Normen
AVG §56
AVG §58 Abs2
AVG §59 Abs1
AVG §68 Abs1
B-VG Art133 Abs4
UVPG 2000 Anh1
UVPG 2000 Anh1 Z30
UVPG 2000 Anh1 Z31
UVPG 2000 idF 2009/I/087
UVPG 2000 §2 Abs2
UVPG 2000 §3 Abs7
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
VwRallg
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2017:RO2016070015.J00
Spruch:
Die Revisionen werden als unbegründet abgewiesen.
Die revisionswerbenden Parteien haben zu gleichen Teilen den mitbeteiligten Parteien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Die Steiermärkische Landesregierung stellte mit Bescheid vom 5. März 2013 fest, dass für das Vorhaben „Pumpspeicherkraftwerk K“ auf den Gst. Nr. 189 u.a., alle KG G, eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen sei und das Vorhaben den Tatbestand des Anhanges 1 Z 31 Spalte 3 zum UVP‑G 2000 erfülle, da mit erheblichen negativen Auswirkungen auf das Landschaftsschutzgebiet Nr. 1 „Koralpe“ und dessen Schutzzweck zu rechnen sei.
2 In der Begründung dieses Bescheides wird unter anderem näher ausgeführt, warum das Vorhaben den Tatbestand des Anhanges 1 Z 31 Spalte 3, nicht aber den Tatbestand des Anhanges 1 Z 30 des UVP‑G 2000 erfülle.
3 Mit Inkrafttreten der Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung vom 11. Juni 2015 über die Erklärung von Gebieten der Koralpe zum Landschaftsschutzgebiet Nr. 1, LGBl. Nr. 43/2015, trat die Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung vom 25. Mai 1981 über die Erklärung von Gebieten der Koralpe zum Landschaftsschutzgebiet, LGBl. Nr. 36/1981, außer Kraft. Dadurch lag das gegenständliche Vorhaben nicht mehr im Landschaftsschutzgebiet.
4 Die Umweltanwältin des Landes Steiermark brachte am 28. Juli 2015 bei der Steiermärkischen Landesregierung den Antrag auf Feststellung ein, dass für das Vorhaben „Errichtung und Betrieb des Pumpspeicherkraftwerkes K“ eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen sei, weil das gegenständliche Vorhaben zwar auf Grund der neuen Gebietsabgrenzung gemäß der genannten Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung nicht mehr im Landschaftsschutzgebiet liege, jedoch der Vorhabensteil „Oberbecken G.‑alm“ in einem faktischen FFH‑Gebiet zur Ausführung komme.
5 Mit Bescheid vom 18. Mai 2016 stellte die Steiermärkische Landesregierung fest, dass für das Vorhaben „Errichtung und Betrieb des Pumpspeicherkraftwerks K“ nach Maßgabe der in der Begründung präzisierten Form und der eingereichten Projektunterlagen keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen sei.
In Bezug auf die Möglichkeit der Subsumierung unter Anhang 1 Z 30 des UVP‑G 2000 heißt es unter Hinweis auf eine Stellungnahme des Bundesministeriums für Land‑ und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BMLFUW), dass Behälter bzw. Sperren, die in den natürlichen Wasserhaushalt nicht eingriffen, sondern lediglich einmal befüllt würden und wo im Weiteren das Wasser zwischen zwei künstlichen Behältern hin und her wandere ‑ bei Energiebedarf Abarbeiten über die Turbine, bei Überschuss an elektrischer Energie im Netz Einsatz von Pumpen zur Befüllung des höher gelegenen Behälters ‑, ausschließlich der Ziffer 31 des Anhangs 1 zuzuordnen seien.
6 Dagegen erhoben F und B K sowie die mitbeteiligten Parteien rechtzeitig Beschwerden.
7 Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) wies mit Erkenntnis vom 10. August 2016 die Beschwerde von F und B K ab (Spruchpunkt A. I.) und gab den Beschwerden der mitbeteiligten Parteien statt. Der angefochtene Bescheid wurde auf die Feststellung abgeändert, dass das Vorhaben „Errichtung und Betrieb des Pumpspeicherkraftwerkes K“ den Tatbestand des Anhanges 1 Z 30 lit. a UVP‑G 2000 erfülle und dafür eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen sei (Spruchpunkt A. II.). Das BVwG erklärte die Revision gegen Spruchpunkt A. I. für nicht zulässig (Spruchpunkt B. I.) und gegen Spruchpunkt A. II. für zulässig (Spruchpunkt B. II.).
