BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs5
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2019:G314.2219536.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. a Katharina BAUMGARTNER über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, serbischer Staatsangehöriger, vertreten durch den Rechtsanwalt XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 18.04.2019, Zl. XXXX, betreffend die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbots zu Recht:
A) Der Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung
wird Folge gegeben und Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheids ersatzlos behoben. Gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG wird der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
B) Im Übrigen wird der Beschwerde teilweise Folge gegeben und der
angefochtene Bescheid dahin abgeändert, dass es in vollständiger Neufassung zu lauten hat:
"I. Gemäß § 52 Abs 5 FPG iVm § 9 BFA-VG wird gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen.
II. Es wird gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig ist.
III. Gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 3 Z 1 FPG wird gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von sechs Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.
IV. Gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung".
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer (BF), der einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" hat, wurde 2015 in Deutschland wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) zu einer vierjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Mit dem Schreiben des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 14.02.2019 wurde er aufgefordert, sich zur deshalb beabsichtigten Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbots zu äußern. Der BF erstattete trotz Fristerstreckung keine Stellungnahme.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid erließ das BFA gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 5 FPG iVm § 9 BFA-VG (Spruchpunkt I.), stellte fest, dass seine Abschiebung nach Serbien zulässig sei (Spruchpunkt II.), erließ gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 3 Z 5 FPG ein unbefristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt III.), setzte gemäß § 55 Abs 4 FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise fest (Spruchpunkt IV.) und erkannte einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt V.). Dies wurde im Wesentlichen mit der strafgerichtlichen Verurteilung in Deutschland, die einer inländischen Verurteilung gleichstünde, begründet. Wegen der überwiegenden öffentlichen Interessen an Ordnung und Sicherheit sei damit kein unverhältnismäßiger Eingriff in sein Privat- und Familienleben verbunden.
Dagegen richtet sich die Beschwerde mit den Anträgen, eine Beschwerdeverhandlung durchzuführen und den angefochtenen Bescheid zu beheben. Hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Rückverweisungsantrag gestellt. Dies wird zusammengefasst damit begründet, dass der BF seit 1990 in Österreich lebe und mit einer Österreicherin verheiratet sei. Auch seine beiden Kinder seien österreichische Staatsbürger. Er habe sich (abgesehen von einer geringen Geldstrafe 2004) stets wohlverhalten. Ein (unbefristetes) Einreiseverbot sei angesichts der langen Aufenthaltsdauer und der umfassenden Integration unverhältnismäßig. Die Behörde hätte der Beschwerde angesichts der erheblichen persönlichen Interessen des BF an einem Verbleib im Bundesgebiet die aufschiebende Wirkung nicht aberkennen dürfen; daher werde die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung angeregt.
Das BFA legte die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vor, wo sie am 31.05.2019 einlangten.
Feststellungen:
Der BF kam am XXXX in der serbischen Stadt XXXX zur Welt, wo er nach der achtjährigen Grundschule vier Jahre lang eine Berufsschule für Elektrotechnik besuchte und anschließend als Kraftfahrer arbeitete. 1990 zog er nach Österreich, wo sich sein Vater bereits aufhielt. Zwischen 1990 und 1993 wurden ihm wiederholt Sichtvermerke erteilt; von Dezember 1993 bis Jänner 1995 verfügte er über eine Aufenthaltsbewilligung.
Im Februar 1995 wurde der Antrag des BF auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zum Zweck der Aufnahme einer Beschäftigung abgewiesen. Nach der Ablehnung seiner Berufung dagegen wurde er wegen nicht rechtmäßigen Aufenthalts angezeigt.
Am XXXX1995 heiratete der BF die aus Serbien stammende Österreicherin XXXX(geborene XXXX), nachdem am XXXX1994 die gemeinsame Tochter XXXX inXXXX zur Welt gekommen war. Am XXXX1996 wurde das zweite Kinder der Ehegatten, XXXX, geboren. Beide Kinder des BF sind österreichische Staatsbürger.
