OGH 1Ob632/85

OGH1Ob632/859.10.1985

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Schobel, Dr. Hofmann und Dr. Riedler als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Maria A, Pensionistin, Wien 8., Lange-Gasse 25, vertreten durch Dr. Gunther Gahleitner, Rechtsanwalt in Wien, wider den Antragsgegner Harald A, Privater, Wien 2., Rembrandtstraße 36, vertreten durch Dr. Helmut Albrecht, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 380.000,-- samt Anhang infolge Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 14. März 1985, GZ 43 R 523/84-53, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 3.Februar 1984, 1 F 7/81-47, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Antragsgegner ist schuldig, der Antragstellerin die mit S 12.469,05 bestimmten Kosten des Rekursverfahrens (darin enthalten S 1.133,55 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Begründung

Die von den Streitteilen am 8.5.1978 geschlossene Ehe wurde aus dem Alleinverschulden des Antragsgegners mit Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 3.10.1980, 2 Cg 223/80, rechtskräftig geschieden. Aus der gemeinsamen Ehe sind keine Vermögenswerte vorhanden.

Am 1.4.1981 brachte die Antragstellerin gegen den Antragsgegner beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien zu 39 f Cg 137/81 eine Klage auf Zahlung von S 380.000,-- samt Anhang ein. Sie habe im Juni 1978 dem Antragsgegner die Abfertigung ihrer Witwenpension im Betrag von mindestens S 380.000,-- übergeben. Der Antragsgegner habe versichert, daß er ihr den Betrag in voller Höhe auch dann zurückzahlen werde, wenn aus den von ihm in Aussicht genommenen Geschäften nichts werde. Er habe erklärt, sie müsse sich keine Sorgen machen, es sei ja noch seine Eigentumswohnung vorhanden. Der Antragsgegner hafte aus dem Rechtsgrund des Darlehens, allenfalls der Bereicherung.

Nachdem der Antragsgegner in seiner Klagebeantwortung vorgebracht hatte, es handle sich um eine Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse nach Scheidung der Ehe, überwies das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien über Antrag der Antragstellerin die Rechtssache mit Beschluß vom 2.6.1981, ON 6, an das nicht offenbar unzuständige Bezirksgericht Innere Stadt Wien als Außerstreitgericht. Daß es sich um eine Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse handle, habe die Antragstellerin durch ihren überweisungsantrag zugestanden. Dieser Beschluß erwuchs in Rechtskraft.

In der nunmehr beim Erstgericht anhängigen Rechtssache brachte die Antragstellerin ergänzend noch vor, der Antragsgegner habe sie durch listige Vorstellungen und Handlungen zur übergabe der Geldbeträge überredet. Der Antragsgegner habe sich zur Rückzahlung spätestens nach Scheidung verpflichtet.

Der Antragsgegner bestritt, ein Darlehen erhalten zu haben. über die Verwendung der ihm übergebenen Gelder habe Einverständnis geherrscht. Die daraus angeschafften Gegenstände, insbesondere zwei Traberpferde, seien untergegangen.

Mit Beschluß vom 18.4.1983, ON 40, wies das Erstgericht den Antrag auf Zuspruch des Betrages von S 380.000,-- zurück und hob das bisherige Verfahren als nichtig auf. Bei dem dem Antragsgegner von der Antragstellerin als Darlehen oder zur Verwahrung übergebenen Betrag handle es sich nicht um eheliches Gebrauchsvermögen oder eheliche Ersparnisse. Der geltend gemachte Anspruch wäre daher im streitigen Verfahren durchzusetzen.

