BVwG I420 2135994-1

BVwGI420 2135994-127.5.2019

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
AsylG 2005 §8 Abs4
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 2
EMRK Art. 3
EMRK Art. 8
FPG §46
FPG §50
FPG §52
FPG §55
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2019:I420.2135994.1.00

 

Spruch:

I420 2135991-1/15E

 

I420 2135994-1/14E

 

I420 2184268-1/7E

 

I420 2215778-1/6E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Dr. Magdalena HONSIG-ERLENBURG als Einzelrichterin über die Beschwerden des XXXX, geb. XXXX, der XXXX, geb. XXXX, der minderjährigen XXXX, geb.XXXX, und der minderjährigen XXXX, geb. XXXX, die minderjährigen Beschwerdeführerinnen gesetzlich vertreten durch XXXX bzw. durch XXXX, alle irakische Staatsbürger und vertreten durch den MigrantInnenverein St. Marx, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX, Zl. XXXX, vom XXXX, Zl. XXXX, vom XXXX, Zl. XXXX, und vom XXXX, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX, zu Recht erkannt:

 

A)

 

I. Die Beschwerden gegen Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide werden als unbegründet abgewiesen.

 

II. Den Beschwerden gegen Spruchpunkt II. der angefochtenen Bescheide wird stattgegeben und gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 wird XXXX, XXXX, XXXX und XXXX der Status von subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak zuerkannt.

 

III. Ihnen wird gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine für ein Jahr gültige befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigte erteilt.

 

IV. Die Spruchpunkte III. und IV. der angefochtenen Bescheide vom 06.09.2016 und vom 07.09.2016 bzw. die Spruchpunkte III. bis VI. der angefochtenen Bescheide vom 14.12.2017 und vom 29.01.2019 werden aufgehoben.

 

B)

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang:

 

Die Verfahren von XXXX (Erstbeschwerdeführer) und seiner Ehefrau XXXX (Zweitbeschwerdeführerin) sowie ihrer zwei minderjährigen Kinder (der am XXXX geborenen Drittbeschwerdeführerin XXXX und der am XXXX geborenen Viertbeschwerdeführerin XXXX) sind im Sinne des § 34 AsylG 2005 gemeinsam als Familienverfahren zu führen.

 

Der Erstbeschwerdeführer stellte nach illegaler Einreise am 01.06.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Am nächsten Tag wurde der Erstbeschwerdeführer durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes einvernommen. Zu seinem Fluchtgrund befragt gab der Erstbeschwerdeführer an, dass seine Familie Anfang 2015 von schiitischen Milizen bedroht worden sei, zwei seiner Brüder getötet worden seien und er aus Angst um sein Leben aus seiner Heimat geflohen sei.

 

Die Zweitbeschwerdeführerin stellte nach illegaler Einreise in Österreich am 19.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Sie gab an, dass sie von einer schiitischen Gruppierung, welche ihre beiden Schwager umgebracht habe, bedroht werde. Auch ihr Mann sei bedroht worden und daraufhin geflohen. Sie habe ihr Studium fortsetzen wollen und sei deswegen bedroht worden, woraufhin ihre Eltern ihr zur Flucht geraten hätten.

 

Der Erstbeschwerdeführer wurde am 07.06.2016 niederschriftlich durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) einvernommen. Er gab zu seinen Fluchtgründen befragt an, dass er insgesamt zwei Mal bedroht worden sei. 2014 habe man mit einem Spray auf sein Auto geschrieben "Fahr weg, sonst wirst du umgebracht". 2015 habe ihn ein Arbeitskollege gewarnt und ihm mitgeteilt, dass die Asa'ib Ahl al-Haqq und die "El Daua" erfahren hätten, dass seine Brüder umgebracht worden seien und wenn sie ihn erwischen, auch ihn umbringen würden. Bei seiner Arbeitsstelle seien in drei Monaten sechs oder sieben Mitarbeiter umgebracht worden. Die Gesh El Mahdi habe einen seiner Brüder erschossen, der andere sei durch den Premierminister Al-Maliki festgenommen und erhängt worden. Seine Frau sei nicht bedroht worden. Jeder Sunnit werde festgenommen und umgebracht, die schiitischen Milizen seien überall. Bei einer Rückkehr werde er umgebracht. Im Zuge der Einvernahme legte der Erstbeschwerdeführer u.a. die Sterbeurkunden seiner zwei Brüder sowie ein Arbeitszeugnis des irakischen Bildungsministeriums vor.

 

Nach dem Erstbeschwerdeführer wurde auch die Zweitbeschwerdeführerin am 07.06.2016 niederschriftlich durch das BFA einvernommen. Sie erklärte, dass zunächst nur ihr Mann bedroht und nachdem dieser ausgereist sei auch sie bedroht worden sei. Man habe ihrem Vater mitgeteilt, dass das Leben seiner Tochter in Gefahr sei. Außerdem sei ihr Antrag auf Studienfortsetzung von ihrer schiitischen Universität mit der Begründung abgelehnt worden, dass ihr Leben in Gefahr sei. Der Name der sunnitischen Miliz sei Asa'ib Ahl al-Haqq.

 

In der Folge wurden die Anträge des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin mit den im Spruch genannten Bescheiden des BFA vom 06.09.2016 bzw. vom 07.09.2016 hinsichtlich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurden die Anträge auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak abgewiesen (Spruchpunkt II. der angefochtenen Bescheide). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde den Beschwerdeführern gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurden gegen die Beschwerdeführer Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer gemäß § 46 FPG in den Irak zulässig sei (Spruchpunkt III. der angefochtenen Bescheide). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV. der angefochtenen Bescheide).

 

Gegen die Bescheide vom 06.09.2016 bzw. vom 07.09.2016 wurde fristgerecht am 22.09.2016 Beschwerde erhoben sowie entsprechende Vollmachten für die Vertretung durch den MigrantInnenverein St. Marx vorgelegt. Das Leben der Beschwerdeführer sei im Irak bedroht worden, zumal sie als Sunniten zur Minderheitsbevölkerung gehören würden. Zudem seien die Beschwerdeführer aufgrund der Arbeitstätigkeit bzw. aufgrund des familiären Hintergrundes des Erstbeschwerdeführers verfolgt worden. Es wurde beantragt den Beschwerdeführern Asyl zu gewähren; allenfalls subsidiären Schutz zu gewähren; allenfalls den angefochtenen Bescheid aufzuheben und zur Ergänzung des Verfahrens an die erste Instanz zurückzuverweisen; aufschiebende Wirkung zu gewähren; einen landeskundigen Sachverständigen zu beauftragen, der sich mit der aktuellen Situation im Irak befasst; eine mündliche Beschwerdeverhandlung anzuberaumen, damit die Beschwerdeführer die vorgeworfene Kritik an ihrem Vorbringen widerlegen könnten; allenfalls eine Rückkehrentscheidung für auf Dauer unzulässig zu erklären; allenfalls ein Aufenthaltstitel aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen zu erteilen; allenfalls festzustellen, dass die Abschiebung in den Irak unzulässig ist.

 

Am XXXX wurde die Drittbeschwerdeführerin geboren und am 11.12.2017 brachte die Zweitbeschwerdeführerin als gesetzliche Vertreterin einen Antrag auf Familienverfahren für diese ein. Es wurden keine eigenen Fluchtgründe geltend gemacht.

 

Mit dem im Spruch angeführten Bescheid vom 14.12.2017 wurde der Antrag der Drittbeschwerdeführerin vom 11.12.2017 hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde der Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status einer subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde der Drittbeschwerdeführerin gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die Drittbeschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der Drittbeschwerdeführerin gemäß § 46 FPG in den Irak zulässig sei (Spruchpunkt V). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.).

 

Mit Schreiben vom 11.01.2018 erhob die Drittbeschwerdeführerin - durch ihre Rechtsvertretung - gegen den Bescheid des BFA vom 14.12.2017 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde und es wurde auf das Vorbringen des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin verwiesen.

 

Am XXXX wurde die Viertbeschwerdeführerin geboren und am 04.01.2019 brachte der Erstbeschwerdeführer als gesetzlicher Vertreter einen Antrag auf Familienverfahren für diese ein. Es wurden keine eigenen Fluchtgründe geltend gemacht.

 

Mit dem im Spruch angeführten Bescheid vom 29.01.2019 wurde der Antrag der Viertbeschwerdeführerin vom 04.01.2019 hinsichtlich der Zuerkennung des Status einer Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde der Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status einer subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde der Viertbeschwerdeführerin gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die Viertbeschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der Viertbeschwerdeführerin gemäß § 46 FPG in den Irak zulässig sei (Spruchpunkt V). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.).

 

Mit Schreiben vom 12.02.2019 erhob die Viertbeschwerdeführerin - durch ihre Rechtsvertretung - gegen den Bescheid des BFA vom 29.01.2019 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde und es wurde auf das Vorbringen des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin verwiesen.

 

Am 30.04.2019 wurde eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht abgehalten, in welcher der Erstbeschwerdeführer sowie die Zweitbeschwerdeführerin im Beisein ihrer Rechtsvertretung befragt wurden; im Vorfeld war den Beschwerdeführern das Länderinformationsblatt zum Irak zugeschickt worden.

 

Die Verfahren der Beschwerdeführer wurden seitens des Bundesverwaltungsgerichts zur gemeinsamen Verhandlung verbunden. Im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung wurden die Beschwerdeführer im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch getrennt voneinander u.a. zu ihrer Identität, ihrer Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, ihren Familienverhältnissen, ihren Fluchtgründen und ihrem Leben in Österreich befragt. Im Zuge der mündlichen Verhandlung wurden ein irakischer Haftbefehl für den Erstbeschwerdeführer, ein Entlassungsschein aus dem Gefängnis hinsichtlich des Erstbeschwerdeführers, ein Scheidungsantrag der Zweitbeschwerdeführerin, neue Erwägungen des UNHCR hinsichtlich der Situation im Irak und Integrationsunterlagen vorgelegt.

 

Im Zuge der Verhandlung wurden seitens der Rechtsvertretung der Antrag auf Anfrage an die Staatendokumentation zum Beweis, dass in den Jahren 2010 bis 2015 eine systematische Verfolgung der Sunniten im Stadtteil, in dem der Erstbeschwerdeführer gelebt habe, stattgefunden habe, und ein Antrag auf Anfrage in Bezug auf den Haftbefehl, zum Beweis dafür, dass eine Rückkehr für den Erstbeschwerdeführer nicht möglich sei, gestellt.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

Zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch:

 

 

 

 

 

II.1. Feststellungen:

 

II.1.1. Zu den Personen der Beschwerdeführer:

 

Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige der Republik Irak. Es handelt sich bei den Beschwerdeführern um einen volljährigen Mann (Erstbeschwerdeführer), seine volljährige Ehefrau (Zweitbeschwerdeführerin) sowie ihre zwei minderjährigen Kinder (Drittbeschwerdeführerin und Viertbeschwerdeführerin).

 

Die Identitäten der Beschwerdeführer stehen fest.

 

Die Beschwerdeführergehören der Volksgruppe der Araber an und sind sunnitische Muslime.

 

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin haben im Irak standesamtlich und traditionell geheiratet und sind Eltern sowie gesetzliche Vertreter der minderjährigen Dritt- und Viertbeschwerdeführerin.

 

Der Erstbeschwerdeführer hält sich seit spätestens 01.06.2015 und die Zweitbeschwerdeführerin seit spätestens 19.11.2015 in Österreich auf. Die Drittbeschwerdeführerin wurde am XXXX und die Viertbeschwerdeführerin wurde am XXXX in Österreich geboren.

 

Im Bundesgebiet leben die Beschwerdeführer in einem gemeinsamen Haushalt und sind strafrechtlich unbescholten.

 

II.1.2. Zu den Fluchtmotiven und zur Rückkehrgefährdung der Beschwerdeführer:

 

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer im Irak aufgrund ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt werden würden. Es ist nicht glaubhaft, dass der Erstbeschwerdeführer bzw. auch die Zweitbeschwerdeführerin von schiitischen Milizen aufgrund der Arbeitstätigkeit bzw. aufgrund des familiären Hintergrundes des Erstbeschwerdeführers sowie aufgrund der Religionszugehörigkeit verfolgt worden seien. Eine sonstige Verfolgung der Beschwerdeführer im Irak wurde nicht substantiiert behauptet.

 

Für die minderjährigen Beschwerdeführerinnen wurden keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht.

 

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin lebten bis zu ihrer Ausreise aus dem Irak in Bagdad. Der Erstbeschwerdeführer schloss die Schule mit Matura ab und arbeitete im Anschluss als Friseur. Danach war er bis zu seiner Ausreise im Jahr 2015 als Angestellter für das Bildungsministerium tätig und arbeitete nach Dienstschluss als Taxifahrer. Die Zweitbeschwerdeführerin schloss die Schule mit Matura ab und war im Anschluss Hausfrau. Die Beschwerdeführer sind generell gesund. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin befinden sich in einem erwerbsfähigen Alter.

 

Die Beschwerdeführer haben keine weiteren familiären Anknüpfungspunkte in Österreich. Ihre übrige Familie lebt im Irak. Insbesondere die Eltern sowie eine Schwester des Erstbeschwerdeführers wie auch die Eltern und Geschwister der Zweitbeschwerdeführerin leben nach wie vor in Bagdad. Ein Bruder des Erstbeschwerdeführers lebt derzeit in der Türkei, ein weiterer Bruder lebt in Deutschland.

 

Der Erstbeschwerdeführer war als Angestellter für das Bildungsministerium in Bagdad tätig. Daneben arbeitete er als Taxifahrer. Allerdings ist nicht glaubhaft, dass der Erstbeschwerdeführer wegen seiner Anstellung als sunnitischer Ministeriumsmitarbeiter bzw. aufgrund seines familiären Hintergrundes von schiitischen Milizen bedroht worden war.

 

Der Erstbeschwerdeführer würde im Falle seiner Rückkehr in den Irak aber aufgrund seiner früheren Tätigkeit als Mitarbeiter für das Ministerium mit besonderen Problemen zu rechnen haben; insbesondere ist zu erwarten, dass die schiitischen Milizen, welche ihre Stellung in Bagdad in den letzten Jahren zusehends ausbauen konnten, einer Person, welche für ein Ministerium tätig war, nicht unterstützen würden und der Erstbeschwerdeführer daher Schwierigkeiten hätte, für sich und seine Familie die Existenz zu sichern. Es besteht die reale Gefahr, dass die Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in eine ausweglose Lage geraten und selbst ihre grundlegende Existenz und Versorgung mit Nahrungsmitteln gefährdet wäre.

 

II.1.3. Zur Situation im Irak bzw. in Bagdad:

 

Die folgenden Feststellungen werden auf Basis des aktuellen Länderinformationsblattes der Staatendokumentation (Stand 20.11.2018, letzte Kurzinformation am 09.04.2019) getroffen.

 

Kurzinformation vom 09.04.2019, Parlamentswahlen vom 30.12.2018:

 

Bagdad

 

Aufständische haben mittlerweile die meisten ihrer Ressourcen aus Bagdad abgezogen, einst das Hauptziel des Terrorismus (Joel Wing 4.3.2019). Im Dezember 2018 wurden 15 sicherheitsrelevante Vorfalle mit zehn Toten (Joel Wing 2.1.2019) verzeichnet, bzw. 17 Tote und drei Verwundete (UNAMI 3.1.2019). Im Jänner 2019 wurden zwölf sicherheitsrelevante Vorfälle mit 13 Toten erfasst (Joel Wing 4.2.2019), im Februar dagegen nur noch sieben Vorfälle mit sieben Toten (Joel Wing 4.3.2019) und im März vier Vorfälle mit fünf Toten und fünf Verletzten (Joel Wing 3.4.2019). Dabei handelte es sich meist um Schießereien/Schussattentate in den Vorstädten und Dörfern des Gouvernements (Joel Wing 4.3.2019).