Eine gegen den BF mit Bescheid vom 21.05.1996 erlassene Ausweisung wurde aufgrund seiner Berufung behoben, weil ihm ein von Mai bis November 1996 gültiger Sichtvermerk erteilt worden war. Ab Dezember 1996 verfügte er über eine Aufenthaltsbewilligung zum Zweck der Familiengemeinschaft mit Österreichern, ab November 1997 über einen bis November 2002 gültigen Sichtvermerk. 2002 wurde ihm eine unbefristete Niederlassungsbewilligung erteilt, 2004 ein bis 2014 gültiger Niederlassungsnachweis. Seit April 2014 verfügt der BF über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU". Das entsprechende Dokument war bis 04.04.2019 gültig; über den Verlängerungsantrag vom 05.02.2019 wurde noch nicht entschieden.
Der BF war im Bundesgebiet ab 1990 (teils unselbständig, teils selbständig) erwerbstätig. 2002 gründete er als unbeschränkt haftender Gesellschafter gemeinsam mit seiner Frau als Kommanditistin dieXXXX KG (FN XXXX) mit Sitz in XXXX, wobei ab 2003 seine Frau als unbeschränkt haftende Gesellschafterin und er als Kommanditist fungierte. Von Jänner 2004 bis Jänner 2017 war er bei diesem Unternehmen als Arbeiter beschäftigt. Außerdem ist er Miteigentümer eines Busunternehmens in Serbien, das sein Bruder dort betreibt.
2004 wurde der BF wegen des Vergehens der Körperverletzung (§ 83 Abs 1 StGB) zu einer Geldstrafe (50 Tagessätze á EUR 12) verurteilt; diese Verurteilung ist bereits getilgt. Weiteren Anzeigen, zuletzt wegen des Verdachts des Diebstahls und der Urkundenunterdrückung im August 2013, folgte keine strafgerichtliche Verurteilung.
Am 15.12.2014 wurde der BF in Deutschland verhaftet und in Untersuchungshaft genommen. Mit dem seit XXXX2015 rechtskräftigen Urteil des Landgerichts XXXX vomXXXX2015 wurde er wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 30 Abs 1 Nr. 4 BtMG) sowie Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 27 deutsches StGB iVm § 29a Abs 1 Nr. 2 BtMG) - ausgehend von einem Strafrahmen von zwei bis fünfzehn Jahren Freiheitsstrafe - zu einer vierjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Dieser Verurteilung lag zugrunde, dass er von XXXX aus in die NXXXX gereist war und auf der Rückreise am 15.12.2014 als Fahrer eines PKW 1 kg Kokain (Wirkstoffmenge 770 g Kokainhydrochlorid), das zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt war, nach XXXX einschmuggelte, wofür ihm ein Kurierlohn von EUR 2.000 in Aussicht gestellt worden war. Im offenen Ablagefach unter dem Lenkrad führte er ein Stanley-Messer griffbereit mit sich. Als der PKW routinemäßig grenzpolizeilich kontrolliert wurde, warf er das Suchtgift während des Haltevorgangs aus dem Autofenster, wurde dabei jedoch von Polizeibeamten beobachtet, sodass es im Anschluss sichergestellt werden konnte.
Bei der Strafzumessung wurden das überwiegende Geständnis des BF, seine untergeordnete Rolle als Kurierfahrer, seine (wenig konkreten) Aufklärungsbemühungen (er hatte den Spitznamen seines vorgeblichen Auftraggebers genannt und weitere, allerdings unkonkrete Angaben zu ihm gemacht), die Sicherstellung des Suchtgifts und der Umstand, dass er zuvor strafrechtlich noch nicht in Erscheinung getreten war, als mildernd berücksichtigt. Angesichts des Vorliegens eines besonders gefährlichen ("harten") Suchtgifts und der erheblichen tatbetroffenen Menge wurde das Vorliegen eines minderschweren Falls trotzdem verneint.
Die Verurteilung des BF durch das Landgericht XXXX steht einer inländischen Verurteilung gleich.
Der BF verbüßte die Freiheitsstrafe in der JustizvollzuganstaltXXXX. Mit Ordnungsverfügung vom 12.12.2016 wurde er für acht Jahre aus dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland, zu der er keine privaten oder familiären Anknüpfungen hat, ausgewiesen. Aufgrund dieser Entscheidung wurde er im Schengener Informationssystem von 22.09.2017 bis 22.09.2020 zur Einreise- bzw. Aufenthaltsverweigerung (außer bei Besitz eines gültigen Einreise- oder Aufenthaltstitels eines Schengenstaates) ausgeschrieben.