über Rekurs der Antragstellerin hob das Rekursgericht den Beschluß des Erstgerichtes mit Beschluß vom 3.11.1983, 43 R 839/83, auf, und trug dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens auf. Es sei zwar richtig, daß die Unzulässigkeit des streitigen oder außerstreitigen Verfahrens nach § 42 Abs 1 JN in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen wahrzunehmen sei und grundsätzlich zur Zurückweisung der Klage oder des Antrages führen müsse. Jedoch sei aber immer darauf Bedacht zu nehmen, daß ein derartiger Ausspruch nicht erfolgen könne, wenn demselben in Ansehung des Grundes der Nichtigkeit eine von demselben oder von einem anderen Gericht gefällte, noch bindende Entscheidung entgegenstehe (§ 42 Abs 3 JN). Mache ein Ehegatte an den anderen Ehegatten innerhalb eines Jahres nach rechtskräftiger Scheidung der Ehe Ansprüche über das eheliche Gebrauchsvermögen oder die ehelichen Ersparnisse, soweit sie der Aufteilung unterliegen, im streitigen Verfahren geltend, so habe das Prozeßgericht mit Beschluß die Unzulässigkeit des streitigen Rechtsweges auszusprechen und die Rechtssache an das zuständige Außerstreitgericht zu überweisen (§ 235 Abs 1 AußStrG). überweisungsbeschlüsse nach dieser Gesetzesstelle seien anders als solche nach § 261 Abs 6 ZPO von beiden Teilen anfechtbar. Wenn auch im Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 2.6.1981, ON 6, die überweisung an das Bezirksgericht Innere Stadt Wien als Außerstreitgericht unter Hinweis auf die Bestimmung des § 261 Abs 6 ZPO begründet worden sei, so handle es sich dabei in Wahrheit um einen überweisungsbeschluß im Sinne des § 235 Abs 1 AußStrG, der, da er in Rechtskraft erwachsen sei, Bindungswirkung nach § 46 Abs 1 JN (§ 235 Abs 2 AußStrG) habe. Diese Bindungswirkung habe zur Folge, daß das Erstgericht daran gebunden sei und keine Möglichkeit bestehe, das Verfahren wegen Unzulässigkeit des außerstreitigen Verfahrens für nichtig zu erklären und den Antrag zurückweisen, auch wenn das Erstgericht nunmehr zur überzeugung komme, daß es sich um einen Anspruch handle, der ursprünglich zutreffend im streitigen Rechtsweg geltend gemacht worden sei. Dieser Beschluß erwuchs in Rechtskraft.

Das Erstgericht wies daraufhin den Antrag ab. Es stellte fest:

Kurze Zeit nach der Eheschließung habe die Antragstellerin dem Antragsgegner über dessen Wunsch einen Betrag von S 380.000,-- ausgefolgt. Es sei klar bedungen worden, daß der Antragsgegner diese Beträge zurückzuzahlen habe. Der Antragsgegner habe anläßlich der übergabe des Betrages erklärt, die Antragstellerin brauche sich keine Sorgen zu machen, als Sicherheit sei seine Eigentumswohnung vorhanden. Der Antragsgegner habe in der Folge in seinem Interesse verschiedene Ankäufe getätigt.

Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, bei dem Betrag von S 380.000,-- handle es sich nicht um eheliches Gebrauchsvermögen oder eheliche Ersparnisse. Der Antrag sei daher abzuweisen. über Rekurs der Antragstellerin änderte das Rekursgericht die Entscheidung des Erstgerichtes dahin ab, daß es den Antragsgegner schuldig erkannte, der Antragstellerin den Betrag von S 380.000,-- samt Anhang zu bezahlen. Den Rekurs an den Obersten Gerichtshof erklärte es für zulässig. Die Rechtskraft des vom Streitrichter gemäß § 235 AußStrG gefaßten überweisungsbeschlusses bedeute, daß über den von der Antragstellerin geltend gemachten Anspruch im Rahmen des Verfahrens außer Streitsachen zu entscheiden sei. Es sei zwar dem Erstgericht zuzubilligen, daß nach dem nunmehr geklärten Sachverhalt der geltend gemachte Anspruch nicht als solcher im Sinne der §§ 81 ff EheG zu werten sei; der rechtskräftige überweisungsbeschluß führe aber dazu, daß über den zunächst im streitigen Verfahren geltend gemachten Anspruch nunmehr im außerstreitigen Verfahren zu entscheiden sei. Der ursprünglich klageweise geltend gemachte Anspruch sei somit vom Außerstreitrichter zu prüfen und von ihm über das Zurechtbestehen des Rückforderungsanspruches zu entscheiden. Die Antragstellerin habe vorgebracht, sie habe dem Antragsgegner einen Betrag von S 380.000,-- übergeben, dieser habe sich verpflichtet, den Betrag zurückzuzahlen. Die unbekämpft gebliebenen Feststellungen des Erstgerichtes seien dahin zu werten, daß die Antragstellerin dem Antragsgegner im Sinne des § 983 ABGB ein Darlehen gewährt habe. Auch wenn die für einen solchen Vertrag zwischen Ehegatten vorgeschriebene Form des Notariatsaktes nicht eingehalten worden sei, käme dieses Rechtsgeschäft doch durch die übergabe des Betrages an den Ehemann wirksam zustande, da durch die vollständige übergabe des Darlehensbetrages der Formmangel geheilt sei. Da über die Dauer der Darlehensgewährung keine Vereinbarung getroffen worden sei und auch aus dem Zweck des Darlehens keine Anhaltspunkte für einen Rückzahlungstermin gewonnen werden könnten, habe die Antragstellerin jederzeit die Möglichkeit, dieses Darlehen zu kündigen und den Betrag rückzufordern.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Antragsgegners ist nicht berechtigt. Soweit er behauptet, das Verfahren sei wegen Unzulässigkeit des außersttreitigen Verfahrens nichtig, ist er darauf zu verweisen, daß der Beschluß des Rekursgerichtes vom 3.11.1983, 43 R 839/83-46, mit dem es den Beschluß des Erstgerichtes auf Zurückweisung des Antrages wegen Unzulässigkeit des außerstreitigen Rechtsweges und die Nichtigerklärung des bisherigen Verfahrens aufgehoben hatte, uangefochten in Rechtskraft erwachsen ist. Entgegen der Meinung des Rekurswerbers handelte es sich nicht um eine Sachentscheidung nach § 232 Abs 1 AußStrG; nur eine solche hätte nur dann angefochten werden können, wenn das Gericht zweiter Instanz den Rekurs an den Obersten Gerichtshof zugelassen hätte. Für verfahrensrechtliche Entscheidungen aber und damit auch für solche, mit denen über die Zulässigkeit des außerstreitigen Verfahrens entschieden wurde, gelten die allgemeinen Bestimmungen über die Rechtsmittelzulässigkeit im Außerstreitverfahren. Es wäre dem Antragsgegner daher freigestanden, gegen die abändernde Entscheidung des Rekursgerichtes gemäß § 14 Abs 1 AußStrG Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof zu erheben (EFSlg.44.790, 42.776, 42.477; SZ 54/166 ua). An die rechtskräftige Entscheidung über die Zulässigkeit des außerstreitigen Verfahrens ist auch der Oberste Gerichtshof gebunden (§ 42 Abs 3 und 4 JN; Fasching I 271 f.). Der Sache nach bekämpft der Rekurswerber im Rechtsmittelverfahren die Feststellungen des Erstgerichtes nicht. Aus diesen Feststellungen folgt, daß sich, wie die Antragstellerin schon in ihrer seinerzeitigen Klage vorbrachte, der Antragsgegner zur Rückzahlung des Betrages von S 380.000,-- verpflichtet hatte. Soweit der Rekurswerber ausführt, daß ein Darlehensvertrag mangels Einhaltung der Formvorschrift des § 1 Abs 1 lit b NZwG ungültig sei, trifft dies zu. Entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes wird ein solcher Darlehensvertrag als Realkontrakt durch Hingabe der Darlehensvaluta auch nicht geheilt. Dies hat aber zur Folge, daß, wäre bei Einhaltung der vorgeschriebenen Form ein Darlehen zustandegekommen, die Antragstellerin berechtigt ist, ohne an allfällige Rückzahlungstermine gebunden zu sein, die Rückgabe des hingegebenen Geldes aus dem Grunde der Bereicherung, der auch geltend gemacht wurde, jederzeit zu fordern (EFSlg. 29.471, 22.662;

SZ 18/195; SZ 14/171; 8 Ob 510/85; Rummel, ABGB, Rdz 5 zu § 1432, Stanzl in Klang 2 IV/1, 700; Gschnitzer in Klang 2 IV/1, 256;

Wilburg in Klang 2 VI 461).

Dem Revisionsrekurs ist der Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf § 234 AußStrG.

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