VwGH Ro 2018/04/0012

VwGHRo 2018/04/001217.12.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger, Hofrat Dr. Mayr, Hofrätin Mag. Hainz‑Sator sowie die Hofräte Dr. Pürgy und Mag. Brandl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa, über die Revision 1.) des A in E, 2.) der B in N und 3.) der P in K, alle vertreten durch die Neger/Ulm Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Parkstraße 1, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Mai 2018, Zl. W102 2180375‑1‑/25E, betreffend Feststellung gemäß § 3 Abs. 7 UVP‑G 2000 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Kärntner Landesregierung; mitbeteiligte Partei: S in S, vertreten durch die Poganitsch, Fejan & Ragger Rechtsanwälte GmbH in 9400 Wolfsberg, Am Weiher 11/3/4), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §1
AVG §13 Abs3
AVG §3
AVG §3 Z1
AVG §3 Z2
AVG §3 Z3
AVG §4 Abs1
AVG §4 Abs2
AVG §45 Abs3
AVG §52
AVG §53
AVG §7 Abs1
ForstG 1975 §81 Abs1 litb
UVPG 1993 §3 Abs4
UVPG 2000 Anh1
UVPG 2000 Anh1 Spalte2
UVPG 2000 Anh1 Spalte3
UVPG 2000 Anh1 Z46
UVPG 2000 §1 Abs1 Z1
UVPG 2000 §2 Abs2
UVPG 2000 §3 Abs2
UVPG 2000 §3 Abs2 idF 2017/I/058
UVPG 2000 §3 Abs4
UVPG 2000 §3 Abs7
UVPG 2000 §39
UVPG 2000 §39 Abs4
VwGVG 2014 §17
32011L0092 UVP-RL Anh2
32011L0092 UVP-RL Anh3
32011L0092 UVP-RL Art4 Abs3
62017CJ0329 Prenninger VORAB

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RO2018040012.J00

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Kärnten hat der erstrevisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Die revisionswerbenden Parteien sind jeweils gemäß § 19 Abs. 7 UVP‑G 2000 anerkannte Umweltorganisationen.

2 Mit Bescheid vom 26. September 2017 stellte die belangte Behörde im zweiten Rechtsgang über Antrag des Kärntner Naturschutzbeirates als Umweltanwalt vom 4. Juni 2013 gemäß § 3 Abs. 7 UVP‑G 2000 fest, dass das von der mitbeteiligten Partei geplante Vorhaben der Errichtung und des Betriebs von acht näher beschriebenen Windenergieanlagen mit einer Gesamtleistung von 19,8126 MW auf einem näher bezeichneten Grundstück nach Maßgabe näher genannter Einreich- und Projektunterlagen keinen Tatbestand der Z 6 und Z 46 des Anhanges 1 UVP‑G 2000 erfülle und daher nicht der Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (im Folgenden UVP) unterliege.

3 Begründend führte die belangte Behörde ‑ soweit im Revisionsverfahren wesentlich ‑ aus, dass sich sämtliche Anlagenteile der gegenständlichen Windkraftanlagen samt Verkabelung und Energieableitung nicht in einem schutzwürdigen Gebiet der Kategorie A des Anhangs 2 UVP‑G 2000 befänden. Soweit der vorgesehene Zufahrts- bzw. Verbindungsweg zwischen den Windkraftanlagen 6 und 7 auf einer Länge von ca. 400 m durch das Steiermärkische Landschaftsschutzgebiet K führe, bilde die Benutzung bzw. Aufschotterung dieses Weges zwar einen Bestandteil des gegenständlichen Vorhabens. Eine Einzelfallprüfung sei jedoch nur dann durchzuführen, wenn sich ein Vorhabens- oder Anlagenteil, von dem Emissionen ausgehen, in einem schutzwürdigen Gebiet der Spalte 3 des Anhangs 1 UVP‑G 2000 befinde. Beim bestehenden Zufahrtsweg handle es sich um keinen „Anlagenteil“, der unter den Tatbestand der Z 6 lit. b des Anhangs 1 UVP‑G 2000 falle. Mit der Benutzung bzw. Nachbesserung der Befestigung des Weges sei kein mehr als geringfügiger Eingriff in Natur und Landschaft sowie den Schutzzweck des Schutzgebietes verbunden. Das Vorhaben sei daher nicht unter den Tatbestand der Z 6 lit. b des Anhangs 1 UVP‑G 2000 zu subsumieren. Hingegen sei eine Einzelfallprüfung in Bezug auf die Kumulierung des gegenständlichen Vorhabens mit den Windparks bzw. Windenergieanlagen „G“, „S“, F A“ und „H“ gemäß § 3 Abs. 2 UVP‑G 2000 vorzunehmen. Diese habe keine schwerwiegenden schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt in Bezug auf die Schutzgüter Landschaftsbild sowie Tiere, insbesondere Vögel ergeben.

Dem Einwand, bei der Kumulationsprüfung seien auch die im räumlichen Nahbereich geplanten Pumpspeicherkraftwerke zu berücksichtigen, sei entgegen zu halten, dass diese keine gleichartigen Anlagen iS der Z 6 des Anhangs 1 UVP‑G 2000 seien. Im Übrigen komme eine Kumulationsprüfung mit den geplanten Pumpspeicherkraftwerken „K“ und „St. G“ schon deswegen nicht in Betracht, weil diese Vorhaben zeitlich nach dem gegenständlichen Windparkvorhaben beantragt worden seien (am 17. August 2016 bzw. 23. November 2016).

Das gegenständliche Vorhaben umfasse Rodungen im Umfang von insgesamt 5,975 ha, weshalb die Anwendbarkeit des Tatbestandes der Z 46 lit. a des Anhangs 1 UVP‑G 2000 iVm § 3 Abs. 2 UVP‑G 2000 zu prüfen sei, wobei die Bagatellschwelle von 5 ha überschritten werde. Nach Auskunft der „Steiermärkischen Forstbehörde (BH D)“ vom 17. April 2015 würden in der Steiermark keine Bestandsrodungen im räumlichen Zusammenhang anhängig sein. Gemäß der Stellungnahme des forstfachlichen Amtssachverständigen sei die Erhebung der Fläche der in Kärnten in den letzten zehn Jahren bewilligten, gerodeten oder zur Rodung beantragten, samt der gegenständlich im fachlichen Zusammenhang stehenden Rodung, betreffend der kumulierbaren Flächen deshalb nicht als erforderlich angesehen worden, weil mangels erheblicher umweltrelevanter Eingriffe und aufgrund der beabsichtigten Linienvorhaben mit geringer Eingriffsbreite ein erheblich schädliches Zusammenwirken mit Bestandsrodungen nicht angenommen werde. Es sei daher weder mit Kumulierungseffekten noch mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Umweltauswirkungen zu rechnen.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 30. Mai 2018 wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die Beschwerden der revisionswerbenden Parteien ab und sprach aus, dass die Revision zulässig sei.

5 Das BVwG stellte einschließlich im Rahmen der rechtlichen Beurteilung disloziert getroffener Feststellungen nachfolgenden im Revisionsverfahren wesentlichen Sachverhalt fest:

Das geplante Vorhaben („Windpark K“) befinde sich zur Gänze im Landesgebiet von Kärnten. Die bloß teilweise Mitbenutzung des zwischen den Windkraftanlagen 6 und 7 bestehenden Erschließungsweges für den Bau und den Betrieb der 380 kV Leitung auf steirischer Seite auf einer Länge von ca. 400 m sei dem „Windpark K“ nicht als Vorhabensteil zuzuordnen. Es rage kein Teil einer Windkraftanlage in die Steiermark. Von dem auf steirischer Seite liegenden Teilstück des Weges seien keine Beeinträchtigungen des Schutzzweckes des Landschaftsschutzgebietes zu erwarten.

Im Bereich des K‑Massivs seien mehrere Windparks von Norden nach Süden geplant oder bereits errichtet. Der „Windpark K“ bilde keine organisatorische oder wirtschaftliche Einheit mit den anderen Vorhaben im Bereich des K‑Massivs. Der räumlich zum geplanten Vorhaben nächstgelegene „Windpark St A“ sei ca. 4,2 km entfernt. Beide Windparks würden eine gemeinsame Nennleistung zur Stromerzeugung von deutlich über 20 MW aufweisen.

Das geplante Vorhaben befinde sich nicht in einem Schutzgebiet der Kategorie A gemäß UVP‑G 2000. Bei den Windparks „H“ (7,4 km entfernt) und „St A“ seien im Zuge der naturschutzrechtlichen Verfahren fachlich erforderliche Vermeidungs-, Verminderungs-, und Kompensationsmaßnahmen vorgeschrieben bzw. bereits umgesetzt worden. Dadurch sei sichergestellt, dass sich ursprünglich erhebliche kumulative Auswirkungen auf ein nicht erhebliches Maß reduzieren würden. Eine „doppelte Barrierewirkung“ zwischen den Windparks „H“ und „K“ betreffend Vogelzug sei nicht anzunehmen. Damit seien auch erhebliche kumulative Auswirkungen für während der Nachtstunden ziehende Arten nicht zu erwarten. Ebenso sei für die Prüfung etwaiger kumulativer Auswirkungen wegen der relativ geringen Entfernung der ca. 15 km entfernte „Windpark F“ relevant. Die Windparks „G“, „S“ sowie der gerade genehmigte Windpark „St“ seien wegen der großen Entfernung von jeweils mehr als 30 km für die Beurteilung des Vogelzuggeschehens und die im Gebiet vorkommenden Brutvogelarten ohne Bedeutung.

In Bezug auf die Kumulierung des „Windparks K“ mit anderen im räumlichen Zusammenhang stehenden gleichartigen Vorhaben (bestehende und geplante) sei auf Basis einer im Beschwerdeverfahren durchgeführten Sichtbarkeitsanalyse nicht mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf das Landschaftsbild zu rechnen.

Das vorliegende Projekt stelle ein Neubauvorhaben dar und umfasse Rodungen im Ausmaß von 3,375 ha für die Zufahrt bzw. inklusive der Rodungen für die Trasse der Energieableitung (2,6 ha) im Gesamtausmaß von 5,975 ha.

Betreffend den „Windpark B“ sei der ursprüngliche Antrag von 2013 zurückgezogen und ein neues, unterschiedliches Vorhaben im März 2017, für welches ein Vorverfahren gemäß UVP‑G 2000 durchgeführt werde, beantragt worden. Aufgrund der im Rahmen des „Windparks B“ projektierten Ausgleichsmaßnahmen seien betreffend das gegenständliche Vorhaben keine erheblichen kumulativen Auswirkungen zu erwarten.

Grundsätzlich sei nicht mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden kumulativen Auswirkungen iSd § 3 Abs. 2 UVP‑G 2000 auf die Umwelt, etwa auf Fledermäuse und Endemiten zu rechnen.

6 Rechtlich führte das BVwG aus, die belangte Behörde habe richtig erkannt, dass der „Windpark K“ die im Anhang 1 Z 6 lit. a und b sowie Z 46 lit. a UVP‑G 2000 festgelegten Schwellenwerte nicht erreiche und auch nach der Z 46 lit. e des Anhangs 1 UVP‑G 2000 nicht zu beurteilen gewesen sei. Es sei eine Einzelfallprüfung gemäß § 3 Abs. 2 UVP‑G 2000 unter Einbeziehung der im räumlichen Zusammenhang stehenden Vorhaben in die Kumulationsprüfung durchzuführen gewesen.

Eine Kumulation sei grundsätzlich nur bei Vorhaben desselben Vorhabenstypus (gemäß Ziffer im Anhang) möglich. Dementsprechend sei eine Kumulation mit dem Pumpspeicherkraftwerk „K“ sowie dem noch nicht einmal beantragten Pumpspeicherkraftwerk „St. G“ nicht zu prüfen gewesen, weil es sich nicht um eine gleichartige Anlage im Sinn der Z 6 des Anhanges 1 zum UVP‑G 2000 handle.

Beim neu eingereichten „Windpark B“ handle es sich um ein faktisch später beantragtes Vorhaben iSd § 3 Abs. 2 UVP‑G 2000. Dieses sei deshalb außer Betracht zu lassen. Eine ursprünglich materienrechtlich rechtskräftige Genehmigung betreffend das ursprüngliche Vorhaben „Windpark B“ stehe dem nicht entgegen. Der „Windpark B“ sei als Ganzes bei der Kumulationsprüfung nicht zu berücksichtigen gewesen.

