VwGH Ra 2018/07/0447

VwGHRa 2018/07/04478.10.2020

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. Bachler, Dr. Lukasser, Mag. Haunold und Dr. Himberger als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revisionen der revisionswerbenden Parteien 1. Umweltorganisation V in W, 2. Umweltdachverband (UWD) in Wien, 3. Arbeitskreis K in S und 4. W Fund Österreich in W, alle vertreten durch Mag. Maria‑Christina Breitenecker, Dr. Christine Kolbitsch und Dr. Heinrich Vana, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwalt in 1020 Wien, Taborstraße 10/2, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. Juli 2018, Zl. W270 2188379‑1/63E, betreffend Feststellung der UVP‑Pflicht (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Steiermärkische Landesregierung; mitbeteiligte Partei: S GmbH in S, vertreten durch die Eisenberger & Herzog Rechtsanwalts GmbH in 8010 Graz, Hilmgasse 10), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56
AVG §68 Abs1
EURallg
UVPG 2000 Anh1
UVPG 2000 idF 2017/I/058
UVPG 2000 §17 Abs5
UVPG 2000 §2 Abs2
UVPG 2000 §2 Abs3
UVPG 2000 §3
UVPG 2000 §3 Abs2
UVPG 2000 §3 Abs7
UVPG 2000 §3a Abs6
UVPG 2000 §4
UVPG 2000 §40 Abs4 idF 2013/I/095
UVPG 2000 §5
VwRallg
32014L0052 Nov-32011L0092 ArtIII Z1 litb

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2020:RA2018070447.L00

 

Spruch:

Die Revisionen werden als unbegründet abgewiesen.

Die revisionswerbenden Parteien haben der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Betroffene Vorhaben und Chronologie

1 Die Mitbeteiligte plant ‑ u.a. durch Abänderung einer bestehenden Anlage ‑ die Errichtung und den Betrieb einer Wasserkraftanlage an der Schwarzen Sulm (im Folgenden: „KW S“) mit einer maximalen Engpassleistung von 5,1 MW und ‑ als Begleitmaßnahme dazu ‑ dauerhafte und befristete Rodungen.

2 Dazu beantragten ihre Rechtvorgänger am 25. August 2003 eine naturschutzrechtliche Bewilligung, die ihnen mit Bescheid vom 27. Juli 2006 erstmals erteilt und in der Folge mehrfach verlängert wurde. Weiters beantragten die Rechtsvorgänger der Mitbeteiligten am 18. Oktober 2002 eine wasserrechtliche Bewilligung für dieses Vorhaben, welche ihnen mit Bescheid vom 24. Mai 2007 erteilt wurde. Die Mitbeteiligte beantragte in der Folge am 1. April 2014 die Abänderung dieser wasserrechtlichen Bewilligung. Diesen Antrag modifizierte sie zuletzt im August 2014. Mit Bescheid vom 21. März 2017 wurde die wasserrechtliche Bewilligung antragsgemäß abgeändert. Schließlich beantragten die Rechtsvorgänger der Mitbeteiligten am 23. Februar 2015 als Begleitmaßnahme zur Errichtung und zum Betrieb des KW S die forstrechtliche Bewilligung befristeter Rodungen im Ausmaß von 4,872 ha und dauerhafter Rodungen im Ausmaß von 0,3342 ha.

3 Die Mitbeteiligte plant auch die Errichtung und den Betrieb eines Ausleitungskraftwerks am Seebach (im Folgenden: „TKW Se“) mit einer maximalen Engpassleistung von 979 kW. Dieses war vom ursprünglichen wasserrechtlichen Bewilligungsantrag vom 18. Oktober 2002 und der naturschutzrechtlichen Bewilligung vom 27. Juli 2006 mitumfasst, allerdings wurde in der mündlichen Verhandlung vor der Wasserrechtsbehörde am 20. Mai 2014 ausdrücklich auf die Errichtung des TKW Se verzichtet. Anträge auf Bewilligungen von Rodungen zu diesem Vorhaben wurden zuvor ebenso zurückgezogen. Jedoch ist die naturschutzrechtliche Bewilligung weiterhin aufrecht.

4 Die P K GmbH (im Folgenden: „PSKW GmbH“) plant die Errichtung und den Betrieb eines Pumpspeicherkraftwerks auf der steirischen Seite der Koralm (im Folgenden: „PSW K“) mit einer maximalen Engpassleistung von rund 1000 MW.

5 Die Rechtsvorgänger der PSKW GmbH beantragten dazu am 30. Juli 2012 bei der UVP‑Behörde die Feststellung, ob für das Vorhaben PSW K eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) erforderlich ist oder nicht. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 5. März 2013 wurde auf Grund dieses Antrags festgestellt, dass eine UVP durchzuführen ist und das Vorhaben den Tatbestand des Anhanges 1 Z 31 Spalte 3 zum Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 (UVP‑G 2000) erfüllt, weil das Vorhaben in einem schutzwürdigen Gebiet der Kategorie A (Landschaftsschutzgebiet Koralpe) gelegen und mit erheblich negativen Auswirkungen auf dieses Landschaftsschutzgebiet und dessen Schutzzweck zu rechnen gewesen sei.

6 Auf Grund der geänderten Gebietsabgrenzung in einer neu erlassenen Verordnung über die Erklärung von Gebieten der Koralpe zum Landschaftsschutzgebiet lag das Vorhaben PSW K jedoch ab 11. Juni 2015 nicht mehr in diesem Landschaftsschutzgebiet (zum Verfahrensablauf der Feststellungsverfahren zum PSW K vgl. näher VwGH 30.3.2017, Ro 2016/07/0015, 0016). In der Folge erstattete die PSKW GmbH zum Vorhaben PSW K am 16. Juli 2015 eine Anzeige bei der Naturschutzbehörde und beantragte am 20. Dezember 2015 für dieses bei der Wasserrechtsbehörde die Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung.

7 Die Umweltanwältin des Landes Steiermark brachte am 28. Juli 2015 bei der UVP‑Behörde einen Antrag auf Feststellung ein, dass für das Vorhaben „Errichtung und Betrieb des PSW K“ eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen sei. In diesem Verfahren stellte das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit Erkenntnis vom 10. August 2016 im Beschwerdeweg fest, dass dieses Vorhaben den Tatbestand des Anhanges 1 Z 30 lit. a UVP‑G 2000 („Wasserkraftanlagen ... mit einer Engpassleistung von mindestens 15 MW“) erfüllt und dafür eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.

8 Daraufhin wurde die naturschutzrechtliche Bewilligung für nichtig erklärt, die PSKW GmbH ersuchte die UVP‑Behörde am 17. August 2016 unter Einschluss der bei der Wasserrechtsbehörde eingereichten Projektunterlagen um „Fortführung des Genehmigungsverfahrens“. Dieses UVP‑Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.

2. Verfahrensgang und angefochtene Entscheidung

9 Der Landeshauptmann von Steiermark als Forstbehörde stellte am 16. August 2017 bei der belangten Behörde den Antrag auf die verfahrensgegenständliche Feststellung, ob das Vorhaben „KW S“ der UVP‑Pflicht unterliegt oder nicht.

10 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 31. Jänner 2018 stellte diese fest, dass für das „Rodungsvorhaben KW S“ nach Maßgabe der in der Begründung präzisierten Form und der eingereichten Projektunterlagen keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.