 

Der IS behielt jedoch eine latente Präsenz nördlich von Bagdad und begann damit seine Unterstützungszone weiter auszubauen (ISW 7.3.2019). Er verfügt in Bagdad und den Bagdad Belts über mehrere aktive Zellen (EASO 3.2019). Der nördliche "Bagdad-Belt" dient dabei als Transferroute von Kämpfern zwischen den Gouvernements Anbar, Salahaddin und Diyala, während das sogenannte "Dreieck des Todes" im südlichen Bagdad-Belt IS-Gruppen in den Gouvernements Anbar, Bagdad und Babil verbindet. Irakische Sicherheitskräfte (ISF) haben seit Dezember 2018 mehrere IS-Kämpfer an Kontrollpunkten entlang der Autobahnen, die das Gouvernement Babil mit Bagdad verbindet, festgenommen und im Februar 2019 180 Personen mit Verbindungen zum IS verhaftet (ISW 7.3.2019).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zur allgemeinen Lage:

 

Die allgemeine Sicherheitslage im Irak war seit dem Oktober 2016 von bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den irakischen Sicherheitskräften und ihren Verbündeten, im Genaueren nichtstaatlichen bewaffneten Milizen, z.B. den sogenannten Peshmerga der kurdischen Regionalregierung sowie ausländischen Militärkräften auf der einen Seite und den bewaffneten Milizen der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) auf der anderen Seite geprägt. Dabei stand vor allem die Kontrolle der Stadt MOSUL, Hauptstadt der Provinz NINAWA, im Fokus. Diesen Kämpfen ging die sukzessive Zurückdrängung des IS aus den zuvor ebenfalls von ihm kontrollierten Gebieten innerhalb der Provinzen ANBAR, DIYALA und SALAH AL-DIN im Zentral- und Südirak voraus.

 

Nachdem es den irakischen Sicherheitskräften (ISF) im Laufe des Jahres 2016 gelungen war, gemeinsam mit den schiitischen Milizen, den Popular Mobilisation Forces (PMF), sowie mit Unterstützung alliierter ausländischer Militärkräfte die Einheiten des IS sowohl aus den von ihr besetzten Teilen der südwestlichen Provinz ANBAR als auch aus den nördlich an BAGDAD anschließenden Provinzen DIYALA und SALAH AL-DIN zu verdrängen, beschränkte sich dessen Herrschaftsgebiet auf den Sitz seiner irakischen Kommandozentrale bzw. seines "Kalifats" in der Stadt MOSUL sowie deren Umgebung bis hin zur irakisch-syrischen Grenze westlich von MOSUL.

 

Der IS wiederum versuchte parallel zu diesen Geschehnissen durch vereinzelte Selbstmordanschläge in BAGDAD und anderen Städten im Südirak und im Zentralirak seine - wenn auch mittlerweile stark eingeschränkte - Fähigkeit, die allgemeine Sicherheitslage zu destabilisieren, zu demonstrieren.

 

Anfang Juli 2017 erklärte der irakische Premierminister Haider AL-ABADI die Stadt MOSUL für vom IS befreit. In der Folge wurden von der Militärallianz auch frühere Bastionen des IS westlich von MOSUL in Richtung der irakisch-syrischen Grenze zurückerobert. Zuletzt richteten sich die Operationen der Militärallianz gegen den IS auf letzte Überreste seines früheren Herrschaftsgebiets im äußersten Westen der Provinz ANBAR sowie einer Enklave südlich von KIRKUK, doch gab der Premierminister AL-ABADI im Dezember 2017 bekannt, dass der IS, auch in diesen Gebieten, besiegt sei.

 

Die Sicherheitslage innerhalb der drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion des Nordiraks, nämlich DOHUK, ERBIL und SULEIMANIYA, ist angesichts der Maßnahmen der regionalen Sicherheitskräfte, sowie Grenzkontrollen und innerregionale Aufenthaltsbestimmungen, als stabil anzusehen. Seit Oktober 2017 befindet sich die kurdische Regionalregierung in Konflikt mit der irakischen Zentralregierung bezüglich der Frage der Kontrolle der kurdischen Sicherheitskräfte. Die Sicherheitslage in den südirakischen Provinzen, insbesondere in der Provinz BASRA, war, als Folge einer Sicherheitsoffensive staatlicher Militärkräfte im Gefolge interkonfessioneller Gewalt im Jahr 2007, ab 2008 stark verbessert und seit 2014 insgesamt stabil. Auch war die Region nicht unmittelbar von der Invasion der Truppen des IS im Irak in 2013 und 2014 betroffen. Die Gegenoffensive staatlicher Sicherheitskräfte und deren Verbündeter gegen den IS in ANBAR und den nördlicher gelegenen Provinzen bedingte zuletzt eine Verlagerung von Militär- und Polizeikräften in den Norden, die wiederum eine größere Instabilität im Süden, verbunden vor allem mit einem Anstieg an krimineller Gewalt, mit sich brachte. Die sicherheitsrelevante Situation im Großraum BAGDAD ist durch die genannten Ereignisse im Wesentlichen ebenfalls nicht unmittelbar beeinträchtigt. Es waren jedoch vereinzelte Anschläge bzw. Selbstmordattentate auf öffentliche Einrichtungen oder Plätze mit einer teils erheblichen Zahl an zivilen Opfern zu verzeichnen, die, ausgehend vom Bekenntnis des - als sunnitisch zu bezeichnenden - IS dazu dienen sollte, sich gegen staatliche Sicherheitsorgane oder gegen schiitische Wohnviertel und Städte zu richten um dort ein Klima der Angst sowie religiöse Ressentiments zu erzeugen und staatliche Sicherheitskräfte vor Ort zu binden.

 

Hinweise auf eine etwaig religiös motivierte Bürgerkriegssituation finden sich in den Länderberichten ebenso wenig, wie Hinweise auf eine Säuberung von durch ethnische oder religiöse Gruppierungen bewohnten Gebieten.

 

Beim Unabhängigkeitsreferendum bezüglich der Frage der Loslösung Irakisch Kurdistans (KRI) vom irakischen Staat stimmten am 25.09.2017 92,7 Prozent der Stimmberechtigten für einen eigenen Staat (Wahlbeteiligung: 72 Prozent) (ORF 27.9.2017). Als Reaktion darauf verbot die irakische Zentralregierung u.a. internationale Flüge in die Region. Die irakische Zentralregierung bat zudem die beiden Länder Türkei und Iran darum, ihre Grenzen zu den kurdischen Autonomiegebieten zu schließen sowie jeglichen Handel einzustellen. Die Grenzübergänge von der KRI zum Iran und der Türkei sind seit dem Referendum nur mehr teilweise geöffnet (s. Karte unten). Die Irakischen Sicherheitskräfte (ISF) haben außerdem begonnen, Checkpoints an diesen Grenzübergängen einzurichten. Irakische Regierungskräfte haben als Reaktion auf das Kurdenreferendum beinahe alle Gebiete eingenommen, die zu den sogenannten "umstrittenen Gebieten" zählen, einschließlich Kirkuk und die dort befindlichen Ölquellen. Neben den militärischen Maßnahmen fasste die Zentralregierung in Zusammenhang mit dem Unabhängigkeitsreferendum eine Reihe weiterer Maßnahmen, darunter: Die Sanktionierung kurdischer Banken, das Einfrieren von Fremdwährungstransfers, sowie das Einstellen von Flugverbindungen und mobilen Kommunikationsnetzen.

 

Die kriegerischen Ereignisse im Irak seit 2014 brachten umfangreiche Flüchtlingsbewegungen aus den umkämpften Gebieten in andere Landesteile, sowie umgekehrt Rückkehrbewegungen in befreite Landesteile mit sich. Zahlreiche nationale und internationale Hilfsorganisationen unter der Leitung des UNHCR versorgen diese Binnenvertriebenen in Lagern und Durchgangszentren.

 

In den südlichen Provinzen ist der Großteil der Gewalt, die dort stattfindet, nicht terroristischer Natur, sondern krimineller und "tribaler" (d.h. stammesbezogener) Natur. Die Provinz BASRA war nicht direkt von der Offensive der Gruppe Islamischer Staat (IS) im Juni 2014 betroffen und sind dort keine direkten Auseinandersetzungen zwischen IS-Kämpfern und irakischen Truppen festzustellen gewesen. Es wird zwar über Auseinandersetzungen zwischen schiitischen Stämmen berichtet, jedoch finden sich keine Berichte über Auseinandersetzungen zwischen Schiiten und Sunniten. Auch wird über kriminelle Banden berichtet, die für Entführungen zur Erpressung von Lösegeld, einen Anstieg von Gewalttaten, von Diebstahl, von bewaffneten Raubüberfällen, Tötungen und Drogenhandel verantwortlich gemacht werden (OSAC 07.03.2017). Die Bestrebungen der ISF gehen dahin, die Sicherheit in Stadt und Provinz BASRA aufrecht zu erhalten, während bewaffnete Gruppen um die vorhandenen Ressourcen kämpfen/rivalisieren (OSAC 07.03.2017).

 

Die Verfassung des Iraks gewährt das Recht auf freie Meinungsäußerung, sofern die Äußerung nicht die öffentliche Ordnung oder die Moral verletzt, Unterstützung für die Baath-Partei ausdrückt oder das gewaltsame Verändern der Staatsgrenzen befürwortet. Der größte Teil der Einschränkungen dieses Rechts kommt durch Selbstzensur auf Grund von glaubhafter Furcht vor Repressalien durch die Regierung, politische Parteien, ethnische und konfessionelle Kräfte, terroristische und extremistische Gruppen oder kriminelle Banden zustande. Bestimmte Berufsgruppen sind im Irak einem hohen Risiko, Opfer konfessioneller oder extremistischer Gewalt zu werden, ausgesetzt. Zu diesen Berufsgruppen zählen Künstler, Schriftsteller, Musiker und Poeten.

 

Quelle:

 

 

Zur Sicherheitslage in Bagdad:

 

Die Provinz Bagdad ist die kleinste und am dichtesten bevölkerte Provinz des Irak, mit einer Bevölkerung von mehr als sieben Millionen Menschen. Die Mehrheit der Einwohner Bagdads sind Schiiten. In der Vergangenheit umfasste die Hauptstadt viele gemischte schiitische, sunnitische und christliche Viertel, der Bürgerkrieg von 2006-2007 veränderte jedoch die demografische Verteilung in der Stadt und führte zu einer Verringerung der sozialen Durchmischung sowie zum Entstehen von zunehmend homogenen Vierteln. Viele Sunniten flohen aus der Stadt, um der Bedrohung durch schiitische Milizen zu entkommen. Die Sicherheit der Provinz wird sowohl vom "Baghdad Operations Command" kontrolliert, der seine Mitglieder aus der Armee, der Polizei und dem Geheimdienst zieht, als auch von den schiitischen Milizen, die als stärker werdend beschrieben werden (OFPRA 10.11.2017).

 

Im Jahr 2016 verzeichnete die Provinz Bagdad noch immer die höchste Zahl an Opfern im gesamten Land. Die Sicherheitslage verbesserte sich jedoch in Bagdad als die Schlacht um Mosul begann. Während Joel Wing im Januar 2016 in Bagdad noch durchschnittlich 11,6 Angriffe pro Tag verzeichnete, sank diese Zahl zwischen April und September 2017 auf durchschnittlich 3 Angriffe pro Tag (OFPRA 10.11.2017; vgl. Joel Wing 8.7.2017, Joel Wing 4.10.2017). Seit 2016 ist das Ausmaß der Gewalt in Bagdad allmählich zurückgegangen. Es gab einen Rückgang an IS- Aktivität, nach den Vorstößen der irakischen Truppen im Nordirak, obwohl der IS weiterhin regelmäßig Angriffe gegen militärische und zivile Ziele durchführt, insbesondere, aber nicht ausschließlich, in schiitischen Stadtvierteln. Darüber hinaus sind sunnitische Bewohner der Gefahr von Übergriffen durch schiitische Milizen ausgesetzt, einschließlich Entführungen und außergerichtlichen Hinrichtungen (OFPRA 10.11.2017).

 

Terroristische und politisch motivierte Gewalt setzte sich das ganze Jahr 2017 über fort. Bagdad war besonders betroffen. UNAMI berichtete, dass es von Januar bis Oktober 2017 in Bagdad fast täglich zu Angriffen mit improvisierten Sprengkörpern kam. Laut UNAMI zielten einige Angriffe auf Regierungsgebäude oder Checkpoints ab, die von Sicherheitskräften besetzt waren, während viele andere Angriffe auf Zivilisten gerichtet waren. Der IS führte Angriffe gegen die Zivilbevölkerung durch, einschließlich Autobomben- und Selbstmordattentate (USDOS 20.4.2018).

 

Laut Joel Wing kam es im Januar 2018 noch zu durchschnittlich 3,3 sicherheitsrelevanten Vorfällen in Bagdad pro Tag, eine Zahl die bis Juni 2018 auf durchschnittlich 1,1 Vorfälle pro Tag sank (Joel Wing 3.7.2018). Seit Juni 2018 ist die Zahl der sicherheitsrelevanten Vorfälle in Bagdad langsam wieder auf 1,5 Vorfälle pro Tag im Juli, 1,8 Vorfälle pro Tag im August und 2,1 Vorfälle pro Tag im September gestiegen. Diese Angriffe bleiben Routine, wie Schießereien und improvisierte Sprengkörper und konzentrieren sich hauptsächlich auf die äußeren südlichen und nördlichen Gebiete der Provinz (Joel Wing 6.10.2018).

 

Insgesamt kam es im September 2018 in der Provinz Bagdad zu 65 sicherheitsrelevanten Vorfällen. Damit verzeichnete Bagdad die höchste Anzahl an sicherheitsrelevanten Vorfällen im ganzen Land (Joel Wing 6.10.2018). Auch in der ersten und dritten Oktoberwoche 2018 führte Bagdad das Land in Bezug auf die Anzahl sicherheitsrelevanter Vorfälle an. Wenn man jedoch die Größe der Stadt bedenkt, sind Angriffe immer noch selten (Joel Wing 9.10.2018 und Joel Wing 30.10.2018).

 

In Bezug auf die Opferzahlen war Bagdad von Januar bis März 2018, im Mai 2018, sowie von Juli bis September 2018 die am schwersten betroffene Provinz im Land (UNAMI 1.2.2018; UNAMI 2.3.2018; UNAMI 4.4.2018; UNAMI 31.5.2018; UNAMI 1.8.2018; UNAMI 3.9.2018; UNAMI 1.10.2018).

 

Im September 2018 verzeichnete UNAMI beispielsweise 101 zivile Opfer in Bagdad (31 Tote, 70 Verletzte) (UNAMI 1.10.2018).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zur Lage Angehöriger der sunnitischen Glaubensgemeinschaft in der Stadt Bagdad:

 

Es gibt keine Berichte dazu, dass der irakische Staat Muslime sunnitischer Glaubensrichtung systematisch verfolgen und/oder misshandeln würde. Dennoch kommt es vor, dass Angehörige der sunnitischen Glaubensgemeinschaft zu Zielen von Angriffen von schiitischen Milizen werden.

 

Seit dem Jahr 2003 nahm die Dominanz der schiitischen Gemeinschaft in Bagdad stets zu. Der Bürgerkrieg im Irak in den Jahren 2006 und 2007 hat die vormals friedliche Koexistenz zwischen Sunniten und Schiiten im Irak nochmals schwer erschüttert. In Hinblick auf Bagdad kam es seitdem verstärkt zur Spaltung Bagdads in konfessionelle Linien, zu interkonfessioneller Gewalt und zu Vertreibungen und schließlich zur Bildung von separaten sunnitischen und schiitischen Vierteln. In Bezug auf Bagdad ist jedoch nicht zu entnehmen, dass die dort lebenden Sunniten einer Gruppenverfolgung bzw. einer systematischen Verfolgung durch schiitische Milizen ausgesetzt wären.

 

Quellen:

 

 

 

 

Eine landesweite und systematische Verfolgung für Angehörige der sunnitischen Glaubensgemeinschaft besteht nicht.

 

Obwohl die sunnitische Glaubensgemeinschaft in Bagdad gegenüber der schiitischen Gemeinschaft die Minderheit darstellt, sie sie nach wie vor in der Gesellschaft und in der Regierung präsent.

 

In Bagdad gibt es Bezirke und Stadtteile, in denen überwiegend Sunniten leben. Als solche werden in den Länderberichten insbesondere Adhamiya, Mansour und Abu Ghraib genannt.

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

Laut UNHCR wurden in fast allen Teilen des Landes für Binnenflüchtlinge verschärfte Zugangs- und Aufenthaltsbeschränkungen implementiert. Zu den verschärften Maßnahmen gehören die Notwendigkeit des Vorweisens von Bürgen, die Registrierung bei lokalen Behörden sowie das Durchlaufen von Sicherheitsüberprüfungen durch mehrere verschiedene Sicherheitsbehörden. Zugangs- und Aufenthaltsbedingungen variieren von Provinz zu Provinz und beinhalten nicht nur Sicherheits-Screenings, sondern hängen Berichten zufolge auch vom persönlichen Profil der flüchtenden Personen und Familien ab, wie z.B. vom ethnisch-konfessionellen Hintergrund, dem Herkunftsort oder der Zusammensetzung der Familie der jeweiligen Person.

