VwGH 2007/03/0027

VwGH2007/03/002725.8.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde 1. der H H, 2. der

J S, 3. des M S, 4. des K E, 5. des A E, 6. des A W, 7. der E P,

8. des J E, 9. des C E, 10. des A E, 11. des J G, alle in Z, alle vertreten durch Dr. Peter Greil, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Südtiroler Platz 8/IV, gegen den Bescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 14. Dezember 2006, Zl BMVIT-220.100/0052-IV/SCH2/2006, betreffend eisenbahnrechtliche Baugenehmigung und Betriebsbewilligung sowie wasserrechtliche Bewilligung (mitbeteiligte Partei: Z Verkehrsbetriebe AG, J),

Normen

ABGB §364a;
AVG §39 Abs2;
AVG §8;
EisenbahnG 1957 §34 Abs4;
EisenbahnG 1957 §35 Abs2;
EisenbahnG 1957 §35 Abs3;
UVPG 2000 §1;
UVPG 2000 §2 Abs2;
VwRallg;
ABGB §364a;
AVG §39 Abs2;
AVG §8;
EisenbahnG 1957 §34 Abs4;
EisenbahnG 1957 §35 Abs2;
EisenbahnG 1957 §35 Abs3;
UVPG 2000 §1;
UVPG 2000 §2 Abs2;
VwRallg;

 

Spruch:

1. zu Recht erkannt:

Die Beschwerde der Siebentbeschwerdeführerin wird als unbegründet abgewiesen.

2. den Beschluss gefasst:

Hinsichtlich der übrigen Beschwerdeführer wird die Beschwerde als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde der mitbeteiligten Partei gemäß §§ 35 und 36 Abs 1 und 2 Eisenbahngesetz 1957, BGBl Nr 60/1957 idF BGBl I Nr 163/2005 (EisbG), die eisenbahnrechtliche Baugenehmigung für den zweigleisigen Ausbau der Bahnstrecke Jenbach - Mayrhofen von Zell am Ziller nach Ramsau, EBkm 24,400 bis EBkm 27,605 sowie gemäß § 127 Abs 1 WRG die wasserrechtliche Bewilligung für die Verlängerung zweier näher bestimmter Durchlässe nach Maßgabe der Bauentwurfsunterlagen unter Einhaltung näher (unter II lit a bis d des erstinstanzlichen Bescheides) angeführter Vorschreibungen erteilt, gemäß § 35 Abs 4 EisbG ausgesprochen, dass das gesamte Bauvorhaben innerhalb von zwei Jahren ab Bescheidzustellung fertigzustellen sei, gemäß § 37 Abs 1 EisbG die eisenbahnrechtliche Baugenehmigung mit der Betriebsbewilligung verbunden sowie über die im Verfahren erhobenen Einwendungen dahin entschieden, dass diese auf den Zivilrechtsweg verwiesen wurden.

Begründend führte die belangte Behörde, nach einer Darstellung des erstinstanzlichen Verfahrensgangs und des Inhalts der Berufungen im Wesentlichen Folgendes aus:

Ausgehend vom Zeitpunkt der Einbringung des verfahrenseinleitenden Antrags vom 2. Februar 2006 sei gemäß § 133a Abs 14 EisbG das - im Zeitpunkt der Kundmachung der Novelle BGBl I Nr 125/2006 bereits anhängige - Verfahren nach den bisherigen Rechtsvorschriften, also nach dem EisbG in der Fassung der Novelle BGBl I Nr 163/2005 zu Ende zu führen.

Die Beschwerdeführer seien als Eigentümer betroffener Liegenschaften im Sinne des § 34 Abs 4 EisbG Parteien des eisenbahnrechtlichen Bauverfahrens und könnten als solche Einwendungen erheben, die eine Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte zum Inhalt hätten, dabei aber erfolgreich nur solche Nachteile einwenden, durch die sie unmittelbar beeinträchtigt würden (unter Verweis auf das hg Erkenntnis vom 30. Juni 2006, Zl 2002/03/0213).