8 Begründend führte das BVwG im Wesentlichen aus, die Erstrevisionswerberin plane die Errichtung und den Betrieb eines Pumpspeicherkraftwerkes in den Gemeinden S und W, Bezirk D, auf der steirischen Seite der K.‑alm, wobei das Unterbecken mit dem Staudamm am S.‑bach (ca. 1020 m Seehöhe) und das Oberbecken mit dem Staudamm im Bereich der G.‑alm (ca. 1730 m Seehöhe) zu liegen komme. Es bestehe im Wesentlichen aus zwei Dammbauwerken mit Speicherbecken mit Betriebseinrichtungen, einem unterirdischen Triebwasserweg, zwei unterirdischen Wasserschlössern, jeweils einem Ein‑ und Auslaufwerk der Speicher mit Verschlussorganen, einem unterirdischen Kavernenkraftwerk mit Zufahrtsstollen sowie Einrichtungen zur Netzanbindung. Es solle mit einer Engpassleistung von rund 1000 MW das leistungsstärkste Wasserkraftwerk Österreichs werden. Diese Feststellungen ergäben sich aus dem Verfahrensakt sowie aus der im Verfahrensakt näher bezeichneten Homepage der Erstrevisionswerberin.
9 Auf Grund der neuen Gebietsabgrenzung gemäß der Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung vom 11. Juni 2015 liege das Vorhaben nicht mehr im Landschaftsschutzgebiet. Das Oberbecken im Bereich der G.‑alm befinde sich jedoch fast zur Gänze im Bereich des am 19. Oktober 2015 an die EU‑Kommission gemeldeten Europaschutzgebietes Nr. 47 „Koralpe“; es liege aber noch keine rechtsverbindliche Ausweisung eines Europaschutzgebietes auf der Koralpe und keine Aufnahme des Gebietes „Koralpe“ in der Liste der Gebiete mit gemeinschaftlicher Bedeutung durch die EU‑Kommission vor. Das Vorhaben liege derzeit in keinem ausgewiesenen schutzwürdigen Gebiet der Kategorie A im Sinne des Anhanges 2 zum UVP‑G 2000.
10 Mit Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 18. Mai 2016 sei gemäß § 3 Abs. 7 UVP‑G 2000 festgestellt worden, dass für das Vorhaben „Errichtung und Betrieb des Pumpspeicherkraftwerkes K“ keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen sei.
11 Bereits im Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 5. März 2013 sei in der rechtlichen Beurteilung auf Grund der Stellungnahme des BMLFUW vom 22. Februar 2013 die Frage aufgeworfen worden, ob das Vorhaben nicht auch den Tatbestand des Anhanges 1 Z 30 zum UVP‑G 2000 erfüllen könne. Da das Pumpspeicherkraftwerk in einem geschlossenen Kreislauf funktioniere, einmalig durch eine vorübergehende Wasserentnahme aus dem S.‑bach befüllt werde und keine dauerhafte Ausleitung zur unmittelbaren Ausnutzung der Wasserkraft geplant sei, könne aber das Vorhaben nicht unter den Tatbestand des Anhanges 1 Z 30 zum UVP‑G 2000 subsumiert werden; unbestritten unterliege das Vorhaben dem Tatbestand des Anhanges 1 Z 31 lit. b zum UVP‑G 2000.
12 Im Schreiben der (die Anlage projektierenden) Ingenieursgemeinschaft DI A B und DI G K Ziviltechniker GmbH (im weiteren: Ziviltechniker GmbH) vom 17. August 2015 werde im zweiten Absatz Folgendes angegeben: „Die geplante Anlage dient der Speicherung elektrischer Energie durch das Hochpumpen von Wasser in einem geschlossenen System aus Pump‑ und Druckleitungen und Speicherbecken unter Ausnützung eines großen Höhenunterschiedes zwischen den beiden Speicherbecken. Die Besonderheit liegt darin, dass das System nur einmalig durch eine vorübergehende Wasserentnahme aus dem S.‑bach befüllt wird. Etwaige Evaporationsverluste werden durch anfallende Niederschlags‑ bzw. Bergwässer ausgeglichen. [...]“
13 Der von Z 30 verwendete Begriff der Wasserkraftanlage erfasse nach dem Klammerausdruck Talsperren, Flussstaue und Ausleitungen. Eine exakte juristische Definition der „Talsperre“ sei der österreichischen Rechtsordnung nicht geläufig, essentiell seien jedenfalls eine Stauanlage und ein Speichersee. Der Begriff „Flussstau“ erfasse dagegen Flusskraftwerke, bei denen eine Staustufe hergestellt werde, die der Erzeugung elektrischer Energie diene. Unter „Ausleitungen“ würden sämtliche Vorrichtungen zur Entnahme von Wasser aus einem Fließgewässer verstanden werden, unabhängig von der Art der Entnahme bzw. der Art der Wassernutzung. Inwieweit Pumpspeicherkraftwerke von diesem Tatbestand erfasst seien, sei in der Lehre umstritten.