Nach der Haftentlassung im Jänner 2017 kehrte der BF in das Bundesgebiet zurück, wo er wieder (wie vor seiner Inhaftierung) in einem gemeinsamen Haushalt mit seiner Frau und seinen Kindern in einer Mietwohnung in XXXX lebte. Die XXXX KG wurde Anfang 2017 infolge rechtskräftiger Nichteröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens und Zahlungsunfähigkeit aufgelöst und daraufhin im Firmenbuch gelöscht.
Der Sohn des BF gründete im Februar 2017 das XXXX (FN XXXX). Nach einem Arbeitslosengeldbezug von Februar bis Juni 2017 war der BF zwischen Juni 2017 und November 2018 und wieder ab 15.04.2019 bei seinem Sohn beschäftigt; dazwischen bezog er wieder Arbeitslosengeld. Seine Frau ist ebenfalls beim Unternehmen ihres Sohnes beschäftigt. Die Tochter des BF, die seit 2012 als Angestellte erwerbstätig war, bezieht seit Februar 2019 Wochengeld. Sie hat vor kurzem geheiratet, trägt nun den Familiennamen XXXX und wohnt seit März 2019 nicht mehr bei ihren Eltern, sondern an einer anderen Adresse in XXXX.
Der BF weist außer der Verurteilung durch das Landgericht XXXX keine ungetilgten strafgerichtlichen Verurteilungen auf. Ein gegen ihn zu XXXX des Bezirksgerichts XXXX wegen des Verdachts der Körperverletzung (§ 83 Abs 1 StGB) geführtes Strafverfahren wurde im November 2018 diversionell erledigt.
Der BF spricht Serbisch und Deutsch. Er leidet seit vielen Jahren an Diabetes mellitus, ist aber abgesehen davon gesund und arbeitsfähig.
Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang ergibt sich ohne entscheidungserhebliche Widersprüche aus dem unbedenklichen Inhalt der vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens und des Gerichtsakts des BVwG.
Die Identität des BF ergibt sich aus seinem in Kopie vorliegenden, grundsätzlich unbedenklichen Reisepass, aus dem auch sein Geburtsort hervorgeht. Seine Geburtsurkunde liegt ebenfalls vor. Seine Schul- und Berufsausbildung wird anhand der Feststellungen zu seiner Person im Urteil des Landegerichts XXXX festgestellt, die insoweit im Einklang mit anderen Aktenbestandteilen (z.B. den Angaben des BF bei der Beschuldigtenvernehmung am 31.08.2013) stehen.
Der BF behauptet, sich schon seit 1989 im Bundesgebiet aufzuhalten. Aus den Akten, insbesondere dem frühesten vorliegenden Antrag auf Erteilung eines Sichtvermerks, lässt sich ein Inlandsaufenthalt erst ab 1990 verifizieren; im Zentralen Melderegister (ZMR) scheint überhaupt erst ab November 1991 eine Nebenwohnsitzmeldung und ab November 2000 eine Hauptwohnsitzmeldung auf. Angesichts der langen Aufenthaltsdauer des BF und des bloßen Indizcharakters von Eintragungen im Melderegister (vgl. VwGH 29.05.2018, Ra 2018/21/0010) sind diese Diskrepanzen nicht entscheidungswesentlich. Da dem BF ab 1990 Sichtvermerke bzw. Aufenthaltstitel erteilt wurden, geht das Gericht davon aus, dass er sich seither im Bundesgebiet aufhält.
Die dem BF erteilten Sichtvermerke und Aufenthaltstitel werden anhand der aktenkundigen Anträge und Entscheidungen festgestellt. Die Antragsabweisung 1995 und die darauffolgende Anzeige wegen nicht rechtmäßigen Aufenthalts liegen ebenfalls vor.