11 Dagegen erhoben die nunmehrigen Revisionswerber Beschwerde an das BVwG. Dieses wies die Beschwerden mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig sei.

12 Begründend führte das BVwG ‑ im Wesentlichen und soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung ‑ aus, dass das zu beurteilende Vorhaben als Änderungsvorhaben im Sinne des § 3a UVP‑G 2000 zu beurteilen sei. Als Tatbestände für die Auslösung der UVP‑Pflicht kämen aus dem Anhang 1 des UVP‑G 2000 die Ziffern 46 (Rodungen) und 30 (Wasserkraftanlagen) in Betracht.

13 Vorhaben, die im Rahmen eines Feststellungsverfahrens gemäß § 3 Abs. 7 UVP‑G 2000 auf ihre UVP‑Pflicht hin zu untersuchen sind, seien grundsätzlich unteilbar. Gegenstand des Feststellungsverfahrens sei jenes Vorhaben im Sinne des § 2 Abs. 2 UVP‑G 2000, das vom Feststellungsantrag erfasst ist, also einschließlich aller damit in einem untrennbaren räumlichen und sachlichen Zusammenhang stehenden Maßnahmen, auch wenn sich der Feststellungsantrag nicht auf alle diese Maßnahmen ausdrücklich beziehe.

14 Zur Abgrenzung des Vorhabens nach § 2 Abs. 2 UVP‑G 2000 kam das BVwG zum Ergebnis, dass das zu beurteilende Vorhaben sowohl das KW S als auch ‑ als Folge der noch bestehenden naturschutzrechtlichen Bewilligung und wegen entsprechender Erklärungen der Mitbeteiligten ‑ das TKW Se umfasse.

15 Demgegenüber fehle es zwischen diesen und dem Vorhaben PSW K schon an einem sachlichen Zusammenhang, da die Kraftwerke jeweils unterschiedlichen Betriebszwecken dienten. Während Ziel der Vorhabensteile KW S und TKW Se die Erzeugung elektrischer Energie sei, gehe es beim PSW K um die Speicherung elektrischer Energie. Es seien auch keinerlei sonstige betriebliche Verbindungen zwischen dem gegenständlichen Vorhaben und dem PSW K, wie beispielsweise geteilte Infrastruktureinrichtungen oder ein gemeinsamer Fuhrpark, festzustellen. Überhaupt sei kein enger funktioneller Zusammenhang ersichtlich: Eine ursprünglich ‑ mit dem Zweck der Ermöglichung der Schwarzstartfähigkeit sowie der Baustromversorgung für das PSW K ‑ vorgesehene elektrische Verbindungsleitung zum KW S sei nach einer Projektänderung nicht mehr Gegenstand des Vorhabens PSW K. Somit sei nunmehr keinerlei technische Verbindung (Schnittstelle) mehr vorgesehen. Der große zeitliche Abstand zwischen den Antragstellungen für die Vorhabensteile KW S, TKW Se und dem PSW K deute auch nicht darauf hin, dass durch gestückelte Antragstellung eine UVP‑Pflicht vermieden werden sollte. Auch sei das PSW K selbst bereits zur UVP‑Genehmigung eingereicht worden. Die mittelbare Identität der Projektwerber spiele keine so bedeutende Rolle, um dennoch von einem sachlichen Zusammenhang auszugehen. Ein räumlicher Zusammenhang müsse daher nicht mehr geprüft werden.

16 Das gegenständliche (Änderungs‑)Vorhaben (abgegrenzt als KW S gemeinsam mit TKW Se, letzteres ohne Einschluss der nicht mehr beabsichtigten Rodungen) sei für sich nach § 3a Abs. 1 bis 5 UVP‑G 2000 nicht UVP‑pflichtig, sodass eine Kumulationsprüfung nach § 3a Abs. 6 UVP‑G 2000 durchzuführen sei. Für die Kumulierung zu berücksichtigen seien (in der mangels Übergangsbestimmungen anzuwendenden Fassung der „UVP‑G‑Novelle 2017“, BGBl. I Nr. 58/2017) „andere gleichartige und in einem räumlichen Zusammenhang stehende Vorhaben, die bestehen oder genehmigt sind, oder Vorhaben, die mit vollständigem Antrag auf Genehmigung bei einer Behörde früher eingereicht oder nach §§ 4 oder 5 früher beantragt wurden“.

17 Das PSW K sei kein in diesem Sinn zu berücksichtigendes Vorhaben. Nach den Gesetzesmaterialien seien bei der Prüfung, ob ein Vorhaben „früher“ eingereicht oder beantragt worden sei, nämlich beantragte oder abgeschlossene Feststellungsverfahren nach § 3 Abs. 7 UVP‑G 2000 unbeachtlich. Entscheidend sei daher die Einreichung des Vorhabens PSW K bei der UVP‑Behörde, diese sei nicht vor dem 17. August 2016 erfolgt.

18 Demgegenüber sei der Antrag auf Rodungsbewilligung für das KW S bei der Forstbehörde (bereits) am 15. Februar 2015 gestellt worden (nach den Feststellungen und dem Akteninhalt richtig: am 23. Februar 2015), sämtliche andere, auf die Vorhabensteile KW S und TKW Se bezogene, bei der Wasserrechts- oder Naturschutzbehörde eingebrachte Bewilligungs- bzw. Genehmigungsanträge bereits zeitlich davor.

19 Auch die Heranziehung anderer denkbarer Antragszeitpunkte für das PSW K (naturschutzrechtliche Anzeige vom 16. Juli 2015, wasserrechtlicher Bewilligungsantrag am 20. Dezember 2015) führte zu keinem anderen Ergebnis, da diese zeitlich nach dem Rodungsantrag für das KW S lägen. Es könne daher auch dahingestellt bleiben, ob nicht überhaupt die für das KW S bereits (einige Jahre) davor gestellten Anträge, welche zu den naturschutz- und wasserrechtlichen Bewilligungen in den Jahren 2006, 2007 und 2017 geführt hätten, als die eigentlich relevanten für die Einstufung als Erstvorhaben heranzuziehen seien. Der auf das KW S bezogene wasserrechtliche Bescheid vom März 2017 behandle auch kein aliud zu den früher bewilligten Vorhaben, jedoch sei ohnehin auch in diesem Verfahren die letzte maßgebliche Änderung der Einreichunterlagen im August 2014 erfolgt.

20 Es komme jedenfalls auf die Zeitpunkte der Anträge auf Bewilligungen oder Genehmigungen an, und nicht auf jene der Erteilung von Bewilligungen oder Genehmigungen. Jene Zeitpunkte, zu denen eine UVP‑Pflicht festgestellt worden sei, etwa im Rahmen eines UVP‑Feststellungsverfahrens oder im Zuge der schon von Amts wegen von jeder Behörde vorzunehmenden Zuständigkeitsprüfung nach § 6 AVG, seien nicht von Relevanz. Auch eine teleologische Reduzierung der Bestimmung im Falle einer Betreiberidentität (die hier nur mittelbar gegeben wäre) sei nicht geboten.

21 Da somit das PSW K keinesfalls zu berücksichtigen sei, müsse ein allfälliger räumlicher Zusammenhang zum KW S (und TKW Se) nicht mehr geprüft werden.

22 Die bewilligte Engpassleistung aller in der Umgebung des KW S im Zeitraum 1871 bis 2007 wasserrechtlich bewilligter Ausleitungskraftwerke ‑ welche allenfalls im Rahmen der Kumulationsprüfung als „gleichartige Vorhaben“ zu berücksichtigen wären ‑ beträgt nach den Feststellungen des BVwG insgesamt nicht mehr als 2,245 MW.