14 Es könne nach Ansicht des BVwG davon ausgegangen werden, dass von Z 30 alle Wasserkraftanlagen erfasst seien, unabhängig davon, ob eine Talsperre, ein Flussstau oder eine Ausleitung vorliege. Zweck der Aufzählung im Klammerausdruck dürfte die indikative Erfassung aller zum Zeitpunkt der Erlassung des UVP‑G, BGBl. Nr. 697/1993, bekannten Arten von Wasserkraftwerken darstellen, um so eine Umsetzung des Tatbestandes des Anhanges II Z 3 lit. j „Anlagen zur hydroelektrischen Energieerzeugung“ der UVP‑Richtlinie 85/337/EWG sicherzustellen. Hingegen sei der Tatbestand der Z 31 des Anhanges 1 zum UVP‑G 2000 erst mit der UVP‑G‑Novelle 2000, BGBl. I Nr. 89/2000, zur Umsetzung des Tatbestandes des Anhanges I Z 15 „Stauwerke und sonstige Anlagen zur Zurückhaltung und dauerhaften Speicherung von Wasser“ der UVP‑Änderungsrichtlinie 97/11/EG eingeführt worden.
15 Der Verwaltungsgerichtshof habe in seiner Entscheidung vom 15. September 2011, 2008/07/0098, ausgesprochen, dass auch nach Umrüstung eines Speicherkraftwerkes auf Pumpbetrieb keine Anlage im Sinne der Z 31 lit. a des Anhanges 1 UVP‑G 2000 vorliege, zumal weiterhin eine Wasserkraftanlage vorliege und die projektierte Speicherung des Wassers zur Energiegewinnung erfolge. Eine derartige Anlage sei daher nicht nach Z 31, sondern nach Z 30 des Anhanges 1 zu beurteilen.
16 Im gegenständlichen Vorhaben werde jedenfalls Wasser für die Energiegewinnung eingesetzt. Mit einer Turbinenleistung von 960 MW und jener der Pumpe mit 970 MW sei der Schwellenwert von Z 30 lit. a Spalte 1 UVP‑G 2000 von 15 MW um ein Vielfaches überschritten.
17 Zudem sei planmäßig eine „einmalige“ Ausleitung von über zwei Jahren aus dem S.‑bach zur Befüllung des unteren Speichers notwendig. Wie viele Nachfüllungen erfolgen müssten und somit diese „Einmaligkeit“ durchbrechen würden, bleibe unklar. Durch die Errichtung des Ober‑ und Unterspeichers mit Hilfe von Dämmen sei auch die Voraussetzung des Staus eines Gewässers erfüllt. Anders als im Fall der von den revisionswerbenden Parteien genannten negativen UVP‑Feststellung betreffend „Energiespeicher B“ seien auch keine unterirdischen Speicherseen vorgesehen. Es seien vielmehr zwei mittels Talsperren errichtete oberirdische Stauseen mit einer Fläche von je 20 ha konzipiert. Inwieweit diese Konzeption überhaupt noch als geschlossenes System bezeichnet werden könne, sei fraglich.
18 Aus Sicht des BVwG erfülle daher das beantragte Vorhaben zu Zwecken der Energieerzeugung den Tatbestand der Z 30 lit. a UVP‑G 2000, wonach iVm § 3 Abs. 1 leg. cit. jedenfalls eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen sei. Aus diesem Grund sei auch die in den Beschwerden aufgeworfene Frage der Lage des Vorhabens in einem schutzwürdigen Gebiet nicht relevant.
19 Da somit Anhang 1 Z 30 UVP‑G 2000 anwendbar sei, scheide die Prüfung der Z 31 aus, wo jedenfalls alle Arten von Speicherungen erfasst würden, die anderen Zwecken dienten, aber in keinem technischen Zusammenhang mit der Elektrizitätserzeugung stünden. Auch könne die Anwendbarkeit von Anhang 1 Z 46 im Hinblick auf Rodungen dahingestellt bleiben.
20 Zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung führte das BVwG aus, gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG könne von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, wenn die Akten erkennen ließen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lasse, und einem Entfall der mündlichen Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstünden.
21 Zur Zulässigkeit der Revision führte das BVwG aus, im Hinblick auf Spruchpunkt A. II. sei die Revision zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung der Rechtsfrage, ob ein Projekt, bei welchem bloß Wasser von einem Speicher zu einem anderen hochgepumpt und in der Folge wieder zur Elektrizitätserzeugung abgelassen werde, unter Anhang 1 Z 30 UVP‑G 2000 falle, abhänge.