Die in den Berufungen vorgebrachten Argumente betreffend Lärmbelästigung, Verschmutzung, Beeinträchtigung der Lebensqualität, psychische Belastungen, Gefahren für die Umwelt und für Kinder, Radfahrer und Langläufer beträfen keine subjektiven öffentlichen Rechte der Parteien; diese Forderungen seien von der Behörde von Amts wegen zu beachten, den Parteien stehe diesbezüglich aber kein Rechtsanspruch zu. Die erstinstanzliche Behörde sei ihrer amtswegigen Verpflichtung zur Wahrnehmung dieser Interessen nachgekommen und habe entsprechende Gutachten eingeholt und deren Ergebnisse bei der Entscheidung berücksichtigt. Sie sei dabei zur Erkenntnis gelangt, dass ein ausreichender Schutz durch die vorgesehenen Maßnahmen und Vorschreibungen gewährleistet sei und weitere Maßnahmen hinsichtlich schalltechnischer Emissionen nicht erforderlich wären.

Zum Einwand der Beschwerdeführer, am Projekt bestehe kein öffentliches Interesse, weil die Auslastung der Bahn schon jetzt zu wünschen übrig lasse, verwies die belangte Behörde auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Bescheid, wonach vor allem aus ökologischen und verkehrstechnischen Gründen ein Verlegen eines Teils des Verkehrs von der Straße auf die Bahn zu befürworten sei, was ohne Erhöhung der Kapazität der Bahn und deren Attraktivität nicht möglich sei. Durch den abschnittsweisen zweigleisigen Ausbau der Zillertalbahn werde die Möglichkeit geschaffen, den Halbstundentakt als Attraktivierungsmaßnahme im öffentlichen Personennahverkehr einzuführen. Diese Maßnahme stehe zweifellos im öffentlichen Interesse, wobei noch auf den Auftrag des Landes Tirol zu verweisen sei, mit Fahrplanwechsel Dezember 2007 den Takt auf 30 Minuten zu verkürzen; gleichzeitig sei eine Anhebung der derzeitigen Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h auf 80 km/h vorgesehen. Die projektierten Maßnahmen seien unabhängig vom derzeitigen Auslastungsgrad der Bahn geeignet, für eine Verlagerung des Verkehrs von der Schiene auf die Straße zu sorgen.

Der von den Beschwerdeführern erhobene Einwand, der mit dem Projekt verbundene Flächenverlust bedeute geringere Förderung, ein kleinerer Viehbestand weiters einen Einkommensverlust, ziele darauf, dass durch das Bauvorhaben privater Grund in Anspruch genommen werden müsse. Eine derartige Fremdgrundinanspruchnahme dürfe nur insoweit erfolgen, als dies das allgemeine Beste verlange; in dieser Frage komme den betroffenen Grundstückseigentümern ein subjektiv-öffentliches Recht zu und habe die Behörde eine Abwägung nach § 35 Abs 3 EisbG vorzunehmen. Was den geltend gemachten Einkommensverlust anlange, sei das Eisenbahnunternehmen gemäß § 4 Abs 1 EisbEG verpflichtet, den Enteigneten für alle durch die Enteignung verursachten vermögensrechtlichen Nachteile schadlos zu halten, wobei nach § 6 EisbEG bei der Enteignung eines Teiles eines Grundbesitzes nicht nur der Wert des abzutretenden Grundstücks, sondern auch die Verminderung des Wertes des restlichen Grundstücksteils zu berücksichtigen sei.

Eine Gegenüberstellung der Nachteile für die betroffenen Grundeigentümer unter Berücksichtigung einer allfälligen Enteignungsentschädigung mit den zu erwartenden Vorteilen für die Öffentlichkeit aus der Verwirklichung des Bauvorhabens führe zum Ergebnis, dass die Vorteile für die Öffentlichkeit die Nachteile für die Einschreiter überwiegen.