23 Zu den ebenfalls als „gleichartige Vorhaben“ zu beurteilenden Rodungsvorhaben anderer Projektwerber stellte das BVwG fest, dass solche im Zeitraum 2007 bis 2016 in der Umgebung des KW S mit einer Gesamtfläche von 7,283 ha bewilligt worden seien. Es bestehe jedoch zu lediglich 0,1 ha dieser Flächen ein räumlicher Zusammenhang.

24 Diese Feststellung stützte das BVwG auf die als schlüssig und nachvollziehbar beurteilten Gutachten der im verwaltungsbehördlichen Verfahren herangezogenen Amtssachverständigen insbesondere zur Frage der (gegebenenfalls einen räumlichen Zusammenhang vermittelnden) möglichen additiven oder kumulativen Effekte mit anderen Rodungsvorhaben. Soweit im Verfahren eine Unvollständigkeit in Bezug auf die Ermittlung bestimmter Endemiten bzw. möglicher additiver oder kumulativer Effekte durch Einwirkungen auf diese moniert worden sei, verwies das BVwG darauf, dass sich die Sachverständige entsprechender, ihr aus der Fachliteratur verfügbarer Angaben bedient habe. Die von ihr in den Raum gestellte Erhebungsdauer von einem Jahr (für nähere Untersuchungen) entspreche nicht der Prüftiefe eines Verfahrens nach § 3 Abs. 7 UVP‑G 2000.

25 Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung führte das BVwG zum Beschwerdevorbringen, es sei im behördlichen Verfahren keine ausreichende Prüfung im Hinblick auf mögliche Auswirkungen auf bestimmte Endemiten durchgeführt worden, ergänzend aus, dass kein Ermittlungsmangel vorliege. Die Amtssachverständige für Naturschutz habe dargelegt, dass betreffend Endemiten „keine detaillierten fachlichen Aussagen“ möglich wären und daher nur „auf Basis von vorhandenen fachlichen Unterlagen“ die Situation habe bewertet werden können. Dies sei weder auf gleicher fachlicher Ebene bestritten worden, noch sei dazu eine Unschlüssigkeit oder eine Verletzung der menschlichen Denkgesetze aufgezeigt worden. Das BVwG hege dazu im Hinblick auf die von § 3 Abs. 7 UVP‑G 2000 geforderte ‑ bloße ‑ Grobprüfung keinerlei Bedenken. Jedenfalls stünde eine einjährige Erhebungsphase zur Gewinnung weiterer Informationen einem grundsätzlich vom Gesetzgeber auf sechs Wochen beschränkten Verfahren eindeutig entgegen.

26 Bei der Beurteilung im Sinne des § 3a Abs. 6 UVP‑G 2000 würde das gegenständliche Vorhaben auch gemeinsam mit den festgestellten weiteren Wasserkraftanlagen in der Umgebung (ohne das PSW K) sowie der im räumlichen Zusammenhang stehenden Rodungsvorhaben die maßgeblichen Schwellenwerte und Kritierien für ein Änderungsvorhaben des § 3a Abs. 1 bis 5 (iVm Anhang 1 Z 30 und 46) UVP‑G 2000 nicht überschreiten oder erfüllen. Auch wenn man das gegenständliche Vorhaben als Neuvorhaben beurteilte ‑ und dabei insbesondere eine Kumulierungsprüfung nach § 3 Abs. 2 UVP‑G 2000 durchführte ‑, wären die in Anhang 1 Z 30 und 46 UVP‑G 2000 festgelegten Schwellenwerte nicht erreicht bzw. Kriterien nicht erfüllt. Eine Einzelfallprüfung nach § 3a Abs. 6 UVP‑G 2000 (oder § 3 Abs. 2 UVP‑G 2000) sei daher nicht mehr erforderlich.

27 Im Ergebnis sei somit nicht davon auszugehen, dass das gegenständliche Vorhaben einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen sei.

3. Revisionsverfahren

28 Gegen dieses Erkenntnis richten sich die gemeinsam ausgeführten außerordentlichen Revisionen von vier Umweltorganisationen im Sinne des § 19 Abs. 6 bis 10 UVP‑G 2000.

29 Zur Zulässigkeit der Revisionen bringen die Revisionswerber zunächst vor, es fehle an Judikatur zu § 3 Abs. 2 und § 3a Abs. 6 UVP‑G 2000. Entgegen der Ansicht des BVwG sei auch das mit Bescheid vom 5. März 2013 abgeschlossene Verfahren zur Feststellung der UVP‑Pflicht des Vorhabens PSW K zu berücksichtigen, sodass das PSW K als „früheres Vorhaben“ (im Vergleich zum KW S) in die Kumulationsprüfung miteinzubeziehen sei. Weiters habe das BVwG im Hinblick auf die Auswirkungen auf Endemiten lediglich festgestellt, dass „keine detaillierten fachlichen Aussagen“ möglich wären, und damit in Abweichung von Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes den gesetzlichen Auftrag, im Rahmen des Feststellungsverfahrens eine „Grobprüfung“ durchzuführen, verkannt.

30 Die Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie die kostenpflichtige Zurück-, in eventu Abweisung der Revisionen beantragte.

31 Die Revisionswerber brachten daraufhin einen als „Replik“ bezeichneten Schriftsatz ein, in der sie weiteres Revisionsvorbringen zur Frage eines einheitlichen Vorhabens im Sinne des § 2 Abs. 2 UVP‑G 2000 und des dafür erforderlichen sachlichen Zusammenhangs erstatteten.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Allgemeines

32 Die Revision ist im Hinblick auf fehlende Judikatur dazu zulässig, ob als früher eingereichtes bzw. beantragtes Vorhaben im Sinne des § 3a Abs. 6 (allenfalls § 3 Abs. 2) UVP‑G 2000 auch ein solches zu verstehen ist, für das früher lediglich ein Antrag auf Feststellung der UVP‑Pflicht nach § 3 Abs. 7 UVP‑G 2000 gestellt wurde. Sie ist jedoch nicht begründet.

33 Die relevanten Bestimmungen des UVP‑G 2000 lauten wörtlich:

Begriffsbestimmungen

§ 2. (1) ...

(2) Vorhaben ist die Errichtung einer Anlage oder ein sonstiger Eingriff in Natur und Landschaft unter Einschluss sämtlicher damit in einem räumlichen und sachlichen Zusammenhang stehender Maßnahmen. Ein Vorhaben kann eine oder mehrere Anlagen oder Eingriffe umfassen, wenn diese in einem räumlichen und sachlichen Zusammenhang stehen.

(3) Als Genehmigungen gelten die in den einzelnen Verwaltungsvorschriften für die Zulässigkeit der Ausführung eines Vorhabens vorgeschriebenen behördlichen Akte oder Unterlassungen, wie insbesondere Genehmigungen, Bewilligungen oder Feststellungen. Davon ist auch die Einräumung von Dienstbarkeiten nach § 111 Abs. 4 erster Satz des Wasserrechtsgesetzes 1959, nicht jedoch die Einräumung sonstiger Zwangsrechte erfasst.

(4) bis (6)...

Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung

§ 3. (1) ...

