OGH 7Ob274/04a

OGH7Ob274/04a15.12.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Vogel, Dr. Schaumüller und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Kurt R*****, vertreten durch Dr. Alfred Kriegler, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Anneliese R*****, vertreten durch Dr. Andrea Wukovits, Rechtsanwältin in Wien, wegen EUR 21.801,85 (Revisionsinteresse EUR 20.311,20 sA), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 24. Mai 2004, GZ 5 R 214/03g-14, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 18. August 2003, GZ 22 Cg 130/02b-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision der beklagten Partei wird zurückgewiesen. Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Nach den vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen des Erstgerichtes übergab der Kläger, der mit der Beklagten damals zum zweiten Mal verheiratet war, jedoch (vereinbarungsgemäß) mit ihr keinen gemeinsamen Wohnsitz führte, nachdem er am 29. 7. 1999 einen Casinogewinn von S 3,500.000 (EUR 254.354,92) gemacht hatte, seiner (damaligen) Gattin am 2. 9. 1999 als Darlehen einen Betrag von S 200.000 (EUR 14.702,64) sowie am 6. 4. 2000 ein weiteres Darlehen über S 100.000 (EUR 7.267,28). Es wurde vereinbart, dass die Beklagte beide Darlehen unverzinst zurückzahlen solle. Bezüglich des ersten Darlehens wurde kein bestimmter Rückzahlungszeitpunkt bestimmt, hinsichtlich des Zweiten war ausgemacht, dass dieses die Beklagte unmittelbar nach Erhalt der ihr beim Ausscheiden aus der Firma ihres damaligen Dienstgebers zustehenden Abfertigung in Höhe von S 100.000 (EUR 7.267,28) zurückzahlen solle. Nur unter dieser Bedingung gewährte der Kläger, der zu diesem Zeitpunkt selbst finanziell nicht gut gestellt war (und der der Beklagten aus seinem Casinogewinn zuvor bereits S 630.000 = EUR 45.783,89 zur Abdeckung eines Bankkredites für Wohnungsrenovierung geschenkt hatte), der Beklagten auch das zweite Darlehen. Nachdem diese 2001 die erwartete Abfertigung in Höhe von S 100.000 (EUR 7.267,28) erhalten hatte, zahlte sie allerdings nicht die Darlehensschuld zurück, sondern verwendete den Betrag für sonstige Ausgaben. In einem prätorischen Vergleich vor dem Bezirksgericht Mödling am 20. 11. 2002 verpflichtete sich der Kläger, der seit 23. 5. 2002 rechtskräftig geschiedenen Beklagten ab Oktober 2002 (auch für die Zukunft) ziffernmäßig näher bestimmte Unterhaltsbeträge zu bezahlen.

