OGH 8ObA250/95

OGH8ObA250/9523.5.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag und Dr.Langer und die fachkundigen Laienrichter Reg.Rat Theodor Kubak und Norbert Kunc als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Marlene A*****, vertreten durch Dr.Gerhard Kucher und Dr.Norbert Rabitsch, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Hans A*****, vertreten durch Dr.Dietrich Clementschitsch ua Rechtsanwälte in Villach, wegen S 1,979.108 sA (Revisionsinteresse S 1,552.396 sA) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 16.Februar 1995, GZ 8 Ra 86/94-14, mit dem infolge Berufungen beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht vom 5.Juli 1994, GZ 35 Cga 33/94z-7, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird hinsichtlich eines Betrages von S 10.810 zurückgewiesen.

Im übrigen wird der Revision Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden im Umfang der Abweisung eines Betrages von S 1,541.586 sA und im Kostenpunkt aufgehoben; die Rechtssache wird insoweit zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Streitteile sind seit Oktober 1968 verheiratet. Ab 1971 arbeitete die Klägerin in der Tischlerei des Beklagten, und zwar als Angestellte, wobei sie für die Buchhaltungsbelange (außer der Erstellung von Bilanzen) zuständig war. 1974 eröffnete der Beklagte eine Frühstückspension, die später zum Hotel umgebaut wurde. Ab diesem Zeitpunkt verrichtete die Klägerin für beide Betriebe des Beklagten die Buchhaltungsarbeiten. Ab 1980 oder 1981 übernahm sie die Leitung des Hotels, und zwar weiterhin als Angestellte des Beklagten. Sie war nicht nur als solche bei der Gebietskrankenkasse gemeldet, sondern hatte auch einen Gehaltsanspruch gegen den Beklagten, der ihr gegenüber weisungsbefugt war. Das Gehalt wurde allerdings nicht bzw nicht rechtzeitig ausbezahlt, da es dem Betrieb nicht gut ging. Man kam daher - zumindest konkludent - überein, daß jener Teil der Gehälter, der nicht zur Auszahlung gelangt, auf ein Darlehenskonto gebucht wird. Gleichzeitig entnahm die Klägerin aber laufend vom Geschäftskonto Beträge, zumindest teilweise auch für den eigenen Bedarf sowie für jenen der übrigen Familie. Per 31.12.1987 betrug der offene Darlehenskontostand S 1,107.324,97.

Das Bruttomonatsgehalt der Klägerin im Jahr 1992 betrug S 25.780, was einem Nettogehalt von rund S 17.250 entsprach. Im Frühjahr 1993 meldete der Beklagte die Klägerin bei der Gebietskrankenkasse ohne deren Wissen ab, obwohl sie weiter für ihn arbeitete. Im Juli meldete er sie wieder zu einem erheblich geringeren Lohn als Arbeiterin an, dies, ohne die Zustimmung der Klägerin hiezu einzuholen. Ende August 1993 erklärte er der Klägerin, sie werde abgemeldet und solle verschwinden, worauf sie ihre Tätigkeit für den Beklagten beendete.

Seit Oktober 1991 erhielt die Klägerin nur die Gehälter für Dezember 1992 und Jänner 1993 tatsächlich ausbezahlt, entnahm aber auch innerhalb dieses Zeitraumes immer wieder Barbeträge vom Geschäftskonto.

Ein ausdrücklicher Darlehensvertrag wurde zwischen den Parteien nie abgeschlossen, dementsprechend auch nie einer in Form eines Notariatsaktes. Die Klägerin machte erstmals mit Schreiben der Arbeiterkammer vom 8.2.1994 gegenüber dem Beklagten konkrete Gehaltsansprüche geltend.