 

Quellen:

 

 

 

Zur Religionsfreiheit:

 

Die Verfassung erkennt das Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit weitgehend an. Gemäß Art. 2 Abs. 1 ist der Islam Staatsreligion und eine Hauptquelle der Gesetzgebung (AA 12.2.2018). Es darf kein Gesetz erlassen werden das den "erwiesenen Bestimmungen des Islams" widerspricht (USDOS 29.5.2018; vgl. RoI 15.10.2005). In Abs. 2 wird das Recht einer jeden Person auf Religions- und Glaubensfreiheit sowie das Recht auf deren Ausübung garantiert. Explizit erwähnt werden in diesem Zusammenhang Christen, Jesiden und Mandäer-Sabäer, jedoch nicht Anhänger anderer Religionen (RoI 15.10.2005; vgl. USDOS 29.5.2018).

 

Art. 3 der Verfassung legt ausdrücklich die multiethnische, multireligiöse und multikonfessionelle Ausrichtung des Irak fest, betont aber auch den arabisch-islamischen Charakter des Landes (AA 12.2.2018; vgl. UNHCR 15.1.2018). Art. 43 verpflichtet den Staat zum Schutz der religiösen Stätten. Das Strafgesetzbuch kennt keine aus dem islamischen Recht übernommenen Straftatbestände, wie z. B. den Abfall vom Islam; auch spezielle, in anderen islamischen Ländern existierende Straftatbestände, wie z.B. die Beleidigung des Propheten, existieren nicht (AA 12.2.2018).

 

Das Zivilgesetz sieht einen einfachen Prozess für die Konversion eines Nicht-Muslims zum Islam vor. Die Konversion eines Muslims zu einer anderen Religion ist jedoch gesetzlich verboten (USDOS 29.5.2018).

 

Die folgenden religiösen Gruppen werden durch das Personenstandsgesetz anerkannt: Muslime, chaldäische Christen, assyrische Christen, assyrisch-katholische Christen, syrisch-orthodoxe Christen, syrisch-katholische Christen, armenisch-apostolische Christen, armenisch-katholische Christen, römisch-orthodoxe Christen, römisch-katholische Christen, lateinisch-dominikanische Christen, nationale Protestanten, Anglikaner, evangelisch-protestantische Assyrer, Adventisten, koptisch-orthodoxe Christen, Jesiden, Sabäer-Mandäer und Juden. Die staatliche Anerkennung ermöglicht es den Gruppen, Rechtsvertreter zu bestellen und Rechtsgeschäfte wie den Kauf und Verkauf von Immobilien durchzuführen. Alle anerkannten religiösen Gruppen haben ihre eigenen Personenstandsgerichte, die für die Behandlung von Ehe-, Scheidungs- und Erbschaftsfragen zuständig sind. Laut der jesidischen NGO Yazda gibt es jedoch kein Personenstandsgericht für Jesiden (USDOS 29.5.2018).

 

Das Gesetz verbietet die Ausübung des Bahai-Glaubens und der wahhabitischen Strömung des sunnitischen Islams (USDOS 29.5.2018; vgl. UNHCR 15.1.2018).

 

Die alten irakischen Personalausweise enthielten Informationen zur Religionszugehörigkeit einer Person, was von Menschenrechtsorganisationen als Sicherheitsrisiko im aktuell herrschenden Klima religiös-konfessioneller Gewalt kritisiert wurde. Mit Einführung des neuen Personalausweises wurde dieser Eintrag zeitweise abgeschafft. Mit Verabschiedung eines Gesetzes zum neuen Personalausweis im November 2015 wurde allerdings auch wieder ein religiöse Minderheiten diskriminierender Passus aufgenommen: Art. 26 besagt, dass Kinder eines zum Islam konvertierenden Elternteils automatisch auch als zum Islam konvertiert geführt werden (AA 12.2.2018). Es wird berichtet, dass das Gesetz faktisch zu Zwangskonvertierungen führt, indem Kinder mit nur einem muslimischen Elternteil (selbst Kinder, die infolge von Vergewaltigung geboren wurden) als Muslime angeführt werden müssen. Christliche Konvertiten berichten auch, dass sie gezwungen sind, ihr Kind als Muslim zu registrieren oder das Kind undokumentiert zu lassen, was die Berechtigung auf staatliche Leistungen beeinträchtigt (USDOS 29.5.2018).

 

Die meisten religiös-ethnischen Minderheiten sind im irakischen Parlament vertreten. Grundlage bildet ein Quotensystem bei der Verteilung der Sitze (fünf Sitze für die christliche Minderheit sowie jeweils einen Sitz für Jesiden, Sabäer, Mandäer und Schabak). Das kurdische Regionalparlament sieht jeweils fünf Sitze für Turkmenen, Chaldäer und assyrische Christen sowie einen für Armenier vor (AA 12.2.2018).

 

Es gibt weiterhin Berichte, dass die irakischen Sicherheitskräfte (ISF), einschließlich der Peshmerga und schiitischer Milizen, sunnitische Gefangene töten. Internationale und lokale NGOs geben an, dass die Regierung das Anti-Terror-Gesetz weiterhin als Vorwand nutzt, um Personen ohne zeitgerechten Zugang zu einem rechtmäßigen Verfahren festzuhalten. Internationale Menschenrechtsorganisationen erklären, dass die Regierung es immer noch verabsäumt ethnischkonfessionelle Verbrechen zu untersuchen und strafrechtlich zu verfolgen, einschließlich Verbrechen, die von bewaffneten Gruppen in den vom IS befreiten Gebieten ausgeübt wurden. Sunnitische Araber berichten weiterhin, dass manche Regierungsbeamte bei Festnahmen und Inhaftierungen konfessionelles Profiling vornehmen, sowie Religion als bestimmenden Faktor bei der Vergabe von Arbeitsplätzen benützen (USDOS 29.5.2018).

 

Minderheiten sind auch weiterhin mit Belästigungen, einschließlich sexueller Übergriffe, und Einschränkungen durch lokale Behörden in einigen Regionen konfrontiert. Da Religion, Politik und Ethnizität oft eng miteinander verbunden sind, ist es schwierig, viele Vorfälle als ausschließlich auf religiöser Identität beruhend zu kategorisieren. Einige Jesiden und christliche Führer berichten von Belästigungen und Misshandlungen durch kurdische Sicherheitskräfte, einschließlich Anforderungen für Sicherheitsgenehmigungen, die von den Asayish auferlegt werden und die die Bewegungsfreiheit von Jesiden zwischen der Provinz Dohuk und dem Sinjar-Gebiet einschränken. Christen berichten von Belästigungen und Misshandlungen an zahlreichen Checkpoints, die von Einheiten der Volksmobilisierungseinheiten (PMF) betriebenen werden. Dadurch wird die Bewegungsfreiheit im Gebiet der Ninewa-Ebene behindert (USDOS 29.5.2018).

 

Christen und Jesiden geben an, dass die Zentralregierung in Bagdad eine gezielte demografische Veränderung fördert, indem sie Schiiten mit Land und Häusern ausstattet, damit diese in traditionell christliche Gebiete ziehen (USDOS 29.5.2018).

 

Vertreter religiöser Minderheiten berichten, dass die Zentralregierung im Allgemeinen nicht in religiöse Handlungen eingreift und sogar für die Sicherheit von Gotteshäusern und anderen religiösen Stätten, einschließlich Kirchen, Moscheen, Schreinen, religiösen Pilgerstätten und Pilgerrouten, sorgt (USDOS 29.5.2018).

 

Quellen:

 

 

stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf. Zugriff 19.7.2018

 

 

 

 

 

https://www.defenseone.com/ideas/2018/07/rise-iraqs-young-secularists/149507/?oref=d-

 

channeltop. Zugriff 24.10.2018

 

 

 

 

https://www.ecoi.net/en/file/local/1404903/90_1501570991_easo-2017-07-iraq-meeting-report.pdf Zugriff 5.11.2018

 

 

 

 

24.10.2018

 

 

 

 

 

WZ - Wiener Zeitung (9.10.2018): Schlüsselland Irak. https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/welt/weltpolitik/994916_Schluesselland-Irak.html Zugriff 24.10.2018

 

Berufsgruppen und Menschen, die einer bestimmten Beschäftigung nachgehen

 

Polizisten, Soldaten, Journalisten, Menschenrechtsverteidiger, Intellektuelle, Richter und Rechtsanwälte und alle Mitglieder des Sicherheitsapparats sind besonders gefährdet. Auch Mitarbeiter der Ministerien sowie Mitglieder von Provinzregierungen werden regelmäßig Opfer von gezielten Attentaten (AA 12.2.2018).

 

Quellen:

 

 

stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf. Zugriff 27.9.2018

 

 

 

 

Zur Lage von Frauen im Irak:

 

In der Verfassung der Republik Irak ist die Gleichstellung der Geschlechter verankert und nach Art. 49 Abs. 4 der Verfassung im Irak eine Frauenquote von 25 % im Parlament (Autonomieregion Kurdistan: 30 %) vorgesehen. Dadurch sind im irakischen Parlament derzeit 82 von 328 Abgeordnete Frauen. Die irakische Verfassung spricht auch in der Präambel der Verfassung davon, den Rechten der Frauen besondere Aufmerksamkeit schenken zu wollen und Art. 22 Abs. 1 der irakischen Verfassung regelt das Recht auf Arbeit für alle irakischen Staatangehörigen.

 

Dennoch finden diese verfassungsgesetzlichen Garantien auf einfachgesetzlicher Ebene oftmals keine entsprechende Umsetzung. Defizite bestehen insbesondere im Familien-, Erb- und Strafrecht sowie im Staatsangehörigkeitsrecht. Die Diskriminierung von Frauen ist im Irak auch im sozialen und religiösen Kontext Alltag. Vor allem in schiitisch dominierten Bereichen herrschen oftmals islamische Regeln, die auch umgesetzt werden, zB Kopftuchzwang an Schulen und Universitäten und durch Unterdrückung eines "westlichen" bzw. "nicht konservativen" Lebens- und Kleidungsstils. Dadurch werden die Freizügigkeit der Frauen und somit auch deren Teilnahme am öffentlichen Leben eingeschränkt. Eine Reihe von AktivistInnenplattformen, NGO und andere internationale Akteure, z. B. UN Women, Iraqi Women Network, Iraqi Women Journalist's Forum und Organization of Women's Freedom in Iraq, kämpfen im Irak gegen die soziale, religiöse und rechtliche Diskriminierung und Unterdrückung der Frauen an. So arbeitet z.B. das UN Women Nationalkomitee im Irak mit der irakischen Regierung zusammen um die Ziele des Entwicklungsprogrammes der Vereinten Nationen (UNDAF) für den Referenzzeitraum 2015 - 2019 zu erreichen, zu welchem auch die Miteinbeziehung und Förderungen von Frauen und Mädchen zählen. So hat die irakische Regierung gegenüber der UNDAF die Zusage zur Förderung von Frauen und Mädchen im politischen und wirtschaftlichen Bereich auch für den Zeitraum von 2015 bis 2019 wiederholt.

 

Im Jahr 2014 lag die Erwerbsquote von Frauen im Irak bei ca. 14 %, stieg allerdings in den letzten Jahren an und lag im Jahr 2016 bei 17,8 %. Die Anzahl möglicher Betätigungsfelder für Frauen im Irak steigt stetig an, so sind Frauen nicht nur im öffentlichen Sektor tätig, sondern etablieren sich, trotz der nach wie vor vorherrschenden gesellschaftlichen Ressentiments und Widerständen, zunehmend als Unternehmerinnen bzw. Eigentümerinnen von Geschäftigen (z.B. Buchgeschäften oder Kaffeehäusern) etc.

 

In den Jahren 2014 und 2015 kam es immer wieder zu Anschlägen auf Cafés und Restaurants in BAGDAD und BASRA, wobei der Umstand, dass dort Frauen beschäftig werden bzw. waren, oftmals als Motiv genannt wurde, jedoch auch als Vorwand gesehen wird, ein unliebsames Lokal zu schließen. Gegen die Zahlung von Schutzgeld war es Lokalbesitzern in BASRA möglich, auch Kellnerinnen einzustellen, die freizügiger angezogen waren. Grundsätzlich schützen die irakischen Gesetze Frauen, die in Kaffeehäusern oder Casinos arbeiten, es besteht seitens der irakischen Regierung ein Problembewusstsein für diese Thematik. Dennoch kommt es bei Frauen, die als Kellnerinnen arbeiten, oftmals zu Übergriffen.

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zur Lage von Kindern im Irak:

 

Die Hälfte der Bevölkerung ist unter 18 Jahre alt. Kinder waren und sind Opfer der kriegerischen Auseinandersetzungen der letzten Jahre. Sie sind nach Angaben der Vereinten Nationen in überproportionaler Weise von der schwierigen humanitären Lage betroffen. Sehr viele Kinder und Jugendliche sind von Gewaltakten betroffen, sei es direkt, oder dadurch, dass ihre Familienmitglieder zu Opfern von Gewalt wurden (AA 7.2.2017). Laut einem UNICEF-Bericht von 2016 wird der Irak als eines der tödlichsten Länder für Kinder erachtet. 3,6 Millionen Kinder seien dort der Gefahr ausgesetzt, getötet, verletzt, ausgebeutet oder Opfer sexueller Gewalt zu werden (HRW 12.1.2017). Tötungen und Verstümmelungen sind die am häufigsten gemeldeten Formen von Gewalt gegen Kinder. Kinder werden durch militärische Operationen verletzt und getötet, und Berichten zufolge sind sie von den sich verschlechternden humanitären Bedingungen unverhältnismäßig stark betroffen (UNHCR 14.11.2016).

 

Laut UNICEF sind Kinder im Irak seit der Intensivierung der Kämpfe in einer endlosen Schleife von Gewalt und Armut gefangen. Mehr als fünf Millionen Kinder sind auf dringende humanitäre Hilfe angewiesen. Seit 2014 sind1.075 Kinder getötet worden, mehr als 150 Kinder in den ersten sechs Monaten des Jahres 2017 (UN 22.6.2017).

 

Der IS veröffentlicht regelmäßig Videos von Kindersoldaten in seinen Reihen. Es liegen Berichte über Umerziehungskampagnen an mehreren Tausend Kindern in den vom IS beherrschten Gebieten vor (AA 7.2.2017). Darüber hinaus wurde gemeldet, dass bewaffnete Gruppen, die gegen den IS kämpfen, einschließlich der Volksmobilisierungskräften (PMF), sunnitischer Stämme, Kurdischer Arbeiterpartei (PKK) und sonstiger bewaffneter kurdischer Gruppen sowie turkmenischer und jesidischer Selbstverteidigungsgruppen, Kinder für Unterstützungs- und Kampfhandlungen rekrutieren (UNHCR 14.11.2016, vgl. USDOS 3.3.2017).

 

Zahlreiche Jugendliche sind nach Angaben der Vereinten Nationen wegen Terrorvorwürfen angeklagt oder verurteilt. Es fehlt an Jugendstrafanstalten; laut IKRK werden jugendliche Häftlinge mittlerweile meist getrennt von erwachsenen Straftätern inhaftiert, ihnen wird aber oft der regelmäßige Kontakt zu ihren Familien verwehrt (AA 7.2.2017). Eine große und Berichten zufolge steigende Zahl von Kindern wird willkürlich festgenommen, für terroristische Handlungen verantwortlich gemacht und teilweise für lange Zeit ohne Kontakt zur Außenwelt in Hafteinrichtungen, Polizeistationen und Rehabilitationszentren der irakischen Regierung und der KRG-Behörden untergebracht (UNHCR 14.11.2016).

 

Die Sicherheitslage, die Einquartierung von Binnenvertriebenen und die große Zahl zerstörter Schulen verhindern mancherorts den Schulbesuch, sodass die Alphabetisierungsrate in den letzten 15 Jahren drastisch gefallen ist, besonders in ländlichen Gebieten. Im Unterschied dazu sind in der Region Kurdistan fast alle Menschen des Lesens und Schreibens mächtig. In den vom IS beherrschten Gebieten findet kein regulärer Schulunterricht statt (AA 7.2.2017). Über 3,7 Millionen Kinder im Schul-Alter sind von der derzeitigen Krise im Irak betroffen. Am Ende des Schuljahres 2016 hatten nur 60 Prozent der vom Konflikt betroffenen Kinder Zugang zu irgendeiner Art von Bildung (OCHA 7.3.2017).

