimmte) Dienstbarkeitsbestellungsvertrag zugunsten des nun im Eigentum des Beklagten stehenden Grundes nicht zustandegekommen sei. Zu dem vom Beklagten im Sinne eines gutgläubigen Erwerbes der Dienstbarkeit im Vertrauen auf den Grundbuchstand erhobenen Einwand führte das Prozeßgericht erster Instanz wörtlich aus: "Das Publizitätsprinzip des Grundbuches und letztlich auch die widerspruchslose Annahme des betreffenden Grundbuchsbeschlusses weisen zwar nach außen hin eine solche Dienstbarkeit aus, es ist aber allein deshalb keineswegs eine von der Eigentümerin des dienenden Gutes einzubringende Eigentumsfreiheitsklage für immer und ewige Zeiten ausgeschlossen."

Das Berufungsgericht nahm eine Verfristung der Löschungsklage gegen den Beklagten als Geschenknehmer seiner Mutter an, weil er mit dem Eigentum an der Liegenschaft diese im Vertrauen auf den (materiell unrichtigen) Grundbuchstand gutgläubig als herrschendes Gut in Ansehung der strittigen Wegdienstbarkeit erworben habe. Der gute Glaube des Beklagten (der unwiderlegt ausgesagt habe, daß er von der Existenz des Dienstbarkeitsvertrages und seinem Inhalt erst im Zuge des anhängigen Rechtsstreites Kenntnis erlangt habe) sei anzunehmen, weil der für die Schlechtgläubigkeit des Beklagten beweispflichtigen Klägerin der Beweis der von ihr behaupteten Umstände, aufgrund deren der Beklagte den Nichtbestand der Dienstbarkeit hätte erkennen müssen, nicht gelungen sei. Die Klägerin ficht das abändernde Berufungsurteil aus den Revisionsgründen nach § 503 Abs 1 Z 2 und 4 ZPO mit einem auf Stattgebung ihres Löschungsbegehrens zielenden Abänderungsantrag an. Der Beklagte strebt die Bestätigung des angefochtenen Urteiles an.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus den darzulegenden Erwägungen zulässig und berechtigt.

Der Grundbuchseintragung im Lastenblatt der im Miteigentum der Klägerin stehenden Liegenschaft (EZ 150) sowie der entsprechenden Eintragung im Gutsbestandsblatt A 2 der nun im Eigentum des Beklagten stehenden Liegenschaft (EZ 190) über eine Grunddienstbarkeit des Wegerechtes fehlt nach dem die Eintragungsgrundlage bildenden Dienstbarkeitsbestellungsvertrag eine materiellrechtliche Grundlage. Der Fehler ereignete sich offensichtlich nicht bei der Verbücherung des Dienstbarkeitsvertrages im Jahre 1962, sondern bei der Abschreibung des Grundstückes 213/3 von der Liegenschaft EZ 137 unter Eröffnung einer neuen Einlage (EZ 190). Wann dies erfolgte, welchen Inhalt der diesbezügliche Grundbuchsbeschluß hatte sowie wann und wem dieser Beschluß zugestellt wurde, wurde weder behauptet noch festgestellt. Dennoch liegt kein Feststellungsmangel vor, weil die Abschreibung jedenfalls vor dem Eigentumserwerb des Beklagten im Jahre 1977 erfolgt sein muß (möglicherweise bezieht sich die TZ 11.760/1968 zu C 1 a in EZ 150 auf diesen Vorgang) und nach diesem Datum zur Zeit der Klagseinbringung die Frist zur Löschungsklage mangels fristwahrender Löschungsanmerkung auch im Falle der Nichtbenachrichtigung der Eigentümer des anscheinend belasteten Gutes abgelaufen wäre, soweit der gute Glaube auch dem Erwerber aus einem unentgeltlichen Rechtsgeschäft zuzugestehen ist. Eine derartige Annahme widersprach offenkundig einem verbreiteten Rechtsempfinden, dem beispielsweise Pratobevera Ausdruck gab, der einen Dritterwerber nur unter der Voraussetzung für schutzwürdig ansah, "daß er einen guten Glauben, eine schuldlos Unwissenheit aus der Autorität des öffentlichen Buches für sich geltend machen könne, und einen entgeltlichen lästigen Rechtstitel für sich habe". Zur Begründung dieser Ansicht beschränkte sich der Autor auf die mehr ein Rechtsempfinden als eine dogmatische Ableitung ausdrückende Wendung: "denn ungerechten Gewinn darf das Institut niemandem zuwenden" (Materialien VIII, 347). Ähnlich lehrte Jahrzehnte später Unger, daß nur entgeltliche Erwerber im Vertrauen auf die öffentlichen Bücher geschützt würden, und begründete dies mit einem Sprichwort: ........ (Die Entgeltlichkeit) "wird allerdings nirgends im Gesetze ausdrücklich gefordert. Allein die unentgeltlichen Erwerbsarten, wie Schenkung, Erbschaft, Legat, müssen sicherlich ausgeschieden werden, denn es wäre doch zu barock, zu behaupten, jemand habe sich etwas schenken lassen 'im Vertrauen auf die öffentlichen Bücher' und sei hierin getäuscht worden: 'Dem geschenkten Gaul sieht man nicht ins Maul'" (Stradal nach Vorlesungen Ungers, GZ 1868, 102). In neuerer Zeit vertrat Demelius dieselbe Ansicht, ohne allerdings klar ausgedrückt zu haben, wie weit seine Bemerkung dogmatisch oder rechtspolitisch aufzufassen sei, wenn er schrieb: "Meines Erachtens ist der unentgeltliche Erwerber des Schutzes durch den grundbücherlichen Vertrauensgrundsatz nicht wert, ...." (Grundbuchsrecht, 91). Seit Exner, der zur Stützung seiner Auffassung Praktikabilitätserwägungen in den Fällen gemischter Schenkung und Beweislastfragen in den Vordergrund stellte (Publizitätsprinzip, 62 ff), kann die Lehrmeinung als herrschend angesehen werden, die zwischen entgeltlichem und unentgeltlichem Erwerb nicht unterscheiden und einen Rechtserwerb kraft gutgläubigen Erwerbes im Vertrauen auf den Grundbuchsstand auch dem Erwerber aus unentgeltlichem Rechtsgeschäft zubilligen will (vgl. etwa Randa, Eigentum2, 541, Anm. 7; Ogonowski, GZ 1875, 363; Krasnopolski in Grünhuts Zeitschrift XV, 128; Schauer, GZ 1888, 373; Schey, NZ 1910, 110; u.a.).