Unter der Behauptung eines Angestelltendienstverhältnisses mit dem Beklagten begehrt die Klägerin von diesem insgesamt S 1,979.108 und bringt hiezu vor, daß er sie im August 1993 aufgefordert habe, sofort das Hotel zu verlassen und ihr gegenüber angekündigt habe, sie am 27.8.1993 abzumelden; dieses Verhalten stelle eine ungerechtfertigte Entlassung dar. Da das Dienstverhältnis mehr als 16 Jahre gedauert habe, betrage die Kündigungsfrist vier Monate. Es stünden der Klägerin somit an offenem Gehalt und Kündigungsentschädigung für den Zeitraum Oktober 1991 bis 31.12.1993 (mit Ausnahme der bezahlten Gehälter im Dezember 1992 und Jänner 1993) einschließlich Sonderzahlungen S 519.474 netto zu. Darüberhinaus bestehe ein Abfertigungsanspruch in Höhe von neun Monatsentgelten (netto S 254.448) und ein Anspruch auf Urlaubsentschädigung für 90 offene Urlaubstage (netto S 97.862). Der Beklagte habe während der gesamten Dauer des Dienstverhältnisses nur sehr sporadisch Gehälter ausbezahlt, die auszuzahlenden Gehälter für Investitionen in seinen Betrieben verwendet und die Gehälter als Darlehen an ihn in seine Buchhaltungen aufgenommen. Zum 31.12.1987 sei in der Bilanz des Beklagten ein Darlehen zugunsten der Klägerin in der Höhe von S 1,107.324,97 aufgeschienen. Der Beklagte habe in der Folge, um weitere Bankkredite in Anspruch nehmen zu können, das gegenüber der Klägerin aushaftende Darlehen buchhalterisch gekürzt, doch hafte das Darlehen nach wie vor mit dem Betrag von S 1,107.324,97 unberichtigt aus. Aus den dem Beklagten eingeräumten Darlehen schulde dieser daher den Betrag von S 1,107.324. Die "Umwandlung von Gehaltszahlungen in ein Darlehenskonto" sei mit ausdrücklicher Zustimmung des Beklagten erfolgt. Die von der Klägerin getätigten Privatentnahmen hätten vor allem dazu gedient, die Familie zu unterhalten, zumal der Beklagte keinen Unterhalt geleistet habe. Die Privatentnahmen seien daher nicht ihr zugute gekommen. Mit einem "Ausgleich des Darlehenskontos" sei sie nicht einverstanden gewesen. Auch sei ihr ausdrücklich zugesichert worden, daß das Darlehen in weiterer Zukunft "wieder eingebucht" werde, sodaß ihr kein Schaden entstehe. Das Darlehenskonto sei auch deshalb errichtet worden, um allfällige Ansprüche der Klägerin, die ansonsten der Verjährung bzw dem Verfall unterlägen, zu erhalten. Der Einwand des Verfalles sei daher sittenwidrig. Der Beklagte habe auch in der Vergangenheit, insbesondere durch die Errichtung eines Darlehenskontos, zu erkennen gegeben, daß die Ansprüche der Klägerin nicht verfielen oder verjährten.

Der Beklagte wendete, soweit dies für das Revisionsverfahren noch erheblich ist, ein, die Klägerin habe Anfang August per Ende August 1993 gekündigt, womit er einverstanden gewesen sei. Dem sogenannten Darlehen mit Saldo von S 1,107.324,97 zum 31.12.1987 seien Privatentnahmen der Klägerin aus der Zeit von 1984 bis 1988 in Höhe von S 823.496 gegenübergestanden. Seither habe die Klägerin weiter Privatentnahmen getätigt, sodaß sich der Saldo zum 31.12.1992 auf S

23.292 verringert habe. Für den Fall eines Angestelltenverhältnisses werde auch der Verfall der Gehaltsansprüche gemäß Punkt 6 c des anzuwendenden Kollektivvertrages für Angestellte im Hotel- und Gastgewerbe eingewendet.

