BVwG W224 2014708-1

BVwGW224 2014708-127.1.2015

B-VG Art.133 Abs4
Schulpflichtgesetz 1985 §9 Abs6
VwGVG §28 Abs2
B-VG Art.133 Abs4
Schulpflichtgesetz 1985 §9 Abs6
VwGVG §28 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2015:W224.2014708.1.00

 

Spruch:

W224 2014708-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Martina WEINHANDL als Einzelrichterin über die Beschwerde von 1. XXXX gegen den Bescheid des Landesschulrats für Steiermark vom 11.11.2014, Zl. 601331/3-2014, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 9 Abs. 6 Schulpflichtgesetz, BGBl. Nr. 76/1985, in der Fassung BGBl. I Nr. 48/2014, stattgegeben und der Schülerin XXXX, die Erlaubnis zum Fernbleiben vom Unterricht im Zeitraum vom 07.01.2015 bis 31.01.2015 erteilt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführer haben mit Schreiben von 23.09.2014 der Volksschule (Bilingual Primary School) XXXX (im Folgenden: VS XXXX) mitgeteilt, dass sie das Angebot bekommen hätten, in der Zeit vom 19.12.2014 bis 31.01.2015 auf Sri Lanka beruflich tätig zu sein. Aus diesem Grund würden sie um Unterrichtsfreistellung für ihre Tochter XXXX, Schülerin der 3a Klasse, bitten. Sie würden sich verpflichten, sich bei den Klassenlehrerinnen über den Lernstoff zu informieren, damit ihre Tochter im Ausland von ihnen unterrichtet werden könne.

2. Auf diesem Schreiben der Beschwerdeführer vermerkte die Schulleitung der VS XXXX, dass sie dieses Ansuchen befürworte.

3. Mit Bescheid des Landesschulrats für Steiermark (im Folgenden: belangte Behörde) vom 11.11.2014, Zl. 601331/3-2014, wurde die Erlaubnis zum Fernbleiben der Schülerin XXXX, Schülerin der 3a-Klasse der VS XXXX für den Zeitraum vom 19.12.2014 bis 31.01.2015 gemäß § 9 Abs. 6 Schulpflichtgesetz (SchPflG), BGBl. Nr. 76/1985 idgF iVm § 9 Abs. 1, nicht erteilt.

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass in § 9 Abs. 3 SchPflG als Rechtfertigungsgründe für die Verhinderung mehrere Fälle aufgezählt seien, die alle in der Interessenlage des Schülers lägen.

§ 9 Abs. 6 SchPflG spreche ebenfalls von begründeten Anlassfällen, sodass für die Genehmigung des Fernbleibens vom Unterricht gemäß Abs. 6 leg.cit. Gründe vergleichbarer Art und Schwere und in der Interessenlage des Schülers vorliegen müssten, die nicht anders als durch Fernbleiben des Schülers gelöst werden könnten.

Im gegenständlichen Fall sei das berufliche Engagement der Eltern durch eine Auslandstätigkeit tauglicher Grund, das Fernbleiben der Tochter vom Unterricht zu rechtfertigen. Das Interesse liege primär in der Sphäre der Eltern und nicht in der der Schülerin. Es liege somit kein gerechtfertigter Anlassfall vor, zumal auch die Abwesenheit nicht durch eine Interessenlage der Schülerin begründet sei. Es sei daher im Rahmen des Ermessensspielraumes der Behörde spruchgemäß zu entscheiden und das Fernbleiben zu untersagen gewesen.

4. In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass der Zweitbeschwerdeführer den Beruf des Regisseurs und die Erstbeschwerdeführerin den Beruf der Schauspielerin und akademischen Theaterpädagogin ausübten sowie Gründer eines Theaters in Graz seien. Die Beschwerdeführer seien von LaStrada (Internationales Festival für Figuren- und Straßentheater) für das Projekt "Europeans Abroad" im Zeitraum vom 28.12.2014 bis 08.02.2015 in das Sura Medura International Artist Residency Centre in Hikkaduwa (Sri Lanka) eingeladen, um dort am Projekt "Familia" zu arbeiten. Es sei aufgrund der großen organisatorischen Vorbereitungen vorab nicht möglich gewesen, eine offizielle Bestätigung der Einladung zur Projektarbeit vorzulegen. Zum Zeitpunkt der Antragstellung hätten sie noch nicht alle relevanten Projektdaten erhalten, hätten jedoch so früh als möglich die Schule informieren wollen.