Die belangte Behörde habe zwar mehrmals der mitbeteiligten Partei die Möglichkeit gegeben, ergänzende Untersuchungen durchzuführen, jedoch nicht bewusst die Entscheidung so lange hinausgezögert, bis eine günstigere Rechtslage in Kraft getreten sei. Die Änderung der Rechtslage in Bezug auf § 3 Abs. 2 UVP‑G 2000 sei von der mitbeteiligten Partei nicht absehbar gewesen. Im Übrigen seien aufgrund der im Rahmen des „Windparks B“ projektierten Ausgleichsmaßnahmen (wie erwähnt) keine erheblichen kumulativen Auswirkungen mit dem „Windpark K“ zu erwarten. Da mit der Verwirklichung des „Windparks H“ bereits 2016 begonnen worden und dieser 2017 fertiggestellt worden sei, sei auch die Wirksamkeit der Maßnahmen vor Baubeginn des „Windparks K“ sichergestellt.

Entsprechend dem Gutachten des Sachverständigen für Naturschutz und Ornithologie sei davon auszugehen, dass die beim „Windpark H“ vorgeschriebenen Maßnahmen und Nebenbestimmungen wirksam seien und diese Wirksamkeit in der Regel mit der Inbetriebnahme des Projekts nach behördlicher Abnahmeprüfung zu erfolgen habe.

Die bloß teilweise Mitbenutzung des bestehenden Erschließungsweges für den Bau und den Betrieb der 380‑kV‑Leitung auf steirischer Seite auf einer Länge von ca. 400 m sei nicht dem „Windpark K“ als Vorhabensteil zuzuordnen. Kein Anlagenteil überrage das steiermärkische Landschaftsschutzgebiet. Es handle es sich nicht um ein „sprengelübergreifendes“ Vorhaben.

Zur Frage, ob das Vorhabensgebiet ein faktisches „FFH‑Schutzgebiet“ (K/P) darstelle und daher einem besonderen Schutz unterliege, sei auf die Judikatur des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) zu verweisen, wonach angemessene Schutzregelungen nur für jene Gebiete zu ergreifen seien, die vom Mitgliedstaat iSd Phase 1 des Anhangs III der Fauna‑Flora‑Habitat‑Richtlinie (FFH‑RL) in die „nationale Liste“ aufgenommen worden seien bzw. der Mitgliedstaat nicht bestreite, dass das Gebiet in die nationale Liste hätte aufgenommen werden müssen.

Da die belangte Behörde nur eine Grobprüfung durchzuführen gehabt habe, sei eine eingehende Prüfung insbesondere von „tief gehenden Fragen der Fledermäuse und der Endemiten“ in noch bevorstehenden Genehmigungsverfahren vorzunehmen. Dem naturschutzfachlichen und ornithologischen Gutachten sei zu entnehmen, dass auf Fledermäuse und Endemiten keine erheblichen kumulativen Auswirkungen zu erwarten seien. Erhebungen betreffend Fledermäuse und Endemiten-Untersuchungen seien vom behördlichen Sachverständigen nicht gefordert worden. Für die belangte Behörde seien keine Anhaltspunkte für die Vornahme weiterer Erhebungen vorgelegen. Mögliche negative Auswirkungen durch die Errichtung und den Betrieb des „Windparks K“ auf im Gebiet vorkommende Alpenschneehühner, Steinadler und Birkhühner seien im naturschutzrechtlichen Verfahren und nicht im UVP‑Feststellungsverfahren zu klären. Die Einreichunterlagen der mitbeteiligten Partei seien für eine Grobprüfung ausreichend.

Da der nichtamtliche Sachverständige für Raumordnung in den Parallelverfahren betreffend die Windparks „B“ und „St A“ mit der Begutachtung betraut worden sei und über entsprechende Vorkenntnisse verfügt habe, sei die belangte Behörde im konkreten Fall betreffend der Beiziehung von nichtamtlichen Sachverständigen im UVP‑Feststellungsverfahren analog zu § 12 Abs. 2 UVP‑G 2000 frei gewesen, einen nichtamtlichen Sachverständigen für Raumordnung beizuziehen, dem wie bereits in den Feststellungsverfahren zu den Windparks „B“ und „St A“ die Kompetenz zur Beurteilung des Landschaftsbildes zugestanden sei.

7 Die Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG begründete das BVwG dahin, dass bislang keine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage bestehe, wie § 3 Abs. 2 UVP‑G 2000 nach der Novelle BGBl. I Nr. 58/2017 im Detail auszulegen sei. Das vorgesehene zeitliche Kriterium sehe vor, dass nur solche gleichartigen Vorhaben in die Kumulationsprüfung einzubeziehen seien, die im räumlichen Zusammenhang mit dem zu beurteilenden Vorhaben stünden und zum Zeitpunkt der Antragstellung im UVP‑Feststellungsverfahren bereits bestünden oder genehmigt worden seien oder bei einer Materienbehörde mit vollständigem Antrag auf Genehmigung früher eingereicht bzw. beantragt worden seien. Fraglich sei, ob „eine materienrechtliche Genehmigung im Zusammenhang mit einem später zurückgezogenen UVP‑Genehmigungsantrag beim ‚Windpark B‘“ dazu führe, dass insofern ein genehmigtes Vorhaben vorliege oder ob nach der Zurückziehung kein Recht mehr auf Verwirklichung bestehe. Es stelle sich auch die grundsätzliche Rechtsfrage, ob eine Kumulierung der Tatbestände der Z 6 und Z 30 des Anhanges 1 UVP‑G 2000 a priori ausgeschlossen werden könne.

8 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision. Die mitbeteiligte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung die kostenpflichtige Zurückweisung der Revision, in eventu ebenso wie die belangte Behörde in der von ihr erstatteten Revisionsbeantwortung die kostenpflichtige Abweisung der Revision.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zulässigkeit

9 Ergänzend zur Begründung der Zulässigkeit der Revision durch das BVwG brachten die revisionswerbenden Parteien unter anderem vor, dass sie erst mit Zustellung der angefochtenen Entscheidung Kenntnis von der darin erwähnten, nach der mündlichen Verhandlung vom BVwG, zur Frage etwaiger erheblicher kumulativer Wirkungen des am 20. April 2018 genehmigten Projekts „Windpark St“ mit dem gegenständlichen Vorhaben eingeholten Mitteilung des beigezogenen Sachverständigen erlangt hätten. Dadurch habe das BVwG entgegen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 45 Abs. 3 AVG die revisionswerbenden Parteien in ihrem Recht auf Parteiengehör verletzt.

10 Die Revision ist aus diesem ergänzend dargelegten Grund sowie aus den vom Verwaltungsgericht ausgeführten Gründen zulässig; sie ist auch berechtigt.

Rechtslage

Nationales Recht

11 Das Bundesgesetz über die Prüfung der Umweltverträglichkeit (Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 ‑ UVP‑G 2000), BGBl. Nr. 697/1993, in der Fassung BGBl. I Nr. 58/2017, lautet auszugsweise wie folgt:

„Aufgabe von Umweltverträglichkeitsprüfung und Bürgerbeteiligung

§ 1. (1) Aufgabe der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) ist es, unter Beteiligung der Öffentlichkeit auf fachlicher Grundlage

1. die unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen festzustellen, zu beschreiben und zu bewerten, die ein Vorhaben

a) auf Menschen, Tiere, Pflanzen und deren Lebensräume,

b) auf Boden, Wasser, Luft und Klima,

c) auf die Landschaft und

d) auf Sach- und Kulturgüter

hat oder haben kann, wobei Wechselwirkungen mehrerer Auswirkungen untereinander miteinzubeziehen sind,

...

Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung

§ 3. (1) Vorhaben, die in Anhang 1 angeführt sind, sowie Änderungen dieser Vorhaben sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen. ...

(2) Bei Vorhaben des Anhanges 1, die die dort festgelegten Schwellenwerte nicht erreichen oder Kriterien nicht erfüllen, die aber mit anderen Vorhaben gemeinsam den jeweiligen Schwellenwert erreichen oder das Kriterium erfüllen, hat die Behörde im Einzelfall festzustellen, ob auf Grund einer Kumulierung der Auswirkungen mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen und daher eine Umweltverträglichkeitsprüfung für das geplante Vorhaben durchzuführen ist. Für die Kumulierung zu berücksichtigen sind andere gleichartige und in einem räumlichen Zusammenhang stehende Vorhaben, die bestehen oder genehmigt sind, oder Vorhaben, die mit vollständigem Antrag auf Genehmigung bei einer Behörde früher eingereicht oder nach §§ 4 oder 5 früher beantragt wurden. Eine Einzelfallprüfung ist nicht durchzuführen, wenn das geplante Vorhaben eine Kapazität von weniger als 25 % des Schwellenwertes aufweist. Bei der Entscheidung im Einzelfall sind die Kriterien des Abs. 4 Z 1 bis 3 zu berücksichtigen, Abs. 7 ist anzuwenden. Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist im vereinfachten Verfahren durchzuführen. Die Einzelfallprüfung entfällt, wenn der Projektwerber/die Projektwerberin die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung beantragt.

...

(4) Bei Vorhaben, für die in Spalte 3 des Anhanges 1 ein Schwellenwert in bestimmten schutzwürdigen Gebieten festgelegt ist, hat die Behörde bei Zutreffen dieses Tatbestandes im Einzelfall zu entscheiden, ob zu erwarten ist, dass unter Berücksichtigung des Ausmaßes und der Nachhaltigkeit der Umweltauswirkungen der schützenswerte Lebensraum (Kategorie B des Anhanges 2) oder der Schutzzweck, für den das schutzwürdige Gebiet (Kategorien A, C, D und E des Anhanges 2) festgelegt wurde, wesentlich beeinträchtigt wird. Bei dieser Prüfung sind schutzwürdige Gebiete der Kategorien A, C, D oder E des Anhanges 2 nur zu berücksichtigen, wenn sie am Tag der Einleitung des Verfahrens ausgewiesen oder in die Liste der Gebiete mit gemeinschaftlicher Bedeutung (Kategorie A des Anhanges 2) aufgenommen sind. Ist mit einer solchen Beeinträchtigung zu rechnen, ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen. Abs. 7 (Feststellungsverfahren) ist anzuwenden. Bei der Entscheidung im Einzelfall hat die Behörde folgende Kriterien zu berücksichtigen:

1. Merkmale des Vorhabens (Größe des Vorhabens, Kumulierung mit anderen Vorhaben, Nutzung der natürlichen Ressourcen, Abfallerzeugung, Umweltverschmutzung und Belästigungen, Unfallrisiko),

2. Standort des Vorhabens (ökologische Empfindlichkeit unter Berücksichtigung bestehender Landnutzung, Reichtum, Qualität und Regenerationsfähigkeit der natürlichen Ressourcen des Gebietes, Belastbarkeit der Natur, historisch, kulturell oder architektonisch bedeutsame Landschaften),

3. Merkmale der potentiellen Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt (Ausmaß der Auswirkungen, grenzüberschreitender Charakter der Auswirkungen, Schwere und Komplexität der Auswirkungen, Wahrscheinlichkeit von Auswirkungen, Dauer, Häufigkeit und Reversibilität der Auswirkungen) sowie Veränderung der Auswirkungen auf die Umwelt bei Verwirklichung des Vorhabens im Vergleich zu der Situation ohne Verwirklichung des Vorhabens. Bei Vorhaben der Spalte 3 des Anhanges 1 ist die Veränderung der Auswirkungen im Hinblick auf das schutzwürdige Gebiet maßgeblich.

Die Einzelfallprüfung entfällt, wenn der Projektwerber/die Projektwerberin die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung beantragt.

...

(7) Die Behörde hat auf Antrag des Projektwerbers/der Projektwerberin, einer mitwirkenden Behörde oder des Umweltanwaltes festzustellen, ob für ein Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach diesem Bundesgesetz durchzuführen ist und welcher Tatbestand des Anhanges 1 oder des § 3a Abs. 1 bis 3 durch das Vorhaben verwirklicht wird. Diese Feststellung kann auch von Amts wegen erfolgen. Der Projektwerber/die Projektwerberin hat der Behörde Unterlagen vorzulegen, die zur Identifikation des Vorhabens und zur Abschätzung seiner Umweltauswirkungen ausreichen. Hat die Behörde eine Einzelfallprüfung nach diesem Bundesgesetz durchzuführen, so hat sie sich dabei hinsichtlich Prüftiefe und Prüfumfang auf eine Grobprüfung zu beschränken. Die Entscheidung ist innerhalb von sechs Wochen mit Bescheid zu treffen. Parteistellung und das Recht, Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu erheben, haben der Projektwerber/die Projektwerberin, der Umweltanwalt und die Standortgemeinde. Vor der Entscheidung sind die mitwirkenden Behörden und das wasserwirtschaftliche Planungsorgan zu hören. Die Entscheidung ist von der Behörde in geeigneter Form kundzumachen und der Bescheid jedenfalls zur öffentlichen Einsichtnahme aufzulegen und auf der Internetseite der UVP‑Behörde, auf der Kundmachungen gemäß § 9 Abs. 4 erfolgen, zu veröffentlichen; der Bescheid ist als Download für sechs Wochen bereitzustellen. Die Standortgemeinde kann gegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts Revision an den Verwaltungsgerichtshof erheben. Der Umweltanwalt und die mitwirkenden Behörden sind von der Verpflichtung zum Ersatz von Barauslagen befreit.