Diese Ansicht wird auch von Ehrenzweig (System2 I/2, 118) und Klang (Komm2, II, 348) geteilt und damit begründet, daß "das Gesetz für solche Unterscheidung keinen Anhaltspunkt bietet". Dennoch hat die Rechtsprechung seit dem Inkrafttreten des Grundbuchsgesetzes dem Geschenknehmer eine Berufung auf den Gutglaubenserwerb im Vertrauen auf den Grundbuchsstand versagt (GlU 7004 in einem nicht erwähnten diametralen Gegensatz zur vorangegangenen Plenarentscheidung vom 18. Februar 1873, GlU 4880. Auch in der Entscheidung GlUNF 3908 wurde betont, daß die Afterpfandgläubigerin weder Erbin noch Geschenknehmerin (!) des teilweise befriedigten Hypothekargläubigers ist, ihr Anspruch vielmehr ein selbständiger, auf einem onerosen Titel (!) beruhender sei).

In der parallel zur Frage des Gutglaubensschutzes für Geschenk- und Vermächtnisnehmer abgehandelten Streitfrage nach dem Gutglaubensschutz für den exekutiven Erwerber wurde der Schutz des Vertrauens in die öffentlichen Bücher in seinem Umfang ausdrücklich aus seinen Zielen zu bestimmen versucht (JB 188) und dahin zusammengefaßt, daß "der Vertrauensgrundsatz bloß die Sicherheit des rechtsgeschäftlichen Verkehrs fördern, nicht aber dem betreibenden Gläubiger die Möglichkeit bieten soll, auf Güter zu greifen, die dem Verpflichteten nicht gehören" (SZ 22/99).

Auch in der Frage nach dem Gutglaubensschutz zugunsten eines Geschenk- oder Vermächtnisnehmers ist nach dem Zweck der Regelungen nach den §§ 63 Abs 2 und 71 GBG zu fragen.