Ihre Tochter XXXX sei eine sehr gute Schülerin, die auch laut jedem Lernzielkatalog alle zu erreichenden Kompetenzen zur Gänze erfüllt habe. Auch die Klassenlehrerinnen hätten keinerlei Einwände gegen eine Unterrichtsfreistellung, da XXXXeine sehr gewissenhafte und lernfreudige Schülerin sei. Die Klassenlehrerinnen hätten sich auch dazu bereit erklärt, die Beschwerdeführer über den zu erbringenden Lernstoff zu informieren, den sie in Form eines häuslichen Unterrichts mit XXXXerarbeiten würden. Da die VS XXXXeinen Englisch-Schwerpunkt habe und die Arbeitssprache innerhalb des Projekts in Sri Lanka, in das XXXX involviert sein würde, Englisch sei, sei die Interessenlage der Schülerin allein aus diesem Grunde immanent. Zusätzlich führte die Beschwerde noch das Kennenlernen und sich Auseinandersetzen mit einem derartig anderen Kulturkreis ins Treffen. Auch sei wohl eine sechswöchige Abwesenheit der Eltern kaum im Interesse der Schülerin.

Die Beschwerdeführer ersuchten aus diesem Grund "dringend um eine Unterrichtsfreistellung vom 07. Jänner 2015 bis 09. Februar 2015" ersuchen.

Beigelegt wurde der Beschwerde ein Schreiben von LaStrada vom 12.11.2014, in dem bestätigt wurde, dass die Beschwerdeführer und ihre Kinder eingeladen worden seien, ein Projekt für das Thema "Europeans Abroad" in Sri Lanka vom 28.12.2014 bis 08.02.2015 zu entwickeln.

5. Der Landesschulrat für Steiermark legte dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 26.11.2014, vollständig eingelangt am 01.12.2014, die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Tochter der Beschwerdeführer besucht die 3a Klasse der Volksschule (Bilingual Primary School) XXXX. Mit Schreiben vom 23.09.2014 ersuchten die Beschwerdeführer um Erlaubnis zum Fernbleiben vom Unterricht für ihre Tochter vom 19.12.2014 bis 31.01.2015 und begründeten dies damit, dass sie in diesem Zeitraum in Sri Lanka beruflich tätig sein werden. Der Beschwerdeführer ist Regisseur und die Beschwerdeführerin ist Schauspielerin sowie akademische Theaterpädagogin.

Die Beschwerdeführer und ihre Kinder sind von LaStrada (Internationales Festival für Figuren- und Straßentheater) eingeladen, vom 28.12.2014 bis 08.02.2015 in Sri Lanka im Rahmen des IN SITU Netzwerks "European network for artistic creation in public space" ein Projekt für das Thema "Europeans Abroad" zu entwickeln.

Die Beschwerdeführer änderten in der Beschwerde ihren Antrag auf Erlaubnis zum Fernbleiben vom Unterricht für ihre Tochter auf den Zeitraum 07.01.2015 bis 09.02.2015.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, dem Verfahren vor der belangten Behörde und der Beschwerde. Der Sachverhalt ist aktenkundig, unstrittig und deshalb erwiesen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Schulpflicht (Schulpflichtgesetz 1985), BGBl. Nr. 76/1985, in der Fassung BGBl. I Nr. 48/2014, lauten:

"ABSCHNITT I

Allgemeine Schulpflicht

A. Personenkreis, Beginn und Dauer

Personenkreis

§ 1. (1) Für alle Kinder, die sich in Österreich dauernd aufhalten, besteht allgemeine Schulpflicht nach Maßgabe dieses Abschnittes.

(2) Unter Kindern im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Minderjährige zu verstehen, die nach Maßgabe dieses Abschnittes schulpflichtig oder zum Besuch einer allgemeinbildenden Pflichtschule berechtigt sind.

[...]

Schulbesuch und Fernbleiben vom Unterricht

§ 9. (1) Die in eine im § 5 genannte Schule aufgenommenen Schüler haben den Unterricht während der vorgeschriebenen Schulzeit regelmäßig und pünktlich zu besuchen, auch am Unterricht in den unverbindlichen Lehrgegenständen, für die sie zu Beginn des Schuljahres angemeldet wurden, regelmäßig teilzunehmen und sich an den verpflichtend vorgeschriebenen sonstigen Schulveranstaltungen zu beteiligen.

(2) Ein Fernbleiben von der Schule ist während der Schulzeit nur im Falle gerechtfertigter Verhinderung des Schülers zulässig.