...

Anhang 1

Der Anhang enthält die gemäß § 3 UVP‑pflichtigen Vorhaben.

In Spalte 1 und 2 finden sich jene Vorhaben, die jedenfalls UVP‑pflichtig sind und einem UVP‑Verfahren (Spalte 1) oder einem vereinfachten Verfahren (Spalte 2) zu unterziehen sind. Bei in Anhang 1 angeführten Änderungstatbeständen ist ab dem angeführten Schwellenwert eine Einzelfallprüfung durchzuführen; sonst gilt § 3a Abs. 2 und 3, außer es wird ausdrücklich nur die ‚Neuerrichtung‘, der ‚Neubau‘ oder die ‚Neuerschließung‘ erfasst.

In Spalte 3 sind jene Vorhaben angeführt, die nur bei Zutreffen besonderer Voraussetzungen der UVP‑Pflicht unterliegen. Für diese Vorhaben hat ab den angegebenen Mindestschwellen eine Einzelfallprüfung zu erfolgen. Ergibt diese Einzelfallprüfung eine UVP‑Pflicht, so ist nach dem vereinfachten Verfahren vorzugehen.

Die in der Spalte 3 genannten Kategorien schutzwürdiger Gebiete werden in Anhang 2 definiert. Gebiete der Kategorien A, C, D und E sind für die UVP‑Pflicht eines Vorhabens jedoch nur dann zu berücksichtigen, wenn sie am Tag der Antragstellung ausgewiesen sind.

 

 

 

 

UVP

UVP im vereinfachten Verfahren

 

Spalte 1

Spalte 2

Spalte 3

 

...

 

 

 

Energiewirtschaft

 

 

Z 6

 

a) Anlagen zur Nutzung von Windenergie mit einer elektrischen Gesamtleistung von mindestens 20 MW oder mit mindestens 20 Konvertern mit einer Nennleistung von mindestens je 0,5 MW.

b) Anlagen zur Nutzung von Windenergie in schutzwürdigen Gebieten der Kategorie A mit einer elektrischen Gesamtleistung von mindestens 10 MW oder mit mindestens 10 Konvertern mit einer Nennleistung von mindestens je 0,5 MW.

 

...

 

 

 

Wasserwirtschaft

 

 

Z 30

a) Wasserkraftanlagen Talsperren, Flussstaue, Ausleitungen) mit einer Engpassleistung von mindestens 15 MW;

b) Wasserkraftanlagen (Talsperren, Flussstaue, Ausleitungen) mit einer Engpassleistung von mindestens 10 MW, wenn die Rückstaulänge, berechnet auf Basis des mittleren Durchflusses (MQ), das 20‑fache der Gewässerbreite, gemessen in der Achse der Wehranlage, erreicht;

c) Wasserkraftanlagen (Talsperren, Flussstaue, Ausleitungen) in Kraftwerksketten. Kraftwerkskette ist eine Aneinanderreihung von zwei oder mehreren Wasserkraftanlagen mit einer Engpassleistung von je mindestens 2 MW ohne ausreichenden Mindestabstand7) zwischen den Wehranlagen im Fischlebensraum.

Ausgenommen von Z 30 sind technische Maßnahmen zur Erhöhung der Engpassleistung oder zur sonstigen Effizienzsteigerung an bestehenden Anlagen, die keine Auswirkungen auf die Restwasserstrecke, die Unterliegerstrecke oder die Stauraumlänge in Folge einer Erhöhung des Stauzieles haben, sowie alle Maßnahmen, die zur Herstellung der Durchgängigkeit vorgenommen werden.

Bei lit. b) und c) sind § 3 Abs. 2 und § 3a Abs. 6 nicht anzuwenden.

 

 

 

...

 

 

 

Land- und Forstwirtschaft

 

 

 

...

 

 

Z 46

 

a) Rodungen 14a) auf einer Fläche von mindestens 20 ha;

b) Erweiterungen von Rodungen 14a), wenn das Gesamtausmaß der in den letzten zehn Jahren genehmigten Flächen 15) und der beantragten Erweiterung mindestens 20 ha und die zusätzliche Flächeninanspruchnahme mindestens 5 ha beträgt;

c) Erstaufforstungen mit nicht standortgerechten Holzarten in schutzwürdigen Gebieten der Kategorie A auf einer Fläche von mindestens 15 ha;

d) Erweiterungen von Erstaufforstungen mit nicht standortgerechten Holzarten in schutzwürdigen Gebieten der Kategorie A, wenn das Gesamtausmaß der in den letzten zehn Jahren genehmigten Flächen und der beantragten Erweiterung mindestens 15 ha und die zusätzliche Flächeninanspruchnahme mindestens 3,5 ha beträgt;

e) Rodungen 14a)in schutzwürdigen Gebieten der Kategorie A auf einer Fläche von mindestens 10 ha;

f) Erweiterungen von Rodungen 14a) in schutzwürdigen Gebieten der Kategorie A, wenn das Gesamtausmaß der in den letzten zehn Jahren genehmigten Flächen 15) und der beantragten Erweiterung mindestens 10 ha und die zusätzliche Flächeninanspruchnahme mindestens 2,5 ha beträgt;

 

sofern für Vorhaben dieser Ziffer nicht das Flurverfassungs-Grundsatzgesetz 1951 oder das Grundsatzgesetz 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte gilt.

...

14a) Rodung ist die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur gemäß § 17 Abs. 1 Forstgesetz 1975.“

Unionsrecht

12 Das vorliegende Verfahren wurde mit Antrag des Kärntner Naturschutzbeirates als Umweltanwalt vom 4. Juni 2013 eingeleitet und betrifft ein Projekt nach Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2011/92/EU . Daher ist gemäß ihrem Art. 3 Abs. 1 die Richtlinie 2014/52/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 zur Änderung der Richtlinie 2011/92/EU über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten, ABl. L 124 vom 25.4.2014, S. 1‑18, in der vorliegenden Rechtssache nicht anwendbar. Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2014/52/EU bestimmt, dass für Projekte, für die das Verfahren zur Feststellung gemäß Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2011/92/EU vor dem 16. Mai 2017 eingeleitet wurde, die Verpflichtungen gemäß Art. 4 der Richtlinie 2011/92/EU in der Fassung vor ihrer Änderung durch diese Richtlinie gelten.

13 Die Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten, ABl. L 26 vom 28.1.2012, S. 1‑21 (UVP‑RL) lautet auszugsweise:

„Artikel 2

(1) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit vor Erteilung der Genehmigung die Projekte, bei denen unter anderem aufgrund ihrer Art, ihrer Größe oder ihres Standortes mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, einer Genehmigungspflicht unterworfen und einer Prüfung in Bezug auf ihre Auswirkungen unterzogen werden. Diese Projekte sind in Artikel 4 definiert.

...

Artikel 4

(1) Projekte des Anhangs I werden vorbehaltlich des Artikels 2 Absatz 4 einer Prüfung gemäß den Artikeln 5 bis 10 unterzogen.

(2) Bei Projekten des Anhanges II bestimmen die Mitgliedstaaten vorbehaltlich des Artikels 2 Absatz 4, ob das Projekt einer Prüfung gemäß den Artikeln 5 bis 10 unterzogen werden muss. Die Mitgliedstaaten treffen diese Entscheidung anhand

a) einer Einzelfalluntersuchung oder

b) der von den Mitgliedstaaten festgelegten Schwellenwerte bzw. Kriterien.

Die Mitgliedstaaten können entscheiden, beide unter den Buchstaben a und b genannten Verfahren anzuwenden.

(3) Bei der Einzelfalluntersuchung oder der Festlegung von Schwellenwerten bzw. Kriterien im Sinne des Absatzes 2 sind die relevanten Auswahlkriterien des Anhangs III zu berücksichtigen.

...

ANHANG II

IN ARTIKEL 4 ABSATZ 2 GENANNTE PROJEKTE

...

3. ENERGIEWIRTSCHAFT

...

h) Anlagen zur hydroelektrischen Energieerzeugung;

i) Anlagen zur Nutzung von Windenergie zur Stromerzeugung (Windfarmen);

...

ANHANG III

IN ARTIKEL 4 ABSATZ 3 GENANNTE AUSWAHLKRITERIEN

1. MERKMALE DER PROJEKTE

Die Merkmale der Projekte sind insbesondere hinsichtlich folgender Punkte zu beurteilen:

a) Größe des Projekts;

b) Kumulierung mit anderen Projekten;

c) Nutzung der natürlichen Ressourcen;

d) Abfallerzeugung;

e) Umweltverschmutzung und Belästigungen;

f) Unfallrisiko, insbesondere mit Blick auf verwendete Stoffe und Technologien.

2. STANDORT DER PROJEKTE

Die ökologische Empfindlichkeit der geografischen Räume, die durch die Projekte möglicherweise beeinträchtigt werden, muss unter Berücksichtigung insbesondere folgender Punkte beurteilt werden:

a) bestehende Landnutzung;

b) Reichtum, Qualität und Regenerationsfähigkeit der natürlichen Ressourcen des Gebiets;

c) Belastbarkeit der Natur unter besonderer Berücksichtigung folgender Gebiete:

i) Feuchtgebiete,

ii) Küstengebiete,

iii) Bergregionen und Waldgebiete,

iv) Reservate und Naturparks,

v) durch die Gesetzgebung der Mitgliedstaaten ausgewiesene Schutzgebiete; von den Mitgliedstaaten gemäß der Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten und der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen ausgewiesene besondere Schutzgebiete,

vi) Gebiete, in denen die in den Vorschriften der Union festgelegten Umweltqualitätsnormen bereits überschritten sind,

vii) Gebiete mit hoher Bevölkerungsdichte,

viii) historisch, kulturell oder archäologisch bedeutende Landschaften.

3. MERKMALE DER POTENZIELLEN AUSWIRKUNGEN

Die potenziellen erheblichen Auswirkungen der Projekte sind anhand der in den Nummern 1 und 2 aufgeführten Kriterien zu beurteilen; insbesondere ist Folgendem Rechnung zu tragen:

a) dem Ausmaß der Auswirkungen (geografisches Gebiet und betroffene Bevölkerung);

b) dem grenzüberschreitenden Charakter der Auswirkungen;

c) der Schwere und der Komplexität der Auswirkungen;

d) der Wahrscheinlichkeit von Auswirkungen;

e) der Dauer, Häufigkeit und Reversibilität der Auswirkungen.

...“

Behauptete Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften

Verletzung des Parteiengehörs

14 Die revisionswerbenden Parteien monieren eine Verletzung im Recht auf Parteiengehör im Zusammenhang mit der Feststellung, wonach „auch der gerade genehmigte Windpark St ... aufgrund der großen Entfernung von jeweils mehr als 30 km vom Windpark K für die Beurteilung des Vogelzuggeschehens und die im Gebiet vorkommenden Brutvogelarten keine Rolle“ spiele. Das BVwG habe sich in seiner Beweiswürdigung auf eine nach der mündlichen Verhandlung eingeholte und den revisionswerbenden Parteien nicht zur Kenntnis gebrachte Mitteilung des beigezogenen Sachverständigen gestützt. Das Verwaltungsgericht hätte sie gemäß § 45 Abs. 3 AVG vom Ergebnis dieser Beweisaufnahme in Kenntnis setzen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme geben müssen. Hätten sie von der ergänzenden Beweisaufnahme nicht erst mit der angefochtenen Entscheidung Kenntnis erlangt und die Möglichkeit zur Stellungnahme gehabt, hätten sie dazu eingewandt, dass im Verhältnis zum „Windpark St“ nicht nur die Schutzgüter „Vogelzug“ und „Landschaftsbild“ relevant seien, sondern auch andere Schutzgüter, wie etwa „Fledermäuse“, „endemische Pflanzenarten“, „biologische Vielfalt“, usw. und erforderlichenfalls eine eigene Sachverständigenstellungnahme mit gleichem Beweiswert vorgelegt. Dadurch wäre das BVwG mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem anderen rechtlichen Ergebnis gelangt.