Zum Einwand, für das Projekt sei eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich, führte die belangte Behörde Folgendes aus:

Bei der gegenständlichen Eisenbahn handle es sich um eine derzeit eingleisige ca 32 km lange Schmalspurbahn zwischen Jenbach und Mayrhofen. Die Verknüpfung mit der Eisenbahnstrecke Staatsgrenze bei Kufstein - Innsbruck - Staatsgrenze am Brenner in Jenbach sei dergestalt, dass über die bloß örtliche Verknüpfung hinaus ein Übergang von Schienenfahrzeugen ohne Spurwechsel und ohne technische Hilfsmittel nicht stattfinden könne. Es handle sich somit um keine Eisenbahnfernverkehrsstrecke. Nach dem insoweit übereinstimmenden Vorbringen der Parteien sei seitens der mitbeteiligten Partei ein selektiv zweigleisiger Ausbau vorgesehen. Der Streckenteil Kaltenbach - Aschau sei räumlich klar vom gegenständlichen Streckenteil Zell am Ziller - Ramsau (Gesamtlänge ca. 3,2 km) getrennt. Aus den vorliegenden Plänen ergäbe sich, dass schutzwürdige Gebiete der Kategorie E ("Siedlungsgebiete") nach Anhang 2 des UVP-G 2000 berührt würden. Ersichtlich sei weiters, dass sonst kein schutzwürdiges Gebiet im Sinne des Anhang 2 des UVP-G 2000 vom Bauvorhaben berührt werde. Aus den Plänen sei ersichtlich, dass keine Abweichungen von mehr als 100 m von der Bestandsstrecke vorgesehen seien.

Ob ein Bauvorhaben einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen sei, richte sich nach den Bestimmungen des UVP-G 2000. In Z 10 des Anhang 1 zum UVP-G 2000 seien eigene Änderungstatbestände definiert. Für Eisenbahnstrecken, die keine Eisenbahnfernverkehrsstrecken seien, gelte für die UVP-Pflicht nach Spalte 1 ein Schwellenwert von 10 km Länge. Dieser werde beim gegenständlichen Vorhaben, das eine Länge von ca 3,2 km aufweise, nicht erreicht. Hinsichtlich der Zusammenrechenbarkeit von mehreren Abschnitten werde in Z 10 lit d leg cit dahin eingeschränkt, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung nur dann zu erfolgen habe, wenn - neben weiteren Voraussetzungen - das Längenkriterium gemeinsam mit daran unmittelbar angrenzenden, noch nicht oder in den letzten zehn Jahren dem Verkehr freigegebenen Teilstücken erfüllt werde. Im vorliegenden Fall liege bereits die Voraussetzung des unmittelbar aneinander Angrenzens der Streckenteile nicht vor, weshalb die Voraussetzungen nach Z 10 lit d des Anhanges 1 des UVP-G 2000 nicht gegeben seien.

Da es sich bei der gegenständlichen Baumaßnahme um keinen Neubau im Sinne der Z 10 lit e leg cit handle, kämen in Z 10 des Anhanges 1 des UVP-G 2000 nur mehr die lit f bis h in Frage. Mangels Abweichung von mehr als 100 m vom Bestand liege auch die Voraussetzung der Z 10 lit f leg cit nicht vor; die Voraussetzung der lit g wiederum sei nicht gegeben, weil vom Vorhaben kein schutzwürdiges Gebiet der Kategorien A, B oder C berührt werde.

Nach Z 10 lit h leg cit schließlich unterliege die Änderung von Eisenbahnen oder ihrer Teilabschnitte mit einem Verkehrsaufkommen von mindestens 60.000 Zügen pro Jahr durch Erhöhung der Zugskapazität um mindestens 25 % der UVP-Pflicht, wenn ein schutzwürdiges Gebiet der Kategorie E berührt werde. Eine Zugskapazität von 60.000 Zügen pro Jahr, was einer täglichen Kapazität von ca 165 Zügen entspreche, werde im vorliegenden Fall (60 Züge pro Tag) nicht einmal annähernd erreicht.

Es zeige sich daher, dass die Voraussetzungen für die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem UVP-G 2000 nicht gegeben seien. Es seien aber auch keine Gründe ersichtlich, wonach die unmittelbare Anwendung der Bestimmungen der UVP-Richtlinie 85/337/EWG erforderlich wäre.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und - wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift erstattet mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Nach Einleitung des Vorverfahrens haben die beschwerdeführenden Parteien, bis auf die siebentbeschwerdeführende Partei, die Beschwerde zurückgezogen.

