BVwG I403 2014580-1

BVwGI403 2014580-121.1.2015

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2015:I403.2014580.1.00

 

Spruch:

I403 2014580-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Birgit ERTL-GRATZEL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.11.2014, Zl. 1043718910-140104235, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 20.01.2015 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 55, 57 AsylG 2005 idgF., § 10 Abs. 1 Z. 3 Asylgesetz iVm § 9 BFA-VG idgF. und §§ 52, 46 FPG idgF. als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsbürger, stellte am 24.10.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 25.10.2014 erklärte der Beschwerdeführer, aus dem Imo State zu kommen, der christlichen Gemeinschaft und der Volksgruppe der Ibo anzugehören. Er habe für 11 Jahre die Grundschule in Imo State besucht. Seine Eltern seien verstorben, sein Bruder lebe noch in Nigeria. Er sei im November 2004 aus Nigeria ausgereist. Sein Reisepass sei abgelaufen, die Behörde habe ihn eingezogen. 2004 sei er mit einem Schiff von Lagos in die Türkei gereist und von dort weiter nach Griechenland. Dort habe er bis zum Oktober 2014 gelebt. Er habe als Werbeträger gearbeitet. Er sei auch einige Zeit obdachlos gewesen. Daher habe er Griechenland verlassen und sei nach Österreich gereist. Zu seinem Aufenthalt in Griechenland gab er weiters an, dass er nach der Einreise einen Aufenthaltstitel für 6 Monate bekommen habe. Er habe dann alle 6 Monate um einen neuen Titel ansuchen müssen. Im Jahr 2006 habe er eine griechische Frau kennengelernt, die er habe heiraten wollen, was ihm aber schlussendlich aus rechtlichen Gründen nicht möglich gewesen sei.

Zum Fluchtgrund befragt gab der Beschwerdeführer zu Protokoll: " Ich war ein Freiheitskämpfer in Nigeria für die Gruppe Massob, die sich Ipob nennt. Wir kämpften für die Eigenständigkeit von Biafra, wir wollten uns von Nigeria trennen. Der Direktor von Ipob ist jetzt XXXX. Wir werden von der nigerianischen Regierung gejagt, ich habe Angst um mein Leben."

Bei einer Rückkehr nach Nigeria fürchte er um sein Leben.

Am 3.11.2014 fand eine niederschriftliche Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl statt. Nunmehr gab der Beschwerdeführer an, niemals Dokumente in Nigeria besessen zu haben. Er sei in Owerri geboren, das liege im östlichen Teil von Nigeria, in der Biafra Gegend. Sein Bruder lebe seit nunmehr 3 Jahren in Südafrika. Seit der Beschwerdeführer Griechenland verlassen habe, stehe er nicht mehr in Kontakt mit ihm, zuvor habe er aber immer wieder telefoniert. In Nigeria habe er noch Verwandte mütterlicherseits. Seine Mutter sei bereits kurz nach seiner Geburt verstorben, er sei von ihrer Schwester aufgezogen worden, die nun seinen eigenen Angaben nach alt sei. Von Griechenland aus habe er manchmal mit ihr telefoniert. Sie sei eigentlich die einzige Mutter, die er kenne. Sie lebe in Imo State. Sein Vater sei gestorben, als er in Griechenland gewesen sei. Er sei nicht verheiratet und habe keine Kinder. Auch in Österreich habe er keine Verwandten. Er besuche einen Deutschkurs und lebe von der Grundversorgung. In Nigeria habe er die Grundschule abgeschlossen und weitere fünf Jahre lang eine Schule besucht. Insgesamt habe er 11 Jahre lang die Schule besucht. Danach habe er als Friseur gearbeitet. Er konnte von seinen Einkommen leben, habe aber nicht viel Geld verdient. In Nigeria sei er von der Schwester seiner Mutter unterstützt worden. Sein Vater sei selbst sehr arm gewesen. Er habe aber mit seinen Vater zusammengelebt. Der Beschwerdeführer habe in Nigeria keine Partei unterstützt, sei aber Mitglied einer Gruppe namens Massob (Movement fort he Actualisation of the Sovereign State of Biafra) gewesen, das sei eine friedliche Organisation. Weiter befragt nach der Gruppe Massob erklärte der Beschwerdeführer: " Das ist eine nicht gewalttätige, friedliche Organisation. Wir haben die Menschen über Biafra aufgeklärt. Wir haben auch Demonstrationen gegen die schlechte Regierung von Nigeria veranstaltet. Wir haben immer nur friedliche Veranstaltungen gemacht, wir wollten die Menschen dazu auffordern, Biafra zu unterstützen. Und manchmal haben wir Demonstrationen gegen die Regierung veranstaltet, um den Menschen zu zeigen, dass die Regierung schlecht ist. Es gibt keine Arbeit, keine Sicherheit, Menschen sterben. Wir veranstalten noch mehr Demonstrationen, wenn die Regierung Mitglieder von uns festnimmt."