(3) Als Rechtfertigungsgründe für die Verhinderung gelten insbesondere:

1. Erkrankung des Schülers,

2. mit der Gefahr der Übertragung verbundene Erkrankungen von Hausangehörigen des Schülers,

3. Erkrankung der Eltern oder anderer Angehöriger, wenn sie der Hilfe des Schülers bedürfen,

4. außergewöhnliche Ereignisse im Leben des Schülers, in der Familie oder im Hauswesen des Schülers,

5. Ungangbarkeit des Schulweges oder schlechte Witterung, wenn die Gesundheit des Schülers dadurch gefährdet ist.

(4) Die Verwendung von Schülern zu häuslichen, landwirtschaftlichen, gewerblichen oder sonstigen Arbeiten sowie die Mitnahme von Schülern auf die Wanderschaft durch Personen, die eine Wanderbeschäftigung ausüben, ist nicht als Rechtfertigungsgrund für eine Verhinderung anzusehen.

(5) Die Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten des Kindes haben den Klassenlehrer (Klassenvorstand) oder den Schulleiter von jeder Verhinderung des Schülers ohne Aufschub mündlich oder schriftlich unter Angabe des Grundes zu benachrichtigen. Auf Verlangen des Schulleiters hat die Benachrichtigung jedenfalls schriftlich und bei einer länger als eine Woche dauernden Erkrankung oder Erholungsbedürftigkeit allenfalls unter Vorlage eines ärztlichen Zeugnisses zu erfolgen.

(6) Im übrigen kann die Erlaubnis zum Fernbleiben aus begründetem Anlaß für einzelne Stunden bis zu einem Tag der Klassenlehrer (Klassenvorstand) und für mehrere Tage bis zu einer Woche der Schulleiter erteilen. Die Entscheidung des Klassenlehrers (Klassenvorstandes) bzw. des Schulleiters ist durch Widerspruch nicht anfechtbar. Für die Erlaubnis zu längerem Fernbleiben ist die zuständige Schulbehörde, für die allgemeinbildenden Praxisschulen gemäß § 33a Abs. 1 des Schulorganisationsgesetzes, BGBl. Nr. 242/1962, in der jeweils geltenden Fassung, jedoch der Landesschulrat zuständig."

3.2. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da eine Senatsentscheidung in den einschlägigen Bundesgesetzen nicht vorgesehen ist, liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A)

1.1. Für alle Kinder, die sich in Österreich dauernd aufhalten, besteht gemäß § 1 Abs. 1 Schulpflichtgesetz 1985 allgemeine Schulpflicht. Der Begriff des "dauernden Aufenthalts" ist gesetzlich nicht definiert. Es genügt, dass eine Person sich an einem Ort dauernd bis auf weiteres, das heißt nicht nur vorübergehend, aufhält oder die aus den Umständen erkennbare Absicht hat, sich aufzuhalten. Der dauernde Aufenthalt wird durch eine vorübergehende Unterbrechung nicht beendet, er endet erst dann, wenn weder die körperliche Anwesenheit noch die Absicht zur Rückkehr vorhanden ist (vgl. dazu Jonak/Kövesi, Das Österreichische Schulrecht13, FN 2 zu § 1 SchPflG). Wie sich aus den im Akt aufliegenden Unterlagen ergibt, ist die erkennbare Absicht, nach Ablauf von etwa sechs Wochen nach Österreich zurückzukehren, vorhanden.

1.2. Wie lange ein Aufenthalt mindestens dauern muss, um als "dauernd" im Sinn von § 1 Schulpflichtgesetz 1985 angesehen werden zu können, ist im Gesetz nicht definiert. Ein Aufenthalt in der Dauer von etwa einer Beurteilungsperiode (also einem Semester, siehe § 19 Abs. 2 SchUG 1986) ist dafür jedenfalls ausreichend (VwGH 13.05.2011, 2010/10/0139).

Die Tochter der Beschwerdeführer würde nach einem etwa sechswöchigen Auslandsaufenthalt nach Österreich zurückkehren, weshalb weiterhin ein dauernder Aufenthalt in Österreich und damit eine allgemeine Schulpflicht besteht.