(2) Bei Vorhaben des Anhanges 1, die die dort festgelegten Schwellenwerte nicht erreichen oder Kriterien nicht erfüllen, die aber mit anderen Vorhaben gemeinsam den jeweiligen Schwellenwert erreichen oder das Kriterium erfüllen, hat die Behörde im Einzelfall festzustellen, ob auf Grund einer Kumulierung der Auswirkungen mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen und daher eine Umweltverträglichkeitsprüfung für das geplante Vorhaben durchzuführen ist. Für die Kumulierung zu berücksichtigen sind andere gleichartige und in einem räumlichen Zusammenhang stehende Vorhaben, die bestehen oder genehmigt sind, oder Vorhaben, die mit vollständigem Antrag auf Genehmigung bei einer Behörde früher eingereicht oder nach §§ 4 oder 5 früher beantragt wurden. Eine Einzelfallprüfung ist nicht durchzuführen, wenn das geplante Vorhaben eine Kapazität von weniger als 25 % des Schwellenwertes aufweist. Bei der Entscheidung im Einzelfall sind die Kriterien des Abs. 5 Z 1 bis 3 zu berücksichtigen, die Abs. 7 und 8 sind anzuwenden. Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist im vereinfachten Verfahren durchzuführen. Die Einzelfallprüfung entfällt, wenn der Projektwerber/die Projektwerberin die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung beantragt.

(3) bis (6) ...

(7) Die Behörde hat auf Antrag des Projektwerbers/der Projektwerberin, einer mitwirkenden Behörde oder des Umweltanwaltes festzustellen, ob für ein Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach diesem Bundesgesetz durchzuführen ist und welcher Tatbestand des Anhanges 1 oder des § 3a Abs. 1 bis 3 durch das Vorhaben verwirklicht wird. Diese Feststellung kann auch von Amts wegen erfolgen. Der Projektwerber/die Projektwerberin hat der Behörde Unterlagen vorzulegen, die zur Identifikation des Vorhabens und zur Abschätzung seiner Umweltauswirkungen ausreichen, im Fall einer Einzelfallprüfung ist hiefür Abs. 8 anzuwenden. Hat die Behörde eine Einzelfallprüfung nach diesem Bundesgesetz durchzuführen, so hat sie sich dabei hinsichtlich Prüftiefe und Prüfumfang auf eine Grobprüfung zu beschränken. Die Entscheidung ist innerhalb von sechs Wochen mit Bescheid zu treffen. In der Entscheidung sind nach Durchführung einer Einzelfallprüfung unter Verweis auf die in Abs. 5 angeführten und für das Vorhaben relevanten Kriterien die wesentlichen Gründe für die Entscheidung, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist oder nicht, anzugeben. Bei Feststellung, dass keine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht, ist in der Entscheidung auf allfällige seitens des Projektwerbers/der Projektwerberin geplante projektintegrierte Aspekte oder Maßnahmen des Vorhabens, mit denen erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen vermieden oder verhindert werden sollen, Bezug zu nehmen. Parteistellung und das Recht, Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu erheben, haben der Projektwerber/die Projektwerberin, der Umweltanwalt und die Standortgemeinde. Vor der Entscheidung sind die mitwirkenden Behörden und das wasserwirtschaftliche Planungsorgan zu hören. Die Entscheidung ist von der Behörde in geeigneter Form kundzumachen und der Bescheid jedenfalls zur öffentlichen Einsichtnahme aufzulegen und auf der Internetseite der UVP‑Behörde, auf der Kundmachungen gemäß § 9 Abs. 4 erfolgen, zu veröffentlichen; der Bescheid ist als Download für sechs Wochen bereitzustellen. Die Standortgemeinde kann gegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts Revision an den Verwaltungsgerichtshof erheben. Der Umweltanwalt und die mitwirkenden Behörden sind von der Verpflichtung zum Ersatz von Barauslagen befreit.

(8) bis (10) ...

Änderungen

§ 3a. (1) bis (5) ...

(6) Bei Änderungen von Vorhaben des Anhanges 1, die die in Abs. 1 bis 5 angeführten Schwellenwerte nicht erreichen oder Kriterien nicht erfüllen, die aber mit anderen Vorhaben gemeinsam den jeweiligen Schwellenwert oder das Kriterium des Anhanges 1 erreichen oder erfüllen, hat die Behörde im Einzelfall festzustellen, ob auf Grund einer Kumulierung der Auswirkungen mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen und daher eine Umweltverträglichkeitsprüfung für die geplante Änderung durchzuführen ist. Für die Kumulierung zu berücksichtigen sind andere gleichartige und in einem räumlichen Zusammenhang stehende Vorhaben, die bestehen oder genehmigt sind, oder Vorhaben, die mit vollständigem Antrag auf Genehmigung bei einer Behörde früher eingereicht oder nach §§ 4 oder 5 früher beantragt wurden. Eine Einzelfallprüfung ist nicht durchzuführen, wenn das geplante Änderungsvorhaben eine Kapazität von weniger als 25 % des Schwellenwertes aufweist. Bei der Entscheidung im Einzelfall sind die Kriterien des § 3 Abs. 5 Z 1 bis 3 zu berücksichtigen, § 3 Abs. 7 ist anzuwenden. Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist im vereinfachten Verfahren durchzuführen.

(7) ...“

2. Einheitliches Vorhaben im Sinne des § 2 Abs. 2 UVP‑G 2000

34 Aus systematischen Gründen ist zunächst auf das in der „Replik“ der Revisionswerber zur Revisionsbeantwortung der Mitbeteiligten erstattete Vorbringen einzugehen. Demnach hätte das BVwG zur Abgrenzung des Vorhabens nach § 2 Abs. 2 UVP‑G 2000 (im Hinblick auf die geforderte Einbeziehung des PSW K) den „räumlichen bzw. schutzgutbezogenen sachlichen Zusammenhang“ prüfen müssen, was es unterlassen habe, weil es den sachlichen Zusammenhang insbesondere „durch die künstliche Trennung zweier Betriebszwecke“ verneint habe. Es komme aber weder auf das Vorliegen gleichartiger Vorhaben, die Personenidentität der Projektwerber oder einen betrieblichen Zusammenhang an, sondern (nur) auf die Überlagerung von Wirkungsebenen.

35 Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung ist die Prüfung der Umweltverträglichkeit des zur Bewilligung eingereichten Vorhabens. Was unter einem Vorhaben im Sinne des UVP‑G 2000 zu verstehen ist, ergibt sich aus § 2 Abs. 2 UVP‑G 2000. In diesem Zusammenhang hat der Verwaltungsgerichtshof bereits festgehalten, dass der Begriff des Vorhabens im Sinne des § 2 Abs. 2 UVP‑G 2000 weit zu verstehen ist. Dieser weite Vorhabensbegriff des § 2 Abs. 2 UVP‑G 2000 erfordert es, ein oder mehrere Projekt(e) in seiner (ihrer) Gesamtheit und unter Einbeziehung jener Anlagen und Anlagenteile, die für sich nicht UVP‑pflichtig wären, zu beurteilen. Es ist auf den räumlichen und sachlichen Zusammenhang der einzubeziehenden Anlagen oder Eingriffe abzustellen; liegt ein solcher Zusammenhang vor, ist von einem Vorhaben auszugehen (VwGH 19.12.2013, 2011/03/0160, 0162, 0164, 0165, VwSlg. 18760 A, Pkt. C.III.3.2., mwN).