Die Heiratsurkunde des BF, die Geburtsurkunde seiner Frau (die belegt, dass sie wie er aus Serbien stammt) und seiner Tochter sowie deren Staatsbürgerschaftsnachweise liegen vor. Das Geburtsdatum und die Staatsangehörigkeit seines Sohnes ergeben sich aus den entsprechenden, im ZMR ersichtlichen Informationen.
Die Ausweisung des BF 1996 und deren Behebung erheben sich aus den aktenkundigen Bescheiden darüber. Die dem BF ab 2002 erteilten unbefristeten Aufenthaltstitel sind auch im Informationsverbund Zentrales Fremdenregister (IZR) dokumentiert.
Die Erwerbstätigkeit des BF im Bundesgebiet ergibt sich aus den Feststellungen zu seiner Person im Urteil des Landegerichts XXXX, aus denen auch hervorgeht, dass er am Unternehmen seines Bruders in Serbien beteiligt ist, und aus dem Versicherungsdatenauszug. Die Feststellungen zur XXXXKG werden anhand des Firmenbuchs getroffen.
Im österreichischen Strafregister scheinen keine Verurteilungen des BF auf. Im Einklang damit wurde sein bisher ordentlicher Lebenswandel vom Landgericht XXXX bei der Strafzumessung als mildernd berücksichtigt. Es ist daher davon auszugehen, dass die aktenkundige Verurteilung zu einer Geldstrafe, die auch in der Beschwerde erwähnt wird, bereits getilgt ist und den weiteren aus den vorgelegten Akten ersichtlichen Anzeigen keine Verurteilungen folgten. Dafür liegen keine tragfähigen Anhaltspunkte, wie z.B. Strafurteile oder Verständigungen bzw. Auskünfte von Strafgerichten, vor.
Die Feststellungen zu den vom BF begangenen Straftaten, zu seiner Verurteilung und zu den Strafzumessungsgründen basieren auf dem vorliegenden Urteil des LandgerichtsXXXX, dessen Rechtskraft aus der aktenkundigen Ausweisungsverfügung hervorgeht. In letzterer ist auch der Vollzug der Haftstrafe festgehalten. Das von Deutschland gegen den BF damit erlassene schengenweite Einreise- bzw. Aufenthaltsverbot ist im Schengener Informationssystem dokumentiert. Die Feststellung, dass die Verurteilung durch das Landgericht XXXX einer inländischen Verurteilung gleichsteht, basiert auf dem Schreiben des Justizministeriums vom 30.03.2018.
Die Rückkehr des BF in das Bundesgebiet nach der Haftentlassung ergibt sich aus der Mitteilung vonXXXX laut dem Schreiben vom 23.10.2017, wonach er XXXXam 23.01.2017 verließ. Bis März 2019 bestanden übereinstimmende Hauptwohnsitzmeldungen des BF, seiner Ehefrau und seiner Kinder an derselben Anschrift in XXXX, für die auch ein Mietvertrag vorgelegt wurde. Die Tochter des BF ist seit März 2019 an einer anderen Adresse mit Hauptwohnsitz gemeldet. Dies, ihre Verehelichung und ihr neuer Familienname gehen aus dem ZMR hervor; ihre Erwerbstätigkeit und der Wochengeldbezug aus dem Versicherungsdatenauszug.
Die Feststellungen zu Auflösung und Löschung der XXXX KG beruhen auf dem Firmenbuch, aus dem auch die Gründung des XXXX durch den Sohn des BF hervorgeht. Die Tätigkeit des BF und seiner Ehefrau für ihn sowie der zwischenzeitige Bezug von Arbeitslosengeld ergeben sich aus dem Versicherungsdatenauszug.
Die diversionelle Erledigung des Strafverfahrens gegen den BF 2018 ergibt sich aus der entsprechenden Auskunft des Bezirksgerichts
XXXX.
Serbischkenntnisse des BF sind aufgrund seiner Herkunft und der in seiner Heimat absolvierten Ausbildung plausibel. Deutschkenntnisse können aufgrund seines langjährigen Inlandsaufenthalts und seiner (zum Teil selbständigen) Erwerbstätigkeit abgeleitet werden, zumal schon seiner polizeilichen Einvernahme im August 2013 kein Dolmetsch beigezogen werden musste.