15 Gemäß § 45 Abs. 3 AVG ‑ der gemäß § 17 VwGVG in Verfahren vor Verwaltungsgerichten anzuwenden ist ‑ ist den Parteien Gelegenheit zu geben, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen. Die in der Beweiswürdigung des BVwG betreffend allfällige negative kumulative Auswirkungen des Projekts „Windpark St“ mit dem gegenständlichen Vorhaben hinsichtlich dem Vogelzuggeschehen und dem Landschaftsbild erwähnte „Mitteilung“ des Sachverständigen stellt ein Beweismittel dar, das der Verpflichtung nach § 45 Abs. 3 AVG iVm § 17 VwGVG folgend dem Parteiengehör zu unterziehen gewesen wäre. Dazu gehört auch die Möglichkeit, der Ergänzung eines Sachverständigengutachtens auf gleicher fachlicher Ebene entgegenzutreten, sofern das Verwaltungsgericht ‑ wie im vorliegenden Fall ‑ entscheidungswesentliche Feststellungen maßgeblich auf dieses Beweismittel stützt (vgl. VwGH 27.6.2012, 2011/12/0109 ‑ 0111; 10.10.2016, Ra 2016/04/0092, Rn. 11).

16 Indem das BVwG die rechtlich relevante Feststellung zu etwaigen kumulativen Wirkungen des Projekts „Windpark St“ mit dem gegenständlichen Vorhaben maßgeblich auf die den revisionswerbenden Parteien entgegen § 45 Abs. 3 AVG iVm § 17 VwGVG nicht zur Kenntnis gebrachte ergänzende „Mitteilung“ des beigezogenen Sachverständigen gegründet und ihnen dadurch die Möglichkeit der Stellungnahme genommen hat, hat das Verwaltungsgericht ihr Recht auf Parteiengehör verletzt und das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet.

Behauptete Mangelhaftigkeit der eingeholten Sachverständigengutachten

17 Soweit die revisionswerbenden Parteien zu den Sachverständigengutachten zusammengefasst monieren, die Wirksamkeit der im Rahmen des Vorhabens „Windpark H“ behördlicherseits erteilten Auflagen könne erst nach Vorliegen der vorgeschriebenen Monitoringberichte beurteilt werden, ist dem entgegen zu halten, dass der nichtamtliche ornithologische Sachverständige unter anderem im Rahmen der mündlichen Gutachtenserörterung in der mündlichen Verhandlung selbst nach Vorhalt noch nicht vorliegender Monitoringergebnisse die Wirksamkeit der vorgeschriebenen Auflagen hinreichend begründet bestätigt hat. Diesen Ausführungen ist die Revision nicht konkret entgegengetreten. Allein aus der Auflage langfristiger Monitorings beim Vorhaben „Windpark H“ kann nicht auf erhebliche schädliche, belästigende oder belastende Umweltauswirkungen auf Grund der Kumulierung des gegenständlichen Windparkprojekts mit anderen Windparkvorhaben geschlossen werden. Ebenso wurden mit dem ornithologischen Sachverständigen die aus Sicht der revisionswerbenden Parteien seinem Gutachtensergebnis entgegenstehenden Studien mündlich erörtert.

18 Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes haben zwar Einwendungen gegen die Schlüssigkeit eines Gutachtens einschließlich der Behauptung, die Befundaufnahme sei unzureichend bzw. der Sachverständige gehe von unrichtigen Voraussetzungen aus, ebenso wie Einwendungen gegen die Vollständigkeit des Gutachtens auch dann Gewicht, wenn sie nicht auf gleicher fachlicher Ebene angesiedelt sind, also insbesondere auch ohne Gegengutachten erhoben werden (vgl. etwa VwGH 25.4.2019, Ra 2017/07/0214, Rn. 24, mwN). Im vorliegenden Fall werden jedoch letztlich derartige Mängel in der Revision nicht nachvollziehbar aufgezeigt.

19 Das Gutachten des beigezogenen Sachverständigen für den Fachbereich Landschaftsbild beruht betreffend die kumulativen Auswirkungen der in der Einzelfallprüfung mit einbezogenen Windparkanlagen unter anderem auf einer GIS‑unterstützten Sichtraumanalyse. Dass insofern das Gutachten nicht der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entspricht, wonach eine nachhaltige Beeinträchtigung des Landschaftsbildes schon dann vorliegt, wenn das zu prüfende Vorhaben von zumindest einem Blickpunkt aus eine das Landschaftsbild nachhaltig beeinträchtigende Wirkung zeitigt (vgl. etwa VwGH 23.9.2009, 2007/03/0170, mwN), vermag die Revision mit dem bloß pauschalen Hinweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht hinreichend darzulegen.

20 Ebenso ist entgegen den Ausführungen in der Revision nicht ersichtlich, dass von den Sachverständigen Ausgleichs-, Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen, die erst in nachfolgenden Materienverfahren für das gegenständliche Vorhaben als Auflagen vorgeschrieben werden sollten, bei der Beurteilung der Erheblichkeit von kumulierenden Umweltauswirkungen berücksichtigt worden seien. Der Vorwurf von zu Unrecht berücksichtigten nicht projektimmanenten Maßnahmen wurde nicht weiter konkretisiert.

21 Auch mit dem Vorwurf der unvollständigen Sachverhaltsermittlung im Zusammenhang mit der pauschalen, nicht näher begründeten Behauptung, die vom Verwaltungsgericht eingeholten Sachverständigengutachten würden auf die hier maßgeblichen Schutzgüter „Fledermäuse“, „endemische Pflanzenarten“, „endemische weitere Tierarten (Reptilien, Amphibien, Insekten, Käfer, Pflanzen)“, „biologische Vielfalt“ nicht eingehen, wird ein Verfahrensmangel nicht hinreichend aufgezeigt.

Vorgebrachte Befangenheit der beigezogenen Sachverständigen

22 Mit dem Vorbringen, die vom Verwaltungsgericht beigezogenen nichtamtlichen Sachverständigen seien bereits im Beschwerdeverfahren betreffend das hinsichtlich kumulativer Auswirkungen mit dem gegenständlichen Vorhaben hier wesentliche Projekt „Windpark H“ beigezogen worden, weshalb es nachvollziehbar sei, dass der nichtamtliche ornithologische Sachverständige im nunmehrigen Verfahren aufgrund der Kumulation erhebliche schädliche Umweltauswirkungen aufgrund der Kompensationsmaßnahmen des Projekts „Windpark H“ verneine, weil er ansonsten seinem eigenen Gutachten im Verfahren „Windpark H“ zur Wirksamkeit der dort vorgesehenen Maßnahmen widersprochen hätte, zeigen die revisionswerbenden Parteien keine Befangenheit der beigezogenen Sachverständigen auf. Allein der Umstand, dass ein Sachverständiger in einem anderen Verfahren, dessen Ergebnisse im vorliegenden Verfahren maßgeblich sein können, ebenfalls als Sachverständiger eingesetzt war, vermag eine Befangenheit nicht zu begründen (vgl. VwGH 8.9.2004, 2001/03/0223, mwN; 28.5.2019, Ra 2019/10/0008, Rn. 8). Ebenso zeigen die revisionswerbenden Parteien mit dem Vorwurf, die beigezogenen Sachverständigen hätten auch Rechtsfragen beantwortet, was ihnen nicht zustehe, keine Befangenheit auf (vgl. VwGH 29.5.2018, Ra 2018/03/0018, Rn. 28, mwN).

Beweiswürdigung

23 Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach das Verwaltungsgericht einander widersprechende Gutachten gegeneinander abzuwägen und in der Begründung ihre Erwägungsgründe dazu darzulegen habe, monieren die revisionswerbenden Parteien, das BVwG habe sich im angefochtenen Erkenntnis nicht mit den von ihnen vorgelegten, den Gutachten der vom BVwG beigezogenen nichtamtlichen Sachverständigen widersprechenden „Sachverständigengutachten“ auseinandergesetzt.

24 Der vom BVwG beigezogene Sachverständige für Naturschutz und Ornithologie hat sich sowohl mit der der Beschwerde der drittrevisionswerbenden Partei beigefügten Stellungnahme ihres Obmanns als auch mit dessen anlässlich der mündlichen Verhandlung vorgelegten weiteren Stellungnahme auseinandergesetzt. Das BVwG folgt letztlich im angefochtenen Erkenntnis den als „schlüssig und nachvollziehbar“ qualifizierten, „sämtliche Einwendungen der Beschwerdeführer“ behandelnden Ausführungen des von ihm beigezogenen Sachverständigen.

25 Mit dem bloß pauschalen Vorwurf, das BVwG habe sich nicht mit den „naturschutzfachlichen Stellungnahmen“ des Obmanns der drittrevisionswerbenden Partei auseinandergesetzt, vermag die Revision letztlich keine krasse Fehlbeurteilung des Verwaltungsgerichts aufzuzeigen.

Aktenwidrigkeit

26 Eine Aktenwidrigkeit liegt nur dann vor, wenn der Akteninhalt unrichtig wiedergegeben wurde bzw. wenn sich das Verwaltungsgericht bei der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts mit dem Akteninhalt hinsichtlich der dort festgehaltenen Tatsachen in Widerspruch gesetzt hat (vgl. VwGH 18.3.2019, Ra 2019/01/0068, Rn. 5; 4.7.2016, Ra 2014/04/0004, Rn. 6, jeweils mwN).

27 Die revisionswerbenden Parteien erblicken eine entscheidungswesentliche Aktenwidrigkeit betreffend die Heranziehung von „vorhabensfremden Ausgleichsmaßnahmen“ im Zusammenhang mit dem Projekt „Windpark S A“, weil die dem Verfahren beigezogenen Sachverständigen nur Ausgleichsmaßnahmen der Vorhaben „Windpark H“ und „Windpark B“ berücksichtigt hätten.

28 Demgegenüber gründet sich die Feststellung des BVwG, wonach unter anderem „beim Windpark S A ... im Zuge der naturschutzrechtlichen Verfahren fachlich erforderliche Vermeidungs-, Verminderung-, und Kompensationsmaßnahmen vorgeschrieben bzw. bereits umgesetzt“ wurden, auf die wortidenten Ausführungen im Gutachten der vom Verwaltungsgericht beigezogenen Sachverständigen vom 4. April 2018. Ein Widerspruch zum Akteninhalt und somit eine Aktenwidrigkeit liegt insofern nicht vor.

Behauptete inhaltliche Rechtswidrigkeit

Prüfung von Vorhaben der Z 6 (Anlagen zur Nutzung von Windenergie) in Verbindung mit Vorhaben der Z 30 des Anhangs 1 UVP‑G 2000 (Wasserkraftanlagen) gemäß § 3 Abs. 2 UVP‑G 2000

29 Die revisionswerbenden Parteien vertreten die Rechtsansicht, dass eine Kumulationsprüfung gemäß § 3 Abs. 2 UVP‑G 2000 auch dann zu erfolgen habe, wenn Vorhaben gleichartige oder vergleichbare Auswirkungen auf die Umwelt entfalten und die UVP‑Pflicht an die gleichen Kriterien geknüpft werde. Die Kumulationsbestimmung könne somit auch dann zur Anwendung kommen, wenn Vorhabenstypen unterschiedlicher Ziffern des Anhangs 1 UVP‑G 2000 betroffen seien.

Bezogen auf die konkrete Windparkanlage „K“, einem Vorhaben der Z 6 (Spalte 2) des Anhangs 1 UVP‑G 2000, seien auch die damit im räumlichen Zusammenhang stehenden Pumpspeicherkraftwerke „K“, „St. G“ und „Sch S“, jeweils Vorhaben der Z 30 (Spalte 1) des Anhangs 1 UVP‑G 2000, deren Genehmigung vor dem Genehmigungsantrag des vorliegenden Windparkvorhabens beantragt worden sei, bei der Kumulationsprüfung zu berücksichtigen. So sei die UVP‑Pflicht beider UVP‑Tatbestände an das gleiche Kriterium, nämlich die Leistung nach Megawatt (MW), geknüpft. Ebenso seien die Umweltauswirkungen der beiden Vorhabenstypen im Wesentlichen gleichartig und zwar in Bezug auf Naturschutz betreffend die Schutzgüter „Vögel“, „Fledermäuse“, „endemische Pflanzen- und Tierarten“ sowie vor allem das Schutzgut „Landschaftsbild“, weshalb von beiden Vorhabenstypen insbesondere die Schutzkategorien gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 lit. a und c UVP‑G 2000 betroffen seien.