Seine Rolle in der Bewegung habe darin bestanden, den Menschen zu predigen. Manchmal habe er auch Flugzettel an die Menschen verteilt. Er sei auch bei Demonstrationen dabei gewesen. In Griechenland habe er nur noch einen Kontakt zu dieser Gruppe gehabt, das sei der Koordinator dieser Gruppe in Griechenland gewesen. In Griechenland hätten auch Treffen stattgefunden. Der Beschwerdeführer legte dem Bundesamt Fotos vor, die ihn mit anderen Personen zeigten, welche eine Flagge und T-Shirts mit der Aufschrift "I Love Biafra" trugen. Auf die Frage, ob er persönlich jemals Probleme mit den Behörden in Nigeria gehabt hätte, antwortete der Beschwerdeführer: "Ja, oft. Die Regierung wollte diese Bewegung nicht. Ich komme aus dem östlichen Teil von Nigeria. Der derzeitige Präsident von Nigeria ist aus dem südöstlichen Teil von Nigeria. Er möchte nichts über diese Gruppe hören. Er möchte nichts davon hören, dass dieser Teil von Nigeria wegfällt." Zu Griechenland führte der Beschwerdeführer aus, dass er zunächst den Flüchtlingsstatus bekommen habe, dann aber eine Frau habe heiraten wollen, um auch eine bessere Arbeitsmöglichkeit zu haben. Als Flüchtling habe er eine sogenannte Pink Card besessen, welche er aber, um heiraten zu können, zurückzugeben hatte. Er habe dann aber verschiedenen Anforderungen für die Hochzeit nicht erfüllen können, unter anderem hätte er sich orthodox taufen lassen müssen. Danach sei er von 2008 bis 2014 illegal in Griechenland gewesen. Nachgefragt, was ihn zu seiner Flucht veranlasst habe, antwortete der Beschwerdeführer, dass er fliehen musste, weil die Regierung nach den Leben aller Massob-Mitglieder getrachtet habe. Viele seien getötet oder festgenommen worden, weil sie Mitglieder von Massob gewesen seien. Auf nochmalige Nachfrage, was ihm persönlich passiert sei, meinte der Beschwerdeführer, dass sein bester Freund, der ebenfalls Mitglied von Massob gewesen sei, getötet worden wäre. Er habe gewusst, dass er ebenfalls eines Tages sterben werde oder ins Gefängnis kommen würde. Zum Tod des Freundes befragt gab er an, dass er nach einer Demonstration umgebracht worden sei. Er sei festgenommen und dann im Gefängnis festgehalten worden, wo er gestorben sei. Der Beschwerdeführer dagegen habe entkommen können. Das sei Anfang 2004 gewesen, an den Monat könne er sich aber nicht mehr erinnern. Es sei jedenfalls Anfang des Jahres gewesen. Er selbst sei dann im Oktober 2014 von Lagos ausgehend ausgereist. Auf die nochmalige Frage, in welcher Form er nun persönlich von nigerianischen Behörden verfolgt worden sei, antwortete der Beschwerdeführer: "Wenn man als Massob Mitglied von der Regierung geschnappt wird, dann bleibt man im Gefängnis und sie vergessen dich. Es gibt keine Gerichtsverhandlung, man kommt einfach ins Gefängnis." Nochmals danach gefragt, was ihm persönlich passiert sei, antwortete der Beschwerdeführer, dass er viele Male von Sicherheitskräften geschlagen worden sei. Er habe aber immer Glück gehabt und weglaufen können, wenn die Sicherheitskräfte gekommen seien. Auf die Frage, wie oft er an Demonstrationen teilgenommen habe, antwortete der Beschwerdeführer, dass es alle zwei Wochen Treffen in dem Zentrum von Massob gegeben habe. Auf nochmalige Frage, wie oft er an Demonstrationen teilgenommen habe, meinte er, sie seien oft auf die Straße gegangen, um den Menschen über Biafra zu erzählen. Auf die Frage, ob er auch im Jahr 2004 an Demonstration teilgenommen habe, bejahte der Beschwerdeführer und erklärte, er habe von 2003 bis 2004 an Demonstrationen teilgenommen. Eigentlich habe es nach jedem Treffen Demonstrationen gegeben, auch Anfang 2004 habe es einige Demonstrationen gegeben. Normalerweise habe es in jedem Monat ein Treffen gegeben. Auf die Frage, warum später im Jahr 2004 keine Demonstrationen mehr stattgefunden hätten, erklärte der Beschwerdeführer, dass er in Angst vor einer Verhaftung gelebt habe und sich versteckt hätte. Auf Nachfrage, wo er sich versteckt habe, meinte er, innerhalb des Staates. Auf Nachfrage erkläre er am Geburtsort seiner Mutter. Auf weitere Nachfrage, im Imo State, aber nicht in derselben Gemeinde, in der er wohne. Auf nochmalige Nachfrage definierte er den Ort des Versteckens mit der Gemeinde XXXX. Die Schwester seiner Mutter habe ihm dort Essen gebracht. Er könne sich auch nicht erinnern, wie lange er im Versteck geblieben sei. Dass sei jedenfalls unmittelbar davor gewesen, ehe er nach Lagos gegangen sei. Sollte er zurückkehren müssen, würde er sein Leben verlieren. Die Regierung und die Sicherheitsbehörden, das Militär würden ihn töten wollen.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.11.2014 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 24.10.2014 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Absatz 1 Asylgesetz abgewiesen (Spruchpunkt I). Gemäß § 8 Absatz 1 Asylgesetz wurde der Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria ebenfalls abgewiesen (Spruchpunkt II). Mit Spruchpunkt III wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 und § 55 Asylgesetz nicht erteilt. Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 Asylgesetz in Verbindung mit § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz erlassen. Es wurde gemäß § 52 Absatz 9 FBG festgestellt, dass eine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig sei. Als Frist für die freiwillige Ausreise wurden 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt. Das Bundesamt traf im angefochtenen Bescheid folgende Feststellungen:

Die Identität des Beschwerdeführers sei ungeklärt. Er sei nigerianischer Staatsangehöriger, gehöre der Volksgruppe Ibo an und sei Christ der Richtung Pfingstler. Er sei ledig und habe keine Kinder, er sei gesund und arbeitsfähig. In Österreich sei er unbescholten, er sei allerdings illegal in das österreichische Bundesgebiet eingereist. Die von ihm angegebenen Gründe für das Verlassen seines Herkunftslandes seien nicht glaubhaft. Eine Gefährdungslage im Heimatland sei nicht glaubhaft vorgebracht worden. Seine Familie stamme aus dem Imo State. Er sei arbeitsfähig, und die elementare Grundversorgung in seinem Herkunftsland sei gewährleistet. Die belangte Behörde traf in der Folge auf den Seiten 14-31 Feststellungen zur aktuellen Situation in Nigeria. Zum Privat- und Familienleben in Österreich stellte die belangte Behörde fest, dass der Beschwerdeführer erst seit kurzer Zeit in Österreich sei und hier keine Angehörigen oder sonstigen Verwandten habe. Er habe auch keine weiteren sozialen Kontakte, die ihn an Österreich binden würden. Er sei in Österreich nicht berufstätig und befinde sich in der Grundversorgung. Er habe noch Angehörige in Nigeria. Beweiswürdigend führte die belangte Behörde aus, dass er keinerlei Dokumente vorgelegt habe und somit seine wahre Identität als ungeklärt festgestellt werden könnte.

Die Feststellungen zu Staatsangehörigkeit, zu Volksgruppe und Religion, dem familiären Umfeld und dem Gesundheitszustand hätten sich aufgrund der unwiderlegten und glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers ergeben. Auch die Feststellung, dass er illegal in das österreichische Bundesgebiet eingereist sei, ergebe sich aus seinen eigenen Angaben bei der Erstbefragung. Grundlage seines Fluchtvorbringens sei die behauptete Mitgliedschaft in der Massob-Bewegung und die daraus resultierende Verfolgung seitens der nigerianischen Behörden. Es sei daher vorab zu prüfen gewesen, ob tatsächlich eine Nahebeziehung zu dieser Bewegung bestünde. Es sei dem Beschwerdeführer möglich gewesen, anzugeben wofür die Abkürzung stehe, welche Ziele diese Gruppierung verfolge und er habe auch korrekte Namen des früheren Anführers der Bewegung genannt. Weiteres habe er Kopien von Fotos vorgelegt, welche verschiedene Personen mit Flaggen und Transparenten in T-Shirts mit dem Logo der Biafra-Bewegung zeigen. Es sei daher glaubhaft, dass der Beschwerdeführer während seines Aufenthaltes in Griechenland an einer Massob Kundgebung teilgenommen habe und prinzipiell mit dieser Bewegung sympathisiere. Davon unabhängig sei jedoch die Frage, ob der Beschwerdeführer tatsächlich ein aktives Mitglied der Bewegung sei, ob er auch vor seiner Ausreise aus Nigeria bereits ein Anhänger dieser Bewegung gewesen sei und welche Rolle ihm damals allenfalls zugekommen sei. Es sei auch zu prüfen, ob er sich aus diesem Grund im Jahr 2004 gezwungen gesehen habe, das Land zu verlassen. Dazu führte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid aus:

"Auf die Frage, worin die Beweggründe für Ihre Flucht bestehen würden, schilderten Sie zuerst in allgemein gehaltenen Sätzen die politische Lage in Nigeria und die Grundhaltung der Massob Bewegung, ohne auch nur mit einen Wort auf Ihre individuelle Situation einzugehen. Auch der Aufforderung, Ihre persönlichen Beweggründe zu erläutern, kamen Sie zunächst nicht nach, sondern beschränkten sich auf die Bemerkung, die Regierung trachte allen Massob Mitgliedern nach den Leben. Auf nochmalige Nachfrage erwähnten Sie, dass ihr bester Freund getötet worden sei und Sie sich deshalb sicher gewesen seien, dass auch Ihnen dies drohen könnte. In weiterer Folge wurden Sie dazu aufgefordert, den Vorfall zu schildern, bei dem Ihr Freund getötet worden seien soll. Obwohl Sie andeuteten, an der Demonstration, bei der Ihr Freund festgenommen worden seien soll, ebenfalls teilgenommen zu haben, gaben Sie dazu nur wenige, äußerst allgemeine gehaltene Sätze an, die jeden Detailreichtum und jene Emotionalität völlig vermissen ließen, die für die Schilderung eines selbsterlebten Ereignissens charakteristisch sind. Auf nochmalige Nachfrage, in welcher Form denn Sie persönlich von der nigerianischen Behörden verfolgt worden seien, stellten Sie pauschal in den Raum, dass "man" im Gefängnis bleibe und vergessen werde, wenn "man" als Massob Mitglied von der Regierung geschnappt werde, so das jedenfalls indirekt der Schluss nahe lag, dass Ihnen persönlich nichts zugestoßen war, sondern Sie lediglich allgemeine Befürchtungen vorbrachten. Erst nach Äußerung dieses Gemeinplatzes behaupteten Sie vage, "viele Male" von den Sicherheitskräften geschlagen worden zu seien, da oft Demonstrationen stattgefunden hätten. Näher führten Sie dies jedoch nicht aus. Widersprüchlich dazu meinten Sie aber auch, Sie hätten immer weglaufen können, weshalb Sie nie verhaftet worden seien. Von diesen deutlichen Wiedersprüchen abgesehen griffen Sie auch keinen einzigen konkreten Vorfall, an den Sie teilgenommen haben wollen, auf, um diesen detailliert zu beschreiben, sondern beschränkten sich darauf, pauschal zu behaupten, Sie hätten "oft", "alle zwei Wochen", "jedes Monat" beziehungsweise "eigentlich nach jeden Treffen" an Demonstrationen teilgenommen. Da Sie somit nie mehr als eine allgemeine, noch dazu in sich nicht schlüssige Rahmengeschichte vorbrachten, ist davon auszugehen, dass Sie vor Ihrer Ausreise aus Nigeria keine nennenswerten Aktivitäten im Rahmen der Massob Bewegung gesetzt haben, sondern allenfalls ein Sympathisant waren, ohne das Ihnen eine besondere Rolle in dieser Bewegung zugekommen wäre. Darauf weist auch ihre anfängliche Behauptung hin, in der Zeit vor Ihrer Ausreise in Imo State in Owerri gewohnt zu haben. Erst als Sie nämlich gefragt worden, wann die letzte Demonstration mit Ihrer Beteiligung stattgefunden habe und Sie daraufhin Anfang 2004 als den betreffenden Zeitpunkt angaben, schoben Sie die Information nach, sich danach am Geburtsort Ihrer Mutter versteckt zu haben, offensichtlich um so in der Einvernahme den Eindruck zu erwecken, dass die nigerianischen Behörden nach Ihnen gesucht hätten. Nähere Angaben wurden von Ihnen dazu jedoch auch auf Nachfrage nicht gemacht. Sie schützten vor, sich nicht daran erinnern zu können, wie lange Sie sich versteckt hätten, es habe sich jedenfalls um "eine lange Zeit" gehandelt. Wieder für den Zeitraum, den Sie an Ihrer Wohnadresse in Owerri verbracht haben, noch für jene Zeitspanne, in der Sie sich versteckt haben wollen, wurde von Ihnen jedoch auch nur ein einziger konkreter Versuch der Behörden beschrieben, Ihrer habhaft zu werden. Insgesamt ist Ihr Vorbringen daher dahingehend zu würdigen, dass Ihre aktive Beteiligung an der Massob Bewegung in einer so maßgeblichen Position, dass Sie deswegen Probleme mit den Behörden bekommen hätten, vor Ihrer Ausreise aus Nigeria als nicht glaubhaft, sondern vielmehr als völlig überzogen anzusehen ist, da Ihnen -wenn überhaupt- in dieser Bewegung nur eine derart untergeordnete Rolle zukam beziehungsweise Sie so wenig exponiert waren, dass keinesfalls anzunehmen ist, dass die nigerianischen Behörden in diesem Zusammenhang nach Ihnen gesucht haben. Auch Ihre Verankerung in der Massob Bewegung während der letzten Jahre kann höchstens äußerst oberflächlich gewesen seien, da Sie nach eigenen Angaben in den fast 10 Jahren Ihres Aufenthaltes in Griechenland keinerlei Kontakt zu Propronenten der Massob Bewegung im Heimatland hatten und auch jetzt nur eine einzige Kontaktperson in Griechenland benannten. Bei den von Ihnen als derzeitigen Anführer der Massob Bewegung genannten N.K. handelt es sich laut den Länderfeststellungen nicht um den Anführer dieser Bewegung, sondern um den von London aus tätigen Direktor von Radio Biafra, das auch Sprachrohr der Bewegung Ipob ist. Offensichtlich ist Ihnen nicht bewusst, dass sich Radio Biafra inzwischen sogar explizit von der Massob Bewegung distanziert hat und dieser Korruption und eine Anbiederung an die nigerianische Regierungspartei vorwirft. Ihre Behauptung bei der Erstbefragung, die Massob Bewegung nenne sich nun Ipob, entspricht somit nicht den Tatsachen. Wären Sie tatsächlich ein aktives Mitglied einer der beiden Gruppierungen, müsste Ihnen dies bekannt sein, ebenso wie Ihnen die Namen der Führungspersönlichkeiten der jeweiligen Gruppierung bekannt sein müssten. Es ist daher auszugehen, dass Sie aktuell weder in die Massob Bewegung noch in die Ipob Bewegung aktiv als Mitglied eingebunden sind. Auf die Frage, welche Befürchtungen Sie im Fall einer Rückkehr in Ihr Heimatland haben, behaupteten Sie pauschal, die Regierung, die Sicherheitsbehörden und das Militär würden Sie töten wollen. Eine konkrete, gegen Sie persönlich gerichtete Gefährdung im Falle einer Rückkehr wurde von Ihnen nicht glaubhaft vorgebracht." Die Angaben des Beschwerdeführers zu seiner Arbeitsfähigkeit und zu seiner Familie in Nigeria seien dagegen nachvollziehbar und glaubhaft. Es sei glaubhaft, dass seine Mutter kurz nach seiner Geburt verstorben sei und er deshalb von deren Schwester aufgezogen worden sei. Zu dieser habe er auch von Griechenland aus noch Kontakt gehalten. Auch andere Verwandte mütterlicherseits würden sich noch im Heimatland aufhalten. Es sei daher davon auszugehen, dass er im Falle einer Rückkehr über familiäre Anknüpfungspunkte verfügen würde.