22 Die Erstrevisionswerberin wandte sich mit einer ordentlichen Revision gegen Spruchpunkt A. II. dieses Erkenntnisses (Ro 2016/07/0015) und verwies in ihren Zulässigkeitsgründen im Wesentlichen auf die vom BVwG zugelassene Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung: Es liege keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage vor, ob ein Pumpspeicherkraftwerk ohne permanente Verbindung zu einem Fließgewässer und Energiegewinnung aus natürlicher Wasserkraft eines Fließgewässers unter den UVP‑Tatbestand „Wasserkraftanlage (Talsperren, Flussstaue, Ausleitungen)“ des Anhangs 1 Z 30 lit. a UVP‑G 2000 zu subsumieren sei. Das angefochtene Erkenntnis beurteile den Anwendungsfall des UVP‑Tatbestandes „Wasserkraftanlagen“ des Anhangs 1 Z 30 lit. a UVP‑G 2000 unrichtig.
23 Zusätzlich brachte die Erstrevisionswerberin vor, die angefochtene Entscheidung des BVwG durchbreche die Bindungswirkung und materielle Rechtskraft des UVP‑Feststellungsbescheides vom 5. März 2013, wonach für das Vorhaben „Errichtung und Betrieb des Pumpspeicherkraftwerkes K“ der UVP‑Tatbestand „Wasserkraftanlagen (Talsperren, Flussstaue, Ausleitungen) mit einer Engpassleistung von mindestens 15 MW“ des Anhanges 1 Z 30 lit. a UVP‑G 2000 nicht erfüllt sei.
24 Außerdem sei das angefochtene Erkenntnis mit gravierenden Verfahrensfehlern belastet, weil das BVwG ohne Ermittlungsverfahren, ohne mündliche Verhandlung und ohne Wahrung des Parteiengehörs von dem durch die erste Instanz festgestellten Sachverhalt abweiche. Dadurch verstoße das BVwG gegen die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den maßgeblichen Verfahrensgrundsätzen.
25 Die Amtsrevisionswerberin wandte sich ebenfalls mit einer Revision gegen Spruchpunkt A. II. des Erkenntnisses des BVwG (Ro 2016/07/0016) und verwies einerseits auf die vom BVwG aufgeworfene Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, wonach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage fehle, ob ein Pumpspeicherkraftwerk, das in einem geschlossenen System funktioniere und einmalig durch Wasserentnahme aus einem Gewässer befüllt werde, unter den Tatbestand der Z 30 oder Z 31 des Anhanges 1 UVP‑G 2000 zu subsumieren sei.
26 Andererseits weiche das Erkenntnis des BVwG von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, weil durch die Subsumierung des Vorhabens unter den Tatbestand der Z 30 UVP‑G 2000 die Bindungswirkung des Bescheides vom 5. März 2013 negiert werde.
27 Die mitbeteiligten Parteien erstatteten Revisionsbeantwortungen. Sie beantragten die Zurückweisung bzw. Abweisung der Revision unter Kostenersatz.
28 Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, die Revisionen wegen ihres sachlichen und rechtlichen Zusammenhangs zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden und hat über sie erwogen:
29 1. Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
30 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
31 Nach § 34 Abs. 1a erster Satz VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
32 Das BVwG ließ die ordentliche Revision gegen dieses Erkenntnis zu, weil die Rechtsfrage aufgetreten sei, ob ein Projekt, bei welchem bloß Wasser von einem Speicher zu einem anderen hochgepumpt und in der Folge wieder zur Elektrizitätserzeugung abgelassen werde, unter Anhang 1 Z 30 UVP‑G 2000 falle.
Auch wenn eine auf die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG bezugnehmende Begründung der Zulässigkeitserklärung fehlt, ist erkennbar, dass das BVwG im Hinblick auf die genannte Rechtsfrage meint, dazu fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
33 2.1. Die Revisionen erweisen sich unter diesem Aspekt als zulässig. Sie sind allerdings nicht begründet.
34 2.2. Das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 (UVP‑G 2000) in der im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses geltenden Fassung BGBl. I Nr. 4/2016 lautet auszugsweise:
„Begriffsbestimmungen
§ 2. (1) ...
(2) Vorhaben ist die Errichtung einer Anlage oder ein sonstiger Eingriff in Natur und Landschaft unter Einschluss sämtlicher damit in einem räumlichen und sachlichen Zusammenhang stehender Maßnahmen. Ein Vorhaben kann eine oder mehrere Anlagen oder Eingriffe umfassen, wenn diese in einem räumlichen und sachlichen Zusammenhang stehen.
Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung
§ 3. (1) Vorhaben, die in Anhang 1 angeführt sind, sowie Änderungen dieser Vorhaben sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen. ...
Anhang 1
Der Anhang enthält die gemäß § 3 UVP‑pflichtigen Vorhaben.