Auch eine unionsrechtskonforme Gesetzesinterpretation komme zum selben Ergebnis. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) habe die UVP‑Richtlinie einen ausgedehnten Anwendungsbereich und einen weiten Zweck. Insbesondere die Kumulationsbestimmungen seien extensiv zu interpretieren. Die UVP‑Richtlinie nenne in deren Anhang II unter der Projektkategorie „Energiewirtschaft“ (Z 3) zu Buchstabe h „Anlagen zur hydroelektrischen Erzeugung“ und zu Buchstabe i „Anlagen zur Nutzung von Windenergie zur Stromerzeugung (Windfarmen)“. Die Gruppierung der beiden Anlagentypen unter die gleiche Tatbestandsgruppe der „Energiewirtschaft“ habe der österreichische Gesetzgeber missachtet, indem im Anhang 1 UVP‑G 2000 Windenergieanlagen in der Kategorie „Energiewirtschaft“ und Wasserkraftanlagen/Pumpspeicherkraftwerke in der Kategorie „Wasserwirtschaft“ verortet worden seien. Der europäische Normengeber schränke die Kumulierung nicht auf „gleichartige“ Vorhaben ein. Vielmehr sei in Anhang III Z 1 Buchstabe b der UVP‑Richtlinie ausschließlich von der „Kumulierung mit anderen bestehenden und/oder genehmigten Projekten und Tätigkeiten“ die Rede. Die UVP‑Richtlinie verfolge somit einen „auswirkungsbezogenen Ansatz“, weshalb eine Einschränkung der Kumulationsprüfung auf Projekte der gleichen Ziffern laut Anhang 1 UVP‑G 2000 im Sinne eines „vorhabenstypenbezogenen Ansatzes“ unionsrechtswidrig sei. Demnach sei es für die Kumulationsprüfung irrelevant, ob die Eingriffe und Auswirkungen aus „gleichartigen“ oder anderen Vorhaben herrührten. Eine Kumulationsprüfung sei weder auf einen bestimmten Projekttypus, eine bestimmte Projektklasse eines Anhangs oder einen bestimmten Anhang selbst beschränkt. Aus Sicht des Unionsrechts komme es nicht auf nationale Schwellenwertgrenzen bzw. die vom nationalen Gesetzgeber positivierten Zuordnungskriterien an, wenn zwei oder mehrere Einzelprojekte zueinander in Beziehung zu setzen und ihr Verhältnis zueinander im Rahmen einer Kumulationsprüfung zu beurteilen seien. Entsprechend dem Schutzzweck der UVP‑Richtlinie sei entscheidend, ob Einzelprojekte im weiteren Sinne einander ähnlich seien.

Ausgehend von der dem entgegenstehenden Rechtsansicht habe das BVwG den Sachverhalt in Bezug auf eine Kumulierung des konkreten Windparkvorhabens mit den drei genannten im räumlichen Zusammenhang stehenden Pumpspeicherkraftwerken nicht hinreichend ermittelt.

Vorliegen der Voraussetzungen für eine Einzelfallprüfung gemäß § 3 Abs. 2 UVP‑G 2000

30 Gemäß § 3 Abs. 2 UVP‑G 2000 hat die Behörde bei Vorhaben des Anhangs 1 UVP‑G 2000, die die dort festgelegten Schwellenwerte nicht erreichen oder Kriterien nicht erfüllen, die aber mit anderen Vorhaben gemeinsam den jeweiligen Schwellenwert erreichen oder das Kriterium erfüllen, im Einzelfall festzustellen, ob auf Grund einer Kumulierung der Auswirkungen mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen und daher eine UVP für das geplante Vorhaben durchzuführen ist. Für die Kumulierung zu berücksichtigen sind andere gleichartige und in einem räumlichen Zusammenhang stehende Vorhaben, die bestehen oder genehmigt sind, oder Vorhaben, die mit vollständigem Antrag auf Genehmigung bei einer Behörde früher eingereicht oder nach §§ 4 oder 5 früher beantragt wurden. Wenn das Vorhaben eine Kapazität von weniger als 25 % des Schwellenwertes aufweist, ist eine Einzelfallprüfung nicht durchzuführen.

31 Allein der Umstand, dass ein Vorhaben des Anhangs 1 UVP‑G 2000 mit anderen in einem räumlichen Zusammenhang stehenden Vorhaben den Schwellenwert erreicht, bewirkt noch nicht, dass gemäß § 3 Abs. 2 leg. cit. eine UVP durchzuführen ist; vielmehr hat die Behörde in diesem Fall nach der genannten Norm eine Einzelfallprüfung vorzunehmen.

32 Unstrittig ist, dass das von der mitbeteiligten Partei geplante Vorhaben der Errichtung und des Betriebs des Windparks „K“ mit insgesamt acht Windenergieanlagen und einer Gesamtleistung von 19,8126 MW ein Vorhaben der Z 6 lit. a des Anhangs 1 UVP‑G 2000 darstellt, das für sich den in dieser Bestimmung in der Fassung BGBl. I Nr. 58/2017 festgelegten Schwellenwert der elektrischen Gesamtleistung von mindestens 20 MW (ab Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 80/2018 am 1. Dezember 2018: mindestens 30 MW) nicht erreicht, jedoch eine Kapazität von zumindest 25 % dieses Schwellenwertes aufweist. Ebenso unstrittig ist, dass dieses Vorhaben bereits gemeinsam mit dem nächstgelegenen und räumlich im Zusammenhang stehenden „Windpark St A“ den in der Z 6 lit. a des Anhangs 1 UVP‑G 2000 festgelegten Schwellenwert jedenfalls erreicht. Das Vorliegen der Voraussetzungen für die von der belangten Behörde und dem BVwG gemäß § 3 Abs. 2 UVP‑G 2000 durchgeführte Einzelfallprüfung ist somit in Bezug auf den Tatbestand der Z 6 lit. a des Anhangs 1 UVP‑G 2000 unzweifelhaft erfüllt.

33 Für das Erreichen des in Z 6 lit. a des Anhangs 1 UVP‑G 2000 normierten Schwellenwerts ist daher im konkreten Fall die Bedachtnahme auf mit dem Windparkvorhaben „K“ im räumlichen Zusammenhang stehende Pumpspeicherkraftwerksprojekte nicht wesentlich. Dies hat jedoch nicht zur Konsequenz, dass solche unter eine andere Ziffer des Anhangs 1 UVP‑G 2000 zu subsumierende Vorhaben bei der durchzuführenden Einzelfallprüfung jedenfalls unberücksichtigt zu bleiben haben.

Einzelfallprüfung gemäß § 3 Abs. 2 UVP‑G 2000

34 Im Rahmen der Einzelfallprüfung ist gemäß § 3 Abs. 2 erster Satz UVP‑G 2000 festzustellen, ob auf Grund einer Kumulierung der Auswirkungen mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen und daher eine UVP für das geplante Vorhaben durchzuführen ist. Die Einzelfallprüfung hat nicht bloß abstrakt zu erfolgen, sondern es ist vielmehr eine konkrete Gefährdungsprognose zu erstellen. Eine bloß abstrakte Gefährlichkeitsprognose steckt nämlich schon hinter der Aufnahme bestimmter Anlagen in Anhang 1. Auf Ebene der Einzelfallprüfung muss daher eine konkrete, auf bestimmte Elemente des Einzelfalles abstellende Prüfung stattfinden (vgl. VwGH 21.12.2011, 2007/04/0112, mwN).

35 Bei der Frage, ob mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, sind nach § 3 Abs. 2 vierter Satz UVP‑G 2000 im Rahmen der Einzelfallprüfung die Kriterien des § 3 Abs. 4 Z 1 bis 3 UVP‑G 2000 (vgl. zu diesen Kriterien auch Art. 4 Abs. 3 und Anhang III der Richtlinie 2011/92/EU über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten ‑ UVP‑RL) heranzuziehen (vgl. VwGH 30.6.2016, Ra 2016/07/0034, Rn. 20, mwN). Dabei sind die Auswirkungen der zu kumulierenden Vorhaben auf die Umwelt zu beurteilen (vgl. VwGH 11.5.2017, Ra 2017/04/0006, Rn. 40).

36 Dies entspricht der in § 1 Abs. 1 Z 1 UVP‑G 2000 festgelegten Aufgabe der UVP unter Beteiligung der Öffentlichkeit auf fachlicher Grundlage die unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen festzustellen, zu beschreiben und zu bewerten, die ein Vorhaben a) auf Menschen, Tiere, Pflanzen und deren Lebensräume, b) auf Boden, Wasser, Luft und Klima, c) auf die Landschaft und d) auf Sach- und Kulturgüter hat oder haben kann, wobei Wechselwirkungen mehrerer Auswirkungen untereinander miteinzubeziehen sind.

37 Demnach ist bei der Einzelfallprüfung auf die Auswirkungen der für das Erreichen des Schwellenwerts der Spalten 2 und 3 des Anhangs 1 UVP‑G 2000 heranzuziehenden Vorhaben auf die Umwelt, und zwar unter Berücksichtigung der Kriterien nach § 3 Abs. 4 UVP‑G 2000 (Merkmale und Standort des Vorhabens sowie Merkmale der potentiellen Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt) und ‑ bezogen auf die durch das Vorhaben betroffenen Schutzgüter ‑ der von im räumlichen Zusammenhang stehenden Projekten ausgehenden Belastungen Bedacht zu nehmen. So führte der EuGH in seinem Urteil vom 11. Februar 2011, Marktgemeinde Strasswalchen u.a., C‑531/13, ausgehend von den unter Anhang III Nrn. 1 und 2 der Richtlinie 85/337/EWG über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten in der Fassung der Richtlinie 2009/31/EG angeführten Kriterien (weitgehend ident mit den unter Anhang III Nrn. 1 und 2 der Richtlinie 2011/92/EU angeführten Kriterien) aus, dass die Pflicht der Prüfung der Auswirkungen eines Projekts zusammen mit anderen Projekten zwecks Überprüfung, ob ein Projekt einer UVP unterzogen werden muss, nicht allein auf gleichartige Projekte beschränkt ist. In diese Vorprüfung ist einzubeziehen, ob die Umweltauswirkungen eines Projekts wegen der Auswirkungen anderer Projekte größeres Gewicht haben können als bei deren Fehlen (Rn. 45).

38 Da gemäß § 3 Abs. 2 erster Satz UVP‑G 2000 die Feststellung einer UVP‑Pflicht auf der Grundlage einer Einzelfallprüfung voraussetzt, dass aufgrund der Kumulierung der Auswirkungen mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, sind nur Vorhaben zu berücksichtigen, die insofern schutzgutbezogen im räumlichen Zusammenhang mit dem zu prüfenden Vorhaben stehen, als Wechselwirkungen ihrer Auswirkungen mit den Auswirkungen des zu prüfenden Vorhabens auf einzelne Schutzgüter im für die Umwelt erheblichen Ausmaß nicht von vornherein ausgeschlossen werden können.

39 Wie die Revision aufzeigt, ist eine solche wesentliche Wechselwirkung der Umweltauswirkungen des vorliegenden Vorhabens mit jenen der konkret angeführten Pumpspeicherkraftwerksprojekte iSd § 3 Abs. 2 UVP‑G 2000 in Bezug auf Naturschutz insbesondere betreffend endemische Pflanzen- und Tierarten sowie hinsichtlich des Schutzgutes Landschaftsschutz nicht von vornherein auszuschließen.

40 Bei dieser Beurteilung im Zuge der Einzelfallprüfung müssen nicht nur bestehende, sondern auch geplante Projekte (inklusiver geplanter Ausgleichsmaßnahmen) berücksichtigt werden (vgl. VwGH 30.6.2016, Ra 2016/07/0034, Rn. 28; 29.11.2016, Ra 2016/06/0068, Rn. 37), soweit diese Projekte bereits genehmigt oder mit vollständigem Antrag auf Genehmigung bei einer Behörde früher eingereicht oder nach §§ 4 oder 5 früher beantragt wurden.