Die siebentbeschwerdeführende Partei hat einen weiteren Schriftsatz erstattet.

Zufolge der Zurückziehung der Beschwerden waren die Beschwerden in nichtöffentlicher Sitzung - in dem gemäß § 12 Abs 2 VwGG gebildeten Senat - als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren diesbezüglich einzustellen.

Über die Beschwerde der siebentbeschwerdeführenden Partei hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

1. Ausgehend von den Übergangsbestimmungen des § 133a Abs 14 und 15 EisbG gehen die Parteien des Beschwerdeverfahrens zutreffend davon aus, dass das mit Antrag der mitbeteiligten Partei vom 2. Februar 2006 eingeleitete Verfahren nach den bisherigen Bestimmungen des EisbG, also idF BGBl I Nr 163/2005, zu Ende zu führen war.

2. Gemäß § 34 Abs 4 EisbG (idF BGBl I Nr 163/2005) sind Parteien im Sinne des § 8 AVG im eisenbahnrechtlichen Bauverfahren insbesondere der Bauwerber, die Eigentümer der betroffenen Liegenschaften, die an diesen dinglich Berechtigten, die Wasserberechtigten und die Bergwerksberechtigten.

Im Verfahren ist nicht strittig, dass die siebentbeschwerdeführende Partei Eigentümerin einer im Sinne des § 34 Abs 4 EisbG betroffenen Liegenschaft ist und deshalb Parteistellung hat.

Eine Partei im Sinne des § 34 Abs 4 EisbG kann Einwendungen erheben, die eine Verletzung subjektiver öffentlicher Rechte zum Inhalt haben (ua im Hinblick auf das im § 35 Abs 3 EisbG normierte Erfordernis des Überwiegens öffentlicher Interessen auch die mit dem Projekt verbundenen Nachteile). Allerdings kann eine Partei erfolgreich nur solche Nachteile einwenden, durch die sie unmittelbar beeinträchtigt ist. Die geltend gemachten Rechte müssen mit ihrem Eigentum (oder ihrer sonst die Parteistellung begründenden Berechtigung) untrennbar verbunden und im EisbG als subjektiv-öffentliche Nachbarrechte ausgebildet sein. Einwendungen betreffend Lärm und andere Immissionen betreffen keine nach dem EisbG gewährleisteten subjektiven öffentlichen Rechte, weil sie nicht auf eine aus öffentlich-rechtlichen Regelungen erwachsene Rechtsstellung abgestellt sind, sondern - allenfalls - zivilrechtliche Ansprüche, etwa nach § 364a ABGB, zum Gegenstand haben.

Eine Partei des eisenbahnrechtlichen Baugenehmigungsverfahrens kann zudem weiter einwenden, dass die Durchführung einer rechtlich gebotenen Umweltverträglichkeitsprüfung unterblieben sei (vgl das hg Erkenntnis vom 30. Juni 2006, Zl 2002/03/0213, mwN).

3. Die beschwerdeführende Partei macht geltend, für das Vorhaben hätte eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müssen.

Sie führt dazu aus, das gegenständliche Vorhaben stehe unter der Zielsetzung, dass die Zillertalbahn in ihrer gesamten Strecke von Jenbach bis Mayrhofen saniert und modernisiert werde (durch zweigleisigen Ausbau auf mehreren Abschnitten und durch Errichtung eines zusätzlichen Zugsicherungssystems). Es sei deshalb erforderlich, den den Verfahrensgegenstand bildenden Streckenabschnitt im Rahmen des Gesamtprojekts zu prüfen, weil nur so festgestellt werden könne, ob ökologische und verkehrstechnische Gründe bestehen, die eine Verlegung eines Teiles des Verkehrs von der Straße auf die Bahn bewirken und deshalb das Projekt befürwortet werden kann.

Das Verfahren vor der belangten Behörde zur Frage, ob durch den verfahrensgegenständlichen zweigleisigen Ausbau Schutzgebiete der Kategorien A, B oder C betroffen sind, sei mangelhaft geblieben. Die belangte Behörde habe es unterlassen, die Parteien entsprechend zu belehren und zu informieren; wäre dies erfolgt, hätten die Parteien "gewiss bei den zuständigen Gemeinden entsprechende Erkundigungen eingeholt". Es könne "doch nicht wahr sein, dass es neben dem Ziller kein Wasserschutz- und Schongebiet gibt".