Mit der am 23. 12. 2002 eingebrachten Klage begehrte der Kläger die Rückzahlung beider Darlehen und demgemäß die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von EUR 21.801,85 samt 4 % Staffelzinsen. Die beklagte Partei bestritt das Klagebegehren und wendete Unterhaltsforderungen für die Monate August 2000 bis März 2001 als Gegenforderung kompensando ein. Außerdem wurde unter Hinweis auf §§ 81 ff EheG die Unzulässigkeit des Rechtsweges eingewendet. Das Erstgericht stellte mit mehrgliedrigem Urteil fest, dass die Klageforderung mit EUR 21.801,85 und die Gegenforderung mit EUR 1.490,65 zu Recht besteht; demgemäß sei die beklagte Partei schuldig, dem Kläger EUR 20.311,20 samt 4 % Zinsen seit 1. 12. 2001 zu bezahlen; das Mehrbegehren von EUR 1.490,65 sA samt Zinsenmehrbegehren wurde - rechtskräftig - abgewiesen. In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht aus, dass zufolge Ablaufens der gesetzlichen Jahresfrist des § 95 EheG keine Rechtswegunzulässigkeit vorliege. Die Weigerung der Beklagten, ihre Darlehensschuld wie vereinbart nach Erhalt der Abfertigungszahlung zu begleichen, in Verbindung mit der Tatsache, dass sich ihre Vermögensverhältnisse seit dem Zeitpunkt der Hingabe des Darlehens (nach Konkurs ihres Dienstgebers) wesentlich verschlechtert hätten, rechtfertige die Annahme eines wichtigen Grundes zur Kündigung auch des zweiten Darlehens über S 200.000 mit sofortiger Wirkung laut Schreiben des Klägers vom 30. 11. 2001. Hinsichtlich der Gegenforderung ging das Erstgericht vom Zurechtbestehen eines Unterhaltsanspruches der Beklagten ab ihrer Arbeitslosigkeit im September 2000 bis März 2001 in Höhe von insgesamt EUR 1.490,65 aus. Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als Ergebnis einer unbedenklichen Beweiswürdigung und führte in rechtlicher Hinsicht (zusammengefasst) aus, dass sich die Beklagte im gesamten Verfahren erster Instanz nie auf eine (erstmals in ihrer Berufung relevierte) Formungültigkeit der Darlehensverträge wegen Nichtbeachtung der Notariatsaktpflicht für Ehegattendarlehen berufen habe; in einem solchen Fall könne das Rückzahlunsbegehren auch auf den Titel der Bereicherung gestützt werden, auf welche sich freilich der Kläger seinerseits in erster Instanz nicht gestützt habe. Zweck des Formgebotes des § 1 Abs 1 lit b NZwG sei einerseits der Gläubigerschutz (Vermeidung einer Verschleierung der wahren Eigentumsverhältnisse), die Beweissicherung (Vermeidung der Unterschiebung unrichtiger Urkunden im Rechtsverkehr) sowie ein Übereilungsschutz (für den darlehensgewährenden Ehegatten). Wenn sich der zur Rückzahlung grundsätzlich Verpflichtete im Verfahrens erster Instanz darauf jedoch nicht berufen habe, müsse es dem Darlehensgeber freistehen, ob er die Rückforderung auf den Titel des Darlehens oder der Bereicherung stütze. Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes, wonach ein Mangel der Notariatsaktform grundsätzlich von Amts wegen wahrzunehmen sei, hätten andere Sachverhalte betroffen. Schließlich verstoße die Berufung auf den Formmangel (erst im Rechtsmittelverfahren) durch den Vertragsteil, der die Vorteile aus dem Vertrag genossen habe (nämlich die Nutzung der Darlehensvaluta) und sich nunmehr seiner Gegenleistungsverpflichtung entziehen wolle, gegen Treu und Glauben.

Die ordentliche Revision wurde für zulässig erklärt, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu den Fragen, ob der darlehensgewährende Ehegatte trotz Nichterrichtung eines Notariatsaktes seinen Rückzahlungsanspruch aus dem Titel des Darlehens geltend machen kann und ob dieser Formmangel bei einem Darlehen zwischen Ehegatten von Amts wegen wahrzunehmen sei, soweit überblickbar nicht vorliege.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die auf den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision der beklagten Partei mit dem Antrag, die bekämpfte Entscheidung im Sinne einer vollständigen Klageabweisung abzuändern; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die klagende Partei hat eine Revisionsbeantwortung erstattet, in welcher das Vorliegen des geltend gemachten Revisionsgrundes bestritten und beantragt wird, das gegnerische Rechtsmittel "als unbegründet abzuweisen".