41 Während die belangte Behörde im erstbehördlichen Bescheid in diesem Zusammenhang feststellte, dass die beiden Pumpspeicherkraftwerke „K“ und „St. G“ erst nach dem gegenständlichen Windparkvorhaben und zwar am 17. August 2016 bzw. 23. November 2016 beantragt worden seien und unter anderem deshalb die Einbeziehung dieser Projekte verneinte, traf das BVwG zum Zeitpunkt der Antragstellung des Pumpspeicherkraftwerks „K“ keine Feststellungen und wies im Rahmen der rechtlichen Beurteilung betreffend das Pumpspeicherkraftwerk „St. G“ darauf hin, dass dieses „laut belangter Behörde noch nicht einmal beantragt“ sei. Insofern mangelt es im angefochtenen Erkenntnis an hinreichenden Feststellungen dazu, ob die Pumpspeicherkraftwerke „K“, „St. G“ und „Sch S“, auf die sich die revisionswerbenden Parteien beziehen, vor oder nach dem gegenständlichen Vorhaben beantragt wurden. Sofern diese Vorhaben erst danach beantragt wurden, wären sie auch bei der Beurteilung der Umweltauswirkungen der kumulierten Vorhaben im Rahmen der Einzelfallprüfung nicht zu beachten.

42 Demgegenüber wären die Pumpspeicherkraftwerksprojekte, soweit diese bereits genehmigt sind oder zumindest ein vollständiger Genehmigungsantrag früher eingebracht wurde, bei der Einzelfallprüfung zu berücksichtigen gewesen.

43 Dass auf die allenfalls in Frage kommenden Pumpspeicherkraftwerke von den beigezogenen Sachverständigen in ihren Gutachten zu den Umweltauswirkungen des konkreten Vorhabens Bedacht genommen wurde und diese somit in die Einzelfallprüfung Eingang gefunden haben, ist nicht ersichtlich.

44 Angesichts fehlender Feststellungen zum Zeitpunkt der Antragstellung der Pumpspeicherkraftwerke „K“, St. G“ und „Sch S“ hat das BVwG das angefochtene Erkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

Berücksichtigung des Vorhabens „Windpark B“ in der Kumulationsprüfung gemäß § 3 Abs. 2 UVP‑G 2000

45 Die revisionswerbenden Parteien bringen dazu zusammengefasst vor, das Vorhaben „Windpark B“ wäre angesichts der bereits rechtskräftig erteilten materienrechtlichen Genehmigungen, denen Anträge aus dem Jahr 2013 zugrunde lägen, als im Verhältnis zum gegenständlichen Projekt sogenanntes „Erstvorhaben“ in der Kumulationsprüfung zu berücksichtigen gewesen. Obgleich Genehmigungsanträge zu diesem Projekt zurückgezogen worden seien, könnten die bereits rechtskräftig erteilten Genehmigungen jederzeit von den dortigen Projektwerbern konsumiert werden. Dadurch, dass die dortigen Projektwerber nachträglich in das UVP‑Genehmigungsregime „gewechselt“ seien, werde das Vorhaben „Windpark B“ nicht zu einem später beantragten Projekt iSd § 3 Abs. 2 UVP‑G 2000.

Im Übrigen sei die Änderung des § 3 Abs. 2 UVP‑G 2000 durch die Novelle BGBl. I Nr. 58/2017 unionsrechtswidrig. Der Unionsgesetzgeber habe den zeitlichen Anwendungsbereich der Kumulationsprüfung ungeregelt gelassen. Jedenfalls gleichzeitig realisierte oder zu realisierende bzw. eng aneinander gestaffelte Projekte seien bei der Kumulationsprüfung zu berücksichtigen. Es komme darauf an, ob einzelne Vorhaben in einem gewissen zeitlichen „Abfolgekontext“ bei der Behörde zur Genehmigung eingereicht würden. Dies sei in Bezug auf das gegenständliche Vorhaben und das Vorhaben „Windpark B“ der Fall, zumal letzteres aller Voraussicht nach zeitlich vorher errichtet und in Betrieb genommen werden könne, weil für das gegenständliche Vorhaben ‑ sofern nicht ohnedies eine UVP‑Pflicht festgestellt werden sollte ‑ noch sämtliche materienrechtlichen Genehmigungsverfahren durchzuführen wären.

46 Gemäß § 3 Abs. 2 zweiter Satz UVP‑G 2000 sind für die Kumulierung „andere gleichartige und in einem räumlichen Zusammenhang stehende Vorhaben, die bestehen oder genehmigt sind, oder Vorhaben, die mit vollständigem Antrag auf Genehmigung bei einer Behörde früher eingereicht oder nach §§ 4 oder 5 früher beantragt wurden“, zu berücksichtigen. Zum Begriff der Vollständigkeit des Genehmigungsantrags führen die Gesetzesmaterialien aus, dass es „für die im Gesetz geforderte Vollständigkeit der Antragsunterlagen genügt“, „wenn diese das Vorhaben ausreichend spezifizieren, die Verwirklichungsabsicht widerspiegeln und die Behörde diesen Antrag für die Prüfung im anlagenrechtlichen Genehmigungsverfahren heranziehen kann. Unberührt für die Vollständigkeitsqualifikation bleiben daher allfällige Verbesserungsaufträge (§ 13 Abs. 3 AVG) sowie Unterlagen, die letztendlich im Laufe des Genehmigungsverfahrens noch nachgereicht werden können (z.B. Zustimmungserklärungen Dritter, Sicherheitsleistungen etc.)“ (vgl. RV 1456 BlgNR 25. GP  4).

47 Im vorliegenden Fall wurden zwar in Bezug auf den „Windpark B“ vor dem gegenständlichen Vorhaben in den einzelnen maßgeblichen Materiengesetzen Genehmigungsanträge eingereicht, jedoch zwischenzeitig teilweise wieder zurückgezogen. Unabhängig davon, dass einzelne materienrechtliche Genehmigungen bereits erteilt wurden, waren zum Entscheidungszeitpunkt nicht mehr sämtliche für die Verwirklichung des vor dem gegenständlichen Vorhaben eingereichten Windparkprojekts erforderliche Genehmigungsanträge aufrecht. Aus der Zurückziehung der Anträge auf elektrizitätswirtschaftsrechtliche und naturschutzrechtliche Bewilligung ist auf einen mangelnden Verwirklichungswillen des ursprünglich eingereichten Projekts zu schließen. Dem entspricht auch der Umstand, dass nachfolgend ein Antrag gemäß § 4 UVP‑G 2000 für ein neues abgeändertes Windparkvorhaben eingereicht wurde. Die für die Kumulierung iSd § 3 Abs. 2 UVP‑G 2000 wesentliche Voraussetzung des früher eingereichten vollständigen Antrags auf Genehmigung liegt somit nicht vor. Die belangte Behörde wie auch das BVwG haben daher zu Recht das Vorhaben „Windpark B“ nicht berücksichtigt.

48 Zum Einwand der Unionsrechtswidrigkeit des § 3 Abs. 2 UVP‑G 2000 in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 58/2017 ist auf Anhang III Z 1 Buchstabe b der in der Fassung der Richtlinie 2011/92/EU anzuwendenden UVP‑Richtlinie hinzuweisen, wonach für die Einzelfalluntersuchung oder die Festlegung von Schwellenwerten bzw. Kriterien im Sinne des Absatzes 2 unter anderem „die Kumulierung mit anderen Projekten“ als Auswahlkriterium zu berücksichtigen ist. Dieses Auswahlkriterium wurde mit der Richtlinie 2014/52/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 zur Änderung der Richtlinie 2011/92/EU über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten, ABl. L 124 vom 25.4.2014, dahingehend einschränkend novelliert, als es nunmehr die „Kumulierung mit anderen bestehenden und/oder genehmigten Projekten und Tätigkeiten“, nicht jedoch auch die Kumulierung mit solchen Vorhaben, die bloß beantragt, aber für die Verwirklichung noch nicht vollständig genehmigt sind, umfasst. Wenngleich die Richtlinie 2014/52/EU auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar ist, so ergibt sich aus dieser nunmehrigen Einschränkung, dass keine unionsrechtlichen Bedenken gegen die mit der UVP‑Novelle BGBl. I Nr. 58/2017 eingeführte zeitliche Begrenzung des Anwendungsbereichs für die Kumulationsprüfung bestehen.

Bedachtnahme auf im Rahmen anderer Projekte vorgesehene Ausgleichsmaßnahmen im UVP-Feststellungsverfahren

49 Die revisionswerbenden Parteien vertreten die Rechtsansicht, Ausgleichsmaßnahmen, welche im Rahmen anderer Projekte vorgesehen seien, seien im UVP‑Feststellungsverfahren nicht zu berücksichtigen. Nur jene Kompensationsmaßnahmen, Projektverbesserungen, usw., die eindeutig vom Projektwillen des Projektwerbers im UVP‑Feststellungsverfahren umfasst seien, könnten Beurteilungsgegenstand sein. Bescheidmäßige Auflagenvorschreibungen oder die Vorschreibung einer Bedingung usw. seien im UVP‑Feststellungsverfahren hingegen nicht möglich.

Soweit im konkreten Fall der ornithologische Sachverständige im erstbehördlichen Verfahren zum Ergebnis gelange, dass die Auswirkungen auf die Schutzgüter „Steinadler“ und „Birkhuhn“ nur unter der Bedingung nicht mehr erheblich seien, dass Ausgleichsmaßnahmen bei anderen Windparkprojekten vor Baubeginn des vorliegenden Projekts vollständig umgesetzt und wirksam seien, wäre eine Berücksichtigung derartiger Ausgleichsmaßnahmen rechtlich nur dann möglich, wenn die Behörde die vollständige Umsetzung und Wirksamkeit dieser Ausgleichsmaßnahmen als Bedingung auferlegen würde. Dies sei im Rahmen eines UVP‑Feststellungsverfahrens nicht möglich, weshalb bei der Beurteilung der kumulativen Umweltauswirkungen des konkreten Projekts diese projektfremden Ausgleichmaßnahmen nicht zu berücksichtigen seien. Es bestehe keine Einflussmöglichkeit der mitbeteiligten Partei auf die Wirksamkeit dieser Maßnahmen und es sei auch die Kontrollmöglichkeit der belangten Behörde nicht gegeben. Schließlich stelle der nichtamtliche Sachverständige betreffend die Umsetzung und Wirksamkeit der projektfremden Ausgleichsmaßnahmen auf einen in der Zukunft (vor Baubeginn des gegenständlichen Vorhabens) liegenden Zeitpunkt und nicht auf den für die Beurteilung maßgeblichen gegenwärtigen Zeitpunkt ab.

Letztlich bewirke die Berücksichtigung projektfremder Ausgleichsmaßnahmen eine grobe Ungleichbehandlung zwischen Projektwerbern, indem jener eines später eingereichten Projekts „unentgeltlich“ von den Ausgleichsmaßnahmen eines zuvor zur Genehmigung eingereichten Projekts profitieren würde.

50 Gemäß § 3 Abs. 2 UVP‑G 2000 idF BGBl. I Nr. 58/2017 sind bei der Beurteilung umweltrelevanter Auswirkungen im Rahmen einer Einzelfallprüfung nicht nur bestehende oder genehmigte, sondern auch Vorhaben zu berücksichtigen, die mit vollständigem Antrag auf Genehmigung bei einer Behörde früher eingereicht oder nach §§ 4 oder 5 früher beantragt wurden. Dabei sind im Genehmigungsantrag aufgenommene Ausgleichsmaßnahmen bzw. behördlich vorgeschriebene Ausgleichsmaßnahmen in Bezug auf bereits genehmigte aber noch nicht errichtete Vorhaben in die Beurteilung einzubeziehen, zumal solche Ausgleichsmaßnahmen Bestandteil beantragter bzw. bereits genehmigter Projekte sind. Eine Grundlage für die Annahme, zu den zu berücksichtigenden kumulativen Wirkungen zählten nur für die Umwelt negative Wirkungen, nicht aber auch positive Effekte, findet sich im Gesetz nicht (vgl. VwGH 30.06.2016, Ra 2016/07/0034, Rn. 29 bis 31, zur Rechtslage vor der Novelle BGBl. I Nr. 58/2017, die die Kumulationsregelung in § 3 Abs. 2 UVP‑G 2000 um eine zeitliche Komponente erweiterte).

Prüfumfang und Prüftiefe der vorgenommenen Grobprüfung

51 Die revisionswerbenden Parteien vermeinen, die vom BVwG vorgenommenen Ermittlungen seien hinsichtlich der Umweltauswirkungen auf das Schutzgut „Fledermäuse“ nur „blanketthaft“ bzw. hinsichtlich der Schutzgüter „endemische Pflanzenarten“, „endemische weitere Tierarten (Reptilien, Amphibien, Insekten, Käfer, Pflanzen)“ sowie „biologische Vielfalt“ überhaupt nicht vorgenommen worden.