Mit der durch das gegenständliche Projekt erfolgten Beschränkung des gesamten Sanierungs- und Modernisierungsbereichs auf eine Strecke von 3.205 m könne keine Verbesserung der Eisenbahnleistungen auf der gesamten Strecke und damit keine bessere Attraktivität erzielt werden. Ein sachliches Argument für die vorgenommene Abgrenzung und damit bloß die Behandlung eines Teilabschnitts gebe es nicht, vielmehr sei das Bestreben der mitbeteiligten Partei augenscheinlich, ein Verfahren nach dem UVP-G 2000 zu vermeiden.

4. Gemäß § 1 Abs 1 Z 1 UVP-G 2000 ist es Aufgabe der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP), unter Beteiligung der Öffentlichkeit auf fachlicher Grundlage die unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen festzustellen, zu beschreiben und zu bewerten, die ein Vorhaben auf die in lit a bis d genannten Schutzgüter hat oder haben kann, wobei Wechselwirkungen mehrerer Auswirkungen untereinander mit einzubeziehen sind.

Gemäß § 2 Abs 2 UVP-G 2000 ist Vorhaben die Errichtung einer Anlage oder ein sonstiger Eingriff in Natur und Landschaft unter Einschluss sämtlicher damit in einem räumlichen und sachlichen Zusammenhang stehender Maßnahmen. Ein Vorhaben kann eine oder mehrere Anlagen oder Eingriffe umfassen, wenn diese in einem räumlichen und sachlichen Zusammenhang stehen.

Gemäß § 3 Abs 1 UVP-G 2000 sind Vorhaben, die in Anhang 1 angeführt sind, sowie Änderungen dieser Vorhaben nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen.

Gemäß § 3 Abs 2 UVP-G 2000 hat die Behörde bei Vorhaben des Anhanges 1, die die dort festgelegten Schwellenwerte nicht erreichen oder Kriterien nicht erfüllen, die aber mit anderen Vorhaben in einem räumlichen Zusammenhang stehen und mit diesem gemeinsam den jeweiligen Schwellenwert erreichen oder das Kriterium erfüllen, im Einzelfall festzustellen, ob auf Grund einer Kumulierung der Auswirkungen mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen und daher eine Umweltverträglichkeitsprüfung für das geplante Vorhaben durchzuführen ist.

Die Z 10 des Anhang 1 des UVP-G 2000 lautet:

"Spalte 1 Spalte 2

Spalte 3

Z 10

a)

b)

c)

Neubau von Eisenbahn-Fernverkehrs- strecken oder ihrer Teilabschnitte;

Neubau von sonstigen Eisenbahnstrecken oder ihrer Teilabschnitte auf einer durchgehenden Länge von mindestens 10 km;

Änderung von Eisenbahnstrecken oder ihrer Teilabschnitte auf einer durchgehenden Länge von mindestens 10 km, sofern die Mitte des äußersten Gleises der geänderten Trasse von der Mitte des äußersten Gleises der bestehenden Trasse mehr als 100 m entfernt ist;

d)

Vorhaben der lit. b und c, wenn das Längenkriterium nur gemeinsam mit daran unmittelbar angrenzenden, noch nicht oder in den letzten 10 Jahren dem Verkehr frei gegebenen Teilstücken erfüllt ist und die Behörde im Einzelfall feststellt, dass auf Grund einer Kumulierung der Auswirkungen der Teilstücke mit erheblichen belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen und daher eine Umweltverträglich- keitsprüfung für das geplante Vorhaben durchzuführen ist;

e)

f)

g)

h)

Neubau von Eisenbahnstrecken oder ihrer Teilabschnitte wenn ein schutzwürdiges Gebiet der Kategorien A, B, C oder E berührt wird;