In Spalte 1 und 2 finden sich jene Vorhaben, die jedenfalls UVP‑pflichtig sind und einem UVP‑Verfahren (Spalte 1) oder einem vereinfachten Verfahren (Spalte 2) zu unterziehen sind. Bei in Anhang 1 angeführten Änderungstatbeständen ist ab dem angeführten Schwellenwert eine Einzelfallprüfung durchzuführen; sonst gilt § 3a Abs. 2 und 3, außer es wird ausdrücklich nur die ‚Neuerrichtung‘, der ‚Neubau‘ oder die ‚Neuerschließung‘ erfasst.
In Spalte 3 sind jene Vorhaben angeführt, die nur bei Zutreffen besonderer Voraussetzungen der UVP‑Pflicht unterliegen. Für diese Vorhaben hat ab den angegebenen Mindestschwellen eine Einzelfallprüfung zu erfolgen. Ergibt diese Einzelfallprüfung eine UVP‑Pflicht, so ist nach dem vereinfachten Verfahren vorzugehen.
Die in der Spalte 3 genannten Kategorien schutzwürdiger Gebiete werden in Anhang 2 definiert. Gebiete der Kategorien A, C, D und E sind für die UVP‑Pflicht eines Vorhabens jedoch nur dann zu berücksichtigen, wenn sie am Tag der Antragstellung ausgewiesen sind.“
Z 30 Spalte 1 lit. a des Anhangs 1 UVP‑G 2000 nennt „Wasserkraftanlagen (Talsperren, Flussstaue, Ausleitungen) mit einer Engpassleistung von mindestens 15 MW.“
Z 31 Spalte 3 lit. b des Anhangs 1 UVP‑G 2000 nennt „Stauwerke und sonstige Anlagen zur Zurückhaltung oder dauerhaften Speicherung von Wasser in schutzwürdigen Gebieten der Kategorie A mit einer Speicherkapazität von mindestens 2 000 000 m3.“
35 3.1. Die revisionswerbenden Parteien bringen vor, das angefochtene Erkenntnis des BVwG verstoße gegen die Bindungswirkung und materielle Rechtskraft des UVP‑Feststellungsbescheides vom 5. März 2013. Mit dem genannten Bescheid sei unter anderem festgestellt worden, dass für das Vorhaben „Errichtung und Betrieb des Pumpspeicherkraftwerkes K“ der UVP‑Tatbestand „Wasserkraftanlagen (Talsperren, Flussstaue, Ausleitungen) mit einer Engpassleistung von mindestens 15 MW“ des Anhanges 1 Z 30 lit. a UVP‑G 2000 nicht erfüllt sei. Dieser Feststellungsbescheid aus dem Jahr 2013 sei in diesem tragenden Element, nämlich, dass das Vorhaben den genannten Tatbestand des UVP‑G 2000 nicht erfülle, für die Behörden bzw. Gerichte genauso wie für die mitbeteiligten Umweltorganisationen bindend. In dem im Jahr 2015 aufgrund der Änderung des Landschaftsschutzgebietes eingeleiteten Verfahren habe der wasserbautechnische Sachverständige festgestellt, dass für das vorliegende Projekt im Lichte des UVP‑Tatbestandes „Wasserkraftanlagen (Talsperren, Flussstaue, Ausleitungen) mit einer Engpassleistung von mindestens 15 MW“ des Anhanges 1 Z 30 lit. a UVP‑G 2000 keine geänderte Sachlage gegenüber dem im Jahr 2012 beurteilten Projekt gegeben sei. Auch sei die Rechtslage gleich; der Wortlaut von Anhang 1 Z 30 lit. a UVP‑G 2000 sei unverändert.
36 3.2. Die Rechtskraft eines Feststellungsbescheids gilt immer nur für den entschiedenen Sachverhalt, dh für eine im Wesentlichen unveränderte Sach‑ und Rechtslage (vgl. dazu Schmelz/Schwarzer, UVP‑G, Rz 101 zu § 3). Bei der Beurteilung der Bindungswirkung eines Feststellungsbescheides nach § 3 Abs. 7 UVP‑G 2000 ist maßgeblich, ob das Vorhaben mit dem im Feststellungsverfahren gegenständlichen Projekt hinsichtlich der für die Beurteilung der UVP‑Pflicht relevanten Punkte identisch ist (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 19. Jänner 2010, 2008/05/0162, sowie vom 26. April 2007, 2005/07/0136).