Die Revision ist - entgegen dem den Obersten Gerichtshof gemäß § 508a Abs 1 ZPO nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes - nicht zulässig; gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO kann sich der Oberste Gerichtshof im Falle der Zurückweisung einer Revision auf die Zurückweisungsgründe beschränken. Demgemäß ist zunächst auf die zutreffenden und gemäß § 510 Abs 3 zweiter Satz ZPO vom Obersten Gerichtshof gebilligten und vom Berufungsgericht auch mit Entscheidungsnachweisen ausführlich belegten rechtlichen Ausführungen des Gerichtes zweiter Instanz zu verweisen. Darüber hinaus ist den Revisionsausführungen folgendes entgegen zu halten:

Rechtliche Beurteilung

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur mehr das Zurechtbestehen der feststellungskonform der Beklagten in zwei Beträgen zugekommenen Darlehensvaluta. Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass auch ein von einem Ehegatten dem anderen ohne Notariatsakt gegebenes Darlehen zurückgefordert werden kann (RIS-Justiz RS0033684), zumal dessen Rückzahlung zu den essentiellen Erfordernissen eines Darlehensvertrages zählt (RIS-Justiz RS0019325). Hiebei wurde zwar ein solcher, mangels Einhaltung der Formvorschrift des § 1 Abs 1 lit b NZwG ungültiger Darlehensvertrag nicht als Realkontrakt durch Hingabe der Darlehensvaluta heilbar erachtet, jedoch die Rückforderung der Übergabe des hingegebenen Geldes aus dem Grunde der Bereicherung für zulässig erklärt (1 Ob 632/85 = NZ 1986, 230; 1 Ob 507/89; 8 Ob 518/94 = ecolex 1994, 754 [Wilhelm]). Einen solchen Bereicherungsanspruch hat der Kläger allerdings - wie schon

das Berufungsgericht ausführte - nicht erhoben (so auch 1 Ob 617/91 =

SZ 64/160 sowie 8 ObA 250/95 = Arb 11.502), was er auch in seiner

Revisionsbeantwortung gar nicht Abrede stellt. Jene Rechtsprechung, wonach unter Umständen ein Vorbringen auch dann in Richtung eines anderen Rechtsgrundes gedeutet werden kann, wenn zwar ein bestimmter Rechtsgrund, aber nicht ausschließlich und ausdrücklich geltend gemacht wurde, weil es (primär) auf das konkret erstattete Sachvorbringen ankommt (RIS-Justiz RS0042828, RS0037610), kann daher vorliegendenfalls nicht dienstbar gemacht werden. Andererseits hat sich aber auch die Beklagte nicht auf die Nichteinhaltung der Formvorschriften des NZwG in ihrem erstinstanzlichen Einwendungsvorbringen berufen, sodass für den Kläger gar keine verfahrensmäßige Veranlassung bestand, die Klage seinerseits - hierauf replizierend - (auch) auf den Rechtsgrund der Bereicherung infolge Zuzählung eines formungültigen Darlehens zu stützen. Dies käme einer gegen die guten Sitten verstoßenden missbräuchlichen Rechtsausübung gleich (vgl RIS-Justiz RS0026271), nämlich dem (an sich berechtigten) Rückzahlungsbegehren ausschließlich andere als auf die gesetzliche Formungültigkeit gestützte Einwendungen entgegenzuhalten, um sodann den Kläger, der demgemäß auch gar keine verfahrensmäßige Veranlassung hatte, sein Klagebegehren rechtsgrundmäßig zu modifizieren, erst im Rechtsmittelverfahren (wo ihm diese Möglichkeit zufolge des Neuerungsverbotes verschlossen ist) hiemit erstmals zu konfrontieren und zu überraschen und sich so, wie es das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend formulierte, der Gegenleistungsverpflichtung trotz Genusses und Nutzung der erhaltenen Darlehensvaluta (dauerhaft) entziehen zu können. Bereits das Berufungsgericht hat ausgesprochen, dass jenen Entscheidungen, in denen der Oberste Gerichtshof in der Vergangenheit die Einhaltung der Vorschriften des NZwG auch ohne Einwendung zu prüfen erachtete (RIS-Justiz RS0070824), andere Sachverhalte zugrunde lagen. Mangels erheblicher Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO war die Revision der beklagten Partei somit als unzulässig zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 40, 50 ZPO. Da der Kläger in seiner Revisionsbeantwortung nicht auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen hat, dient sein Schriftsatz nicht der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung (7 Ob 262/03k; RIS-Justiz RS0035979, RS0035962).

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