Rechtlich wurde festgestellt, dass das vom Beschwerdeführer behauptete Engagement für die Massob-Bewegung für den Zeitraum bis 2004 nicht glaubhaft gemacht worden sei. Konkrete Verfolgungshandlungen für die Vergangenheit seien von ihm ebenfalls nicht glaubhaft gemacht worden. Er habe nur von allgemeinen Möglichkeiten gesprochen, welche jedoch nicht als konkrete Verfolgungsgefahr anzusehen seien, da diesbezüglich auch eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit vorliegen müsste, was im konkreten Fall nicht zutreffe. Den Länderfeststellungen sei zu entnehmen, dass in Nigeria in den letzten Jahren vereinzelt Festnahmen von einzelnen Massob-Mitgliedern stattgefunden hätten, bei denen Waffen beziehungsweise Biafra Flaggen oder ähnliches gefunden worden seien. Aufgrund der separatistischen Bestrebungen dieser Bewegung sei es zu Anklagen wegen landesverräterischer Aktivitäten gekommen. Viele Angeklagte seien jedoch gegen Kaution oder Ehrenerklärung wieder freigelassen worden beziehungsweise hätten manche Verfahren mit Freisprüchen geändert. Da auch diese Fälle, bei denen konkrete Verdachtsmomente gegen die betreffenden Personen vorgelegen hätten, somit in rechtstaatlicher Weise abgeklärt worden seien, sei umso mehr davon auszugehen, dass den Beschwerdeführer allein aufgrund seiner politischen Gesinnung keinesfalls eine Verfolgung seitens der nigerianischen Behörden drohe. Eine sonstige aktuelle Gefährdung im Falle einer Rückkehr habe er ebenfalls nicht glaubhaft vorgebracht. Es sei daher kein Asyl zu gewähren gewesen. Es sei auch nicht davon auszugehen, dass den Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr eine unmenschliche Behandlung erwarten würde. Es gehe aus den Länderfeststellungen klar hervor, dass die Behörden, wenn überhaupt, nur gegen führende Massob-Mitglieder aktiv vorgehen würden. Es sei jedenfalls davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer in Nigeria einen verfolgungssicheren Ort aufsuchen könnte, da er höchstens ein Sympathisant dieser Bewegung gewesen sei und keinesfalls eine nennenswerte Rolle innerhalb dieser Bewegung gehabt hätte. Zudem sei der Beschwerdeführer prinzipiell gesund und arbeitsfähig, und es sei davon auszugehen, dass er sich in Falle einer Rückkehr eine neue Existenz aufbauen würde. Es sei somit davon auszugehen, dass ihm im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2 EMRK, Artikel 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention drohe. Weiteres sei den Länderfeststellungen zu entnehmen, dass Nigeria weder in einen internationalen Konflikt noch in einen Bürgerkrieg verwickelt sei, sodass für ihn als Zivilperson im Falle seiner Rückkehr auch keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bestehen würde.