Das Verfahren hat keine Anhaltspunkte für (über die aktenkundige Diabeteserkrankung des BF hinausgehende) gesundheitliche Probleme oder Einschränkungen seiner Arbeitsfähigkeit ergeben. Die Arbeitsfähigkeit folgt schon aus der aktuell ausgeübten Erwerbstätigkeit und seinem berufsfähigen Alter.
Für weitere private oder familiäre Anknüpfungen oder zusätzliche Integrationsmomente gibt es weder im Akteninhalt noch im Vorbringen des BF Hinweise.
Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids:
Der BF ist als Staatsangehöriger von Serbien Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs 4 Z 10 FPG. Da er über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" verfügt, kommt ihm nach § 20 Abs 3 NAG in Österreich - unbeschadet der befristeten Gültigkeitsdauer des diesem Aufenthaltstitel entsprechenden Dokuments - ein unbefristetes Niederlassungsrecht zu. Die Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung ist daher am Maßstab des § 52 Abs 5 FPG zu prüfen, wobei sich Einschränkungen der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung auch noch aus § 9 BFA-VG ergeben (siehe VwGH 29.05.2018, Ra 2018/21/0067).
Gemäß § 52 Abs 5 FPG setzt eine Rückkehrentscheidung gegen den BF zunächst voraus, dass die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs 3 FPG die Annahme rechtfertigen, dass sein weitere Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde. Dies ist (soweit hier relevant) gemäß § 53 Abs 3 Z 1 FPG dann der Fall, wenn er von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt wurde. Bei einer rechtskräftigen Verurteilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren kann gemäß § 53 Abs 3 Z 5 FPG sogar ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen werden.
Bei der Prüfung, ob die Annahme einer solchen Gefährdung gerechtfertigt ist, muss eine das Gesamtverhalten des Fremden berücksichtigende Prognosebeurteilung vorgenommen werden. Dabei ist auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme (hier: eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit, vgl § 53 Abs 3 erster Satz FPG) gerechtfertigt ist. Es ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung oder Bestrafung, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen (vgl VwGH 21.06.2018, Ra 2016/22/0101).
Gemäß § 53 Abs 5 FPG sind bereits getilgte Verurteilungen nicht maßgeblich; § 73 StGB ("Sofern das Gesetz nicht ausdrücklich auf die Verurteilung durch ein inländisches Gericht abstellt, stehen ausländische Verurteilungen inländischen gleich, wenn sie den Rechtsbrecher wegen einer Tat schuldig sprechen, die auch nach österreichischem Recht gerichtlich strafbar ist, und in einem den Grundsätzen des Art 6 der EMRK entsprechenden Verfahren ergangen sind") gilt.
Die strafgerichtliche Verurteilung des BF in Deutschland, wo ebenfalls ein Recht auf ein faires Strafverfahren besteht und gesetzliche Bestimmungen, z.B. die Strafprozessordnung, im Lichte der EMRK auszulegen sind (siehe Bundesverfassungsgericht 26.03.1987, 2 BvR 589/79), ist in einem den Grundsätzen des Art 6 EMRK entsprechenden Verfahren ergangen. Die Tat, wegen der er schuldig gesprochen wurde, ist auch nach österreichischem Recht gerichtlich strafbar, zumal nach § 28a Abs 1 zweiter Fall iVm Abs 4 Z 3 SMG die Einfuhr von einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge übersteigenden Menge Suchtgift mit Freiheitsstrafe von einem bis zu fünfzehn Jahren bedroht ist. Da die Grenzmenge für Cocain nach § 28b SMG iVm der Suchtgift-Grenzmengenverordnung 15 g beträgt, hätte der BF auch nach österreichischem Recht zu einer Freiheitsstrafe von bis zu 15 Jahren verurteilt werden können. Aufgrund seiner Verurteilung zu einer vierjährigen Freiheitsstrafe sind die Voraussetzungen für die Erlassung eines unbefristeten Einreiseverbots nach § 53 Abs 3 Z 5 iVm Abs 5 FPG und für eine Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs 5 FPG erfüllt.