Das Erstgericht sprach auf der Basis eines Angestelltendienstverhältnisses und einer ungerechtfertigten Entlassung der Klägerin die begehrte Abfertigung und eine Urlaubsentschädigung auf der Basis von 80 Werktagen Urlaubsrest im Gesamtbetrag von S 341.500 netto zu und wies das darüber hinausgehende Mehrbegehren ab. Nach Punkt 6 c des anzuwendenden Kollektivvertrages für Angestellte des Hotel- und Gastgewerbes würden Gehaltsansprüche verfallen, wenn sie nicht binnen vier Monaten nach Fälligkeit vom Angestellten schriftlich geltend gemacht würden. Die Klägerin habe es verabsäumt, innerhalb dieser Frist ihre Gehaltsansprüche seit Oktober 1991 geltend zu machen. Spätestens mit der Entlassung sei der rechtzeitigen Geltendmachung offener, noch nicht verfallener Beträge auch nichts mehr im Wege gestanden. Jedenfalls ab diesem Zeitpunkt könne ein konkludenter Verfallsverzicht nicht mehr angenommen werden. Der begehrte Darlehensbetrag habe schon allein deswegen nicht zuerkannt werden können, weil die Notariatsaktsform nicht eingehalten worden und ein konkludent abgeschlossener Darlehensvertrag nichtig sei.

Gegen die erstgerichtliche Entscheidung erhoben beide Teile Berufung. Die Klägerin bekämpfte die Abweisung von S 1,626.798 sA; die Abweisung von S 10.810 sA ließ sie unbekämpft. Der Beklagte wendete sich mit seiner Berufung gegen den klagsstattgebenden Entscheidungsteil.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht, der Berufung der Klägerin hingegen teilweise Folge und sprach ihr weitere S 85.212 sA als Kündigungsentschädigung bis 31.12.1993 zu. Insgesamt wurden der Klägerin daher S 426.712 sA zugesprochen; ihr noch umstrittenes Mehrbegehren von S 1,541.586 sA blieb (neben dem bereits in erster Instanz abgewiesenen Teilbetrag von S 10.810 sA) abgewiesen.

Hiezu führte das Berufungsgericht in rechtlicher Hinsicht aus:

Die rückständigen Entgeltansprüche seien nach der Verfallsbestimmung des anzuwendenden Kollektivvertrages verjährt. Daß jemals eine "Darlehensvereinbarung" im Zusammenhang mit nach dem 31.12.1987 der Klägerin zustehenden Entgelten getroffen worden wäre, sei im Verfahren erster Instanz nie behauptet worden; ebensowenig sei vorgebracht worden, daß diesbezüglich eine Zusage vorgelegen hätte, entsprechende Entgelte in ein Darlehenskonto aufzunehmen. Dieses Vorbringen der Berufung verstoße daher gegen das Neuerungsverbot des § 482 Abs 2 ZPO und sei unbeachtlich. Im übrigen sei die rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes, soweit damit ein aus dem Titel der Darlehensrückforderung gestellter Anspruch der Klägerin verneint werde, zutreffend. Ein zwischen der Klägerin und ihrem Gatten abgeschlossener Darlehensvertrag hätte gemäß § 1 Abs 1 lit b NZwG des Notariatsaktes bedurft. Zwar habe der Oberste Gerichtshof wiederholt ausgesprochen, daß auch notariatspflichtige Geschäfte durch die nachfolgende Erfüllung als geheilt zu betrachten seien. Im Gegensatz zu Kauf- oder Tauschverträgen zwischen Ehegatten erscheine dem Berufungsgericht allerdings bei einem Darlehensvertrag, dem als Realkontrakt erst mit der Übergabe der Darlehensvaluta an den Darlehensnehmer Wirksamkeit zukomme, der überwiegende Formvorschriftszweck des § 1 Abs 1 lit b NZwG in einer Gläubigerschutzbestimmung zu liegen, die verhindern solle, daß der Haftungsfonds der Gläubiger durch die Verschleierung der wahren Einkommensverhältnisse entwertet würde. Da der Mangel der Notariatsaktsform von Amts wegen wahrzunehmen sei, habe das Erstgericht somit zutreffend den ausschließlich auf den Titel der Darlehensrückzahlung gestützten Anspruch der Klägerin verneint. Gerade der vorliegende Fall zeige, zumal nach den Behauptungen der Klägerin mehr oder minder beliebig Buchungen am "Darlehenskonto" vorgenommen worden seien, daß der Notariatsaktspflicht wesentlich auch ein Gläubigerschutzgedanke zugrunde liege. Auf einen Bereicherungsanspruch habe sich die Klägerin im Verfahren erster Instanz nicht berufen. Soweit sich die Klägerin nunmehr im Berufungsverfahren erstmals darauf stütze, liege eine unzulässige Neuerung gemäß § 482 Abs 1 ZPO vor.