Die Voraussetzungen des § 57 Asylgesetz würden nicht vorliegen. In Österreich habe der Beschwerdeführer keine Angehörigen, ein Familienleben liege somit nicht vor. Er habe aufgrund der Kürze seines Aufenthaltes in Österreich noch keine Kontakte knüpfen können und spreche auch kaum noch Deutsch. Er sei in Österreich nicht berufstätig und befinde sich in der Grundversorgung. Es bestünden somit noch keine privaten Bindungen in Österreich. Dem Beschwerdeführer sei somit auch kein Aufenthaltstitel gemäß § 55 Asylgesetz zu gewähren gewesen. Wie bereits unter Spruchpunkt II ausführlich dargelegt worden sei, drohe im Falle einer Rückkehrentscheidung auch keine Gefahr, welche eine Abschiebung unzulässig machen würde.

Mit Verfahrensanordnung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.11.2014 wurde dem Beschwerdeführer die Arge Rechtsberatung Diakonie und Volkshilfe amtswegig als Rechtsberater zur Seite gestellt.

Bescheid, Information über die Verpflichtung zur Ausreise und Verfahrensanordnung wurden vom Beschwerdeführer am 07.11.2014 persönlich übernommen.

Gegen den genannten Bescheid wurde innerhalb offener Frist am 20.11.2014 Beschwerde erhoben. Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge den hier angefochtenen oben bezeichneten Bescheid zur Gänze beheben und dem Beschwerdeführer Asyl gewähren; in eventu den hier angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit zur Gänze beheben und an das Bundesamt zurückverweisen, für den Fall der Abweisung des obigen Beschwerdeantrages gemäß § 8 Asylgesetz feststellen, dass dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Nigeria zukomme sowie feststellen, dass die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sei, in eventu die Dauer des erlassenen Einreiseverbotes herabsetzen beziehungsweise einschränken sowie in eventu festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 Asylgesetz vorliegen würden und eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 Absatz 1 VwGvG durchführen. Der Bescheid werde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Mangelhaftigkeit des Verfahrens bekämpft. Inhaltlich wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer aus Imo State stamme, was ein Teil von Biafra sei und sich im südöstlichen Teil von Nigeria befinde. In Griechenland habe er keinen Schutzstatus erhalten, sondern nur die Pink Card, einen temporären Aufenthaltstitel für Asylwerber. Er sei in Nigeria politisch aktiv und ein Anhänger von Massob gewesen, einer Bewegung für die Schaffung des Staates Biafra und für die Abspaltung dieser Region von Nigeria. Er habe an friedlichen Veranstaltungen teilgenommen und auch an Demonstrationen gegen die Regierung. Hierbei habe er immer schwerere Repressalien von Seiten der Regierung zu befürchten gehabt, und es seien auch regelmäßig Mitglieder seiner Bewegung verhaftet worden. Er habe zu den Menschen über Biafra gepredigt und auch Flugzettel verteilt. In Griechenland habe er sich der Exilbewegung der Biafra angeschlossen und sei daher auch im Ausland politisch aktiv gewesen. Der Beschwerdeführer könne nicht nach Nigeria zurückkehren, da es für Anhänger der Biafra-Bewegung zu gefährlich sei. Er sei jetzt Anhänger der Ipob. Viele Anhänger der Biafra-Bewegung hätten sich von Massob distanziert, da es massive Korruptionsvorwürfe gegen diese gäbe. Die Biafra-Bewegung sei nun in unterschiedliche Gruppen zersplittert, verfolge jedoch im wesentlichem dieselben Ziele. Der Beschwerdeführer habe seine Fluchtgründe ausführlich vorgebracht. Er habe an etlichen Demonstrationen teilgenommen, auf einer Demonstration sei er von der nigerianischen Polizei und Soldaten angegriffen worden. Ein Freund von ihm sei verhaftet worden und in der Folge im Gefängnis gestorben. Dies sei Anfang 2004 passiert. Es sei Aufgabe der Behörde gewesen, diesen Vorfall zu recherchieren, um in weiterer Folge festzustellen, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner Aktivitäten und Gesinnung als politischer Flüchtling einzustufen wäre. Die Behörde habe es unterlassen, auch weitergehende Ermittlungen durchzuführen. In den Feststellungen finde sich bloß ein kurzer Abschnitt über die Biafra-Bewegung, welche klarstelle, dass diese Bewegung schweren Repressalien von Seiten der Regierung ausgesetzt sei. Die Widersprüche der erstinstanzlichen Behörde seien offensichtlich konstruiert. Bloß weil der Beschwerdeführer zu Beginn seiner Einvernahme über die allgemeine Lage in Nigeria gesprochen habe, könne ihm nicht vorgeworfen werden, unglaubwürdig zu sein. Der Beschwerdeführer habe die allgemeine Situation der verschiedenen Volksgruppen und Stämmen in Nigeria aufrollen und erklären wollen. In Biafra spreche man nur eine Sprache und das unterscheide Biafra sehr von den anderen Volksgruppen. Natürlich sei er in