52 Grundsätzlich hat die Behörde im Fall einer Einzelfallprüfung nach § 3 Abs. 2 UVP‑G 2000 nur zu klären, ob mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist. Wie derartige Auswirkungen zu beurteilen sind und ihnen entgegenzutreten ist, ist dem späteren Bewilligungsverfahren vorbehalten. Insofern stellt die Einzelfallprüfung nur eine Grobbeurteilung eines Vorhabens dar. Dies entspricht auch den Vorgaben des § 3 Abs. 7 UVP‑G 2000, wonach sich die Behörde, dann, wenn sie eine Einzelfallprüfung durchzuführen hat, hinsichtlich Prüftiefe und Prüfumfang auf eine Grobprüfung zu beschränken hat (vgl. VwGH 21.12.2016, Ra 2016/04/0117, Rn. 20, mwN). § 3 Abs. 2 UVP‑G 2000 legt den Maßstab der dort anzustellenden Grobprüfung insofern fest, als im Einzelfall zu prognostizieren ist, ob auf Grund einer Kumulierung der Auswirkungen mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist (vgl. VwGH 30.6.2016, Ra 2016/07/0034, Rn. 33).

53 Der vom BVwG beigezogene Sachverständige für Naturschutz, Ornithologie und Landschaftsbild ist in seinem Gutachten auf mögliche kumulative Auswirkungen des gegenständlichen Vorhabens mit anderen Windparkprojekten sowohl auf Fledermäuse, als auch auf Endemiten eingegangen. Das bloß pauschale Vorbringen der revisionswerbenden Parteien zur erforderlichen Prüftiefe und Prüfumfang der vorgenommenen Grobprüfung vermag insofern keine unzureichende Einzelfallprüfung aufzuzeigen.

54 Ebenso wenig zeigen die revisionswerbenden Parteien mit der Behauptung, ohne die von der Behörde zugelassenen Verfahrensverschleppungen der Projektwerber hätte die UVP‑Pflicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt festgestellt werden müssen, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses auf.

Bundesländerübergreifende Vorhaben ‑ Einvernehmliches Vorgehen gemäß § 4 Abs. 1 AVG

55 Die revisionswerbenden Parteien monieren, dass ein Bundesländergrenzen übergreifendes („sprengelübergreifendes“) Vorhaben vorliege, weil für die innere Erschließung des projektierten Windparks über eine Strecke von rund 400 m auch steiermärkisches Landesgebiet in Anspruch genommen werde. Es wäre deshalb zwischen der Kärntner und der Steiermärkischen Landesregierung einvernehmlich vorzugehen gewesen. Dies sei nicht geschehen. Das in § 4 Abs. 1 AVG vorgesehene „einvernehmliche Vorgehen“ sei im Ergebnis als notwendige Willensübereinstimmung der beteiligten Behörden anzusehen, die im Spruch der erstinstanzlichen Bescheide, nicht aber (erst) in der Entscheidung im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren festzuhalten sei.

56 Ist gemäß den in § 1 AVG erwähnten Vorschriften die örtliche Zuständigkeit mehrerer Behörden gegeben und für diesen Fall nicht anderes bestimmt oder begründen die in § 3 Z 1 und 2 AVG angeführten Umstände die örtliche Zuständigkeit mehrerer Behörden, so haben diese Behörden gemäß § 4 Abs. 1 AVG einvernehmlich vorzugehen. Gelangen sie in der Sache zu keinem Einvernehmen, so geht gemäß § 4 Abs. 2 AVG die Zuständigkeit auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde und, wenn danach verschiedene Behörden berufen sind und auch diese sich nicht zu einigen vermögen, auf die sachlich in Betracht kommende gemeinsame Oberbehörde über.

57 Zunächst ist zu klären, ob die Inanspruchnahme des Erschließungsweges auf steiermärkischem Landesgebiet Bestandteil des vorliegenden Windkraftvorhabens ist.

58 Gegenstand des Feststellungsverfahrens ist die Klärung der Frage, ob für ein Vorhaben eine UVP durchzuführen ist und welcher Tatbestand des Anhanges 1 oder des § 3a Abs. 1 bis 3 UVP‑G 2000 durch das Vorhaben verwirklicht wird. Was unter einem Vorhaben iSd UVP‑G 2000 zu verstehen ist, ergibt sich aus § 2 Abs. 2 UVP‑G 2000. Demnach ist ein Vorhaben die Errichtung einer Anlage oder ein sonstiger Eingriff in Natur und Landschaft unter Einschluss sämtlicher damit in einem räumlichen und sachlichen Zusammenhang stehender Maßnahmen. Ein Vorhaben kann eine oder mehrere Anlagen oder Eingriffe umfassen, wenn diese in einem räumlichen und sachlichen Zusammenhang stehen. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist der Begriff des Vorhabens im Sinne des § 2 Abs. 2 UVP‑G 2000 weit zu verstehen (vgl. etwa VwGH 25.9.2018, Ra 2018/05/0061 bis 0154, Rn. 51, mwN). Es ist auf den räumlichen und sachlichen Zusammenhang der einzubeziehenden Anlagen oder Eingriffe abzustellen. Liegt ein solcher Zusammenhang vor, ist von einem Vorhaben auszugehen. Das Vorhaben beschränkt sich nicht auf die jeweilige technische Anlage, sondern umfasst auch alle mit dieser in ihrem räumlichen und sachlichen Zusammenhang stehenden Maßnahmen (vgl. VwGH 29.3.2017, Ro 2015/05/0022, Rn. 68, mwN). Ausgehend davon handelt es sich bei der Mitbenutzung des bestehenden Erschließungsweges für den Bau und den Betrieb einer 380 kV Leitung auf einer Länge von 400 m auf steiermärkischem Landesgebiet als Zufahrts- bzw. Verbindungsweg zwischen den Windkraftanlagen 6 und 7 um einen Bestandteil des gegenständlichen Vorhabens.

59 Gemäß § 39 Abs. 1 UVP‑G 2000 ist für Feststellungsverfahren nach § 3 Abs. 7 UVP‑G 2000 die Landesregierung sachlich zuständig. Die örtliche Zuständigkeit für ein solches Verfahren richtet sich nach dem ‑ den subsidiär geltenden Bestimmungen in § 3 Z 1 bis 3 AVG vorgehenden ‑ § 39 Abs. 4 UVP‑G 2000 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 111/2017 nach der Lage des Vorhabens (erst mit dem ‑ mit der Novelle BGBl. I Nr. 80/2018 ‑ am 1. Dezember 2018, somit erst nach der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses, in Kraft getretenen § 39 Abs. 4 zweiter Satz UVP‑G 2000 wurde die örtliche Zuständigkeit für Verfahren gemäß § 3 Abs. 7 UVP‑G 2000 betreffend Vorhaben, die sich über mehrere Bundesländer erstrecken, im UVP‑G 2000 dahingehend geregelt, dass die Behörde jenes Landes örtlich zuständig ist, in dem sich der Hauptteil des Vorhabens befindet).

60 Wie in Rn. 58 dargelegt, liegt das gegenständliche Vorhaben nicht zur Gänze in Kärnten, sondern teilweise in Bezug auf die Mitbenutzung des bestehenden Erschließungsweges auf einer Länge von 400 m auf steiermärkischem Landesgebiet. Da somit das vorliegende Vorhaben auf Grund seiner Situierung über Landesgrenzen hinweg keine Zuordnung zum Zuständigkeitsbereich einer der Landesregierungen erlaubt, lässt sich die örtliche Zuständigkeit einer Landesregierung für die gegenständliche Rechtssache nicht gemäß § 39 Abs. 4 UVP‑G 2000 idF BGBl. I Nr. 111/2017 nach der Lage des Vorhabens bestimmen. Zu prüfen ist daher, ob § 4 AVG zum Tragen kommt.

61 Die Heranziehung des § 4 AVG setzt voraus, dass Behörden aus demselben Vollzugsbereich zuständig sind, die eine gemeinsame Oberbehörde haben. Dies ergibt sich schon aus dem systematischen Zusammenhang des § 4 Abs. 1 mit Abs. 2 AVG. Behörden aus verschiedenen Vollzugsbereichen wie z.B. Landesregierungen kommen daher nicht in Betracht (vgl. VwGH 29.3.2017, Ro 2015/05/0022, Rn. 79, mwN).

62 Der Verwaltungsgerichtshof hat im vorzitierten Erkenntnis vom 29. März 2017, Ro 2015/05/0022, Rn. 76 bis 86, auf dessen diesbezügliche Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, in Bezug auf ein Windparkprojekt, das auf Grund seiner Situierung über Landesgrenzen hinweg keine Zuordnung zum Zuständigkeitsbereich einer Landesregierung gemäß der im dortigen Verfahren maßgeblichen Bestimmung des § 3 Z 1 AVG erlaubte, näher dargelegt, dass die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit für Feststellungsverfahren nach § 3 Abs. 7 UVP‑G 2000 gemäß § 3 Z 1 AVG für ein Ländergrenzen überschreitendes Vorhaben nicht möglich ist, weil in diesem Fall bei verfassungskonformer Interpretation keine Sache vorliegen kann, die sich auf ein unbewegliches Gut iSd § 3 Z 1 AVG bezieht.

63 Dies gilt gleichermaßen für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit sowohl nach der hier zunächst maßgeblichen Bestimmung des § 39 Abs. 4 UVP‑G 2000 idF BGBl. I Nr. 111/2017 als auch nach der subsidiär heranzuziehenden Bestimmung des § 3 Z 2 AVG, sofern der Betrieb der gegenständlichen Windenergieanlagen hinsichtlich der Mitbenutzung des Erschließungsweges auf steiermärkischem Landesgebiet den Bundesländergrenzen überschreitenden Betrieb eines Unternehmens oder eine sonstige dauernde Tätigkeit darstellt. Auch in diesen Fällen ließe sich die örtliche Zuständigkeit einer Landesregierung für die gegenständliche Rechtssache nicht bestimmen und könnte § 4 Abs. 1 AVG mangels sachlich in Betracht kommender Oberbehörde nicht herangezogen werden.

64 Dem Vorbringen der revisionswerbenden Parteien zum mangelnden einvernehmlichen Vorgehen mehrerer für das Vorhaben örtlich zuständiger Behörden gemäß § 4 Abs. 1 AVG steht somit die mangelnde Anwendbarkeit dieser Bestimmung im konkreten Fall entgegen.

65 Soweit die örtliche Zuständigkeit der belangten Behörde sich weder aus § 39 Abs. 4 UVP‑G 2000 noch aus § 3 Z 1 und 2 AVG ergibt, ist auf den Auffangtatbestand der Z 3 leg. cit. abzustellen, nach der sich die örtliche Zuständigkeit in sonstigen Fällen zunächst nach dem Hauptwohnsitz (Sitz) des Beteiligten, und zwar im Zweifelsfall des belangten oder verpflichteten Teiles richtet. Dies ist im vorliegenden Fall der Sitz der mitbeteiligten Partei in Kärnten, sodass jedenfalls die belangte Behörde örtlich zuständig war.

Berücksichtigung faktischer Schutzgebiete nach der Richtlinie 79/409/EWG des Rates über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten (Vogelschutzrichtlinie), bzw. der Richtlinie 94/24/EG des Rates zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen (Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie, FFH‑RL) in Bezug auf das Erfordernis einer Einzelfallprüfung gemäß § 3 Abs. 4 UVP‑G 2000

66 Nach Ansicht der revisionswerbenden Parteien seien die Vorgaben der UVP‑Richtlinie in Bezug auf § 3 Abs. 4 zweiter Satz UVP‑G 2000, wonach schutzwürdige Gebiete der Kategorie A bei der Einzelfallprüfung nur dann zu berücksichtigen seien, wenn sie am Tag der Einleitung des Verfahrens ausgewiesen oder in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung gemäß Art. 4 Abs. 2 FFH‑RL aufgenommen worden seien, nicht hinreichend umgesetzt worden. Anhang III der UVP-Richtlinie, der die Auswahlkriterien für die Einzelfallprüfung für Projekte des Anhangs II enthalte, stelle in Z 2 Buchstabe c) Unterbuchstabe vi) auf Gebiete ab, „in denen die für das Projekt relevanten und in der Unionsgesetzgebung festgelegten Umweltqualitätsnormen bereits nicht eingehalten wurden oder bei denen von einer solchen Nichteinhaltung ausgegangen wird“. Maßgeblich nach der UVP‑Richtlinie sei somit ausschließlich, dass unionsrechtlich normierte Umweltqualitätsnormen nicht eingehalten würden bzw. von einer solchen Nichteinhaltung ausgegangen werde, unabhängig von der Setzung eines nationalen Rechtsaktes. Faktische Schutzgebiete, sei es nach der Vogelschutzrichtlinie oder der FFH-Richtlinie, seien somit bei der Einzelfallprüfung unabhängig von der Ausweisung im nationalen Recht und von ihrer Aufnahme in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung zu berücksichtigen.