 

UNICEF schätzt, dass sich die Zahl der arbeitenden Kinder seit 1990 verdoppelt hat, und nunmehr 575.000 beträgt (HRW 12.1.2017).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

Zur Grundversorgung und Wirtschaft:

 

Der Staat kann die Grundversorgung der Bürger nicht kontinuierlich und in allen Landesteilen gewährleisten (AA 12.2.2018). Die Iraker haben eine dramatische Verschlechterung in Bezug auf die Zurverfügungstellung von Strom. Wasser. Abwasser- und Abfallentsorgung. Gesundheitsversorgung. Bildung. Verkehr und Sicherheit erlebt. Der Konflikt hat nicht nur in Bezug auf die Armutsraten. sondern auch bei der Erbringung staatlicher Dienste zu stärker ausgeprägten räumlichen Unterschieden geführt. Der Zugang zu diesen Diensten und deren Qualität variiert demnach im gesamten Land erheblich (K4D 18.5.2018).

 

Die über Jahrzehnte internationaler Isolation und Krieg vernachlässigte Infrastruktur ist sanierungsbedürftig. Trotz internationaler Hilfsgelder bleibt die Versorgungslage für ärmere Bevölkerungsschichten schwierig. Die genannten Defizite werden durch die grassierende Korruption zusätzlich verstärkt. Nach Angaben des UN-Programms "Habitat" leben 70 Prozent der Iraker in Städten. die Lebensbedingungen von einem großen Teil der städtischen Bevölkerung gleichen denen von Slums (AA 12.2.2018).

 

In vom IS befreiten Gebieten muss eine Grundversorgung nach Räumung der Kampfmittel erst wiederhergestellt werden. Einige Städte sind weitgehend zerstört. Die Stabilisierungsbemühungen und der Wiederaufbau durch die irakische Regierung werden intensiv vom United Nations Development Programme (UNDP) und internationalen Gebern unterstützt (AA 12.2.2018).

 

Wirtschaftslage

 

Der Irak erholt sich nur langsam vom Terror des sogenannten Islamischen Staat und seinen Folgen. Nicht nur sind ökonomisch wichtige Städte wie Mosul zerstört worden. Dies trifft das Land. nachdem es seit Jahrzehnten durch Krieg. Bürgerkrieg. Sanktionen zerrüttet wurde. Wiederaufbauprogramme laufen bereits. vorsichtig-positive Wirtschaftsprognosen traf die Weltbank im Oktober 2018 für das Jahr 2019. Ob der Wiederaufbau zu einem nachhaltigen positiven Aufschwung beiträgt. hängt aus Sicht der Weltbank davon ab. ob das Land die Korruption in den Griff bekommt (GIZ 11.2018).

 

Das Erdöl stellt immer noch die Haupteinnahmequelle des irakischen Staates dar (GIZ 11.2018). Rund 90 Prozent der Staatseinnahmen stammen aus dem Ölsektor (AA 12.2.2018).

 

Noch im Jahr 2016 wuchs die irakische Wirtschaft laut Economist Intelligence Unit (EIU) und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) um 11 Prozent. Im Folgejahr schrumpfte sie allerdings um 0,8 Prozent. Auch 2018 wird das Wachstum um die 1 Prozent betragen, während für 2019 wieder ein Aufschwung von 5 Prozent zu erwarten ist (WKO 2.10.2018). Laut Weltbank wird erwartet, dass das gesamte BIP-Wachstum bis 2018 wieder auf positive 2,5 Prozent ansteigt. Die Wachstumsaussichten des Irak dürften sich dank der günstigeren Sicherheitslage und der allmählichen Belebung der Investitionen für den Wiederaufbau verbessern (WB 16.4.2018). Die positive Entwicklung des Ölpreises ist dafür auch ausschlaggebend. Somit scheint sich das Land nach langen Jahren bewaffneter Auseinandersetzungen wieder in Richtung einer gewissen Normalität zu bewegen. Dieser positiven Entwicklung stehen gleichwohl weiterhin

 

Herausforderungen gegenüber (WKO 2.10.2018).

 

So haben der Krieg gegen den IS und der langwierige Rückgang der Ölpreise seit 2014 zu einem Rückgang der Nicht-Öl-Wirtschaft um 21,6 Prozent geführt, sowie zu einer starken Verschlechterung der Finanz- und Leistungsbilanz des Landes. Der Krieg und die weit verbreitete Unsicherheit haben auch die Zerstörung von Infrastruktur und Anlageobjekten in den vom IS kontrollierten Gebieten verursacht, Ressourcen von produktiven Investitionen abgezweigt, den privaten Konsum und das Investitionsvertrauen stark beeinträchtigt und Armut, Vulnerabilität und Arbeitslosigkeit erhöht. Dabei stieg die Armutsquote [schon vor dem IS, Anm.] von 18,9 Prozent im Jahr 2012 auf geschätzte 22,5 Prozent im Jahr 2014 (WB 18.4.2018).

 

Jüngste Arbeitsmarktstatistiken deuten auf eine weitere Verschlechterung der Armutssituation hin. Die Erwerbsquote von Jugendlichen (15-24 Jahre) ist seit Beginn der Krise im Jahr 2014 deutlich gesunken, von 32,5 Prozent auf 27,4 Prozent. Die Arbeitslosigkeit nahm vor allem bei Personen aus den ärmsten Haushalten und Jugendlichen und Personen im erwerbsfähigen Alter (25-49 Jahre) zu. Die Arbeitslosenquote ist in den von IS-bezogener Gewalt und Vertreibung am stärksten betroffenen Provinzen etwa doppelt so hoch wie im übrigen Land (21,1 Prozent gegenüber 11,2 Prozent), insbesondere bei Jugendlichen und Ungebildeten (WB 16.4.2018).

 

Der Irak besitzt kaum eigene Industrie. Hauptarbeitgeber ist der Staat (AA 12.2.2018). Grundsätzlich ist der öffentliche Sektor sehr gefragt. Die IS-Krise und die Kürzung des Budgets haben Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt im privaten und öffentlichen Sektor. Jobangebote sind mit dem Schließen mehrerer Unternehmen zurückgegangen. Im öffentlichen Sektor sind ebenfalls viele Stellen gestrichen worden. Gute Berufschancen bietet jedoch derzeit das Militär. Das durchschnittliche monatliche Einkommen im Irak beträgt derzeit 350-1.500 USD, je nach Position und Ausbildung (IOM 13.6.2018).

 

Das Ministerium für Arbeit und Soziales bietet Unterstützung bei der Arbeitssuche und stellt Arbeitsagenturen in den meisten Städten. Die Regierung hat auch ein Programm gestartet, um irakische Arbeitslose und Arbeiter, die weniger als 1 USD pro Tag verdienen, zu unterstützen.

 

Aufgrund der derzeitigen Situation im Land wurde die Hilfe jedoch eingestellt. Weiterbildungsmöglichkeiten werden durch Berufsschulen, Trainingszentren und Agenturen angeboten (IOM 13.6.2018).

 

Stromversorgung

 

Die Stromversorgung des Irak ist im Vergleich zu der Zeit vor 2003 schlecht (AA 12.2.2018). Sie deckt nur etwa 60 Prozent der Nachfrage ab, wobei etwa 20 Prozent der Bevölkerung überhaupt keinen Zugang zu Elektrizität haben. Der verfügbare Stromvorrat variiert jedoch je nach Gebiet und Jahreszeit (Fanack 22.12.2017). Selbst in Bagdad ist die öffentliche Stromversorgung vor allem in den Sommermonaten, wenn bei Temperaturen von über 50 Grad flächendeckend Klimaanlagen eingesetzt werden, häufig unterbrochen. Dann versorgt sich die Bevölkerung aus privaten Generatoren, sofern diese vorhanden sind. Die Versorgung mit Mineralöl bleibt unzureichend und belastet die Haushalte wegen der hohen Kraftstoffpreise unverhältnismäßig. In der Autonomen Region Kurdistan erfolgt die Stromversorgung durch Betrieb eigener Kraftwerke, unterliegt jedoch wie in den anderen Regionen Iraks erheblichen Schwankungen und erreicht deutlich weniger als 20 Stunden pro Tag. Kraftwerke leiden unter Mangel an Brennstoff und es gibt erhebliche Leitungsverluste (AA 12.2.2018).

 

Wasserversorgung

 

Die Wasserversorgung wird von der schlechten Stromversorgung in Mitleidenschaft gezogen (AA 12.2.2018).

 

Der Irak befindet sich inmitten einer schweren Wasserkrise, die durch akute Knappheit, schwindende Ressourcen und eine stark sinkende Wasserqualität gekennzeichnet ist (Clingendael 10.7.2018). Die Wasserknappheit dürfte sich kurz- bis mittelfristig noch verschärfen. Besonders betroffen sind die südlichen Provinzen, insbesondere Basra. Der Klimawandel ist dabei ein Faktor, aber auch große Staudammprojekte in der Türkei und im Iran, die sich auf den Wasserstand von Euphrat und Tigris auswirken und zur Verknappung des Wassers beitragen. Niedrige Wasserstände führen zu einem Anstieg des Salzgehalts, wodurch das bereits begrenzte Wasser für die landwirtschaftliche Nutzung ungeeignet wird (UNOCHA 31.8.2018).

 

Parallel zur Wasserknappheit tragen veraltete Leitungen und eine veraltete Infrastruktur zur Kontaminierung der Wasserversorgung bei (UNOCHA 31.8.2018). Es fehlt weiterhin an Chemikalien zur Wasseraufbereitung. Die völlig maroden und teilweise im Krieg zerstörten Leitungen führen zu hohen Transportverlusten und Seuchengefahr. Im gesamten Land verfügt heute nur etwa die Hälfte der Bevölkerung über Zugang zu sauberem Wasser (AA 12.2.2018). Im August meldete Iraks südliche Provinz Basra 17.000 Fälle von Infektionen aufgrund der Kontaminierung von Wasser. Der Direktor der Gesundheitsbehörde Basra warnte vor einem Choleraausbruch (Iraqi News 28.8.2018).

 

Nahrungsversorgung

 

Laut Welternährungsorganisation sind im Irak zwei Millionen Menschen von Nahrungsmittelunsicherheit betroffen (FAO 8.2.2018). 22,6 Prozent der Kinder sind unterernährt (AA 12.2.2018). Schätzungen des Welternährungsprogramms zufolge benötigen mindestens 700.000 Iraker Nahrungsmittelhilfe (USAID 23.2.2018).

 

Die Landwirtschaft ist für die irakische Wirtschaft von entscheidender Bedeutung. Schätzungen zufolge hat der Irak in den letzten vier Jahren jedoch 40 Prozent seiner landwirtschaftlichen Produktion verloren. Im Zuge des Krieges gegen den IS waren viele Bauern gezwungen, ihre Betriebe zu verlassen. Ernten wurden zerstört oder beschädigt. Landwirtschaftliche Maschinen, Saatgut, Pflanzen, eingelagerte Ernten und Vieh wurden geplündert. Aufgrund des Konflikts und der Verminung konnten Bauern für die nächste Landwirtschaftssaison nicht pflanzen. Die Nahrungsmittelproduktion und -versorgung wurde unterbrochen, die Nahrungsmittelpreise auf den Märkten stiegen (FAO 8.2.2018). Das Land ist stark von Nahrungsmittelimporten abhängig (AW 11.2.2018; vgl. USAID 1.8.2017).

 

Das Sozialsystem wird vom sogenannten "Public Distribution System" (PDS) dominiert, einem Programm, bei dem die Regierung importierte Lebensmittel kauft, um sie an die Öffentlichkeit zu verteilen. Das PDS ist das wichtigste Sozialhilfeprogramm im Irak, in Bezug auf Flächendeckung und Armutsbekämpfung. Es ist das wichtigste Sicherheitsnetz für Arme, obwohl es von schweren Ineffizienzen gekennzeichnet ist (K4D 18.5.2018). Es sind zwar alle Bürger berechtigt, Lebensmittel im Rahmen des PDS zu erhalten. Das Programm wird von den Behörden jedoch sporadisch und unregelmäßig umgesetzt, mit begrenztem Zugang in den wiedereroberten Gebieten. Außerdem hat der niedrige Ölpreis die Mittel für das PDS weiter eingeschränkt (USDOS 20.4.2018).

 

Quellen:

 

 

stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf. Zugriff 12.10.2018

 

 

 

 

15.10.2018

 

 

Resilience Programme 2018-2019, http://www.fao.org/3/I8658EN/i8658en.pdf Zugriff

 

15.10.2018

 

 

20.11.2018

 

 

pollution/, Zugriff 15.10.2018

 

 

 

https://www.bamf.de/SharedDocs/MILo-DB/DE/Rueckkehrfoerderung/Laenderinformationen/

 

Informationsblaetter/cfs irak-dl

de.pdf:isessionid=0E66FF3FBC9BF77D6FB52022F1A7B611.1 cid294?

 

blob=publicationFile, Zugriff 16.10.2018

 

 

 

https://assets.publishing.service.gov.uk/media/5b18e952e5274a18eb1ee3aa/

 

Iraqi_state_capabilities.pdf, Zugriff 15.10.2018

 

 

Iraq: Humanitarian Bulletin,

https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/OCHA

 

%20Iraq%20Humanitarian%20Bulletin%20-%20August%202018.pdf. Zugriff 15.10.2018

 

 

 

Fact Sheet: Iraq,

https://www.usaid.gov/sites/default/files/documents/1866/Iraq_-

 

_Country_Fact_Sheet.pdf, Zugriff 15.10.2018

 

 

 

 

https://www.worldbank.org/en/country/iraq/publication/economic-outlook-april-2018

Zugriff

 

16.10.2018

 

 

http://www.worldbank.org/en/country/iraq/overview Zugriff 15.10.2018

 

 

 

https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/die-irakische-wirtschaft.html Zugriff 15.10.2018

 

Zur medizinischen Versorgung:

 

Die medizinische Versorgungssituation bleibt angespannt (AA 12.2.2018). Das Gesundheitswesen besteht aus einem privaten und einem öffentlichen Sektor. Grundsätzlich sind die Leistungen des privaten Sektors besser, zugleich aber auch teurer. Ein staatliches Krankenversicherungssystem existiert nicht. Alle irakischen Staatsbürger, die sich als solche ausweisen können, haben Zugang zum Gesundheitssystem. Fast alle Iraker leben etwa eine Stunde vom nächstliegenden Krankenhaus bzw. Gesundheitszentrum entfernt. In ländlichen Gegenden lebt jedoch ein bedeutender Teil der Bevölkerung weiter entfernt von solchen Einrichtungen (IOM 13.6.2018).

 

Auf dem Land kann es bei gravierenden Krankheitsbildern problematisch werden. Die Erstversorgung ist hier grundsätzlich gegeben; allerdings gilt die Faustformel: Je kleiner und abgeschiedener das Dorf, umso schwieriger die medizinische Versorgung. Staatliche wie private Krankenhäuser sind fast ausschließlich in den irakischen Städten zu finden. Dort ist die Dichte an praktizierenden Ärzten, an privaten und staatlichen Kliniken um ein Vielfaches größer. Gleiches gilt für Apotheken und medizinische Labore (GIZ 11.2018).

 

Bei der Inanspruchnahme privatärztlicher Leistungen muss zunächst eine Art Praxisgebühr bezahlt werden. Diese beläuft sich in der Regel zwischen 15.000 und 20.000 IQD. Für spezielle Untersuchungen und Laboranalysen sind dann noch zusätzliche Kosten zu veranschlagen. Außerdem müssen Medikamente, die man direkt vom Arzt bekommt, gleich vor Ort bezahlt werden. In den staatlichen Zentren zur Erstversorgung entfällt zwar in der Regel die Praxisgebühr, jedoch nicht die Kosten für eventuelle Zusatzleistungen. Darunter fallen etwa Röntgen- oder Ultraschalluntersuchungen (GIZ 11.2018).

 

In Bagdad arbeiten viele Krankenhäuser nur mit deutlich eingeschränkter Kapazität. Die Ärzte und das Krankenhauspersonal gelten generell als qualifiziert, viele haben aber aus Angst vor Entführungen oder Repressionen das Land verlassen. Korruption ist verbreitet. Die für die Grundversorgung der Bevölkerung besonders wichtigen örtlichen Gesundheitszentren (ca. 2.000 im gesamten Land) sind entweder geschlossen oder wegen baulicher, personeller und Ausrüstungsmängel nicht in der Lage, die medizinische Grundversorgung sicherzustellen (AA 12.2.2018).