Änderung von Eisenbahnstrecken oder ihrer Teilabschnitte wenn die Mitte des äußersten Gleises der geänderten Trasse von der Mitte des äußersten Gleises der bestehenden Trasse mehr als 100 m entfernt ist und ein schutzwürdiges Gebiet der Kategorien A, B, C oder E berührt

wird;

Änderung von Eisenbahnstrecken durch Zulegung eines Gleises auf einer durchgehenden Länge von mindestens 2,5 km, wenn ein schutzwürdiges Gebiet der Kategorien A, B oder C berührt wird;

Änderung von Eisenbahnstrecken oder ihrer Teilabschnitte mit einem Verkehrsauf-kommen (vor oder nach der Kapazitätser-höhung) von mindestens 60 000 Zügen/Jahr durch Erhöhung der Zugkapazität um mindestens 25%, wenn ein schutzwürdiges Gebiet der Kategorie E berührt wird...."

Anhang 2 des UVP-G 2000 lautet:

"Einteilung der schutzwürdigen Gebiete in folgende Kategorien:

Kategorie

schutzwürdiges Gebiet

Anwendungsbereich

A

besonderes Schutzgebiet

nach der RL 79/409/EWG des Rates über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten (Vogelschutzrichtlinie), ABl. Nr. L 103/1, zuletzt geändert durch die Richtlinie 94/24/EG des Rates vom 8. Juni 1994, ABl. Nr. L 164/9, sowie nach der Richtlinie 92/43/EWG des Rates zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen (Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie), ABl. Nr. L 206/7, in der Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung nach Artikel 4 Abs. 2 dieser Richtlinie genannte Schutzgebiete; Bannwälder gemäß § 27 ForstG; bestimmte nach landesrechtlichen Vorschriften als Nationalpark *1) oder durch Verwaltungsakt ausgewiesene, genau abgegrenzte Gebiete im Bereich des Naturschutzes oder durch Verordnung ausgewiesene, gleichartige kleinräumige Schutzgebiete oder ausgewiesene einzigartige Naturgebilde; in der Liste gemäß Artikel 11 Abs. 2 des Übereinkommens zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt (BGBl. Nr. 60/1993) eingetragene UNESCO- Welterbestätten

B

Alpinregion

Untergrenze der Alpinregion ist die Grenze des geschlossenen Baumbewuchses, dh. der Beginn der Kampfzone des Waldes (siehe § 2 ForstG 1975)

C

Wasserschutz- und Schongebiet

Wasserschutz- und Schongebiete gemäß und Schongebiet §§ 34, 35 und 37 WRG 1959

D

belastetes Gebiet (Luft)

gemäß § 3 Abs. 8 festgelegte Gebiete

E

Siedlungsgebiet

in oder nahe Siedlungsgebieten. ..."

5. In der Kundmachung der erstinstanzlichen Behörde vom 20. April 2006 wird das verfahrensgegenständliche Vorhaben wie folgt beschrieben:

"Für die Einführung des Halbstundentaktes als Attraktivierungsmaßnahme im öffentlichen Personennahverkehr ist es erforderlich, den Streckenabschnitt zwischen Zell am Ziller und Ramsau zweigleisig auszubauen.

Im Bahnhof Zell am Ziller wird die Gleislage bei der südlichen Ausfahrt an den zweigleisigen Streckenabschnitt angepasst. Hiefür wird die Bestandsweiche 4 nach Norden verschoben und werden drei neue Weichen am südlichen Bahnhofsende eingebaut.

Der zweigleisige Ausbau verläuft dann entlang der bestehenden Bestandstrasse. Dabei wurde bei der Planung versucht, die erforderliche Grundinanspruchnahme Dritter möglichst gering zu halten.

In Bahnhof Ramsau endet der zweigleisige Ausbau im Bahnhofsbestand. Hierbei werden drei neue Weichen am nördlichen Bahnhofsende eingebaut. Alle einzubauenden Weichen entsprechen den bei der Zillertalbahn verwendeten Regelweichen."