Gegen den gesamten klagsabweisenden Teil des berufungsgerichtlichen Urteils in Höhe von S 1,552.396 sA wendet sich die Revision der Klägerin wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die Entscheidung insoweit im Sinn der Klagsstattgebung abzuändern; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.

Rechtliche Beurteilung

Der Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Die Revision ist hinsichtlich des Teilbetrages von S 10.810 sA zurückzuweisen: Die Klägerin hat offensichtlich übersehen, daß sie diese Teilabweisung des Erstgerichtes in ihrer Berufung nicht angefochten hat. Im übrigen, also hinsichtlich S 1,541.586 sA ist die Revision im Sinn der Aufhebung der vorinstanzlichen Entscheidungen und Rückverweisung der Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung berechtigt.

Die behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO); die Vorinstanzen haben die diesbezüglichen Beweisaufnahmen aus rechtlichen Gründen nicht für erforderlich gehalten; es handelt sich hiebei um einen der rechtlichen Beurteilung zuzuordnenden angeblichen sekundären Feststellungsmangel, auf den bei der Behandlung der Rechtsrüge noch zurückzukommen sein wird.

Hinsichtlich des noch zulässigerweise in Revision gezogenen Betrages von S 1,541.586 sA steht fest, daß es sich um Lohnforderungen der Klägerin gegen den Beklagten handelte, die wegen der angespannten finanziellen Lage des Unternehmen nicht erfüllt worden waren. Die Streitteile kamen bezüglich der bis 31.12.1987 fälligen offenen Lohnforderungen überein, daß diese Beträge von der Klägerin dem Beklagten als Darlehen gewährt werden; an diesem Stichtag betrug der Darlehenskontostand S 1,107.324,97.

Das Berufungsgericht wies den letztgenannten Betrag ab, weil das vorliegende notariatspflichtige Rechtsgeschäft nicht durch nachträgliche Erfüllung habe geheilt werden können und die Klägerin ihren Rückforderungsanspruch in erster Instanz nicht auch auf den Rechtsgrund der Bereicherung gestützt habe. Hinsichtlich der nach dem 1.1.1988 entstandenen, noch offenen Entgeltforderungen habe die Klägerin keine Darlehensvereinbarung behauptet; als Lohnforderungen seien sie längst verfallen.

Diese Rechtsansicht kann nicht geteilt werden.

Die Klägerin brachte einen Sachverhalt vor, aus dem sie ihren Klagsanspruch ableitete. Dieser ist, wenn die Klägerin nicht eindeutig erklärt hat, ihren Anspruch nur auf den genannten und keinen anderen Rechtsgrund stützen zu wollen, nach allen Seiten hin rechtlich zu beurteilen (vgl Fasching, Lehrbuch2 Rz 1036 ff, insb 1040, 1151 ff, insb 1164; Rechberger/Simotta, Grundriß ZPR4 Rz 252 ff, 384; MGA ZPO § 226/E 159 ff). Daß die Klägerin ihren Anspruch für die vor dem 31.12.1987 entstandenen Forderungen ausschließlich auf den Rechtsgrund der Darlehensgewährung und nicht auch auf den ursprünglichen Rechtsgrund des geschuldeten Lohns bzw den Rechtsgrund der Bereicherung des Beklagten infolge Zuzählung eines formungültigen Darlehens stützen wollte, kann der Klage nicht entnommen werden. Es ging ihr erkennbar um die vom Beklagten ursprünglich aus dem Dienstvertrag geschuldeten Lohnforderungen, die er infolge Novation nunmehr als Darlehen schulden sollte, wobei sich der diesbezügliche Vertrag allerdings mangels eines Notariatsaktes als formungültig erwies. Demgemäß kann aber ausgeschlossen werden, daß sie diesen Betrag nur aus dem Rechtsgrund des Darlehens zurückverlangen wollte. Sie hat den vorgebrachten Sachverhalt lediglich rechtlich falsch subsumiert, dies ihr jedoch nicht.