Die Haftentlassung des BF liegt noch nicht lange zurück, wobei seither ein weiteres Strafverfahren wegen einer gegen die körperliche Integrität gerichteten Tat gegen ihn eingeleitet wurde, das mit einer Diversion (die eine entsprechende Verantwortungsüberahme voraussetzt) endete. Für den Wegfall oder eine maßgebliche Minderung der von ihm ausgehenden, durch die schwerwiegende strafgerichtliche Verurteilung indizierten Gefährlichkeit bedarf es daher noch eines weiteren, entsprechend langen Zeitraums des Wohlverhaltens in Freiheit (siehe VwGH 08.11.2018, Ra 2017/22/0207). Dieser Zeitraum ist umso länger anzusetzen, je nachdrücklicher sich die Gefährlichkeit des Fremden - etwa in Hinblick auf das der strafgerichtlichen Verurteilung zu Grunde liegende Verhalten oder einen raschen Rückfall - manifestiert hat (siehe zuletzt etwa VwGH 10.09.2018, Ra 2018/19/0169).
Da der Lebensmittelpunkt des BF seit Jahrzehnten in Österreich liegt, greift die Rückkehrentscheidung massiv in sein Privat- und Familienleben ein, sodass ihre Verhältnismäßigkeit unter dem Gesichtspunkt von Art 8 EMRK am Maßstab des § 9 BFA-VG zu prüfen ist. Nach § 9 Abs 1 BFA-VG ist (ua) die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, die in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingreift, nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Dabei ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalls eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs 2 BFA-VG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs 3 BFA-VG ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0198).
Gemäß Art 8 Abs 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Art 8 Abs 2 EMRK legt fest, dass der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft ist, soweit er gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs 2 BFA-VG insbesondere Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war (Z 1), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3), der Grad der Integration (Z 4), die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden (Z 5), die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6), Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7), die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Z 8) und die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (Z 9), zu berücksichtigen.
Gemäß § 9 Abs 3 BFA-VG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung jedenfalls begründet abzusprechen, insbesondere im Hinblick darauf, ob sie auf Dauer unzulässig ist, also wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht verfügen, unzulässig wäre.
Die in § 9 Abs 5 und 6 BFA-VG festgelegten Einschränkungen für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung bei besonders langer Aufenthaltsdauer im Inland stehen einer Rückkehrentscheidung gegen den BF nicht entgegen, weil § 53 Abs 3 Z 5 FPG erfüllt ist.
Bei der Interessenabwägung ist hier gemäß § 9 Abs 2 Z 1 BFA-VG zu berücksichtigen, dass sich der BF seit vielen Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und seit 2002 über unbefristete Aufenthaltstitel verfügt. Er hat hier ein geschütztes Privat- und Familienleben mit seiner österreichischen Ehefrau und den gemeinsamen Kindern, zumal er mit seiner Frau und seinem Sohn nach wie vor in einem gemeinsamen Haushalt zusammenlebt. Aufgrund der langjährigen Erwerbstätigkeit im Inland, der Selbsterhaltungsfähigkeit und der Deutschkenntnisse liegt ein besonders hoher Grad der Integration iSd § 9 Abs 2 Z 4 BFA-VG vor. Der BF hat aber auch noch gemäß § 9 Abs 2 Z 5 BFA-VG maßgebliche Bindungen zu seinem Heimatstaat, wo er die prägenden Jahre seiner Kindheit und Jugend verbrachte und eine Schul- und Berufsausbildung absolvierte. Er spricht eine dort übliche Sprache, ist an einem dort etablierten Unternehmen beteiligt und hat in seinem dort lebenden Bruder zumindest eine Bezugsperson. Es wird ihm aufgrund seiner Arbeitsfähigkeit und der Berufserfahrung als Busfahrer und Transportunternehmer möglich sein, trotz der schwierigen wirtschaftlichen Situation in Serbien für seinen Lebensunterhalt aufzukommen und sich ohne größere Probleme wieder in die dortige Gesellschaft zu integrieren, zumal seine Frau selbst berufstätig ist und auch seine Kinder bereits selbsterhaltungsfähig sind, sodass ihn keine Sorgepflichten treffen. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung iSd § 9 Abs 2 Z 7 BFA-VG liegen ebensowenig vor wie den Behörden zurechenbare überlange Verzögerungen iSd § 9 Abs 2 Z 9 BFA-VG.