Nigeria angegriffen worden. Alle Mitglieder der Massob-Bewegung würden regelmäßig von den Sicherheitskräften angegriffen werden. Er sei an dem Tag, als sein Freund verhaftet worden sei, auch nur knapp entkommen. Dieser habe nie ein ordentliches Verfahren und somit auch keine Anklage bekommen. Das passiere vielen Anhänger der Bewegung. Der Beschwerdeführer sei sehr häufig von der Polizei angegriffen worden, welche hierbei Schlagstöcke verwendet habe. Der Beschwerdeführer habe davon auch sichtbare Verletzungen davongetragen. Nachdem er der Polizei entkommen sei, habe er sich in der Heimat seiner Mutter versteckt. Es sei wohl auch glaubwürdig, dass die Polizei jeden, der an solchen Demonstrationen und Kundgebungen teilgenommen habe, verfolge. Sie habe die Identitäten der Anhänger der Massob-Bewegung gekannt. Als Mitglied der Massob-Bewegung habe er sogar eine ID Karte gehabt, welche ihn als Mitglied der Bewegung ausgewiesen habe. Die Behörde hätte zudem im Ermittlungsverfahren feststellen müssen, dass die Unterdrückung in Biafra auch einen sehr starken wirtschaftlichen Hintergrund habe, da es im Biafra-Land große Ölvorkommen gäbe. Die Behörde habe selbst in ihren Feststellungen klargestellt, dass politische Oppositionelle für die Teilnahme an Veranstaltungen wie Demonstrationen angeklagt werden können. Die belangte Behörde habe es auch unterlassen, ausführliche Berichte heranzuziehen. Es würden Informationen vorliegen, dass regelmäßig Übergriffe von Regierungskräften auf Anhänger der Biafra Bewegung stattfinden würden. Diesbezüglich wurde auf einen Bericht des Forschungs- und Bildungszentrum Center for World Indigenous Studies von September 2006 verwiesen. Darin wird von Razzien und Verhaftungen von Mitgliedern der Massob-Bewegung berichtet. Es sei auch von der Behörde nicht angeführt worden, dass die Massob-Organisation verboten worden sei, obwohl es sich im wesentlichem um eine friedliche Bewegung handle. Der Beschwerdeführer sei sowohl in Nigeria als auch in Griechenland aktives Mitglied der Unabhängigkeitsbewegung der Biafra gewesen und lege diesbezüglich als Beweis mehrere Fotos vor, welcher er bereits vor der erstinstanzlichen Behörde gezeigt habe und welche ihn als Fahnenträger bei Kundgebungen zeigten. Dies sei jedenfalls eine wichtige Rolle in einer Demonstration, und es sei anzunehmen, dass die nigerianische Regierung davon Kenntnis erlangt habe. Somit bestehe völlig unabhängig von seinen Aktivitäten in Nigeria eine exilpolitische Tätigkeit und damit jedenfalls ein Nachfluchtgrund. Aktuell würden auch alle aktiven Mitglieder der Biafra Bewegung 10 Euro monatlich für Radio Biafra einzahlen. Vor wenigen Tagen hätte ihm der Koordinator der Biafra Bewegung in Griechenland auch Fotos übermittelt, welche die Anführer einer weiteren Gruppe zeigen würden, welche für die Unabhängigkeit von Biafra kämpfe. Diese Anführer der Gruppe seien nun verhaftet worden. Es handle sich um die Gruppe Biafra Zionist Movement BZN. Er selbst höre nun jeden Tag den Radiosender Radio Biafra. Der Beschwerdeführer führte weiter aus, dass er zwei Asylgründe im Sinne der Genfer Konvention erfüllen würde. Er sei aktives Mitglied der Biafra Bewegung und es würden ihm in Nigeria schwere Konsequenzen drohen, weil er aus politischen Gründen verfolgt werden würde. Weiteres habe er auch ethnische Gründe, da er als Ibo in Nigeria aufgrund seiner ethnischen Zugehörigkeit unterdrückt werden würde. Zusätzlich hätte er auch Nachfluchtgründe aufgrund seiner exilpolitischen Tätigkeit in Griechenland. Spätestens hier sei er für die Öffentlichkeit sichtbar geworden, und es würden ihm schwere Sanktionen bei einer Rückkehr in Nigeria drohen. Es bestünden keine innerstaatlichen Fluchtalternativen, da er als Ibo nicht im Norden Nigerias leben könnte. Zudem hätte er dort Angst, von Boko Haram angegriffen und getötet zu werden. Aus diesem Grund könnte er nur im Osten Nigerias leben, was als Anhänger der Biafra Bewegung nun viel zu gefährlich sei. Aus diversen Gründen wäre ihm zumindest der subsidiäre Schutz zu gewähren gewesen. Die Sicherheitslage in Nigeria sei derzeit sehr schlecht. Speziell Boko Haram würde die allgemeine Sicherheitslage Nigerias derzeit vehement bedrohen. Er sei Christ und es habe sogar schon Anschläge und Angriffe der Boko Haram im Imo State gegeben. Weiters könne man der Polizei und den Sicherheitskräften nicht trauen. Ein weiterer Grund, warum er derzeit nicht nach Nigeria zurückgehen könne, sei die schwere Ebola Epidemie in Westafrika. Sie sei bei weitem nicht gelöst, und es habe auch schon in Nigeria Vorfälle gegeben. Aus diesen Gründen sei ihm zumindest der subsidiäre Schutz zu gewähren. Der vorliegende Sachverhalt sei so mangelhaft ermittelt worden, dass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheine.