Sowohl die Klägerin als auch die Vorinstanzen haben übersehen, daß die Lohnforderungen der Klägerin gegen ihren beklagten Gatten noch aufrecht bestehen und weder verjährt noch verfallen sind:

Gemäß § 1495 ABGB kann hinsichtlich von Ansprüchen zwischen Ehegatten, solange diese in ehelicher Verbindung stehen - mit Ausnahme des erst später eingeführten, insoweit systemwidrigen (Holzer in Ruppe [Hsg] Handbuch der Familienverträge 165 mwN) Anspruchs auf Abgeltung der Mitwirkung im Erwerb des anderen (§ 98 ABGB) - die Verjährung weder anfangen noch fortgesetzt werden.

Zu diesen Ansprüchen zählen nicht nur die Unterhaltsansprüche des anderen Ehegatten, sondern sämtliche Ansprüche aus Schuldverhältnissen (3 Ob 17/94), insbesondere auch solche aus Gesellschafts- oder Arbeitsverträgen (Holzer aaO). Der Grund für diese Regelung liegt nach herrschender Ansicht darin, daß familienrechtliche Beziehungen Rücksichten auferlegen, welche die Geltendmachung von Rechten und Pflichten erschweren; der Familienfriede soll nicht gestört werden (Schubert in Rummel ABGB II2 Rz 1 zu § 1495 mwN).

Für die Verjährungshemmung kommt es nicht darauf an, ob die eheliche Gemeinschaft noch aufrecht ist (Schubert aaO; 3 Ob 58/61). Mag es auch zu weit gehen, das Ende der Verjährungshemmung - dem Wortlaut des Gesetzes streng folgend - stets an die Rechtskraft der Scheidung zu knüpfen, so ist doch einem Ehepartner jedenfalls solange als dieser durch seine Klage das eheliche Verhältnis (zusätzlich) gefährden oder die Klage die von ihm angestrebte Rettung des gefährdeten ehelichen Verhältnisses beeinträchtigen könnte, die Klage nicht zumutbar (Reischauer, JBl 1991, 559 [561 f]). Da aus Gründen der Rechtssicherheit das Ende der Verjährungshemmung an einen genauen bestimmbaren Zeitpunkt geknüpft werden sollte, ist in Übereinstimmung mit Eypeltauer (RZ 1991, 26 [27 f]) und Reischauer (aaO) bei Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft die Verjährungshemmung auf sechs Jahre (vgl § 55 Abs 1 EheG) zu begrenzen.

Die Ehe der Streitteile war im Zeitpunkt der Klagseinbringung noch aufrecht und die eheliche Gemeinschaft erst wenige Monate aufgehoben, sodaß die vorgenannten Grenzen hier keine Rolle spielen; Forderungen zwischen ihnen konnten bis zur Klagseinbringung daher noch nicht zu verjähren beginnen.

Die Lohnansprüche der Klägerin gegen ihren Gatten sind somit, auch wenn sie teilweise bereits vor über einem Jahrzehnt entstanden waren, weder nach § 1486 Z 5 ABGB verjährt noch unterliegen sie einer kürzeren gesetzlichen oder kollektivvertraglichen Ausschlußfrist (zur Abgrenzung von der Verjährung vgl Krejci in Rummel ABGB I2 Rz 16 f zu § 1164 mwN sowie Schubert in Rummel ABGB II2 Rz 5 zu § 1451 mwN). Lehre und Rechtsprechung vertreten nämlich die weitgehend analoge Anwendung der Regeln über die Hemmung und Unterbrechung der Verjährung auf Präklusivfristen, soweit dies nicht mit deren Zweck unvereinbar wäre; dies gilt auch für die Präklusivfristen des Arbeitsrechts, insb auch die kollektivvertraglichen Fallfristen (Schubert aaO mwN, insb SZ 49/106; Arb 9834; 10.597 und RdW 1985, 380). Dies ist hier nicht der Fall. Vielmehr wurde die Berücksichtigung einer Ausschlußfrist in gleicher Weise wie die Berücksichtigung der dreijährigen Verjährungsfrist dem Zweck des § 1495 ABGB widersprechen.