In Fällen gravierender Kriminalität und daraus ableitbarer hoher Gefährdung der öffentlichen Sicherheit steht die Zulässigkeit der Erlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auch gegen langjährig in Österreich befindliche Fremde, selbst wenn sie - wie hier - Ehegatten österreichischer Staatsbürger sind, nicht in Frage. Das massive strafrechtliche Fehlverhalten des BF, der wegen der Einfuhr einer übergroßen Menge eines äußerst gefährlichen Suchtgifts als Ersttäter zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt wurde, hat in der Interessenabwägung maßgebliche Berücksichtigung zu finden, zumal der VwGH in Bezug auf Suchtgiftdelinquenz bereits wiederholt festgehalten hat, dass diese ein besonders verpöntes Fehlverhalten darstellt, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben ist und an dessen Verhinderung ein besonders großes öffentliches Interesse besteht (siehe z.B. VwGH 23.02.2016, Ra 2015/01/0249).
Aufgrund der gravierenden Suchtgiftdelinquenz des BF ist daher die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen ihn in einer Gesamtbetrachtung der nach § 9 BFA-VG zu berücksichtigenden Umstände trotz seines langen rechtmäßigen Aufenthalts, der sozialen und beruflichen Integration und der engen Beziehung zu seinen nahen Angehörigen, die österreichische Staatsbürger sind, zulässig und geboten. Sein Fehlverhalten bewirkt eine so erhebliche Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, dass sogar seine ausgeprägten privaten und familiären Interessen zurücktreten müssen. Die Rückkehrentscheidung ist angesichts der Schwere der strafgerichtlich zu ahndenden Verstöße des BF zur Verwirklichung der in Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele, namentlich der Verhinderung strafbarer Handlungen, des Schutzes der öffentlichen Ordnung, der Gesundheit sowie der Rechte und Freiheiten anderer, dringend geboten. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass seine Kinder bereits volljährig sind und auf eigenen Beinen stehen. Der BF kann den Kontakt zu ihnen und zu seiner Ehefrau über diverse Kommunikationsmittel (Telefon, E-Mail, Internet, soziale Netzwerke) und bei Besuchen in Serbien (oder in anderen Staaten außerhalb des Schengen-Gebiets) pflegen. Die vom BFA erlassene Rückkehrentscheidung ist daher nicht zu beanstanden.
Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids:
Für die gemäß § 52 Abs 9 FPG von Amts wegen gleichzeitig mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorzunehmende Feststellung der Zulässigkeit einer Abschiebung gilt der Maßstab des § 50 FPG (siehe VwGH 05.10.2017, Ra 2017/21/0157). Demnach ist die Abschiebung unzulässig, wenn dadurch Art 2 oder Art 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK verletzt würde oder für den Betreffenden als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre (Abs 1), wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben oder die Freiheit aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Ansichten bedroht wäre (Abs 2) oder solange die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den EGMR entgegensteht (Abs 3).
Da keine dieser Voraussetzungen hier zutrifft, ist die Abschiebung des BF nach Serbien zulässig, zumal es sich um einen sicheren Herkunftsstaat nach § 1 Z 6 HStV handelt. Es liegen unter Berücksichtigung der stabilen Situation dort und der Lebensumstände des arbeitsfähigen BF, der an keiner dort nicht behandelbaren Erkrankung leidet, keine konkreten Gründe vor, die eine Abschiebung unzulässig machen würden. Daher ist auch Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids nicht korrekturbedürftig.
Zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids:
Wie bereits oben dargelegt, kann gegen den BF aufgrund der Erfüllung der Tatbestände des § 53 Abs 3 Z 1 und 5 FPG ein bis zu zehnjähriges oder sogar ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen werden. Dabei ist sowohl für die Frage, ob überhaupt ein Einreiseverbot zu verhängen ist, als auch für die Bemessung seiner Dauer eine einzelfallbezogene Gefährdungsprognose vorzunehmen, in die sein Gesamtverhalten einzubeziehen ist. Aufgrund konkreter Feststellungen ist eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick worauf die Annahme einer schwerwiegenden Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gerechtfertigt ist. Außerdem ist im Rahmen einer Interessenabwägung zu prüfen, ob private oder familiäre Interessen der Verhängung eines Einreiseverbots in der konkreten Dauer entgegenstehen (Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht § 53 FPG K 10, 12; siehe auch VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0289).