2.1. Gemäß § 9 Abs. 6 Schulpflichtgesetz 1985 kann die Erlaubnis zum Fernbleiben aus begründetem Anlass für einzelne Stunden bis zu einem Tag der Klassenlehrer (Klassenvorstand) und für mehrere Tage bis zu einer Woche der Schulleiter erteilen. Die Entscheidung des Klassenlehrers (Klassenvorstandes) bzw. des Schulleiters ist durch Widerspruch nicht anfechtbar. Für die Erlaubnis zu längerem Fernbleiben ist die zuständige Schulbehörde, für die allgemeinbildenden Praxisschulen gemäß § 33a Abs. 1 des Schulorganisationsgesetzes, BGBl. Nr. 242/1962, in der jeweils geltenden Fassung, jedoch der Landesschulrat zuständig.

2.2. Voraussetzung für die Erteilung der Erlaubnis zum Fernbleiben ist damit, dass ein begründeter Anlass vorliegt. Eine ausdrückliche Regelung, was ein begründeter Anlass ist, besteht im Schulpflichtgesetz 1985 nicht. Das in § 9 Abs. 2 und 3 Schulpflichtgesetz 1985 geregelte Fernbleiben von der Schule bezieht sich auf unvorhergesehene Ereignisse, während sich jenes nach § 9 Abs. 6 Schulpflichtgesetz 1985 geregelte Fernbleiben auf vorhersehbare Umstände bezieht, die den Anlass zu einer vor dem Fernbleiben einzuholenden Erlaubnis bilden (vgl. Jonak/Kövesi, Das Österreichische Schulrecht13, FN 20 zu § 9 SchPflG). Die in § 9 Abs. 3 Schulpflichtgesetz 1985 als Rechtfertigung für eine Verhinderung gemäß § 9 Abs. 2 Schulpflichtgesetz 1985 demonstrativ aufgezählten Gründe können daher als Anhaltspunkt für die Erteilung einer Erlaubnis zum Fernbleiben aus begründetem Anlass gemäß § 9 Abs. 6 Schulpflichtgesetz 1985 dienen.

2.3. Im gegenständlichen Fall kommt als begründeter Anlass für das Fernbleiben in Anlehnung an § 9 Abs. 3 Z 4 Schulpflichtgesetz 1985 ein außergewöhnliches Ereignis im Leben des Schülers, in der Familie oder im Hauswesen des Schülers in Frage.

2.4. Der Zweitbeschwerdeführer ist Regisseur und die Erstbeschwerdeführerin ist Schauspielerin sowie akademische Theaterpädagogin. Sie sind von LaStrada (Internationales Festival für Figuren- und Straßentheater) eingeladen, in Sri Lanka im Rahmen des INSITU Netzwerks "European network for artistic creation in public space" ein Projekt für das Thema "Europeans Abroad" zu entwickeln. Eine solche Tätigkeit, die von den Beschwerdeführern in Zusammenhang mit ihren beruflichen Tätigkeiten steht und im Ausland wahrgenommen werden kann, ist zweifellos ein außergewöhnliches Ereignis in der Familie der Schülerin (vgl. dazu auch BVwG 12.12.2014, W203 2015085-1/2E). Darüber hinaus wurde das Ansuchen der Beschwerdeführer auch von der Schulleitung befürwortet.

2.5. Zu der im angefochtenen Bescheid vertretenen Auffassung, dass die in § 9 Abs. 3 Schulpflichtgesetz 1985 genannten Gründe alle in der Interessenlage des Schülers gelegen seien und daher auch die nach § 9 Abs. 6 Schulpflichtgesetz 1985 begründeten Anlassfälle vergleichbarer Art und Schwere sowie in der Interessenlage des Schülers vorliegen müssten, ist aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichts auszuführen, dass die in § 9 Abs. 3 Schulpflichtgesetz 1985 genannten Verhinderungsgründe nicht ausdrücklich auf eine "Interessenlage des Schülers" abstellen, sondern demonstrativ Rechtfertigungsgründe für eine Verhinderung des Schülers genannt werden und zudem auch Ereignisse in der Familie des Schülers von Bedeutung sind.

2.6. Das Bundesverwaltungsgericht verkennt an dieser Stelle nicht, dass § 9 Abs. 6 Schulpflichtgesetz 1985 dem Landesschulrat Ermessen (arg. "kann") bei der Erteilung zur Erlaubnis zum Fernbleiben vom Unterricht einräumt. Gemäß Art. 130 Abs. 3 B-VG liegt Rechtswidrigkeit nicht vor, soweit das Gesetz der Verwaltungsbehörde Ermessen einräumt und sie dieses im Sinne des Gesetzes geübt hat. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten worden sind, also vom Ermessen nicht im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht worden ist (VwGH 17.10.2013, 2013/21/0041). Die Behörde ist verpflichtet, in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensübung maßgebenden Überlegungen und Umstände insoweit offen zu legen und auf alle für und gegen die Erteilung zur Erlaubnis zum Fernbleiben vom Unterricht sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen (VwGH 26.4.2005, 2005/21/0044; 10.9.2013, 2013/18/0068), als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien und für die Nachprüfung der Ermessensentscheidung auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes durch das Verwaltungsgericht erforderlich ist (vgl. VwGH 20.6.2011, 2011/09/0023; 25.6.2013, 2012/09/0157). Aus dem unter Punkt 2.1. bis 2.5. Gesagten folgt, dass die belangte Behörde die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten hat.