 

Laut Weltgesundheitsorganisation ist die primäre Gesundheitsversorgung nicht in der Lage, effektiv und effizient auf die komplexen und wachsenden Gesundheitsbedürfnisse der irakischen Bevölkerung zu reagieren (WHO o.D.).

 

Die große Zahl von Flüchtlingen und IDPs belastet das Gesundheitssystem zusätzlich. Hinzu kommt, dass durch die Kampfhandlungen nicht nur eine Grundversorgung sichergestellt werden muss, sondern auch schwierige Schusswunden und Kriegsverletzungen behandelt werden müssen (AA 12.2.2018).

 

Quellen:

 

 

stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf. Zugriff 12.10.2018

 

 

 

 

https://www.bamf.de/SharedDocs/MILo-DB/DE/Rueckkehrfoerderung/Laenderinformationen/

 

Informationsblaetter/cfs_irak-dl

de.pdf:isessionid=0E66FF3FBC9BF77D6FB52022F1A7B611.1

cid294?blob=publicationFile. Zugriff 16.10.2018

 

 

Rückkehr:

 

Die freiwillige Rückkehrbewegung irakischer Flüchtlinge aus anderen Staaten befindet sich im Vergleich zum Umfang der Rückkehr der Binnenflüchtlinge auf einem deutlich niedrigeren, im Vergleich zu anderen Herkunftsstaaten aber auf einem relativ hohen Niveau. Die Sicherheit von Rückkehrern ist von einer Vielzahl von Faktoren abhängig - u.a. von ihrer ethnischen und religiösen Zugehörigkeit, ihrer politischen Orientierung und den Verhältnissen vor Ort. Zu einer begrenzten Anzahl an Abschiebungen in den Zentralirak kommt es jedenfalls aus Deutschland, Großbritannien, Schweden und Australien. Rückführungen aus Deutschland in die Autonome Region Kurdistan finden regelmäßig statt (AA 12.2.2018).

 

Studien zufolge ist die größte primäre Herausforderung für Rückkehrer die Suche nach einem Arbeitsplatz bzw. Einkommen. Andere Herausforderungen bestehen in der Suche nach einer bezahlbaren Wohnung, psychischen und psychologischen Problemen, sowie negativen Reaktionen von Freunden und Familie zu Hause im Irak (IOM 2.2018; vgl. REACH 30.6.2017). In der Autonomen Region Kurdistan gibt es mehr junge Menschen, die sich nach ihrer Rückkehr organisieren. Ob sich diese Tendenzen verstetigen, wird aber ganz wesentlich davon abhängen, ob sich die wirtschaftliche Lage in der Autonomen Region Kurdistan kurz- und mittelfristig verbessern wird (AA 12.2.2018).

 

Die Höhe einer Miete hängt vom Ort, der Raumgröße und der Ausstattung der Unterkunft ab. Außerhalb des Stadtzentrums sind die Preise für gewöhnlich günstiger. Die Miete für 250m2 in Bagdad liegt bei ca. 320 USD. In den Städten der kurdischen Autonomieregion liegt die Miete bei 300-600 USD für eine Zweizimmerwohnung. Der Kaufpreis eines Hauses oder Grundstücks hängt ebenfalls von Ort, Größe und Ausstattung ab. Während die Nachfrage nach Mietobjekten stieg, nahm die Nachfrage nach Kaufobjekten ab. Durchschnittliche Betriebskosten betragen pro Monat 15.000 IQD (Anm.: ca. 11 EUR) für Gas, 10.000-25.000 IQD (Anm.: ca. 7-18 EUR) für Wasser, 30.000-40.000 IQD (Anm.: ca. 22-29 EUR) für Strom (staatlich) und 40.000 IQD für private oder nachbarschaftlichen Generatorenstrom (IOM 13.6.2018).

 

Die lange Zeit sehr angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt wird zusehends besser im Land. Jedoch gibt es sehr viel mehr Kauf- als Mietangebote (GIZ 11.2018). Wohnen ist zu einem der größten Probleme im Irak geworden, insbesondere nach den Geschehnissen von 2003 (IOM 13.6.2018).

 

Die Immobilienpreise in irakischen Städten sind in den letzten zehn Jahren stark angestiegen (IEC 24.1.2018). Im Zuge des Wiederaufbaus nach dem IS stellt der Wohnungsbau eine besonders dringende Priorität dar (Reuters 12.2.2018). Im November 2017 bestätigte der irakische Ministerrat ein neues Programm zur Wohnbaupolitik, das mit der Unterstützung von UNHabitat ausgearbeitet wurde, um angemessenen Wohnraum für irakische Staatsbürger zu gewährleisten (UNHSP 6.11.2017). Öffentliche Unterstützung bei der Wohnungssuche besteht für Rückkehrer nicht (IOM 13.6.2018).

 

Quellen:

 

 

stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf. Zugriff 12.10.2018

 

 

 

 

 

 

https://www.bamf.de/SharedDocs/MILo-DB/DE/Rueckkehrfoerderung/Laenderinformationen/

 

Informationsblaetter/cfs irak-dl

de.pdf:jsessionid=0E66FF3FBC9BF77D6FB52022F1A7B611.1

cid294?blob=publicationFile. Zugriff 16.10.2018

 

 

 

 

 

I.2. Beweiswürdigung:

 

Die erkennende Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

 

II.2.1. Zum Verfahrensgang:

 

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakte des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

 

II.2.2. Zur Person der Beschwerdeführer:

 

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität und zur Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführer getroffen wurden, beruhen diese auf den in den angefochtenen Bescheiden getroffenen Feststellungen, denen auch in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde.

 

Die Identität des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin ergibt sich aus dem vorgelegten irakischen Staatsbürgerschaftsnachweis sowie Personalausweis des Erstbeschwerdeführers bzw. aus dem vorgelegten irakischen Reisepass der Zweitbeschwerdeführerin. In Bezug auf die Drittbeschwerdeführerin und die Viertbeschwerdeführerin wurden österreichische Geburtsurkunden vorgelegt, welche auch die Elternschaft des Erstbeschwerdeführers sowie der Zweitbeschwerdeführerin bescheinigen.

 

Die Feststellungen betreffend die Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit der Beschwerdeführer ergeben sich aus den Aussagen des Erstbeschwerdeführers bzw. der Zweitbeschwerdeführerin vor dem BFA und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.

 

Die Feststellungen betreffend die Einreise und die persönlichen Verhältnisse der Beschwerdeführer beruhen auf den Aussagen des Erstbeschwerdeführers sowie der Zweitbeschwerdeführerin vor dem BFA und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 30.04.2019.

 

Für die Beschwerdeführer wurden keine gesundheitlichen Einschränkungen vorgebracht.

 

Die Feststellung, dass der Erstbeschwerdeführer für das Bildungsministerium tätig war, ergibt sich aufgrund seines vorgelegten Dienstausweises, des vorgelegten Arbeitszeugnisses des irakischen Bildungsministeriums sowie der glaubhaften Aussagen des Erstbeschwerdeführers im behördlichen Verfahren sowie in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Auch das BFA ging im angefochtenen Bescheid davon aus, dass der Erstbeschwerdeführer für das Bildungsministerium tätig war. Der Erstbeschwerdeführer übte diese Tätigkeit nach eigenen Angaben bis zu seiner Ausreise im Jahr 2015 aus. Das Bundesverwaltungsgericht sieht keine Veranlassung daran zu zweifeln, dass der Erstbeschwerdeführer bis zu seiner Ausreise beim Bildungsministerium angestellt war.

 

Die Feststellung bezüglich der strafgerichtlichen Unbescholtenheit der Beschwerdeführer entspricht dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes durch Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich.

 

II.2.3. Zum Vorbringen der Beschwerdeführer:

 

Dem Fluchtvorbingen des Erstbeschwerdeführers, dass dieser aufgrund seiner Religionszugehörigkeit sowie aufgrund seiner Tätigkeit als Staatsbediensteter beim Bildungsministerium bzw. aufgrund seines familiären Hintergrundes von schiitischen Milizen bedroht worden sei, sprach bereits das BFA die Glaubwürdigkeit ab. Diese Beurteilung ist nach Durchführung der mündlichen Beschwerdeverhandlung nicht zu beanstanden, da es dem Erstbeschwerdeführer nicht gelungen ist, sein Fluchtvorbringen annähernd plausibel darzulegen.

 

Der Erstbeschwerdeführer gab vor dem BFA als konkreten Anlass seiner Ausreise aus dem Herkunftsstaat im Wesentlichen an, dass er im Dezember 2014 bzw. am 25.03.2015 von schiitischen Milizen bedroht worden sei. Bei der ersten Bedrohung sei sein Auto besprüht worden, bei der zweiten Bedrohung hätte ihn ein Arbeitskollege im Bildungsministerium gewarnt, dass die Asa'ib Ahl al-Haqq und "El Daua" ihm mit dem Tod gedroht hätten. Innerhalb von drei Monaten seien sechs oder sieben Mitarbeiter des Ministeriums umgebracht worden. Die Bedrohungen bestünden, da er als Sunnite im Bildungsministerium arbeite und da seine Brüder umgebracht worden seien. Ein Bruder sei im Jahr 2009 vom Premierminister Al-Maliki aufgrund seines sunnitischen Namens inhaftiert und schließlich 2014 getötet worden; ein weiterer Bruder sei am 26.03.2010 von Gesh El Mahdi erschossen worden. Ein dritter Bruder sei drei Tage entführt und unter Zahlung eines Lösegeldes wieder freigelassen worden. Seine Frau bzw. seine Eltern und Schwester seien nie bedroht worden.

 

Insbesondere hervorzuheben sind die unterschiedlichen Angaben des Erstbeschwerdeführers vor dem BFA und dem Bundesverwaltungsgericht. Die eklatant divergierenden Ausführungen ziehen sich durch das gesamte Fluchtvorbringen des Erstbeschwerdeführers:

 

Gab der Erstbeschwerdeführer vor dem BFA auf konkrete Nachfrage, welchen Bedrohungen er von der schiitischen Miliz ausgesetzt gewesen sei, noch an, dass bei der ersten Bedrohung sein Auto besprüht worden sei und bei der zweiten Bedrohung ihn ein Arbeitskollege im Bildungsministerium gewarnt hätte, dass die Asa'ib Ahl al-Haqq und "El Daua" ihm mit dem Tod gedroht hätten (AS 73), änderte er sein diesbezügliches Vorbringen im Zuge der Beschwerdeverhandlung insofern ab, als dass die schiitischen Milizen ihm als erste Drohung einen Zettel vor seinem Haus hinterlassen hätten und ihn als Terrorist beschimpft bzw. mit dem Umbringen gedroht hätten und dass die zweite Bedrohung das Besprühen des Autos dargestellt habe (S. 8 ff VP). Einem diesbezüglichen Vorhalt der erkennenden Richterin konnte der Erstbeschwerdeführer jedenfalls nicht substantiiert entgegentreten (vgl. S. 9 VP: RI: "In der behördlichen Einvernahme gaben Sie an, Ihr Auto wurde besprüht. Ein Zettel wurde nicht erwähnt."; BF1: "Das war die zweite Bedrohung. Bei der zweiten Bedrohung wurde mein Auto besprüht."; RI: "Sie sprechen heute das erste Mal von einem Zettel, wo Sie bedroht werden. Warum haben Sie das nicht bereits vorher erwähnt?"; BF1: "Nein, das habe ich bereits erwähnt. Die erste Bedrohung war im Dezember und die zweite war im März."; RI: "Sie haben weder in der Einvernahme, noch in der Beschwerde angegeben, dass Sie einen Zettel erhalten haben, in dem Sie mit einem Schimpfwort für Sunniten beschimpft wurden und gedroht wurde Kinder umzubringen."; BF1: "Was ich gemeint habe mit Kinder, heißt, wir sind die Enkel von XXXX und sie ist die Enkelin des Propheten Mohammed. Ich wurde bei der Einvernahme vor dem BFA nicht über Schimpfwörter gefragt. Ich erwähnte, dass ich zweimal bedroht wurde. Er fragte mich, welche Art von Bedrohung. Ich sagte die erste war mit einem Zettel und bei der zweiten war das mit dem Auto."; RI:

"Bei der Einvernahme wurde nichts von einem Zettel notiert."; BF1:

"Mein Verfahren entspricht der Realität. Ich hätte sagen sollen, dass ich nur einmal bedroht wurde. Aber das entspricht nicht der Wahrheit. Der Dolmetscher war etwas nervös zu mir und ich durfte nicht so viel sprechen. Ich wurde nur kurz befragt, ich durfte nicht alles detailliert erwähnen. Er hat einen Fehler gemacht, er hat geschrieben, dass ich am 23. Bagdad verlassen habe. Ich habe Bagdad am 25. verlassen und ich habe das Visum vorgelegt. Er schrieb, dass ich am 23. Bagdad verlassen habe."). Dass es im Zuge der Einvernahme vor dem BFA Verständigungsprobleme gegeben habe, ist jedoch nicht ersichtlich, bestätigte der Erstbeschwerdeführer doch am Ende der Einvernahme vor dem BFA mit seiner Unterschrift, dass er den Dolmetscher gut verstanden habe bzw. dass ihm die Niederschrift wortwörtlich rückübersetzt worden sei (AS 79 f). Zudem konnte der Erstbeschwerdeführer keinen Drohbrief, welche seine Bedrohung bestätigen würde, vorlegen.

 

Des Weiteren tätigte der Erstbeschwerdeführer divergierende Angaben in Bezug auf das Datum der Bedrohungen durch die schiitische Miliz. Hierzu führte der Erstbeschwerdeführer im behördlichen Verfahren aus, dass die schiitischen Milizen ihn das zweite Mal, als die schiitische Miliz nach ihm gesucht habe, am 25.03.2015 bedroht hätten (AS 73). In der Beschwerdeverhandlung legte der Erstbeschwerdeführer abweichend dar, dass die zweite Bedrohung, als die schiitische Miliz an den Arbeitsplatz des Erstbeschwerdeführers gekommen sei, am 23.03.2015 stattgefunden habe (S. 11 VP). Darüber hinaus verstrickte sich der Erstbeschwerdeführer während der Einvernahme in der mündlichen Verhandlung auch hinsichtlich des Zeitpunktes, an dem er den angeblichen Drohbrief erhalten habe, in Widersprüche. Einen diesbezüglichen Vorhalt vermochte der Erstbeschwerdeführer nicht zu entkräften (vgl. S. 11 VP: BF1: "Nein, am 23.03. kamen sie zu mir in die Arbeit. Den Zettel erhielt ich ca. drei Tage zuvor." RI: "Vorhin sagten Sie, Sie hätten den Zettel im Dezember 2014 erhalten. Sie widersprechen sich."; BF1: "Der Zettel war im Dezember 2014 und mit dem Auto wurde ich im März bedroht."; RI: "Sie sagten, dass Sie den Zettel drei Tage vor dem 23.03. erhalten haben. Das ist ein Widerspruch."; BF1: "Nein, mit dem Zettel wurde ich im Dezember bedroht und im März wurde mein Auto besprüht.").

 

Zudem gab der Erstbeschwerdeführer in der behördlichen Einvernahme noch zu Protokoll, dass ein Arbeitskollege ihn in der Arbeit gewarnt habe, dass die schiitische Miliz Asa'ib Ahl al-Haqq und "El Daua" ihn mit dem Tod bedroht hätten (AS 73); abweichend dazu führte der Erstbeschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung aus, dass der Arbeitskollege ihn am Weg zur Arbeit angerufen und verständigt habe, dass die schiitische Miliz Asa'ib Ahl al-Haqq nach ihm gefragt habe (S. 12 f VP). Außerdem machte der Erstbeschwerdeführer unterschiedliche Angaben zum Inhalt des Gesprächs mit dem Arbeitskollegen: In der behördlichen Einvernahme legte der Beschwerdeführer noch dar, dass ihm der Arbeitskollege gesagt habe, dass die Asa'ib Ahl al-Haqq und "El Daua" erfahren hätten, dass seine Brüder umgebracht worden seien und wenn sie ihn erwischen würden, würden sie auch ihn umbringen (AS 73). Davon abweichend führte der Erstbeschwerdeführer in der mündlichen Beschwerdeverhandlung aus, dass der Arbeitskollege ihm mitgeteilt hätte, dass die Miliz nach ihm gefragt habe. Eine Todesdrohung wurde nicht erwähnt. Den Vorhalt, dass der Erstbeschwerdeführer in der behördlichen Einvernahme auch ausgeführt habe, dass die Miliz seine ermordeten Brüder erwähnt habe, und er dies in der mündlichen Verhandlung nunmehr mit keinem Wort erwähnt habe, konnte dieser nicht entkräften (S. 8, S. 12 f VP).