Nach den Feststellungen des angefochtenen Bescheids ist die Zillertalbahn eine derzeit eingleisige ca 32 km lange Schmalspurbahn zwischen Jenbach und Mayrhofen, wobei es sich nicht um eine Eisenbahnfernverkehrsstrecke handelt. Seitens der mitbeteiligten Partei ist ein "selektiv zweigleisiger Ausbau" vorgesehen, der verfahrensgegenständliche Streckenteil Zell am Ziller - Ramsau (Gesamtlänge von ca 3,2 km) ist räumlich klar vom Streckenteil Kaltenbach - Aschau getrennt. Abweichungen von mehr als 100 m von der Bestandsstrecke sind nicht vorgesehen.

6. Vor diesem von der Beschwerde nicht in Abrede gestellten Hintergrund scheiden die Tatbestände nach Z 10 lit a, b, c, d, e und f des Anhanges 1 des UVP-G 2000 - unabhängig von der Berührung eines Schutzgebietes - aus. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach Z 10 des Anhanges 1 des UVP-G 2000 könnte daher nur nach lit g oder lit h erforderlich sein, also bei Zulegung eines Gleises auf einer durchgehenden Länge von mindestens 2,5 km und Berührung eines schutzwürdigen Gebietes der Kategorien A, B oder C (lit g) oder bei einer in lit h näher festgelegten, vom beschwerdegegenständlichen Vorhaben aber unstrittig nicht erfüllten Kapazitätserhöhung bei gleichzeitiger Berührung eines schutzwürdigen Gebietes der Kategorie E.

Ausgehend von den Feststellungen des angefochtenen Bescheides werden durch das Vorhaben zwar schutzwürdige Gebiete der Kategorie E ("Siedlungsgebiete") nach Anhang 2 des UVP-G 2000 berührt, nicht aber schutzwürdige Gebiete anderer Kategorien.

Mit dem nicht weiter konkretisierten Beschwerdevorbringen, die erstinstanzliche Behörde, die selbst Erhebungen zur Frage getätigt habe, ob durch das Vorhaben Schutzgebiete der Kategorien A, B oder C betroffen seien, habe ebenso wie die belangte Behörde die Beschwerdeführer zu diesem Thema nicht ausreichend informiert, es könne "doch nicht wahr sein, dass es neben dem Ziller kein Wasserschutz- und Schongebiet gibt", wird ein Verfahrensmangel oder eine Unschlüssigkeit der getroffenen gegenteiligen Feststellung nicht aufgezeigt.

Damit scheidet auch der Tatbestand nach Z 10 lit g des Anhanges 1 des UVP-G 2000 aus.

Nicht zielführend ist schließlich das Argument der Beschwerde, es sei das "Gesamtprojekt" zu prüfen: Der zweigleisige Ausbau im Bereich von Kaltenbach - Aschau ist schon wegen des fehlenden räumlichen Zusammenhangs nicht in die Beurteilung des gegenständlichen Vorhabens miteinzubeziehen (vgl lit d:

"unmittelbar angrenzenden ... Teilstücken"). Abgesehen davon wird

von der Beschwerde auch gar nicht behauptet und ist aus den Verwaltungsakten nicht erkennbar, dass das "Längenkriterium" (mindestens 10 km Länge) durch Miteinbeziehung dieses Teilstückes erreicht würde.

Hinzu tritt Folgendes: Bei der Beurteilung, ob ein eingereichter Teilabschnitt eines größeren Eisenbahnprojektes für sich als Vorhaben im Sinne des § 2 Abs 2 UVP-G 2000 zu beurteilen ist, ist die Sachlichkeit der Abgrenzung und der Umstand maßgeblich, ob der Grund für die Stückelung der Strecke lediglich die Vermeidung eines UVP-Verfahrens ist. Bei den Sachlichkeitsüberlegungen ist zu bedenken, ob das Vorhaben in technischer und betrieblicher Hinsicht für sich bestehen kann bzw ob das Vorhaben für sich allein verkehrswirksam ist (vgl das hg Erkenntnis vom 20. März 2002, Zl 2000/03/0004). Da das gegenständliche Bauvorhaben sowohl am Beginn als auch am Ende mit der bestehenden Strecke verbunden ist und damit nach Fertigstellung unmittelbar in Betrieb genommen werden kann, ist es nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde seine Verkehrswirksamkeit bejaht hat.