2.7. Der Beschwerde war daher stattzugeben und die Erlaubnis zum Fernbleiben vom Unterricht im Zeitraum vom 07.01.2015 bis 31.01.2015 zu erteilen.

3. Die Beschwerdeführer beantragten in ihrem Schreiben vom 23.09.2014 die Erteilung der Erlaubnis zum Fernbleiben vom Unterricht für den Zeitraum vom 19.12.2014 bis 31.01.2015. In der Beschwerde änderten sie den Zeitraum dahingehend ab, dass sie um ein Fernbleiben vom Unterricht erst ab dem 07.01.2015 und (verlängert) bis zum 09.02.2015 ansuchten.

Die Beschwerdeführer haben damit ihren Antrag hinsichtlich des Beginns des Fernbleibens eingeschränkt, weshalb die im Rahmen der Stattgabe der Beschwerde erteilte Erlaubnis zum Fernbleiben erst ab dem 07.01.2015 zu erteilen war. Hingegen konnte die Erlaubnis zum Fernbleiben nur bis zum 31.01.2015 erteilt werden, da Gegenstand des angefochtenen Bescheids der Zeitraum bis zum 31.01.2015 war und das Bundesverwaltungsgericht als zur Entscheidung über Beschwerden gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde berufenes Verwaltungsgericht nicht über einen darüber hinausgehenden Zeitraum entscheiden kann.

Hinsichtlich des Zeitraum 01.02.2015 bis 09.02.2015 hat daher der Landesschulrat für Steiermark als zuständige Behörde über die Erlaubnis zum Fernbleiben zu entscheiden.

4. Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann - soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist - das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

Im gegenständlichen Fall konnte das Unterlassen einer mündlichen Verhandlung darauf gestützt werden, dass der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erschien, weil der Sachverhalt nach einem grundsätzlich ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren festgestellt wurde und dieser Sachverhaltsfeststellung in der Beschwerde nicht substantiiert entgegen getreten wurde. Weder war der vorgebrachte Sachverhalt in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig. Rechtlich relevante und zulässige Neuerungen wurden in den Äußerungen zur Beschwerde nicht vorgetragen (zum Erfordernis einer schlüssigen Beweiswürdigung im erstinstanzlichen Bescheid und zur Verhandlungspflicht bei Neuerungen VwGH 11.11.1998, 98/01/0308, und 21.01.1999, 98/20/0339; zur Bekämpfung der Beweiswürdigung in der Berufung VwGH 25.03.1999, 98/20/0577, und 22.04.1999, 98/20/0389; zum Abgehen von der erstinstanzlichen Beweiswürdigung VwGH 18.02.1999, 98/20/0423; zu Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens VwGH 25.03.1999, 98/20/0475). Darunter sind allerdings lediglich inhaltsleere Bestreitungen nicht zu verstehen (vgl. VwGH 16.5.2001, 99/09/0187, VwGH 2004/09/0033, VwGH 28.5.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018). Das Bundesverwaltungsgericht hat vorliegend daher ausschließlich über eine Rechtsfrage zu erkennen (vgl. EGMR 20.6.2013, Appl. Nr. 24510/06, Abdulgadirov/AZE, Rz 34 ff). Auch nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt unbestritten und die Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität ist (VfSlg. 17.597/2005; VfSlg. 17.855/2006; zuletzt etwa VfGH 18.6.2012, B 155/12).

Einen Antrag auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung stellten die Beschwerdeführer nicht, die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung von Amts wegen ist nicht erforderlich.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die hier anzuwendenden Regelungen erweisen sich als klar und eindeutig (vgl. dazu auch OGH 22.3.1992, 5 Ob 105/90; vgl. zur Unzulässigkeit der Revision bei eindeutiger Rechtslage trotz fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053; 27.08.2014, Ra 2014/05/0007).

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