 

Außerdem verstrickte sich der Erstbeschwerdeführer hinsichtlich des Grundes für den Tod seines Bruders in Widersprüche: Vor der belangten Behörde gab er als einzigen Grund für die Ermordung seines Bruders durch Al-Maliki an, dass sein Bruder einen sunnitischen Namen tragen würde (AS 73 f). In der Beschwerdeverhandlung legte er jedoch ergänzend dar, dass der Bruder verhaftet worden sei, weil er eine Frau, dessen Vater ein Offizier eines Ortes gewesen sei, geliebt habe. Der Offizier habe seine Tochter nicht dem Bruder anvertrauen wollen (S. 14 VP). Dem entsprechenden Vorhalt der erkennenden Richterin konnte der Erstbeschwerdeführer nicht entgegentreten (vgl. S. 14 f VP: RI: "Sie haben im behördlichen Verfahren angegeben, dass Ihr Bruder nur aufgrund seines Namens inhaftiert wurde."; BF1: "Nach seiner Inhaftierung bekam er Probleme, weil er XXXX heißt und vom Ort XXXX stammt. Das Stadtviertel ist bekannt für Sunniten. Die Schiiten mögen den Namen XXXX nicht. Die Probleme mit dem Vater der Freundin meines Bruders waren erledigt, aber mein Bruder bekam Probleme mit dem Offizier. Wir wussten nichts vom Aufenthaltsort meines Bruders. Ein Offizier verlangte von uns Geld, um den Aufenthaltsort meines Bruders zu erfahren. Wir mussten Geld dafür bezahlen. Wir waren bei der UN, bei der Menschenorganisation, danach waren wir bei den Amerikanern. Die sind in die Polizeistation eingedrungen. Die Amerikaner fanden meinen Bruder und die anderen Personen, die in der Organisation waren. Ich habe Dokumente diesbezüglich. Sie sahen die Folterspuren."). Die Sterbeurkunden der beiden Brüder des Erstbeschwerdeführers, welche im Zuge des behördlichen Verfahrens vorgelegt und in der mündlichen Beschwerdeverhandlung übersetzt wurden, stellen keinen tauglichen Beweis dar, wer für den Tod der Brüder verantwortlich gewesen ist, zumal laut der Urkunden keine Täter verzeichnet wurden.

 

Gegen die Glaubwürdigkeit des Erstbeschwerdeführers sprechen auch die vagen Angaben zu den vermeintlichen Bedrohungen. Der Erstbeschwerdeführer verharrte in der Beschwerdeverhandlung hinsichtlich der Bedrohungen in einer wortkargen Darlegung einiger weniger Eckpunkte einer Schilderung, die Antworten auf die gestellten Fragen waren grundsätzlich kurz und total vage - eine detaillierte oder umfassende Schilderung der Ereignisse war ihm im Zuge der gesamten Einvernahme nicht möglich (vgl. S. 10 f VP: RI:

"Wie haben Sie diesen Zettel erhalten?"; BF1: "Ich wollte in die Arbeit fahren. Als ich die Haustür öffnete, sah ich den Zettel, ich sah das Logo der Miliz und das Schreiben."; RI: "Was stand in dem Schreiben?"; BF1: "Geh raus, du bist XXXX, du bist ein Terrorist. Ihr seid die Kinder von XXXX und dürft nicht hierbleiben." RI: "Hat Ihre Frau diesen Zettel auch gesehen?"; BF1: "Nein, ich erzählte es meiner Frau gar nicht. Als ich im Irak war, hatte ich keine Kinder. Wir bekamen im Irak keine Kinder und der Arzt sagte, es könnte sein wegen dem psychischen Druck. Deshalb habe ich meiner Frau von dem Zettel nichts erzählt. Meine Eltern wussten davon."; RI: "Wann fand der der zweite Vorfall statt?"; BF1: "Das war im März."; RI: "Was genau ist passiert?"; BF1: "Ganz genau der gleiche Vorfall. Ich war am Weg in die Arbeit. Ich sah, dass sie auf das Auto geschrieben haben "geh raus, oder du wirst getötet"."; RI: "Was ist dann passiert?"; BF1: "Ich bekam Angst und nach ein paar Tagen wurde mein Bruder mitgenommen. Mein Bruder wurde gleich wie ich bedroht. Es wurde nicht auf sein Auto geschrieben. Er bekam einen Zettel."; RI:

"Wie haben Sie sich dabei gefühlt? Was ist genau passiert? Erzählen Sie mir davon.": BF1: "Ich verstehe die Frage nicht."; RI wiederholt die Frage.; BF1: "Ich hatte viele Probleme und kein Mensch kann diese Probleme ertragen. Diese Vorfälle passierten vor etwa vier Jahren. Wie ich vorhin erwähnte, habe ich mein Haus verlassen und sah den Zettel. Als ich den Zettel öffnete sah ich das Logo. Ich erzählte meiner Familie von dem Zettel, aber nicht meiner Frau. Ich erzählte vom zweiten Vorfall. Ich ging raus und sah, dass auf mein Auto geschrieben wurde. Ich muss um 08.00 Uhr in der Arbeit sein, deshalb habe ich zwischen 07.00 und 07.30 Uhr das Haus verlassen. Als ich das Auto sah, habe ich sofort meine Eltern verständigt. Das ist die Realität."). Obwohl der Erstbeschwerdeführer seitens der erkennenden Richterin aufgefordert wurde, die Wahrheit zu sagen, nichts zu verschweigen und alle zur Begründung des Antrages erforderlichen Anhaltspunkte selbständig und über Nachfrage wahrheitsgemäß darzulegen, wurden die, für den Gang der Fluchtgeschichte erforderlichen Fragen, von ihm lediglich in äußerst knapper Weise und total pauschal beantwortet. Nach allgemeiner Lebenserfahrung ist jedoch davon auszugehen, dass ein Asylwerber, der bemüht ist, in einem Land Aufnahme und Schutz zu finden, in der Regel bestrebt ist, alles diesem Wunsch Dienliche vorzubringen und zumindest die Kernfluchtgeschichte möglichst umfassend zu schildern, sodass der Behörde erkennbar ist, welchen massiven Bedrohungen er im Herkunftsland ausgesetzt ist. Die knappen, vagen und inhaltsleeren Angaben des Erstbeschwerdeführers waren jedoch nicht geeignet, eine derart schwere Verfolgung glaubhaft zu machen, die ihn dazu getrieben hätte, sein Heimatland zu verlassen.

 

Die Angabe des Erstbeschwerdeführers, dass er mittels Haftbefehl von irakischen Regierung gesucht werde, tätigte der Erstbeschwerdeführer erstmals in der mündlichen Beschwerdeverhandlung (S. 7 f; S. 15 VP). Auch die Zweitbeschwerdeführerin brachte erst in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor, dass ihr Ehemann mittels Haftbefehl gesucht werde (S. 26 VP). Weder in den behördlichen Einvernahmen noch im Beschwerdeschriftsatz wird eine Verfolgung von staatlicher Seite vorgebracht. Daher widerspricht diese erstmals in der mündlichen Beschwerdeverhandlung getätigte Aussage dem Neuerungsverbot. Dem Bundesverwaltungsgericht ist kein Grund ersichtlich, warum der Erst- bzw. die Zweitbeschwerdeführerin nicht bereits im Verfahren vor der belangten Behörde von sich aus (aktiv) auf diese Ausführung hingewiesen haben, zumal der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin im Zuge der Einvernahmen ausführlich zu ihren Fluchtgründen befragt wurden und auch die Richtigkeit des Protokolls mit ihren Unterschriften bestätigten (vgl. AS 80, bzw. AS 56). Außerdem gab die Zweitbeschwerdeführerin auf explizite Nachfrage der erkennenden Richterin an, dass die Beschwerdeführer bereits zwei Tage vor der Ausreise im Jahr 2015 vom Haftbefehl gewusst hätten (Vgl. S. 26 VP). Auf Vorhalt, dass der Erstbeschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung angegeben habe, dass er erst vor einem Jahr (somit im Jahr 2018) vom Haftbefehl erfahren habe und somit erst jetzt davon erzählen könne, gab die Zweitbeschwerdeführerin lapidar an, dass sie den Unterschied zwischen einem Haftbefehl und einer Bedrohung nicht kenne (S. 26 VP). Hierzu ist auszuführen, dass von einer volljährigen Person mit Maturabschluss - wie ihn auch die Zweitbeschwerdeführerin aufweist - und somit von einer Person mit entsprechendem Bildungsniveau erwartet werden kann, den Unterschied zwischen einem Haftbefehl und einer Bedrohung zu kennen. Zudem kann der erst im Zuge der mündlichen Beschwerdeverhandlung vorgelegte Haftbefehl vom 29.03.2015 nicht als taugliches Beweismittel gewertet werden, da die Beschwerdeführer - laut Angabe der Zweitbeschwerdeführerin - zwei Tage vor Ausreise des Erstbeschwerdeführers (somit am 23.03.2015) vom Haftbefehl erfahren hätten; der Haftbefehl ist jedoch erst mit 29.03.2015 datiert.

 

Auch die Aussagen des Erstbeschwerdeführers, dass er im Jahr 2010 inhaftiert worden sei bzw. auch Haftbefehle gegen seine gesamte Familie erlassen worden seien, tätigte der Erstbeschwerdeführer erstmals in der mündlichen Verhandlung (S. 16 VP). Weder in der behördlichen Einvernahme noch im Beschwerdeschriftsatz wurde eine Inhaftierung vorgebracht. Vielmehr gab der Erstbeschwerdeführer in der behördlichen Einvernahme selbst zu Protokoll, dass er im Irak noch nie inhaftiert worden sei (AS 76 f). Diese Aussagen sind als Steigerung des Fluchtvorbringens zu werten. Denn nach allgemeiner Lebenserfahrung ist davon auszugehen, dass ein Asylwerber, der bemüht ist, in einem Land Aufnahme und Schutz zu finden, in der Regel bestrebt ist, alles diesem Wunsch Dienliche vorzubringen und zumindest die Kernfluchtgeschichte möglichst umfassend und gleichbleibend schildert, sodass erkennbar ist, welchen massiven Bedrohungen er im Herkunftsland ausgesetzt ist. Wäre der Erstbeschwerdeführer tatsächlich inhaftiert worden, hätte er diese Tatsache zumindest im Beschwerdeschriftsatz erwähnt. Dahingehend ist der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu folgen, der davon ausgeht, dass ein spätes, gesteigertes Vorbringen als unglaubwürdig qualifiziert werden kann. Denn kein Asylwerber würde wohl eine sich bietende Gelegenheit, zentral entscheidungsrelevantes Vorbringen zu erstatten, ungenützt vorübergehen lassen (VwGH 07.06.2000, 2000/01/0250). Diese Tatsache war dem Erstbeschwerdeführer zudem bereits vor Erstellung des Beschwerdeschriftsatzes bekannt (S. 16 VP). Der vorgelegte Entlassungsschein hinsichtlich seiner Haft vom 25.08.2010 ist kein taugliches Beweismittel, da kein offizieller Briefkopf bzw. kein vorgedrucktes Logo vorhanden und der am Schriftstück gesetzte Stempel nicht leserlich ist.

 

Dass die Familie des Erstbeschwerdeführers weiterhin bedroht werde, da ins Haus der Familie eingedrungen worden sei und der Vater hätte verhaftet werden sollen bzw. dass sein Bruder Ahmed im Oktober 2018 verhaftet sowie von schiitischen Milizen entführt worden sei, ist aufgrund der vagen Angaben nicht glaubhaft (S. 18 VP). Es kann in diesem Zusammenhang auch nicht als Aufgabe des Gerichts gesehen werden, jede seiner vagen und pauschalen Angaben bzw. Andeutungen durch mehrmaliges Nachfragen zu konkretisieren, sondern liegt es an dem Erstbeschwerdeführer, ein detailliertes und stimmiges Vorbringen, welches über eine bloße Rahmengeschichte hinausgeht, zu erstatten, um die nötige Glaubwürdigkeit zu erlangen. Zudem konnte der Erstbeschwerdeführer keine Unterlagen vorlegen, welche die Bedrohungen belegen würden. Die im Zuge der Beschwerdeverhandlung vorgelegten Fotographien bezüglich des möglichen Entführers des Bruders mögen diesen Eindruck nicht entkräften. Zudem ist hinsichtlich dieser Fotographien, welche den Täter der Entführung zeigen sollen, auszuführen, dass diese Fotographien keinen tauglichen Beweis darstellen können, da kein Rückschluss auf einen Täter der angeblichen Entführung seines Bruders gezogen werden kann.

 

Hinsichtlich der Zweitbeschwerdeführerin muss festgehalten werden, dass es auch dieser nicht gelungen ist, ihr Fluchtvorbringen annähernd plausibel darzulegen: Die Zweitbeschwerdeführerin legte im behördlichen Verfahren lediglich dar, dass ihr Ehemann von der schiitischen Miliz bedroht worden sei, nicht jedoch sie. Sie sei nach der Ausreise ihres Ehemannes von der schiitischen Miliz Asa'ib Ahl al-Haqq aber insofern bedroht worden, da diese den Aufenthaltsort des Erstbeschwerdeführers wissen hätten wollen und Nachbarn ihrem Vater erzählt hätten, dass das Leben der Zweitbeschwerdeführerin in Gefahr sei. Zudem hätte ihr die Universität die Studienfortsetzung verboten. Die Universität hätte dies damit begründet, dass Asa'ib Ahl al-Haqq ihr Leben bedrohe (AS 49 f). Sie machte ansonsten keine konkrete gegen ihre Person gerichtete Verfolgungshandlung geltend.

 

Die Zweitbeschwerdeführerin bestätigte in der mündlichen Beschwerdeverhandlung, dass sie keinen Kontakt mit schiitischen Milizen gehabt habe. Hinsichtlich der Drohung der schiitischen Miliz, welche über ihren Vater ausgesprochen worden sei, verstickte sie sich in Widersprüche: Gab sie in der Einvernahme vor der belangten Behörde noch an, dass Nachbarn den Vater informiert hätten (AS 50), legte sie in der mündlichen Beschwerdeverhandlung dar, dass ein Offizier, welcher in Nähe ihrer Familie gelebt habe, den Vater informiert habe (S. 25 VP).

 

Drüber hinaus verstrickt sich die Zweitbeschwerdeführerin auch in Bezug auf die Bedrohung durch die Universität in Widersprüche: In der behördlichen Einvernahme gab die Erstbeschwerdeführerin noch zu Protokoll, dass die Universität ihren Antrag auf ein fortführendes Studium abgelehnt habe, da Asa'ib Ahl al-Haqq ihr Leben bedrohe (AS 50). Im Zuge der mündlichen Beschwerdeverhandlung legte die Zweitbeschwerdeführerin plötzlich dar, dass sie nie eine Universität besucht habe (S. 23 VP) und dass die Universität nichts damit zu tun habe, sondern ihr Vater ein Studium verboten habe (S. 25 VP). Einem diesbezüglichen Vorhalt der erkennenden Richterin konnte auch die Zweitbeschwerdeführerin nicht substantiiert entgegentreten (vgl. S. 25 VP: RI: "In der behördlichen Einvernahme gaben Sie an, dass die Uni Sie daran hindern wollte, das Studium fortzuführen. Heute geben Sie an, dass Sie nicht studiert haben. Das heißt, die Uni wollte Sie daran hindern, ein Studium zu beginnen, da Sie Sunnitin sind?"; BF2:

"Nein, das habe ich nicht angegeben. Als ich die Einvernahme gelesen habe, habe ich bemerkt, dass es falsch protokolliert wurde."; RI:

"Warum glauben Sie, dass die Universität ein Studium abgelehnt hat?"; BF2: "Die Uni hat damit nichts zu tun. Ich darf studieren, aber mein Vater wollte das nicht, weil mein Leben in Gefahr war. Mein Vater hat mir das verboten."; RI: "Ich habe auch angesucht an der Uni, um weiter zu studieren, die Uni hat das aber abgelehnt."; BF2: "Als ich das Protokoll gelesen habe, habe ich bemerkt, dass es falsch protokolliert wurde.".). Dass es im Zuge der Einvernahme vor dem BFA Verständigungsprobleme gegeben habe, ist jedoch nicht ersichtlich, bestätigte die Zweitbeschwerdeführerin doch am Ende der Einvernahme vor dem BFA mit ihrer Unterschrift, dass sie den Dolmetscher gut verstanden habe bzw. dass ihr die Niederschrift wortwörtlich rückübersetzt worden sei (AS 55 f).