36 Zur Begründung ihrer Ansicht, der sachliche Zusammenhang sei schutzgutbezogen bzw. unter der Berücksichtigung der Überlagerung von Wirkungsebenen zu beurteilen, ohne dass es auf den Betriebszweck ankäme, auf den das BVwG u.a. abgestellt hatte, stützen sich die Revisionswerber auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. September 2004, 2003/05/0218, 0219, VwSlg. 16431 A. Demnach seien räumlich zusammenhängende Projekte als Einheit und somit als ein Vorhaben dann anzusehen, wenn sie in einem derart engen funktionellen Zusammenhang stehen, dass durch ihre kumulative Wirkung Schwellenwerte oder Kriterien von Vorhaben des Anhanges 1 des UVP‑G 2000 erreicht bzw. erfüllt werden.

37 Allerdings vermittelt ‑ anders als es die Revisionswerber aus dem zitierten Erkenntnis abzuleiten versuchen ‑ nicht schon eine kumulative Wirkung mehrerer Vorhaben im Sinne einer Überlagerung der Auswirkungen auf einzelne Schutzgüter einen sachlichen Zusammenhang im Sinne des § 2 Abs. 2 UVP‑G 2000. In der zitierten Entscheidung VwGH 7.9.2004, 2003/05/0218, 0219, VwSlg. 16431 A, war zu klären, ob ‑ wie von der dort belangten Behörde vertreten ‑ ein sachlicher Zusammenhang zweier Projekte schon wegen der Zuordnung zu verschiedenen Tatbeständen des Anhangs 1 des UVP‑G 2000 ausgeschlossen werden könne. Ausgehend von „unter einem Gesamtkonzept stehende(n) Projekte(n), die offenbar in einem funktionellen Zusammenhang stehen“, kam der Verwaltungsgerichtshof zum Ergebnis, dass ein UVP‑pflichtiges Vorhaben vorliege, wenn bei räumlich zusammenhängenden Projekten aufgrund des engen funktionalen Zusammenhangs die kumulative Wirkung der Projekte zum Erreichen bzw. Erfüllen der Schwellenwerte oder Kriterien von Vorhaben des Anhanges 1 des UVP‑G 2000 führe. Die „Kumulation“ bezieht sich in diesem Zusammenhang also auf die nach Anhang 1 des UVP‑G 2000 maßgeblichen Schwellenwerte und Kriterien (im konkreten Fall: Stellplatzzahl, Flächenverbrauch, Lage außerhalb geschlossener Siedlungsgebiete), die (erst) bei gemeinsamer Betrachtung der Vorhabensteile zur UVP‑Pflicht führten.

38 Davon zu unterscheiden ist die Kumulation von Auswirkungen auf Schutzgüter: Maßgeblich für die Beurteilung der Frage, ob einzelne Vorhaben in einem räumlichen Zusammenhang stehen, ist, ob es durch die verschiedenen Eingriffe gleichartiger Vorhaben zu einer Überlagerung der Wirkungsebenen dieser Eingriffe im Sinn kumulativer und additiver Effekte kommen kann. Entscheidend ist jener Bereich, in dem sich die maßgeblichen Umweltauswirkungen der zu kumulierenden Vorhaben erwartungsgemäß überlagern (und somit verstärken) werden, wobei der räumliche Zusammenhang schutzgutbezogen zu beurteilen ist (VwGH 21.12.2016, Ra 2016/04/0117, Rn 20, mwN; zur Anwendung bei der Abgrenzung nach § 2 Abs. 2 UVP‑G 2000: VwGH 14.10.2015, Ra 2015/04/0057).

39 Für die Beurteilung des sachlichen Zusammenhangs spielen die Umweltauswirkungen der Vorhabensteile hingegen keine unmittelbare Rolle. In der Judikatur wird dafür vielmehr ein funktioneller Zusammenhang zwischen den betroffenen Vorhaben gefordert, wie etwa ein einheitlicher Betriebszweck (VwGH 29.3.2006, 2004/04/0129, VwSlg. 16881 A) oder dass die Verwirklichung des einen Vorhabensteils die Verwirklichung des anderen erfordert (VwGH 23.6.2010, 2007/03/0160, VwSlg. 17921 A; 29.3.2017, Ro 2015/05/0022). Beispiele umfassen etwa ein Hotel mit Wassererlebniswelt und einen Themenpark/Kinderwelt u.a. auf Grund von Synergieeffekten, einem wirtschaftlichen Gesamtkonzept und einheitlicher Vermarktung (VwGH 7.9.2004, 2003/05/0218, 0219, VwSlg. 16431 A), den funktionalen Zusammenhang zwischen Berg- und Talstation und den sie verbindenden Teilen einer Seilbahn, zumal der Betrieb einer Seilbahn die Anlage in ihrer Gesamtheit, nicht bloß von Teilen davon, erfordert (VwGH 26.4.2011, 2008/03/0089, VwSlg. 18107 A) oder die Zurechnung von Maßnahmen, die dem Lawinenschutz dienen, zu einer Schigebietserweiterung (VwGH 17.12.2014, Ro 2014/03/0066, VwSlg. 19004 A).

40 Hingegen bildet ein für sich nicht UVP‑pflichtiges Vorhaben dann keine Einheit mit einem anderen Projekt, wenn es (auch) einen mit jenem nicht zusammenhängenden Zweck verfolgt und keinen engeren Zusammenhang mit jenem aufweist, als er bei bloßen, nicht UVP‑pflichtigen Vorarbeiten zu sehen ist (VwGH 29.3.2017, Ro 2015/05/0022; 25.9.2018, Ra 2018/05/0061 bis 0154). Bei der Beurteilung, ob ein sachlicher Grund für die Stückelung eines größeren Eisenbahnprojektes besteht, ist beispielsweise zu bedenken, ob das Vorhaben in technischer und betrieblicher Hinsicht für sich bestehen kann bzw. ob das Vorhaben für sich allein verkehrswirksam ist (VwGH 25.8.2010, 2007/03/0027).

41 Jedenfalls kann die Frage, ob der von § 2 Abs. 2 UVP‑G 2000 geforderte sachliche Zusammenhang vorliegt, nicht allgemein, sondern nur individuell von Fall zu Fall beurteilt werden, weswegen auch stets auf die Umstände des Einzelfalls Bedacht zu nehmen ist (VwGH 17.12.2014, Ro 2014/03/0066, VwSlg. 19004 A; 28.4.2016, Ra 2015/07/0175).

42 Das BVwG hat in Anwendung dieser Judikatur auf unterschiedliche Betriebszwecke der KW S und TKW Se (Energieerzeugung) einerseits und des PSW K (Energiespeicherung) andererseits abgestellt und ist zum Ergebnis gekommen, dass deren Zwecke voneinander vollkommen unabhängig erreicht werden könnten. Es bestünden außerdem weder betriebliche Verbindungen (gemeinsam genutzte Infrastruktur oder dergleichen) noch sonst ein funktioneller Zusammenhang.

43 Die Revisionswerber setzten dieser Einschätzung lediglich entgegen, dass es sich auch beim PSW K um ein „Wasserkraftwerk“ handle und dass Kraftwerksgruppen mit Kraftwerken unterschiedlicher Betriebsarten in Österreich Usus seien. Eine Fehlbeurteilung durch das BVwG im Einzelfall ist im Hinblick darauf nicht zu erkennen.