Der Verlust des Klagerechtes auf Löschung einer materiell unrichtigen oder unrichtig gewordenen Grundbuchseintragung bedeutet Rechtsbeschränkung oder Rechtsverlust des durch die strittige Eintragung belasteten Buchberechtigten. Einen solchen Eingriff in eine gesicherte Rechtsposition nimmt das Gesetz nur aus besonders schützenswert erachteten Interessen Dritter in Kauf. Schützenswert ist dabei nie die Einrichtung des Grundbuches als solche, sondern immer nur die Stellung eines Rechtserwerbers oder Rechtsnehmers, die sich auf Richtigkeit und Vollständigkeit des öffentlichen Buches verlassen können sollen. Als Zweck eines solchen Vertrauensschutzes kann nur die Sicherung des rechtsgeschäftlichen Verkehrs erkannt werden. In einem weiten Verständnis wären darunter auch unentgeltliche Verfügungen zu begreifen. In teleologischer Gesetzesauslegung ist aber zu prüfen, ob der Gesetzgeber auch den Erwerber aus einem Rechtsgeschäft ohne Leistungsaustausch für so schutzwürdig ansehen kann, daß er allein um künftiger Dispositionen des Erwerbers willen zu Lasten eines materiell Berechtigten eine Rechtsstellung erwerben soll, für die sich sonst kein Zurechnungsgrund finden läßt.

Ist der Gegenstand des Rechtsgeschäftes kein grundbücherliches Recht, sondern eine bewegliche Sache, bleibt nach der Regelung des § 367 ABGB der Geschenk- und Vermächtnisnehmer vom Gutglaubenserwerb ausgeschlossen. Die geringere Schutzwürdigkeit des Erwerbers ohne Austauschleistung bringt der Gesetzgeber aber auch in der Regelung nach § 373 ABGB sowie im Anfechtungsrecht klar und eindeutig zum Ausdruck.

Diese klare gesetzgeberische Wertung zwingt, in teleologischer Reduktion Geschenk- und Vermächtnisnehmer vom Gutglaubenserwerb im Vertrauen auf den Grundbuchsstand auszunehmen.

Diese Auslegung weicht von den Regelungen des BGB und des ZGB ab. Dabei ist anzumerken, daß § 892 BGB durch die Bestimmung des § 816 Abs 1 zweiter Satz BGB in seiner wirtschaftlichen Auswirkung gemildert erscheint, was mangels vergleichbarer positiver Gesetzesanordnung bei einer Rechtsauffassung, wie sie beispielsweise in der Entscheidung JBl 1989, 102 zum Ausdruck kommt, für das österreichische Recht nur schwerlich vertreten werden könnte. Die hier vertretene Auffassung entspricht nicht nur den oben wiedergegebenen Meinungen von Pratobevera, Unger und Demelius, sie vermag auch nahtlos an die zitierte Rechtsprechung GlU 7004 und GlUNF 3908 anzuknüpfen.

Der Anspruch auf Löschung einer materiell unrichtigen Grundbuchseintragung bleibt dem durch diese Belasteten gegenüber einem Geschenk- oder Vermächtnisnehmer in gleicher Weise gewahrt wie gegenüber dessen Geschenkgeber oder Erblasser.

Aus dieser Erwägung steht der Klägerin der Anspruch auf Löschung der nach dem Inhalt des Dienstbarkeitsbestellungsvertrages materiell unrichtigen Einverleibung der Dienstbarkeit zugunsten der vom Beklagten erworbenen Liegenschaft gegen den Beklagten offen. Daß die Geltendmachung der Eigentumsfreiheit keinen Rechtsmißbrauch darstellt, hat schon das Prozeßgericht erster Instanz zutreffend dargelegt, ebenso, daß es nicht gegen Treu und Glauben verstößt, den Rechtszustand herzustellen, der erst nach Maßgabe eines künftig abzuschließenden Vertrages seinerseits wieder unrichtig werden könnte. Entgegen dem Standpunkt des Beklagten kann dem Wortlaut des Dienstbarkeitsbestellungsvertrages vom 4. November 1961 keine "absolute Zusage" zur Dienstbarkeitseinräumung entnommen werden, sondern vielmehr nur der Vorbehalt, daß eine diesbezügliche Einigung erst im Vertragswege gefunden werden müßte. Aus diesen Erwägungen war das erstinstanzliche Urteil, soweit es dem streitverfangen gebliebenen Teil des Hauptbegehrens (also dem Löschungsbegehren) entsprach, wiederherzustellen. Damit erübrigt sich ein Eingehen auf das in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 28. Januar 1986 gestellte Eventualbegehren. Die Entscheidung über die Kosten des gesamten Rechtsmittelverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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