Die nach dem 1.1.1988 entstandenen noch offenen Lohnansprüche der Klägerin sind somit nicht verjährt. Gleiches gilt aber auch für die vorher entstandenen Lohnansprüche der Klägerin, die infolge Novation als Darlehen geschuldet werden sollten und mit 31.12.1987 in Höhe von S 1,107.324 offen waren.

Der Darlehensvertrag zwischen den Ehegatten ist mangels Aufnahme eines Notariatsaktes nicht gültig zustande gekommen. Er konnte nach neuerer herrschender Ansicht auch durch Hingabe der Darlehensvaluta (hier durch einvernehmliches Einstellen der offenen Lohnforderungen als Darlehensforderungen in den Geschäftsbüchern des Beklagten) nicht im Sinn des § 1432 ABGB heilen (NZ 1986, 230; SZ 64/160; ecolex 1992, 231 ua; zuletzt 8 Ob 518/94; zum Meinungsstand Rummel in Rummel2 Rz 5 zu § 1432; Koziol/Welser, Grundriß I10 152 jeweils mwN; Honsell in Schwimann ABGB § 1432 Rz 5). Grundsätzlich ist ein Ehegatte dann, wenn der Darlehensvertrag bei Einhaltung der vorgeschriebenen Form zustande gekommen wäre, berechtigt, die Rückgabe des hingegebenen Geldes aus dem Grunde der Bereicherung, ohne an allfällige Rückzahlungstermine gebunden zu sein, zu fordern (NZ 1986, 230; 8 Ob 518/94 ua; Honsell aaO).

Sollte der Darlehensvertrag wie im vorliegenden Fall durch Novation entstehen, kam er jedoch mangels Einhaltung der auch im Novationsfall notwendigen Notariatsaktform nicht gültig zustande, erlischt die alte Schuld nicht (ecolex 1991, 17; Ertl in Rummel ABGB II2 Rz 2 zu § 1377). Die Klägerin kann daher die vor dem 31.12.1987 entstandenen Forderungen zwar nicht unter dem Rechtsgrund der Bereicherung rückfordern, jedoch als noch offene, nicht verjährte Lohnforderungen geltend machen.

Der Beklagte hat gegen den Klagsanspruch der Klägerin eingewendet, diese habe aus dem Geschäftskonto laufend Privatentnahmen getätigt, die nahezu die Höhe der Darlehensschuld erreicht hätten. Bei diesem compensando-Einwand von Gegenforderungen handelt es sich eigentlich um einen Schuldtilgungseinwand in Form der Anrechnung eines von der Klägerin in Anspruch genommenen "Vorschusses". Hiezu steht lediglich fest, daß die Klägerin laufend Beträge entnommen hat, die sie teilweise für den eigenen und teilweise auch für den Bedarf der Familie verwendet hat. Die genaue Höhe dieser Entnahmen und die Höhe des Betrages, den die Klägerin für ihren persönlichen Bedarf verwendet hat, wurde von den Vorinstanzen aufgrund ihrer abweichenden Rechtsansicht nicht erhoben.

Da die Entnahmen der Klägerin, soweit sie für ihren persönlichen Bedarf erfolgten, den noch offenen Lohnanspruch mindern, mußten die Entscheidungen der Vorinstanzen im Umfang des der Klägerin grundsätzlich noch zustehenden Lohnanspruches aufgehoben werden und die Rechtssache war an das Erstgericht zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen. Dieses wird im fortgesetzten Verfahren Feststellungen über die Privatentnahmen der Klägerin zu ihrem persönlichen Bedarf zu treffen haben. Hiebei ist davon auszugehen, daß für diese, den Klagsanspruch mindernden Entnahmen der Klägerin für ihren persönlichen Bedarf (Kleidung, Friseur etc.) der Beklagte beweispflichtig ist, zumal der "Darlehensbetrag" in seinen Büchern in voller Höhe ausgewiesen wurde; gegebenenfalls ist dieser Betrag gemäß § 273 ZPO zu ermitteln.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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