44 Da damit schon ein sachlicher Zusammenhang im Sinne des § 2 Abs. 2 UVP‑G 2000 zutreffend verneint wurde, konnte unter diesem Aspekt die Untersuchung allfälliger additiver oder kumulativer Auswirkungen im Sinne der Überlagerung von Wirkungsebenen beider Vorhaben (und damit eines möglichen räumlichen Zusammenhangs zwischen ihnen) unterbleiben.

3. Früher eingereichtes bzw. beantragtes Vorhaben im Sinnes des § 3a Abs. 6 (allenfalls § 3 Abs. 2 UVP‑G 2000) bei früher beantragter Feststellung nach § 3 Abs. 7 UVP‑G 2000

45 Das BVwG hat das PSW K nicht in die Kumulationsprüfung nach § 3a Abs. 6 UVP‑G 2000 (bzw. ‑ soweit man nicht von einem Änderungsvorhaben ausgeht ‑ nach § 3 Abs. 2 UVP‑G 2000) miteinbezogen, weil es davon ausgegangen ist, dass es sich dabei nicht um ein „früher“ eingereichtes bzw. beantragtes Vorhaben im Sinne dieser Bestimmung handelt.

46 Die Beschränkung der Kumulationsprüfung nach § 3 Abs. 2 und § 3a Abs. 6 UVP‑G 2000 (in zeitlicher Hinsicht) auf „Vorhaben, die bestehen oder genehmigt sind, oder Vorhaben, die mit vollständigem Antrag auf Genehmigung bei einer Behörde früher eingereicht oder nach §§ 4 oder 5 früher beantragt wurden“, wurde mit dem Verwaltungsreformgesetz BMLFUW, BGBl. I Nr. 58/2017, vorgenommen.

47 Die diesbezüglichen Erläuterungen zur Regierungsvorlage (1456 BlgNR 25. GP  3 f) lauten auszugsweise:

„Der Wortlaut des § 3 Abs. 2 UVP‑G 2000 enthielt bisher keine Einschränkung dahingehend, dass ein später hinzutretendes Zweitprojekt ein Erstprojekt nicht in eine UVP‑Pflicht zwingen kann. In der Literatur (Baumgartner/Petek 2010, UVP‑Kommentar 74) wurde für dieses Problem vorgeschlagen darauf abzustellen, ob das zuerst eingereichte Vorhaben bei Hinzutreten des zweiten Vorhabens bereits in einem fortgeschrittenen Genehmigungsstadium steht. Dieser Rechtsmeinung folgte das BVwG nicht und sieht keine zeitliche Komponente im Wortlaut der Kumulationsregelung gegeben. Eine Kumulation kann demnach mit sämtlichen anderen geplanten und zumindest nach einem Materiengesetz eingereichten Vorhaben vorliegen. Es sind auch Vorhaben in die Kumulationsprüfung einzubeziehen, die ein halbes Jahr nach dem beantragten Vorhaben eingereicht werden; diesbezüglich ist von einer gleichzeitigen Verwirklichung auszugehen (BVwG v. 26.06.2015, W113 2013215‑1/55E, Bärofen WP).

Eine solch strenge Betrachtung erscheint unverhältnismäßig und überschießend, wenn ein Vorhaben zurück an den Start müsste, obwohl zuvor keine UVP‑Pflicht festgestellt wurde und einzelne Materienverfahren laufen bzw. Genehmigungen dazu schon vorliegen. Die Kumulationsbestimmung soll die Aufsplitterung gleichartiger Projekte unterbinden und das Auftreten additiver Effekte berücksichtigen. Der Prüfbereich, ob erhebliche Umweltauswirkungen und damit eine UVP‑Pflicht vorliegt, stellt also dezidiert auf sich überlagernde Auswirkungen von zwei (oder mehreren) Vorhaben ab. Als Konsequenz daraus sind jedoch nicht beide Vorhaben einer Kumulationsprüfung oder einer möglichen UVP zu unterziehen. Die Prüfung der Erheblichkeit stellt gerade auf das Hinzutreten eines (oder mehrerer) Vorhaben ab und mit einer Prüfung für das Zweitvorhaben werden damit alle kumulativ‑additiven und umwelterheblichen Auswirkungen im unionsrechtlichen Sinne geprüft.

Ein Feststellungsbescheid ist nicht rechtsgestaltend und sind Änderungen der Sach- und Rechtslage grundsätzlich weiterhin beachtlich. Entsprechend der derzeitigen Systematik wird daher neben der Voraussetzung, dass ein anderes gleichartiges in einem räumlichen Zusammenhang stehendes Vorhaben für die Kumulationsbetrachtung notwendig ist, ein zeitliches Kriterium in den §§ 3 Abs. 2 und 3a Abs. 6 ergänzt. Wie bereits Vorhaben außerhalb des gleichartigen und räumlichen Anwendungsbereichs für die Kumulationsprüfung unbeachtlich sind, trifft dies damit auch auf zeitlich später hinzukommende Vorhaben zu.

In den §§ 3 Abs. 2 und 3a Abs. 6 sind daher bei der Kumulationsprüfung eines geplanten Vorhabens jene Vorhaben zu berücksichtigen, die aufgrund eines früheren Antrags oder einer Einreichung bereits weiter fortgeschritten sind:

• bestehende Anlagen oder Eingriffe

• genehmigte, aber noch nicht errichtete Vorhaben

• beantrage Vorhaben nach §§ 4 und 5 UVP‑G (laufend) sowie früher beantragte Vorhaben nach Materiengesetz mit vollständigen Antragsunterlagen.

(...)

Im Umkehrschluss sind all jene Vorhaben, die nicht zeitlich vorgelagert sind, sondern erst nach dem geplanten Vorhaben verfahrensrechtlich in Erscheinung treten, für eine Prüfung nach den §§ 3 Abs. 2 und 3a Abs. 6 nicht (mehr) beachtlich:

• Vorhaben, für die ein Feststellungsverfahren nach § 3 Abs. 7 beantragt oder abgeschlossen wurde

• später beantragte Vorhaben nach Materiengesetz.

Dem jeweils fortgeschrittenen (Erst‑)Vorhaben ist somit die gewünschte Sicherheit immanent; eine unionsrechtlich geforderte Kumulationsprüfung ist ggfs. für das zeitlich nachfolgende Vorhaben durchzuführen.

Beantragte oder abgeschlossene Feststellungsverfahren nach § 3 Abs. 7 sind deshalb unbeachtlich, da in diesem Verfahren allein über die Frage einer etwaigen UVP‑Pflicht erkannt wird. Ohne einen konkreten Genehmigungsantrag kann nicht davon ausgegangen werden, dass das Projekt in der im Feststellungsverfahren bzw. im Feststellungsbescheid dargelegten Form eingereicht wird.“

48 Das BVwG hat ‑ diesen Ausführungen der Gesetzesmaterialien folgend ‑ die zum PSW K durchgeführten Feststellungsverfahren nach § 3 Abs. 7 UVP‑G 2000 in die Prüfung, ob dieses im Vergleich zum KW S ein früher beantragtes Vorhaben darstellt, nicht miteinbezogen.