37 3.3. Zur hier relevanten Rechtslage ist auszuführen, dass neben dem UVP‑G 2000 die Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung vom 11. Juni 2015 über die Erklärung von Gebieten der Koralpe zum Landschaftsschutzgebiet Nr. 1, LGBl. Nr 43/2015, anzuwenden ist. Mit Inkrafttreten der genannten Verordnung am 16. Juni 2015 trat die Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung vom 25. Mai 1981 über die Erklärung von Gebieten der Koralpe zum Landschaftsschutzgebiet, LGBl. Nr. 36/1981, außer Kraft. Auf den Feststellungsbescheid vom 5. März 2013 war noch die Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung vom 25. Mai 1981 über die Erklärung von Gebieten der Koralpe zum Landschaftsschutzgebiet, LGBl. Nr. 36/1981, anwendbar.
38 3.4. Mit der genannten Verordnung vom 11. Juni 2015 wurde das Landschaftsschutzgebiet verkleinert. Das Projektgebiet liegt daher nicht mehr im Landschaftsschutzgebiet. Dadurch sind die rechtlichen Voraussetzungen des Bescheides vom 5. März 2013 nicht mehr gegeben. Es liegt somit eine neue Rechtslage vor.
Schon aus diesem Grund entfaltet der UVP‑Feststellungsbescheid vom 5. März 2013 für das gegenständliche Verfahren ‑ wie bereits dargestellt ‑ keine Bindungswirkung.
39 3.5. Überdies sind die revisionswerbenden Parteien darauf hinzuweisen, dass allein der Spruch des Bescheides normative Wirkung entfaltet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 2016, 2013/07/0262). Es trifft daher nicht zu, dass mit dem Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 5. März 2013 eine ausdrückliche und verbindliche Feststellung des Inhalts getroffen worden wäre, dass die Anlage nicht unter Anhang 1 Z 30 des UVP‑G 2000 falle.
40 Die Begründung eines Bescheides ist aber nicht der Rechtskraft fähig und entfaltet damit ‑ von hier nicht gegebenen Ausnahmefällen abgesehen ‑ keine Bindungswirkung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Mai 2016, 2013/07/0227). Was Gegenstand eines in Rechtskraft erwachsenen Bescheides einer Behörde ist, bestimmt sich ausschließlich nach dem Inhalt des Spruches des Bescheides. Nur er erlangt rechtliche Geltung (Verbindlichkeit) und legt dadurch die Grenzen der Rechtskraft fest. Die Bescheidbegründung spielt hierfür nur insoweit eine Rolle, als (auch) sie zu der (nach den für Gesetze maßgebenden Regeln vorzunehmenden) Auslegung (Deutung), nicht aber zur Ergänzung eines in sich unklaren Spruches heranzuziehen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 2016, Ro 2015/07/0031). Es gibt keinen Grund zur Annahme, dass für Feststellungsbescheide nach dem UVP‑G 2000 anderes gilt.
41 4. Lediglich in der Begründung des Bescheides der Steiermärkischen Landesregierung vom 5. März 2013 wird erwähnt, dass das damals verfahrensgegenständliche Projekt nicht unter Z 30 lit. a Anhang 1 UVP‑G 2000 falle. Der Spruch des genannten Bescheides ‑ das Vorhaben „Pumpspeicherkraftwerk K“ erfülle den Tatbestand des Anhanges 1 Z 31 Spalte 3 zum UVP‑G 2000 ‑ bedarf aber keiner Auslegung.
Auch aus diesem Grund geht das Vorbringen der revisionswerbenden Parteien hinsichtlich einer etwaigen Bindungswirkung des genannten Bescheides ins Leere.
42 5. In den Revisionen wird auf die vom BVwG aufgeworfene Rechtsfrage verwiesen, wonach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dazu fehle, ob ein Pumpspeicherkraftwerk, das in einem geschlossenen System funktioniere und einmalig durch Wasserentnahme aus einem Gewässer befüllt werde, unter den Tatbestand der Z 30 des Anhanges 1 UVP‑G 2000 zu subsumieren sei.
43 5.1. Im vorliegenden Pumpspeicherkraftwerk soll Wasser aus einem Speicher in einen anderen Speicher hochgepumpt werden, aus diesem soll das Wasser zur Elektrizitätserzeugung abgelassen werden. Aus dem angefochtenen Erkenntnis sowie den aktualisierten Projektunterlagen des gegenständlichen Vorhabens, nämlich dem Schreiben der Ziviltechniker GmbH vom 17. August 2015, ergibt sich auch, dass das System des gegenständlichen Projekts einmalig durch eine (vorübergehende) Wasserentnahme aus dem S.‑bach befüllt werden soll.
44 Die Feststellung im angefochtenen Erkenntnis, wonach sich aus den Projektunterlagen auch ergibt, dass diese Ausleitung aus dem S.‑bach weit über zwei Jahre dauern soll, wurde in den Revisionen nicht in Zweifel gezogen. In den Projektunterlagen heißt es weiters, dass „allfällige Evaporationsverluste durch anfallende Niederschlags‑ und Bergwässer“ bzw. durch die „anfallenden und abgeleiteten Bergwässer“ ausgeglichen werden sollen.