Es ist daher die Auffassung der belangten Behörde, für das gegenständliche Vorhaben sei eine UVP nicht erforderlich, nicht als rechtswidrig zu erkennen.

7. Die Beschwerde wendet weiter ein, die von der belangten Behörde gemäß § 35 Abs 3 EisbG vorzunehmende Abwägung der betroffenen Interessen sei mangelhaft: So fehle es schon an einer für eine sorgfältige Prüfung jedenfalls erforderlichen konkreten Gegenüberstellung der mit dem Projekt verbundenen Vor- und Nachteile.

Des weiteren sei der von der belangten Behörde als entscheidend gewichtete Vorteil für die Öffentlichkeit, die Attraktivierung der Bahnverbindung gegenüber dem Individualverkehr auf der Straße und die damit verbundene Verlagerung eines Teiles des Verkehrs von der Straße auf die Schiene, im Verfahren zwar behauptet worden, aber unbewiesen geblieben, zumal eine Sanierung und Modernisierung allein noch keine größere Attraktivität gewährleist und die Bahn schon derzeit nicht ausgelastet sei, wobei konkrete, auf sachverständiger Beurteilung basierende Auslastungsprognosen für die Zukunft fehlten. Solange nur Teile des gesamten Streckennetzes der Zillertalbahn modernisiert würde, und die Bahnhöfe nicht an die Zielpunkte der Fremdenverkehrsgäste angebunden seien, erscheine der behauptete Vorteil für die Öffentlichkeit nicht überzeugend.

Es könne daher nicht davon ausgegangen werden, dass die Interessen der beschwerdeführenden Parteien weniger schwer wiegen als die der Öffentlichkeit.

8. Die belangte Behörde ist, wie dargestellt, zur Auffassung gelangt, vor allem aus ökologischen und verkehrstechnischen Gründen sei eine Verlegung eines Teiles des Verkehrs auf die Bahn zu befürworten. Dem tritt die Beschwerde im Grundsätzlichen nicht entgegen.

Die weiteren Überlegungen der belangten Behörde zu dem mit dem genannten Ziel verbundenen Erfordernis einer Erhöhung der Kapazität und der Attraktivierung der Bahn durch Verkürzung der Fahrtintervalle (Halbstundentakt) und Erhöhung der Geschwindigkeit können entgegen der Meinung der Beschwerde nicht als unschlüssig beurteilt werden: Ein derzeit allenfalls geringer Auslastungsgrad der Bahn mag auch auf ihre fehlende Attraktivität zurückzuführen sein, kann daher nicht dazu führen, dem gegenständlichen Vorhaben jede Verkehrswirksamkeit abzusprechen. Auch die von der Beschwerde für erforderlich erachtete (weitere) Anbindung der Zielpunkte der Fremdenverkehrsgäste an die Bahn (gemeint wohl: durch öffentlichen Verkehr) steht der Notwendigkeit des gegenständlichen Vorhabens zur Erreichung des gesetzten Zieles nicht entgegen.

Dies gilt auch für die von der Beschwerde verlangte Modernisierung des gesamten Streckennetzes: Kann dem gegenständlichen Vorhaben Verkehrswirksamkeit nicht abgesprochen werden, wovon (wie oben dargestellt wurde) auszugehen ist, handelt es sich auch bei einem bloß abschnittsweisen Ausbau um eine im öffentlichen Interesse stehende Maßnahme.

Die von der Beschwerde dargelegten Gründe zeigen also keine Unrichtigkeit der von der belangten Behörde vorgenommenen Wertung auf.

9. Soweit die Beschwerde schließlich das Fehlen von Feststellungen zur Konzession der mitbeteiligten Partei sowie das Fehlen einer detaillierten Aufschlüsselung der konkreten Vorhabensauswirkungen auf fremde Grundstücke in der Kundmachung vom 20. April 2006 und in der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides geltend macht, wird von ihr nicht aufgezeigt, in welchem konkreten subjektiven öffentlichen Recht die siebentbeschwerdeführende Partei durch die behaupteten Verfahrensmängel betroffen sei.

10. Da sich die Beschwerde somit insgesamt als unbegründet erwiesen hat, war sie gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.

Wien, am 25. August 2010

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