49 Auf welche Kriterien konkret für die Annahme einer Einreichung bzw. Beantragung „mit vollständigem Antrag auf Genehmigung“ abzustellen ist, kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben: Die Revisionswerber bestreiten die Annahme des BVwG nicht, dass ‑ bei Ausklammerung von Feststellungsverfahren nach § 3 Abs. 7 UVP‑G 2000 ‑ der früheste für das PSW K in Betracht kommende Zeitpunkt der 16. Juli 2015 (naturschutzrechtliche Anzeige) und der späteste für das KW S in Betracht kommende Zeitpunkt der 23. Februar 2015 (forstrechtlicher Antrag) ist, sodass das PSW K ausschließlich dann ein „früheres Vorhaben“ darstellen könnte, wenn man das erste darauf bezogene Feststellungsverfahren (Antrag vom 30. Juli 2012, Bescheid vom 5. März 2013) miteinbezöge.

50 Entgegen dem Revisionsvorbringen widerspricht die Ausklammerung von Feststellungsverfahren bei der Ermittlung des „früheren Vorhabens“ auch nicht dem Gesetzeswortlaut, sondern steht damit vielmehr voll im Einklang. Die betreffenden Bestimmungen stellen nämlich auf eine Einreichung mit „Antrag auf Genehmigung bei einer Behörde“ oder eine Beantragung nach den §§ 4 oder 5 UVP‑G 2000 ab.

51 Nach § 2 Abs. 3 UVP‑G 2000 gelten als „Genehmigungen“ die in den einzelnen Verwaltungsvorschriften für die Zulässigkeit der Ausführung eines Vorhabens vorgeschriebenen behördlichen Akte oder Unterlassungen (wie insbesondere Genehmigungen, Bewilligungen oder Feststellungen). Diese Definition umfasst lediglich (individuelle) Rechtsakte nach den Materiengesetzen, nicht aber nach dem UVP‑G 2000 selbst. Wären nämlich damit auch Rechtsakte nach UVP‑G 2000 gemeint, so wäre die gesonderte Bezugnahme auf Anträge nach den §§ 4 oder 5 UVP‑G 2000 überflüssig. Eine ausdrückliche Feststellung nach § 3 Abs. 7 UVP‑G 2000 ist außerdem für die Zulässigkeit der Ausführung eines Vorhabens nicht erforderlich, vielmehr kann auch ohne eine solche Feststellung unmittelbar etwa ein Genehmigungsantrag nach § 5 UVP‑G 2000 eingebracht werden.

52 Die Nichteinbeziehung von Feststellungsverfahren nach § 3 Abs. 7 UVP‑G 2000 in den Begriff der „früheren“ Vorhaben ist auch sachgerecht, weil allein auf deren Basis ‑ wie auch die Materialien ausführen ‑ noch nicht mit hinreichender Sicherheit davon ausgegangen werden kann, dass das Vorhaben überhaupt oder in der dort dargestellten Form verwirklicht werden wird. Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass die von den Revisionswerbern als entscheidend herangezogene bescheidmäßige Feststellung der UVP‑Pflicht für das Vorhaben PSW K vom 5. März 2013 wegen Änderung der Rechtslage keine rechtliche Bindungswirkung mehr entfaltet (so ausdrücklich VwGH 30.3.2017, Ro 2016/07/0015, 0016, Rn 38).

53 Mit dem weiteren Vorbringen, die unionsrechtlichen Grundlagen forderten, dass additive Effekte von Vorhaben bei der Entscheidung über die UVP‑Pflicht zu berücksichtigen seien (Hinweis auf EuGH 11.2.2015, Straßwalchen u.a., C‑531/13, und EuGH 21.9.1999, Kommission/Irland, C‑392/96), weshalb das PSW K in richtlinienkonformer Interpretation in die Kumulationsprüfung mitaufzunehmen sei, wenden sich die Revisionswerber ganz generell gegen den Ausschluss „früherer Vorhaben“ aus der Kumulationsprüfung.

54 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits im Erkenntnis vom 17. Dezember 2019, Ro 2018/04/0012, dort Rn 48, festgehalten, dass keine unionsrechtlichen Bedenken gegen die mit der UVP‑Novelle BGBl. I Nr. 58/2017 eingeführte zeitliche Begrenzung des Anwendungsbereichs für die Kumulationsprüfung bestehen, da mit der Richtlinie 2014/52/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 zur Änderung der Richtlinie 2011/92/EU über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten das Auswahlkriterium nach Anhang III Z 1 Buchstabe b der UVP‑Richtlinie 2011/92/EU dahingehend einschränkend novelliert wurde, als es nunmehr die „Kumulierung mit anderen bestehenden und/oder genehmigten Projekten und Tätigkeiten“, nicht jedoch auch die Kumulierung mit solchen Vorhaben, die bloß beantragt, aber für die Verwirklichung noch nicht vollständig genehmigt sind, umfasst.

55 Im Übrigen werden im Rahmen des UVP‑Verfahrens für das PSW K Umweltbelastungen durch additive und kumulative Effekte mit anderen Vorhaben ‑ darunter auch das KW S ‑ zu berücksichtigen sein und können allenfalls dessen Genehmigung (etwa nach § 17 Abs. 5 UVP‑G 2000) entgegenstehen. In diesem Sinn sind auch die zitierten Erläuterungen zu verstehen, wonach „bei einer Prüfung für das Zweitvorhaben (...) alle kumulativ‑additiven und umwelterheblichen Auswirkungen im unionsrechtlichen Sinne geprüft“ werden (vgl. auch Schmelz/Schwarzer, UVP‑G [2011] § 3 Rz 29, die zu ihrer ‑ unter Vorwegnahme der neuen Rechtslage ‑ vorgeschlagenen Auslegung, wonach eine Kumulation nur zur UVP des „Zweitprojektes“ führen würde, ausführen, es „versteht sich ohnehin von selbst“, dass bei einer allfälligen UVP des Zweitprojektes die kumulativen Umweltauswirkungen zu berücksichtigen seien).

56 Zwar hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 16. Dezember 2019, Ra 2018/03/0066 bis 0068, Rn 75 bis 77, ausgesprochen, dass die Kumulation eines Vorhabens, das für sich bereits UVP‑pflichtig ist, mit anderen Vorhaben nicht vorgesehen sei. Diese Ausführungen beziehen sich jedoch lediglich auf die Kumulierungsprüfung gemäß §§ 3 Abs. 2 bzw. 3a Abs. 6 UVP‑G 2000 (also die Frage der UVP‑Pflicht selbst) und nicht die Beurteilung von Umweltauswirkungen im Rahmen eines UVP‑Genehmigungsverfahrens. Nur für die Frage der UVP‑Pflicht selbst kann eine Umgehungsabsicht durch Vorhabensstückelung schon aus dem Grund ausgeschlossen werden, dass das zu prüfende Vorhaben an sich schon UVP‑pflichtig ist.

57 Bei der Prüfung, ob ein anderes Vorhaben als ein früher eingereichtes bzw. beantragtes in die Kumulationsprüfung nach § 3 Abs. 2 oder § 3a Abs. 6 UVP‑G 2000 mit aufzunehmen ist, sind allfällige Feststellungsverfahren nach § 3 Abs. 7 UVP‑G 2000 somit nicht zu berücksichtigen. Die von der Revision behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses liegt daher nicht vor.

4. Umfang der Grobprüfung zu räumlichen Zusammenhängen auf Grund allfälliger Auswirkungen auf Endemiten

58 Bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren hatte die Amtssachverständige für Naturschutz darauf hingewiesen, dass das gegenständliche Rodungsvorhaben auf Grund von Auswirkungen auf Endemiten (Pflanzen- und Tierarten, die weltweit nur in einem bestimmten geografischen, oftmals kleinen Verbreitungsgebiet vorkommen) in einem räumlichen Zusammenhang mit anderen Vorhaben, insbesondere dem PSW K, stehen könnte. Abgesehen davon, dass das PSW K schon aus den oben genannten Gründen nicht in die Kumulationsprüfung einzubeziehen war, hat das BVwG auch zu anderen (nicht näher bezeichneten) Vorhaben keinen auf die Gefährdung von Endemiten bezogenen räumlichen Zusammenhang angenommen.