45 5.2. Gemäß § 2 Abs. 2 UVP‑G 2000 ist ein Vorhaben die Errichtung einer Anlage oder ein sonstiger Eingriff in Natur und Landschaft unter Einschluss sämtlicher damit in einem räumlichen und sachlichen Zusammenhang stehender Maßnahmen. Ein Vorhaben kann eine oder mehrere Anlagen oder Eingriffe umfassen, wenn diese in einem räumlichen und sachlichen Zusammenhang stehen.
46 Der Vorhabensbegriff des UVP‑G 2000 umfasst ‑ dem Grundsatz der Einheit der Anlage folgend ‑ das gesamte zu verwirklichende Projekt, das auch alle damit in sachlichem und räumlichem Zusammenhang stehende Maßnahmen miteinschließt. Der Vorhabensbegriff ist auch für die Auslegung der Tatbestände des Anhangs 1 UVP‑G 2000 relevant, soweit das UVP‑G 2000 auslegungsbedürftige Begriffe verwendet (vgl. dazu Ennöckl/Raschauer/Bergthaler, Kommentar zum UVP‑G3, § 2 Rz 8, S. 25).
47 Da die Ausleitung (im zeitlichen Ausmaß von weit über zwei Jahren) mit dem gegenständlichen Vorhaben in einem untrennbaren technischen, räumlichen und sachlichen Zusammenhang steht, ist sie als Teil des Projekts bei der Beurteilung, ob das Vorhaben UVP‑pflichtig ist, zu berücksichtigen.
48 5.3. Es gilt die Frage zu klären, ob das gegenständliche Pumpspeicherkraftwerk mit einer Ausleitung dieser Art unter den Tatbestand der Z 30 des Anhanges 1 UVP‑G 2000 fällt. Nach Ansicht der Verfahrensparteien bestehe dazu bereits Rechtsprechung.
49 Mit hg. Erkenntnis vom 15. September 2011, 2008/07/0098, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits klargestellt, dass im Fall der Umstellung eines Staubetriebs auf einen Pumpbetrieb (Pumpspeicherwerk) unverändert eine Wasserkraftanlage vorliegt, weshalb eine derartige Anlage nicht nach Z 31, sondern nach Z 30 des Anhanges 1 zu beurteilen wäre. Der Verwaltungsgerichtshof vertrat diese Ansicht, da weiterhin (dh nach der Umstellung) eine Wasserkraftanlage vorlag und die projektierte Speicherung des Wassers zur Energiegewinnung erfolgte. In dem genannten Fall war eine (dauerhafte) Ausleitung gegeben.
Insofern ist dieser Fall nicht völlig mit der hier gegebenen Situation einer „temporären“ Ausleitung vergleichbar. Entgegen der Ansicht der mitbeteiligten Parteien besteht daher zur hier zu lösenden Rechtsfrage noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung.
Was nun den Fall des durch die revisionswerbenden Parteien ins Treffen geführten „Energiespeichers B.“ betrifft, so stellt ein Bescheid (hier: der Oberösterreichischen Landesregierung vom 9. Oktober 2010) keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dar; ungeachtet dessen, ob die beiden Fälle überhaupt vergleichbar sind, könnte auch eine anderslautende rechtliche Beurteilung durch die UVP‑Behörde den Verwaltungsgerichtshof nicht binden.
50 5.4. Z 30 Spalte 1 lit. a des Anhangs 1 UVP‑G 2000 nennt Wasserkraftanlagen (Talsperren, Flussstaue, Ausleitungen) mit einer Engpassleistung von mindestens 15 MW.
51 Es kann dahin stehen, ob ‑ wie das BVwG meint ‑ sämtliche Wasserkraftanlagen (in der genannten Größenordnung) unter diese Bestimmung fallen oder nicht. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs liegt im vorliegenden Fall nämlich zum einen eine Wasserkraftanlage, weil die projektierte Speicherung des Wassers zur Energiegewinnung erfolgt (diesbezüglich ähnlich dem Sachverhalt des hg. Erkenntnisses vom 15. September 2011), und ‑ vor dem Hintergrund des einheitlichen Projektsbegriffs ‑ zum anderen eine Ausleitung vor.
52 Die Bestimmung der Z 30 Spalte 1 lit. a des Anhangs 1 UVP‑G 2000 differenziert hinsichtlich der im Klammerausdruck erwähnten Ausleitung nicht, ob diese dauerhaft sein muss oder ob eine bloß temporäre Ausleitung ausreichend für die UVP‑Pflicht ist.