Konkret handle es sich beim Projektgebiet um ein faktisches Schutzgebiet im Sinne der FFH‑Richtlinie und allenfalls auch im Sinne der Vogelschutzrichtlinie. So sei unmittelbar an das Projektgebiet anschließend auf Steiermärkischem Landesgebiet eine Ausschlusszone für Windenergie gemäß dem Entwicklungsprogramm für den Sachbereich Windenergie (SAPRO‑Wind) insbesondere unter Berücksichtigung der Ziele und der Grundsätze des Natur- und Landschaftsschutzes, der Raumordnung und der Erhaltung unversehrter naturnaher Gebiete und Landschaften im Sinne der Alpenkonvention ausgewiesen worden. Die Ausschlusszonen dienten auch dem Schutz von Raufußhühnern und bezweckten die Konnektivität der einzelnen Raufußhuhn‑Teilpopulationen aufrecht zu erhalten, um dadurch einen Beitrag zur Erhaltung von vielen Populationen zu leisten. Dass die größte Ausschlusszone auf der K-alpe normiert worden sei, belege, dass das gegenständliche Vorhabensgebiet in einem faktischen Schutzgebiet im Sinne der Kategorie A des Anhangs 2 UVP‑G 2000 gelegen sei und es deshalb auch einer Einzelfallprüfung iSd § 3 Abs. 4 iVm Z 6 lit. b des Anhangs 1 UVP‑G 2000 bedurft hätte.

67 Für Anlagen zur Nutzung von Windenergie in schutzwürdigen Gebieten der Kategorie A (unter anderem in der Vogelschutzrichtlinie bzw. in der Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung nach Art. 4 Abs. 2 der FFH‑Richtlinie genannte Schutzgebiete) ist in Z 6 lit. b des Anhangs 1 UVP‑G 2000 in Spalte 3 ein Schwellenwert festgelegt.

68 Auf die von den revisionswerbenden Parteien aufgeworfene Rechtsfrage, ob im Rahmen eines Feststellungsverfahrens gemäß § 3 Abs. 7 UVP‑G 2000 entgegen § 3 Abs. 4 zweiter Satz UVP‑G 2000 schutzwürdige Gebiete der Kategorie A, C, D oder E des Anhanges 2 UVP‑G 2000 auch dann bei der Einzelfallprüfung gemäß § 3 Abs. 4 UVP‑G 2000 zu berücksichtigen sind, wenn sie nicht am Tag der Einleitung des Verfahrens ausgewiesen oder in die Liste der Gebiete mit gemeinschaftlicher Bedeutung (Kategorie A des Anhanges 2 UVP‑G 2000) aufgenommen sind, ist im vorliegenden Fall bereits deshalb nicht näher einzugehen, weil sich aus dem Vorbringen der revisionswerbenden Parteien nicht hinreichend ableiten lässt, dass das Gebiet, in dem das gegenständliche Vorhaben verwirklicht werden soll, die Voraussetzungen für ein gemäß der Vogelschutzrichtlinie bzw. der FFH‑Richtlinie in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung aufzunehmendes Schutzgebiet erfüllt. Der bloße Hinweis auf eine benachbarte Ausschlusszone für Windenergie gemäß dem Entwicklungsprogramm für den Sachbereich Windenergie vermag dies nicht zu ersetzen.

Behauptung einer UVPUmgehungsabsicht

69 Die revisionswerbenden Parteien vermeinen, im vorliegenden Fall bestehe keine sachliche Rechtfertigung und schlüssige Begründung für die mit in Summe 19,8126 MW äußerst knappe Unterschreitung des gesetzlichen Schwellenwerts von 20 MW. Dies indiziere eine offenkundige UVP‑Umgehungsabsicht und somit eine UVP‑Pflicht für das vorliegende Projekt.

70 Gemäß § 3 iVm Z 6 lit. a (Spalte 2) des Anhangs 1 UVP‑G 2000 sind Anlagen zur Nutzung von Windenergie jedenfalls UVP‑pflichtig, wenn deren elektrische Gesamtleistung mindestens 20 MW beträgt. Mit einer Anlagenkapazität von 19,8126 MW liegt das konkrete Windparkvorhaben knapp darunter.

71 Die UVP‑Pflicht in Bezug auf Windparkprojekte setzt entsprechend der Z 6 des Anhangs 1 UVP‑G 2000 an Schwellenwerten an. Unter anderem um es den Behörden zu ermöglichen, einer Umgehung der UVP durch Aufsplitterung von Vorhaben auf mehrere Betreiber im Einzelfall entgegen zu treten, wurde § 3 Abs. 2 UVP‑G 2000 geschaffen, mit dem Hauptziel mehrere projektierte, unter dem Schwellenwert liegende Vorhaben gemeinsam bewerten zu können und so eine Umgehung der UVP‑Pflicht zu verhindern (vgl. etwa VwGH 29.11.2016, Ra 2016/06/0068, Rn. 37). Vorliegend unterschreitet das Vorhaben für sich knapp den für die ohne Berücksichtigung anderer Vorhaben bestehende UVP‑Pflicht maßgeblichen, in Anhang 1 UVP‑G 2000 festgelegten Schwellenwert. Deshalb ist gemäß § 3 Abs. 2 UVP‑G 2000 zu prüfen, ob dieses Vorhaben mit anderen Vorhaben gemeinsam den jeweiligen Schwellenwert erfüllt, und in diesem Fall die UVP‑Pflicht im Rahmen einer Einzelfallprüfung zu beurteilen ist. Dies kann im Gegensatz zu Fällen der Aufsplitterung von Vorhaben etwa betreffend ihre Kapazität auf weniger als 25 % des Schwellenwerts, um die Durchführung einer Einzelfallprüfung gemäß § 3 Abs. 2 UVP‑G 2000 zu vermeiden und eine UVP‑Pflicht von vornherein auszuschließen (vgl. dazu etwa das in der Revision in diesem Zusammenhang zitierte Erkenntnis VwGH 29.3.2006, 2004/04/0129, dem eine Aufsplitterung des Vorhabens und somit ein mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbarer Sachverhalt zugrunde liegt), nicht die Annahme eines Umgehungsprojekts, für die der knapp unterschrittene Schwellenwert nicht gilt und deshalb jedenfalls von einer UVP‑Pflicht auszugehen ist, begründen.

Einzelfallprüfung gemäß § 3 Abs. 2 UVP‑G 2000 in Bezug auf den Tatbestand der Z 46 lit. a (Spalte 2) in Anhang 1 UVP‑G 2000

72 Zum Tatbestand der Z 46 lit. a des Anhangs 1 UVP‑G 2000 monieren die revisionswerbenden Parteien, die belangte Behörde habe diesbezüglich lediglich auf das Vorliegen von „Bestandsrodungen“ im räumlichen Zusammenhang und deren Zusammenwirken bzw. Kumulierung mit den gegenständlichen Rodungen abgestellt. Bereits in ihrer Beschwerde hätten sie darauf hingewiesen, dass neben „Bestandsrodungen“ auch Rodungen, welche für andere, im räumlichen Zusammenhang mit dem gegenständlichen Vorhaben eingereichte bzw. genehmigte Projekte erforderlich seien, zu berücksichtigen seien. So seien etwa Rodungen für das Vorhaben „Windpark H“ nicht nur geplant, sondern auch bereits erfolgt. Da dieses Vorhaben im Rahmen eines (konzentrierten) UVP‑Genehmigungsverfahrens bewilligt worden sei, habe die Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg in ihrer Auskunft die mit diesem Vorhaben zusammenhängenden Rodungen nicht verwertet. Überdies wären die im Zusammenhang mit den angeführten drei Pumpspeicherkraftwerksprojekten erforderlichen Rodungen nicht beachtet worden.

73 Nach den Feststellungen des BVwG umfasst das vorliegende Projekt Rodungen für die Zufahrt im Ausmaß von 3,375 ha sowie für die Trasse der Energieableitung von 2,6 ha, insgesamt somit 5,975 ha. Bei Letzterem handelt es sich um Trassenaufhiebe, die zum Zwecke der Errichtung und für die Dauer des rechtmäßigen Bestandes einer energiewirtschaftlichen Leitungsanlage erforderlich sind (vgl. § 81 Abs. 1 lit. b Forstgesetz 1975).

74 Der in Umsetzung des Tatbestandes der Z 1 lit. d des Anhangs II der UVP‑RL („Erstaufforstungen und Abholzungen zum Zweck der Umwandlung in eine andere Bodennutzungsart“) in Z 46 lit. a (Spalte 2) des Anhangs 1 UVP‑G 2000 in der zum Entscheidungszeitpunkt des BVwG geltenden Fassung, BGBl. I Nr. 58/2017, verwendete Begriff „Rodung“ ist richtlinienkonform entsprechend dem Urteil des EuGH vom 7. August 2018 in der Rechtssache C‑329/17, Preininger, u.a., dahin auszulegen, dass er auch Trassenaufhiebe (nach § 81 Abs. 1 lit. b Forstgesetz 1975) umfasst, weshalb derartige Trassenaufhiebe in die Beurteilung nach § 3 Abs. 7 UVP‑G 2000 miteinzubeziehen sind (vgl. VwGH 1.10.2018, Ro 2017/04/0002, Rn. 49 und 50). Demnach sind die Rodungen für die Zufahrt und die Trasse der Energieableitung in Bezug auf den Tatbestand der Z 46 lit. a (Spalte 2) des Anhangs 1 UVP‑G 2000 in der zum Entscheidungszeitpunkt des BVwG geltenden Fassung zusammenzurechnen und erreichen mit 5,975 ha 25 % des Schwellenwerts dieses Tatbestandes (20 ha), wodurch diese Voraussetzung für die Notwendigkeit einer Einzelfallprüfung infolge Kumulation mit anderen Projekten gemäß § 3 Abs. 2 UVP‑G 2000 erfüllt ist.

75 Ohne näher zu prüfen, in Bezug auf welche im räumlichen Zusammenhang stehenden Rodungen konkret vom Erreichen des Schwellenwerts der Z 46 lit. a des Anhangs 1 UVP‑G 2000 auszugehen ist, hat die belangte Behörde aber gestützt auf das Gutachten des forstfachlichen Amtssachverständigen eine UVP‑Pflicht verneint, weil durch die projektgemäß geplanten Rodungen weder mit Kumulierungseffekten noch mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen sei. Das BVwG führte dazu lediglich aus, dem schlüssigen und plausiblen forstfachlichen Gutachten zu folgen, obwohl die revisionswerbenden Parteien im Beschwerdeverfahren die Berücksichtigung nicht nur von Bestandsrodungen, sondern auch von Rodungen von mit dem gegenständlichen Vorhaben im räumlichen Zusammenhang stehenden eingereichten bzw. genehmigten Projekten geltend machten. Im Übrigen verneinte das BVwG das Vorliegen der Voraussetzungen des Tatbestands der Z 46 lit. e des Anhangs 1 UVP‑G 2000.

76 Ausgehend davon fehlen im angefochtenen Erkenntnis ausreichende Feststellungen dazu, ob und im Hinblick auf welche Rodungen von bestehenden, genehmigten bzw. vor dem gegenständlichen Projekt beantragten Vorhaben der Schwellenwert der Z 46 lit. a des Anhangs 1 UVP‑G 2000 erreicht wird und eine Einzelfallprüfung vorzunehmen ist, sowie für den Fall einer durchzuführenden Einzelfallprüfung, ob in Anbetracht der in diesem Zusammenhang zu kumulierenden Vorhaben mit erheblichen, schädlichen, belästigenden oder belastenden Umweltauswirkungen zu rechnen ist.

77 Das BVwG belastet auch insofern das angefochtene Erkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Ergebnis

78 Das angefochtene Erkenntnis war daher vom Verwaltungsgerichtshof gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen (prävalierender) Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

79 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf § 53 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014.

80 Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden, weil das Verwaltungsgericht ‑ ein Tribunal im Sinne des Art. 6 MRK und ein Gericht im Sinne des Art. 47 GRC ‑ eine mündliche Verhandlung durchgeführt hat.

Wien, am 17. Dezember 2019

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