59 Die Revisionswerber bringen dazu vor, das BVwG habe zur Frage, welche Schutzgüter durch die gegenständlichen Projekte berührt sein könnten, „lapidar festgestellt“, dass betreffend Endemiten keine detaillierten fachlichen Aussagen möglich wären. Mit der Argumentation, der gesetzliche Auftrag wäre lediglich eine „Grobprüfung“, und dem Hinweis auf eine saisonbedingte längere Untersuchungsdauer habe es die Prüfung der Frage zur Gänze entfallen lassen und sich damit gegen das Gesetz und die ständige Judikatur zum Gegenstand des Feststellungsverfahrens und der Grobprüfung gestellt. Nach der Judikatur (etwa VwGH 21.12.2016, Ra 2016/04/0117, VwSlg. 19515 A, mwN) habe die Behörde im Fall einer Einzelfallprüfung nach § 3 Abs. 2 UVP‑G 2000 nur zu klären, ob mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen sei. Wie derartige Auswirkungen zu beurteilen sind und ihnen entgegenzutreten ist, sei dem späteren Bewilligungsverfahren vorbehalten. Weiters fordere die (nicht näher bezeichnete) Judikatur nachvollziehbare, schlüssige und vollständige Aussagen zum Beurteilungsgegenstand. Es treffe zwar zu, dass die von der Sachverständigen angesprochene Erhebungsdauer von mindestens einer Saison nicht dem Prüfrahmen des Feststellungsverfahrens entspreche. Es wäre jedoch am BVwG gelegen gewesen, die einer Grobprüfung entsprechenden Untersuchungen in Auftrag zu geben, um diese Frage auf sachverständiger Grundlage klären zu können (Hinweis auf VwGH 21.12.2011, 2007/04/0112, VwSlg. 18299 A).

60 Soweit sich die Revisionswerber auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes betreffend die (bloße) Grobprüfung im Feststellungsverfahren beziehen, kann daraus keine Rechtswidrigkeit der Entscheidung des BVwG abgeleitet werden. § 3 Abs. 7 UVP‑G 2000 ordnet hinsichtlich Prüftiefe und Prüfumfang die Beschränkung auf eine „Grobprüfung“ nämlich für den Fall an, dass die Behörde eine „Einzelfallprüfung“ nach dem UVP‑G 2000 durchzuführen hat. Darauf bezieht sich auch die zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Die Prüfung der Auswirkungen auf Endemiten erfolgte jedoch nicht im Rahmen einer Einzelfallprüfung (etwa nach § 3 Abs. 2 UVP‑G 2000, weil die Schwellenwerte erreicht wurden), sondern ‑ dieser vorgelagert ‑ zur Klärung, ob weitere Vorhaben auf Grund eines räumlichen Zusammenhangs für die Kumulierungsprüfung in Betracht kommen.

61 Unabhängig davon hat der Verwaltungsgerichtshof für das Feststellungsverfahren nach § 3 Abs. 7 UVP‑G 2000 an sich schon festgehalten, dass auch der Umstand der nur sechswöchigen Entscheidungsfrist in einem solchen Verfahren (für das BVwG nach § 40 Abs. 4 UVP‑G 2000) weder die Behörde noch in weiterer Folge das Verwaltungsgericht von der Pflicht zur Durchführung eines Ermittlungsverfahrens entbindet (VwGH 17.12.2014, Ro 2014/03/0066, VwSlg. 19004 A, Pkt IV.A.4.2.2).

62 Die Amtssachverständige für Naturschutz hat in ihrem Gutachten im verwaltungsbehördlichen Verfahren vom 30. November 2017 ausgeführt, dass im Hinblick auf die Auswirkungen auf Endemiten aufgrund der kurzen gesetzlichen Entscheidungsfrist keine detaillierten fachlichen Aussagen möglich seien. Eine Kartierung von verschiedenen Endemiten würde mindestens eine Erhebungssaison (= schneefreie Zeit, je nach Höhenlage unterschiedlich) beanspruchen. Sie könne daher nur auf Basis von näher zitierter Fachliteratur und vorhandenen fachlichen Unterlagen die Situation bewerten. Dazu lägen ihr insbesondere über eine Reihe von Arten GIS‑shapefiles vor, die die Quadranten dieser floristischen Kartierung enthielten. Diese Quadranten deckten jedoch ein Gebiet von jeweils 3534 bis 3540 ha ab, sodass eine punktgenaue Lokalisation ohne genaue Nachsuche vor Ort nicht möglich sei. In der Folge erläuterte die Amtssachverständige für die jeweiligen Arten dann jeweils im Einzelnen, warum diese (etwa wegen ihrer Beschränkung auf den subalpinen bis alpinen Bereich, ihrem Vorkommen nur an einer bestimmten Quelle oder ihrem Hauptvorkommen auf Silikatfelswänden der tiefen Lagen) mangels Betroffenheit ausschieden, wegen ihrer mangelnden Gefährdung in Verbindung mit dem beschränkten Rodungsumfang nicht mit deren Beeinträchtigung zu rechnen sei, oder für sie geeignete Ausweichlebensräume bestünden. Die Amtssachverständige kommt in ihrem Gutachten schließlich ausdrücklich zum Ergebnis, dass ein räumlicher Zusammenhang hinsichtlich des zu beurteilenden Bereiches ausgeschlossen werden könne.

63 Entgegen dem Revisionsvorbringen hat sich das BVwG nicht auf die Feststellung zurückgezogen, dass hinsichtlich der Auswirkungen auf Endemiten keine detaillierten fachlichen Aussagen möglich seien. Es hat vielmehr auf die vorgenommene Beurteilung anhand fachlicher Unterlagen bzw. Fachliteratur durch die Amtssachverständige verwiesen, sich insofern auch auf deren dargestellten näheren inhaltlichen Ausführungen bezogen und diese ausdrücklich für ausreichend und schlüssig erachtet.

64 Die Revisionswerber treten mit ihrem Vorbringen, es hätten zur Klärung der Berührtheit von Endemiten auf sachverständiger Grundlage weitere Untersuchungen in Auftrag gegeben werden müssen, weder den inhaltlichen Ausführungen der Amtssachverständigen auf gleicher fachlicher Ebene entgegen, noch legen sie dar, welche darüber hinausgehenden Untersuchungen noch erforderlich gewesen sein sollten (zumal auch die Revisionswerber Untersuchungen, die ‑ wie die von der Amtssachverständigen angesprochenen punktgenauen Lokalisationen ‑ mindestens eine Erhebungssaison dauern würden, offenbar nicht als erforderlich ansehen).

65 Eine Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels wird somit nicht dargetan, sodass die Revision auch in dieser Hinsicht erfolglos bleiben muss.

5. Ergebnis

66 Die Revision war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden, weil das BVwG ‑ ein Tribunal im Sinn des Art. 6 EMRK und ein Gericht im Sinn des Art. 47 GRC ‑ eine mündliche Verhandlung durchgeführt hat.

67 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 8. Oktober 2020

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