 

Darüber hinaus verharrte die Zweitbeschwerdeführerin im Zuge der mündlichen Beschwerdeverhandlung hinsichtlich der Ausführungen, dass ihr Ehemann verfolgt worden sei, in einer wortkargen Darlegung einiger weniger Eckpunkte einer Schilderung, die Antworten auf die gestellten Fragen waren grundsätzlich kurz und total vage - eine detaillierte oder umfassende Schilderung der Ereignisse war ihr im Zuge der gesamten Einvernahme nicht möglich (vgl. S. 26 f VP). Obwohl sie in der behördlichen Einvernahme als Verfolger noch die schiitische Miliz Asa'ib Ahl al-Haqq nannte, führte sie in der mündlichen Beschwerdeverhandlung aus, dass sie nicht wisse, wer ihren Ehemann bedrohe. Es erscheint zudem wenig glaubwürdig und plausibel, dass die Zweitbeschwerdeführerin absolut keine Angaben hinsichtlich der Anzahl, der Art, des Hergangs oder des Zeitpunkts der Bedrohungen gegen ihren Ehemann, mit welchem sie seit der Hochzeit im Jahr 2014 im selben Haushalt lebte, tätigen kann (S. 26 f VP).

 

Unabhängig davon legte die Zweitbeschwerdeführerin erstmals in der mündlichen Beschwerdeverhandlung dar, dass sie im Irak auf Anraten ihres Vaters einen Scheidungsantrag gestellt habe, um sich nach der Ausreise ihres Ehemannes vor der Verfolgung der schiitischen Miliz zu schützen (S. 24, S. 27 f VP). Weder in der behördlichen Einvernahme noch im Beschwerdeschriftsatz wurde dieser Scheidungsantrag vorgebracht. Diese Angaben sind daher als Steigerung des Fluchtvorbringens zu werten: Hätte sie bei Gericht tatsächlich einen Scheidungsantrag eingebracht, hätte sie diese Tatsache zumindest im Beschwerdeschriftsatz erwähnt. Doch selbst im Beschwerdeschriftsatz finden sich keine Ausführungen hierzu. Dem Bundesverwaltungsgericht ist kein Grund ersichtlich, warum die Zweitbeschwerdeführerin nicht bereits im Verfahren vor der belangten Behörde bzw. zumindest im Beschwerdeschriftsatz diese Tatsachen vorgebracht hat, zumal der Zweitbeschwerdeführerin diese Tatsachen auch bereits im Behördenverfahren bekannt sein musste und die Zweitbeschwerdeführerin ausführlich zu ihren Fluchtgründen befragt wurde (AS 49 ff). Zum Scheidungsantrag vom 03.05.2015, eingebracht beim "Personenstand-Amtsgericht in Azamiya", der in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vorgelegt wurde, muss festgehalten werden, dass dieser keinen tauglichen Beweis hinsichtlich einer angeblichen Verfolgung des Erstbeschwerdeführers darstellen kann: Dies insbesondere deshalb, da als Scheidungsgrund lediglich "viele Probleme" sowie "eheliche Auseinandersetzungen", die ein Weiterführen der Ehe verunmöglichen würden, angeführt wurde. Zudem weist der Scheidungsantrag keinen offiziellen Briefkopf auf und ist die Stampiglie unlesbar.

 

Auffallend ist auch, dass der Erstbeschwerdeführer die angebliche Drohung der Zweitbeschwerdeführerin über ihren Vater bzw. den Scheidungsantrag weder im behördlichen Verfahren noch im Beschwerdeschriftsatz angab, obwohl dieser von dieser Verfolgung bzw. vom Scheidungsantrag gewusst haben soll (vgl. S. 18 f VP). Vielmehr führte er in der behördlichen Einvernahme an, dass seine Frau bzw. andere Familienangehörige nicht bedroht worden seien, und erwähnte mit keinem Wort den Scheidungsantrag (AS 74).

 

Das Bundesverwaltungsgericht kommt daher zu dem Schluss, dass es dem Erstbeschwerdeführer bzw. der Zweitbeschwerdeführerin nicht gelungen ist, eine konkrete, gegen ihre Person gerichtete Verfolgung bzw. Verfolgungsgefahr glaubhaft zu machen, der auch Asylrelevanz zukommt. Somit war nicht davon auszugehen, dass der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin gemeinsam mit der Drittbeschwerdeführerin bzw. der Viertbeschwerdeführerin im Irak einer asylrechtlich relevanten Verfolgungsgefahr ausgesetzt waren bzw. sind.

 

Dass die Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in den Irak sonstigen persönlichen und konkreten Verfolgungen aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit ausgesetzt wären, konnte in einer Gesamtschau ihrer Angaben vor dem BFA und ihrer Ausführungen im Beschwerdeschriftsatz bzw. im Zuge der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht festgestellt werden, da eine derartige Verfolgung seitens der Beschwerdeführer nicht konkret dargelegt wurde.

 

Ausgenommen hinsichtlich der allgemein gehaltenen Vorbringen zur Verfolgung aller Beschwerdeführer aufgrund der Religionszugehörigkeit wurden in Bezug auf die minderjährigen Beschwerdeführerinnen keine weiteren eigenen Fluchtgründe vorgebracht.

 

Daraus ergibt sich in einer Zusammenschau, dass den Beschwerdeführern im Irak nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

Unabhängig davon war der Erstbeschwerdeführer glaubhaft bis zu seiner Ausreise als Mitarbeiter des Bildungsministeriums tätig (vgl. S. 4, S. 6 VP). Dafür spricht auch der im Zuge der mündlichen Beschwerdeverhandlung vorgelegte Dienstausweis bzw. das Arbeitszeugnis.

 

Wie dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu entnehmen ist, sind Mitarbeiter von Ministerien besonders gefährdet. Daraus ergibt sich aber nicht automatisch eine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention für alle Ministeriumsmitarbeiter. Im gegenständlichen Fall sind die vom Erstbeschwerdeführer behaupteten angeblichen Bedrohungen durch schiitische Milizen nicht glaubhaft. Dies schließt aber nicht aus, dass der Erstbeschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in den Irak mit Schikanen und Problemen zu rechnen hätte; vielmehr ist davon auszugehen, dass er gravierenden Schwierigkeiten begegnen würde, wenn er versuchen würde, wieder einen Arbeitsplatz zu finden. Es ist davon auszugehen, dass ihm als früheren Mitarbeiter eines Ministeriums in der von den schiitischen Milizen dominierten Stadt Bagdad vielerorts mit Misstrauen begegnet wird. Wie in den oben wiedergegebenen Länderfeststellungen nachzulesen ist, stellen die Milizen einen enormen Machtfaktor dar, was sich in der gesamten Gesellschaft widerspiegelt und zu einem allgemeinen Klima der Korruption und des Nepotismus beiträgt. Der Zugang zum Arbeitsmarkt wäre für den Erstbeschwerdeführer daher jedenfalls erschwert, zumal sich laut Länderinformationsblatt die Arbeitsmarktsituation weiter verschlechtert und die Grundversorgung von staatlicher Seite nicht sichergestellt werden kann.

 

Zudem handelt es sich um eine Familie mit zwei minderjährigen Kleinkindern im Alter von 18 und fünf Monaten. Angesichts des Alters der Kinder kann nicht davon ausgegangen werden, dass sie im Falle der Rückkehr nach Bagdad eine vertretbare wirtschaftliche Basis finden und sich ein neues Leben aufbauen können. Die Familie wäre darauf angewiesen, dass der Erstbeschwerdeführer ein ausreichendes Einkommen erzielt, um Nahrung und Unterkunft für alle Beschwerdeführer sichern zu können. Ein solches Einkommen ist mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht zu erwarten, da insbesondere zu erwarten wäre, dass der Erstbeschwerdeführer - insbesondere von Seiten der schiitischen Milizen, die in Bagdad ihre Macht in den letzten Jahren ausbauen konnten - aufgrund seiner früheren Tätigkeit für das Bildungsministerium mit Schwierigkeiten und Diskriminierung zu rechnen hätte. Die Zweitbeschwerdeführerin könnte wegen der nötigen Betreuung der minderjährigen Kleinkinder und mangels beruflicher Ausbildung bzw. Erfahrung kaum zum Haushaltseinkommen beitragen.

 

Im Hinblick auf die gegebenen Umstände muss daher ein "reales Risiko" einer gegen Art. 2 oder Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung im Falle der Rückkehr der Beschwerdeführer in den Irak, konkret nach Bagdad, erkannt werden. Dass die Situation in einem anderen Landesteil für die Beschwerdeführer günstiger wäre, kann mangels Anbindung zu anderen Örtlichkeiten sowie aufgrund der vielerorts aufgrund der vielen Binnenvertriebenen prekären Lage ebenfalls nicht angenommen werden.

 

Zudem ergibt sich aus den Länderfeststellungen, dass insbesondere Kinder Opfer der kriegerischen Auseinandersetzungen der letzten Jahre im Irak waren und dass sie in überproportionaler Weise von der schwierigen humanitären Lage betroffen sind. Auch der Verfassungsgerichtshof betonte in seiner Entscheidung vom 11.06.2018, E 4469/2017, im Falle einer Familie mit drei Kindern im Alter von acht Jahren, zwei Jahren und fünf Monaten die Notwendigkeit, eine mögliche Verletzung der gemäß Art. 2 und Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte in Bezug auf die Kinder genau zu prüfen.

 

Zusammengefasst ist aufgrund der früheren Tätigkeit des Erstbeschwerdeführers und der deswegen zu erwartenden Diskriminierung durch schiitische Milizen, aufgrund des Alters der Kinder sowie aufgrund der den Länderfeststellungen zu entnehmenden aktuellen Situation in Bagdad davon auszugehen, dass alle Beschwerdeführer für den Fall einer Rückkehr in den Irak in eine aussichtslose Lage geraten würden.

 

II.2.4. Zum Herkunftsstaat:

 

Zu den zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat ausgewählten Quellen im angefochtenen Bescheid wird angeführt, dass es sich hierbei um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen, sowohl staatlichen als auch nicht-staatlichen Ursprungs handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten, von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates, über den berichtet wird, zur Kenntnis gelangen, diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um kritische Sachverhalte geht, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vorschriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine einseitige Parteinahme unterstellt werden kann. Zudem werden auch Quellen verschiedener Menschenrechtsorganisationen herangezogen, welche oftmals das gegenteilige Verhalten aufweisen und so gemeinsam mit den staatlich-diplomatischen Quellen ein abgerundetes Bild ergeben. Bei Berücksichtigung dieser Überlegungen hinsichtlich des Inhaltes der Quellen, ihrer Natur und der Intention der Verfasser handelt es sich nach Ansicht der erkennenden Richterin bei den Feststellungen in den angefochtenen Bescheiden um ausreichend ausgewogenes und aktuelles Material (vgl. VwGH 07.06.2000, 99/01/0210).

 

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

 

Zum Antrag der Beschwerdeführer, einen landeskundigen Sachverständigen zu beauftragen, der sich mit der aktuellen Situation im Irak befasst, bzw. zum Antrag auf Anfrage an die Staatendokumentation zum Beweis, dass in den Jahren 2010 bis 2015 eine systematische Verfolgung der Sunniten im Stadtteil, in dem der Erstbeschwerdeführer gelebt habe, stattgefunden habe, bzw. zum Antrag auf Anfrage in Bezug auf den Haftbefehl, zum Beweis dafür, dass eine Rückkehr für den Erstbeschwerdeführer nicht möglich sei, ist auszuführen, dass derartige Schritte nicht erforderlich waren, zumal der Sachverhalt aufgrund der obigen Ausführungen als geklärt anzusehen ist. Den auf Basis seriöser Quellen und deren plausibler Aussagen getroffenen Länderfeststellungen wurde nicht substantiiert entgegengetreten; wie den Länderfeststellungen zu entnehmen ist, sind die in Bagdad lebenden Sunniten derzeit keiner Gruppenverfolgung bzw. keiner systematischen Verfolgung durch schiitische Milizen ausgesetzt. Obwohl die sunnitische Glaubensgemeinschaft in Bagdad gegenüber der schiitischen Gemeinschaft die Minderheit darstellt, sind sie nach wie vor in der Gesellschaft und in der Regierung präsent. Unabhängig davon stellten sich die Fluchtvorbringen der Beschwerdeführer als widersprüchlich und nicht plausibel und somit als nicht glaubhaft dar. Von einer weiteren Ermittlungspflicht, die das Verfahren und damit gleichzeitig auch die ungewisse Situation der Beschwerdeführer unverhältnismäßig und grundlos prolongieren würde, war daher nicht auszugehen.

 

II.3. Rechtliche Beurteilung:

 

II.3.1. Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, was im gegenständlichen Verfahren nicht der Fall ist.

 

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I 33/2013 idF BGBl. I 138/2017, geregelt (§ 1 leg.cit.).

 

§ 1 BFA-VG, BGBl. I 87/2012, bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

 

Gemäß § 3 BFA-G, BGBl. I 87/2012, obliegt dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Vollziehung des BFA-VG (Z 1), die Vollziehung des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100 (Z 2), die Vollziehung des 7., 8. und 11. Hauptstückes des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I 100 (Z 3) und die Vollziehung des Grundversorgungsgesetzes - Bund 2005, BGBl. I 100 (Z 4).

 

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

 

Zu Spruchpunkt A)

 

II.3.2. Zum Status von Asylberechtigten (Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide):

 

II.3.2.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist die "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung". Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. z.B. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; VwGH 25.01.2001, 2001/20/0011).

 

Für eine "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (VwGH 26.02.1997, 95/01/0454, VwGH 09.04.1997, 95/01/055), denn die Verfolgungsgefahr - Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung - bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse, sondern erfordert eine Prognose (vgl. VwGH 16.02.2000, 99/01/0397). Verfolgungshandlungen die in der Vergangenheit gesetzt worden sind, können im Rahmen dieser Prognose ein wesentliches Indiz für eine Verfolgungsgefahr sein (vgl. VwGH 09.03.1999, 98/01/0318).

 

Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (vgl. VwGH 15.03.2001, 99/20/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (vgl. VwGH 16.06.1994, 94/19/0183).

 

Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

 

Im gegenständlichen Fall sind nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes die dargestellten Voraussetzungen, nämlich eine "begründete Furcht vor Verfolgung" im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK, nicht gegeben. Dies vor allem unter dem Gesichtspunkt, dass der Erstbeschwerdeführer bzw. die Zweitbeschwerdeführerin keine persönliche und konkrete Verfolgungsgefährdung aus einem in der Genfer Flüchtlingskonvention taxativ aufgezählten Grund glaubhaft geltend gemacht haben:

 

II.3.2.2. Hinsichtlich des Vorbringens des Erstbeschwerdeführers bzw. der Zweitbeschwerdeführerin zur angeblichen Bedrohung durch die schiitische Miliz Asa'ib Ahl al-Haqq aufgrund der Arbeitstätigkeit bzw. aufgrund des familiären Hintergrundes des Erstbeschwerdeführers ist auszuführen, dass zur Beurteilung, ob die Verfolgungsgründe als glaubhaft gemacht anzusehen sind, auf die persönliche Glaubwürdigkeit des Erstbeschwerdeführers bzw. der Zweitbeschwerdeführerin und das Vorbringen zu den Fluchtgründen abzustellen ist. Die "Glaubhaftmachung" wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung setzt positiv getroffene Feststellungen der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus (vgl. VwGH 11.06.1997, 95/01/0627).

 

"Glaubhaftmachung" im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GFK ist die Beurteilung des Vorgetragenen daraufhin, inwieweit einer vernunftbegabten Person nach objektiven Kriterien unter den geschilderten Umständen wohlbegründete Furcht vor Verfolgung zuzugestehen ist oder nicht. Erachtet die Behörde im Rahmen der Beweiswürdigung die Angaben des Asylwerbers grundsätzlich als unwahr, können die von ihm behaupteten Fluchtgründe gar nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden. Zudem ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung gar nicht näher zu beurteilen (vgl. VwGH 09.05.1996, 95/20/0380). Eine Falschangabe zu einem für die Entscheidung nicht unmittelbar relevanten Thema (vgl. VwGH 30.09.2004, 2001/20/0006, betreffend Abstreiten eines früheren Einreiseversuchs) bzw. Widersprüche in nicht maßgeblichen Detailaspekten (vgl. VwGH 28.05.2009, 2007/19/1248; 23.01.1997, 95/20/0303) reichen für sich alleine nicht aus, um daraus nach Art einer Beweisregel über die Beurteilung der persönlichen Glaubwürdigkeit des Asylwerbers die Tatsachenwidrigkeit aller Angaben über die aktuellen Fluchtgründe abzuleiten (vgl. VwGH 26.11.2003, 2001/20/0457).