53 Im Ausschussbericht zur Novelle BGBl. I Nr. 87/2009 (AB 271 BlgNR 24. GP , 15) wurde in Bezug auf „Anhang 1 Z 30 ‑ Wasserkraftanlagen“ unter anderem ausgeführt, dass das bei Ausleitungskraftwerken im Gewässerbett verbleibende Restwasser aus gewässerökologischen Gründen einen wesentlichen Bestandteil der hydromorphologischen Bedingungen darstelle und Veränderungen dieses Abflusses schwerwiegende ökologische Auswirkungen haben könnten. Bei Ausleitungskraftwerken ergäben sich Auswirkungen auf die Restwasserstrecke, wenn die in den Werkskanal ausgeleitete Wassermenge und auch die im Gerinne verbleibende Wassermenge verändert würden.
54 Im vorliegenden Fall soll Wasser aus dem S.‑bach ausgeleitet werden. Der S.‑bach stellt einen wesentlichen Bestandteil der hydromorphologischen Bedingungen dar. Auch im Fall einer temporären Ausleitung kann jede dadurch hervorgerufene Veränderung eines Gewässers eine schwerwiegende ökologische Auswirkung haben. Dementsprechend werden unter Ausleitungen sämtliche Vorrichtungen zur Entnahme von Wasser aus einem Fließgewässer verstanden, unabhängig von der Art der Entnahme bzw. der Art der Wassernutzung (vgl. Ennöckl/Raschauer/Bergthaler, Kommentar zum UVP‑G3, Z 30 Anh1 Rz 1, S. 1049).
55 Im vorliegenden Fall tritt noch hinzu, dass bei einer Ausleitung in der Dauer von über zwei Jahren der vorübergehende (temporäre) Aspekt in den Hintergrund tritt.
56 Auch Schmelz/Schwarzer, UVP‑G, S. 875, Rz 6, meinen unter Bezugnahme auf Pumpspeicherkraftwerke, der Umstand, dass der erzeugten Elektrizität ein Stromverbrauch für das Hochpumpen des Wassers gegenüberstehe, verhindere nicht die Erfüllung des Tatbestandes der Wasserkraftanlagen, sodass eine UVP‑Pflicht nach Z 30 ab dem jeweiligen Schwellenwert eingreife. Dabei sei aber ein Stau eines Gewässers oder eine Ausleitung aus einem Gewässer vorausgesetzt.
57 Eine solche (mehrjährige) Ausleitung aus einem Gewässer liegt hier aber vor. Das verfahrensgegenständliche Projekt fällt somit unter Z 30 des Anhanges 1 UVP‑G 2000.
58 5.5. Aus diesem Grund war auf die Alternativbegründung des BVwG, nämlich das Vorliegen von Talsperren bzw. des Staus eines Gewässers nicht näher einzugehen.
59 6.1. Die Erstrevisionswerberin führt zusätzlich aus, das angefochtene Erkenntnis sei mit gravierenden Verfahrensfehlern belastet, insbesondere weil es ohne Ermittlungsverfahren, ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung und ohne Wahrung des Parteiengehörs von dem durch die erste Instanz festgestellten Sachverhalt ‑ im Hinblick auf die einmalige Befüllung der Wasserkraftanlage sowie auf die Talsperren ‑ abweiche.
60 6.2. Wenn sich selbst ausgehend vom Vorbringen des Revisionswerbers die Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Ergebnis als inhaltlich richtig darstellt, kommt dem in den Ausführungen zur Zulässigkeit angesprochenen Verfahrensmangel keine Relevanz zu, sodass die Revision auch nicht von der Lösung der geltend gemachten Rechtsfrage abhängt (vgl. den hg. Beschluss vom 2. September 2015, Ra 2015/02/0114).
61 6.3. Da gegenständlich bereits die unstrittig vorliegende (einmalige) Ausleitung aus dem S.‑bach dazu führt, dass das gegenständliche Projekt unter die Z 30 des Anhangs 1 UVP‑G 2000 fällt, sind die Ausführungen des BVwG zu den mehrmaligen Nachfüllungen sowie zu den Talsperren nicht von Bedeutung. Den diesbezüglich geltend gemachten Verfahrensmängeln fehlt es daher an Relevanz.
62 7. Aus den in diesem Erkenntnis genannten Erwägungen waren die vorliegenden Revisionen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
63 8. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 in der Fassung der Novelle BGBl. II Nr. 8/2014. Da die mitbeteiligten Parteien zu den beiden Revisionen im Wesentlichen wörtlich gleichlautende Revisionsbeantwortungen erstatteten, war der Schriftsatzaufwand nur einmal zuzusprechen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 2013, 2011/05/0163).
Wien, am 30. März 2017
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