Hier ist dem BFA dahin beizupflichten, dass der Aufenthalt des BF eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt, die ein Einreiseverbot erforderlich macht, zumal er eine übergroße Menge einer "harten" Droge aus den Niederlanden nach Deutschland einführte. Da er aber nur diese eine ungetilgte strafgerichtliche Verurteilung aufweist, vorzeitig aus der Haft entlassen werden konnte und der Erstvollzug im Allgemeinen eine erhöhte spezialpräventive Wirkung hat, ist - auch unter Bedachtnahme auf seine erheblichen privaten und familiären Interessen an einem Aufenthalt im Bundesgebiet - ein unbefristetes Einreiseverbot überschießend. Die Dauer des Einreiseverbots ist daher auf sechs Jahre zu reduzieren, zumal das Strafgericht bei der Strafzumessung im unteren Bereich des Strafrahmens blieb und gewichtige Milderungsgründe vorlagen. Ein sechsjähriges Einreiseverbot ist dem konkreten Unrechtsgehalt der vom BF begangenen Straftaten (unter Berücksichtigung der Strafzumessungsgründe) und seinen persönlichen Lebensumständen angemessen. Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids ist insoweit abzuändern.
Zu den Spruchpunkten IV. und V. des angefochtenen Bescheids:
Gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist. Die Aberkennung bedarf - insbesondere angesichts der weitreichenden damit verbundenen Konsequenzen - einer entsprechend sorgfältigen, einzelfallbezogenen Begründung. Sie darf nicht ausschließlich darauf gestützt werden, dass die Voraussetzungen für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung erfüllt sind. Die Behörde muss vielmehr nachvollziehbar darlegen, warum darüber hinaus die sofortige Ausreise des BF geboten sei.
Das BVwG hat gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit stützt, genau zu bezeichnen.
Da der BF Anfang 2017 aus der Haft entlassen wurde und seither wieder im Bundesgebiet bei seiner Familie lebt, einer geregelten Beschäftigung nachgeht und nicht mehr strafgerichtlich verurteilt wurde, ist nicht ersichtlich, dass seine sofortige Ausreise geboten ist. Angesichts des langjährigen rechtmäßigen Aufenthalts und der privaten und familiären Bindungen im Bundesgebiet ist mit der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ein unverhältnismäßiger Eingriff in seine von Art 8 EMRK geschützten Rechte verbunden, sodass Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheids zu beheben und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen ist.
Zugleich mit einer Rückkehrentscheidung wird gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt, die grundsätzlich 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheids beträgt, wenn nicht der Betroffene besondere Umstände nachweist, die eine längere Frist erforderlich machen. Gemäß § 55 Abs 4 FPG ist von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn der Beschwerde die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs 2 BFA-VG aberkannt wurde.
Da hier die aufschiebende Wirkung zu Unrecht aberkannt wurde, ist eine Frist für die freiwillige Ausreise festzulegen. Da keine besonderen Umstände nachgewiesen wurden, die der BF bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hätte, beträgt diese gemäß § 55 Abs 2 FPG 14 Tage.
Eine Beschwerdeverhandlung entfällt gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG, weil der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint und die mündliche Erörterung keine weitere Klärung der Rechtssache erwarten lässt, zumal das Gericht ohnehin von der Richtigkeit der in der Beschwerde aufgestellten, glaubhaften Behauptungen des BF zu seinem Privat- und Familienleben ausgeht.
Die bei Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung vorgenommene Interessenabwägung ist im Allgemeinen nicht revisibel. Das gilt sinngemäß auch für die einzelfallbezogene Erstellung einer Gefährdungsprognose und für die Bemessung der Dauer des Einreiseverbots (VwGH 29.05.2018, Ra 2018/20/0259). Die Revision ist nicht zuzulassen, weil sich das BVwG dabei an bestehender höchstgerichtlicher Rechtsprechung orientieren konnte und keine darüber hinausgehende grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu lösen war.
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