 

Das Vorbringen des Erstbeschwerdeführers, er und seine Familie hätten die Republik Irak aufgrund der Bedrohung durch die schiitische Miliz Asa'ib Ahl al-Haqq verlassen, bzw. das Vorbringen der Zweitbeschwerdeführerin, sie sei aufgrund der Verfolgung ihres Ehemannes ebenfalls bedroht worden, haben sich als nicht glaubhaft herausgestellt (siehe II.2.3.). Da die Verfolgung durch die schiitische Miliz nicht als bewiesen gilt, konnte auch keine Bedrohungssituation für den Erstbeschwerdeführer bzw. die Zweitbeschwerdeführerin festgestellt werden.

 

II.3.2.3. Dass die Beschwerdeführer aus persönlichen Gründen aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit im Irak eine Verfolgung zu erwarten hätten, konnte mangels entsprechenden konkreten Vorbringens nicht festgestellt werden (vgl. II.2.3.).

 

Aus den obigen Länderfeststellungen ergeben sich zudem keine Hinweise auf eine Gruppenverfolgung von Arabern mit sunnitischer Glaubensrichtung im Irak. Wiewohl ausweislich der Feststellungen zur allgemeinen Lage im Irak eine sunnitisch-feindliche Politik vorherrscht und es in unterschiedlicher Intensität zu Vertreibungen mit dem Ziel einer religiösen Homogenisierung oder von Entführungen kommt, kann noch nicht von einer zielgerichteten und systematischen Verfolgung von Muslimen sunnitischer Glaubensrichtung ausgegangen werden. Die Beschwerdeführer haben demnach nicht bereits aufgrund ihrer sunnitischen Glaubensrichtung eine individuell gegen ihre Person gerichtete Verfolgung zu befürchten (vgl. VwGH 09.05.2016, Ra 2016/01/0068; 17.12.2015, Ra 2015/20/0048 mwN).

 

II.3.2.4. Die Fluchtvorbringen der Beschwerdeführer erfüllen nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes in ihrer Gesamtheit somit nicht die Voraussetzungen für die Gewährung von Asyl.

 

Im Ergebnis sind daher die Beschwerden gegen Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abzuweisen.

 

II.3.3. Zum Status von subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II. der angefochtenen Bescheide):

 

Gemäß § 8 Abs. 1 Ziffer 1 AsylG 2005 idgF ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Gemäß § 8 Abs. 2 leg. cit. ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

 

Nach der (früheren) ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Prüfung betreffend die Zuerkennung von subsidiärem Schutz eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr ("real risk") einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht (VwGH 21.02.2017, Ro 2017/18/005). Der Verwaltungsgerichtshof stellte daher für die Gewährung von subsidiärem Schutz insbesondere auf den Maßstab des Artikel 3 EMRK ab (vgl. etwa VwGH 25.04.2017, Ra 2016/01/0307).

 

Art. 3 EMRK lautet: "Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden."

 

Unter unmenschlicher Behandlung ist die vorsätzliche Verursachung intensiven Leides unterhalb der Stufe der Folter zu verstehen, unter einer erniedrigenden Behandlung die Zufügung einer Demütigung oder Entwürdigung von besonderem Grad. Die Ausweisung eines Fremden kann eine Verantwortlichkeit des ausweisenden Staates nach Art. 3 EMRK begründen, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass die betroffene Person im Falle ihrer Ausweisung einem realen Risiko ausgesetzt würde, im Empfangsstaat einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung unterworfen zu werden.

 

Nach der Rechtsprechung des VwGH ist bei der Beurteilung betreffend die Zuerkennung von subsidiärem Schutz eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, wobei konkrete und nachvollziehbare Feststellungen dazu zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr ("real risk") einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat. Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann Art. 3 EMRK verletzen, wenn er dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK reicht nicht aus. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung nötig, dass der Betroffene detailliert und konkret darlegt, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen (VwGH 29.05.2018, Ra 2018/20/0224 mwH).

 

Es ist daher zunächst zu prüfen, ob eine Rückkehr der Beschwerdeführer in den Irak eine Verletzung der in Art. 3 EMRK geschützten Rechte bedeuten würde.

 

Im Urteil der Großen Kammer vom 23.08.2016, Nr. 59166/12, J.K. u. a. gegen Schweden, beschäftigte sich der EGMR mit der zu diesem Zeitpunkt aktuellen Sicherheitslage im Irak. Er führte aus, verlässliche und objektive Quellen sprächen dafür, dass Personen, denen unterstellt wird, mit der irakischen Regierung und ihren Institutionen, mit den Besatzungstruppen oder mit ausländischen Firmen zu kollaborieren, auch in den von der Regierung kontrollierten Gebieten Gefahr liefen, von Al Quaida und anderen oppositionellen Gruppen verfolgt zu werden (RNr. 116). Im Folgenden gelangte der EGMR zu der Einschätzung, dass die Schutzfähigkeit der irakischen Sicherheitsbehörden in der derzeitigen komplexen und volatilen Situation im Irak reduziert sei. Sie sei zwar in Bezug auf die irakische Bevölkerung im Allgemeinen in den von den Sicherheitsbehörden kontrollierten Gebieten zur Zeit gegeben, jedoch in Bezug auf jene Personen zu verneinen, die zu den genannten Risikogruppen gehören. Der kumulative Effekt der individuellen Bedrohung solcher Personen einerseits und der reduzierten Schutzfähigkeit der irakischen Sicherheitskräfte andererseits begründe die Annahme eines realen Risikos, dass Personen mit speziellem Risikoprofil bei Rückkehr in den Irak (insbesondere) entgegen Art. 3 EMRK behandelt würden (RNr. 121 und 123).

 

Entscheidende Bedeutung kommt damit dem Umstand zu, ob einer der Beschwerdeführer besondere Gefährdungsmomente aufweist, die es - anders als für die irakische Bevölkerung der Hauptstadt Bagdad im Allgemeinen - wahrscheinlich erscheinen lassen, dass er in besonderem Maße von den dort stattfindenden Gewaltakten bedroht wäre. Als ein möglicher derartiger Umstand ist zunächst in Betracht zu ziehen, dass der Erstbeschwerdeführer (auch bereits nach den Feststellungen des BFA) für das Bildungsministerium tätig war. Allerdings ist nicht glaubhaft, dass er deshalb in das Blickfeld von gewalttätigen Verfolgern geraten wäre. Es finden sich auch keine Hinweise in den Akten und im Vorbringen des Erstbeschwerdeführers, dass dies bezogen auf seine Person im Fall der Rückkehr in den Irak geschehen würde. Seine bisherige (berufliche) Tätigkeit begründet somit fallbezogen kein besonderes Gefährdungsmoment in dem Sinne, dass er eine Verfolgung durch schiitische Milizen zu erwarten hätte (vgl. zu einem ähnlich gelagerten Fall eines Funkers bei der irakischen Armee: VwGH 21.02.2017, Ra 2016/18/0137).

 

Zu beachten ist weiters, dass die Beschwerdeführer der sunnitischen Glaubensgemeinschaft angehören. Auch wenn eine sunnitisch-feindliche Politik vorherrscht und es in unterschiedlicher Intensität zu Vertreibungen mit dem Ziel einer religiösen Homogenisierung oder von Entführungen kommt, kann noch nicht von einer zielgerichteten und systematischen Verfolgung von Muslimen sunnitischer Glaubensrichtung ausgegangen werden (vgl. VwGH 09.05.2016, Ra 2016/01/0068; 17.12.2015, Ra 2015/20/0048 mwN).

 

Allein der Umstand, dass die Beschwerdeführer in einen Stadtteil Bagdads zurückkehren würden, für den die Möglichkeit besteht, dass an einem öffentlichen Platz ein Bombenanschlag terroristischer Gruppierungen erfolgen könnte, begründet somit bei der derzeitigen Gefahrenlage noch keine stichhaltigen Gründe für ein reales Risiko der Verletzung ihrer durch Art. 2 oder 3 EMRK garantierten Rechte bzw. liegt deshalb noch keine ernsthafte Bedrohung ihrer Lebens oder ihrer Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen Konfliktes vor.

 

Allerdings wäre, wie weiter oben bereits aufgezeigt wurde, davon auszugehen, dass die Beschwerdeführer in eine aussichtslose Lage geraten würden. Auch wenn der Erstbeschwerdeführer nicht glaubhaft machen konnte, dass er Ziel konkreter Verfolgung durch die schiitischen Milizen war bzw. bei einer Rückkehr wäre, so ist doch davon auszugehen, dass er Opfer von Schikanen und Diskriminierung von Seiten der Milizen wäre. Dies würde die Möglichkeit für den Erstbeschwerdeführer, eine neue Erwerbstätigkeit zu finden, stark erschweren; zudem müsste er seine Ehefrau und zwei Kleinkinder versorgen. Dass sich die Situation für Frauen in den letzten Jahren im Irak verschärft hat und dass Kinder als besondere Opfer der kriegerischen Auseinandersetzungen der letzten Jahre anzusehen sind, wurde bereits betont.

 

Auf Basis der Länderfeststellungen, wonach die Versorgungslage für ärmere Bevölkerungsschichten schwierig bleibt und die Lebensbedingungen der städtischen Bevölkerung im Irak zu großen Teilen jenen in Slums gleichen, ergibt sich aus der hohen Wahrscheinlichkeit mangelnden oder fehlenden Einkommens die Folge einer ebenso hohen Wahrscheinlichkeit mangelnder Nahrung und Unterkunft insbesondere für die minderjährigen Beschwerdeführerinnen.

 

Es ist daher davon auszugehen, dass die Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in den Irak in eine ausweglose Lage geraten würde, so dass diese Rückkehr zu einer Verletzung der in Art. 3 EMRK geschützten Rechte führen würde.

 

Allerdings hatte der EuGH in seinem Urteil vom 18.12.2014, M¿Bodj/Belgien, C-542/13 , klargestellt, dass eine Verletzung des Art. 3 EMRK nicht automatisch zur Gewährung des Status von subsidiärem Schutz nach Art. 15 der Status-Richtlinie (Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.04.2004) führt. Konkret führt er in Rz 40 aus: "Der Umstand, dass ein an einer schweren Krankheit leidender Drittstaatsangehöriger nach Art. 3 EMRK in der Auslegung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in absoluten Ausnahmefällen nicht in ein Land abgeschoben werden kann, in dem keine angemessene Behandlung vorhanden ist, bedeutet deswegen aber nicht, dass es ihm erlaubt werden muss, sich auf der Grundlage des subsidiären Schutzes nach der Richtlinie 2004/83 in einem Mitgliedstaat aufzuhalten." Subsidiärer Schutz nach Art. 15 lit. a und b der Statusrichtlinie verlangt nach dieser Auslegung durch den EuGH, dass der ernsthafte Schaden durch das Verhalten von Dritten verursacht werden muss und nicht bloß Folge allgemeiner Unzulänglichkeiten im Herkunftsland ist. Zugleich hielt der EuGH in dieser Entscheidung auch fest, dass es unionsrechtlich unzulässig ist, den in der Statusrichtlinie vorgesehenen Schutz Drittstaatsangehörigen zuzuerkennen, die sich in Situationen befinden, die keinen Zusammenhang mit dem Zweck dieses internationalen Schutzes aufweisen, etwa aus familiären oder humanitären Ermessensgründen.

 

Die in dem Urteil vom 18.12.2014, M¿Bodj/Belgien vom EuGH entwickelten Grundsätze wurde im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 06.11.2018, Ra 2018/01/0106, aufgenommen und festgestellt, dass der österreichische Gesetzgeber die unionsrechtlichen Vorgaben der Statusrichtlinie zur Gewährung des Status subsidiär Schutzberechtigter in § 8 Abs. 1 AsylG entgegen der oben angeführten Rechtsprechung des EuGH umgesetzt hat.

 

In seiner Entscheidung vom 21.11.2018, Ra 2018/01/0461, wiederholt der Verwaltungsgerichtshof, dass es der Statusrichtlinie widerspricht, einem Fremden den Status des subsidiär Schutzberechtigten unabhängig von einer Verursachung durch Akteure oder einer Bedrohung in einem bewaffneten Konflikt im Herkunftsstaat zuzuerkennen.

 

Im gegenständlichen Fall ist den Beschwerdeführern aber sowohl nach dem Wortlaut des § 8 Abs. 1 AsylG wie auch nach Art. 15 b der Statusrichtlinie subsidiärer Schutz zuzuerkennen. Die Beschwerdeführer bzw. ihr Leben und ihre Unversehrtheit sind für den Fall einer Rückkehr in den Irak bedroht; dieser ernsthafte Schaden wird durch das Verhalten von Dritten verursacht und ist nicht auf allgemeine Unzulänglichkeiten im Heimatland zurückzuführen. Die besonderen Schwierigkeiten, welche die Beschwerdeführer für den Fall einer Rückkehr in den Irak erwarten würden, sind nämlich insbesondere auf den Umstand zurückzuführen, dass der Erstbeschwerdeführer besonderen Problemen (etwa am Arbeitsmarkt oder bei der Suche nach einer Unterkunft) begegnen würde, da er für das Bildungsministerium tätig war. Diese Schwierigkeiten würden ihm insbesondere von den schiitischen Milizen, welche in Bagdad, aber auch in den anderen Landesteilen des Irak eine tragende Rolle eingenommen haben, bereitet werden. Insgesamt ist daher damit zu rechnen, dass dem Erstbeschwerdeführer von Seiten schiitischer Fundamentalisten, insbesondere der in Bagdad mächtigen PMF, Schwierigkeiten bereitet werden würden, die den Wiederaufbau einer Existenz für sich und seine Familie verhindern würden.

 

Eine Gefahr einer Art. 3 EMRK Verletzung durch das konkrete Handeln dritter Personen kann daher im gegenständlichen Fall festgestellt werden. Unter den festgestellten äußerst kargen Versorgungsverhältnissen und mit der festgestellten geringen Erwerbsquote erwachsener Männer und der verminderten Erwerbschance des Vaters aufgrund seiner früheren Tätigkeit und der zu erwartenden Diskriminierung durch schiitische Milizen hätten insbesondere die zwei Kinder auf längere Sicht mit unzureichender Nahrung und Unterkunft zu rechnen. Darin liegt eine Form unmenschlicher Behandlung, die sich im beschriebenen chancenarmen Umfeld aus den geschilderten exzeptionellen Umständen ergibt.

 

Den Beschwerden zu den Spruchpunkten II. war daher für jeden Beschwerdeführer Folge zu geben, diese Spruchpunkte waren aufzuheben und die Zuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigen auszusprechen.

 

II.3.4. Befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigte:

 

Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 ist einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird, gleichzeitig eine befristete Aufenthaltsberechtigung zu erteilen. Diese gilt für ein Jahr und wird im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen über den Antrag des Fremden vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl für jeweils zwei weitere Jahre verlängert.

 

Den Beschwerdeführern wurde der Status von subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt, sodass jeweils eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 zu erteilen war.

 

II.3.5. Zu den Spruchpunkten III. und IV. der angefochtenen Bescheide vom 06.09.2016 und vom 07.09.2016 bzw. zu den Spruchpunkten III. bis VI. der angefochtenen Bescheide vom 14.12.2017 und vom 29.01.2019:

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt.

 

Da den Beschwerdeführern der Status von subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen war, liegen die Voraussetzungen für die Überprüfung der Zuerkennung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG und für die Anordnung einer Rückkehrentscheidung nicht (mehr) vor.

 

Daher war die von der belangten Behörde in Spruchpunkt III., erster und zweiter Satz, bzw. in den Spruchpunkten III. und IV. der angefochtenen Bescheide erlassene Nichtzuerkennung eines Aufenthaltstitels bzw. die Rückkehrentscheidung ersatzlos aufzuheben.

 

Damit entfällt auch die Basis für die auf der Pflicht zur Ausreise aufbauenden Aussprüche über die Zulässigkeit der Abschiebung bzw. die Frist zur freiwilligen Ausreise, weshalb auch die Spruchpunkte III., letzter Satz, und IV. bzw. die Spruchpunkte V. und VI. aufzuheben waren.

 

II.3.6. Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.

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