Beschwerde und gegenständlicher Akt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 21.11.2014 vorgelegt und mitgeteilt, dass die Behörde auf eine mündliche Beschwerdeverhandlung verzichte.

Am 20.01.2015 fand eine mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Innsbruck, statt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Nigeria und somit Drittstaats-angehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.

1.2. Die Identität des Beschwerdeführers steht in Ermangelung entsprechender Dokumente nicht fest.

1.3. Der Beschwerdeführer reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 24.10.2014 einen Antrag über internationalen Schutz, über welchen wie oben unter I. Punkt 3 ngeführt mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.11.2014 rechtskräftig negativ entschieden wurde. Zuvor hatte der Beschwerdeführer etwa zehn Jahre in Griechenland gelebt.

1.4. Der Beschwerdeführer ist ledig, unterhält allerdings eine Beziehung zu einer polnischen Staatsbürgerin.

1.5. Es leben keine Familienangehörigen oder Verwandte des Beschwerdeführers in Österreich, und es wurde dies vom Beschwerdeführer auch nicht behauptet. Hingegen wurde vom Beschwerdeführer vorgebracht, eine Freundin aus Polen zu haben. Diese Beziehung ist aber erst im Jahr 2014 entstanden. Auch sonst konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer besonderen Integration des Beschwerdeführers in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden.

1.6. Der Beschwerdeführer hat in Nigeria als Frisör gearbeitet und befindet sich in einem arbeitsfähigen Alter. Der Beschwerdeführer hat keine schwerwiegenden gesundheitlichen Probleme.

1.7. Der Beschwerdeführer verfügt derzeit über eine aktuelle Meldeadresse im Bundesgebiet. Er lebt von der Grundversorgung.

1.8. Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten.

1.9. Der Beschwerdeführer konnte nicht glaubhaft machen, dass ihm in Nigeria Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht. Es ist nicht glaubwürdig, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner Sympathie für bzw. Unterstützung der Biafra-Bewegung in Nigeria von staatlicher Seite verfolgt würde.

1.10. Es spricht auch nichts dafür, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria eine Verletzung von Art. 2, Art. 3 oder auch der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention nach sich ziehen würde. Der Beschwerdeführer ist auch nicht von willkürlicher Gewalt infolge eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts bedroht.

1.11. Der Beschwerdeführer verfügt nur eingeschränkt über Familie in Nigeria, hat aber einen engen Kontakt zu einem Freund seines verstorbenen Vaters.

1.12. Es konnten keine Umstände festgestellt werden, wonach die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 50 FPG idgF in seinen Heimatstaat Nigeria unzulässig wäre und solche wurden im gegenständlichen Beschwerdeverfahren auch nicht in substantiierter Weise vorgebracht.

1.13. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hatte im angefochtenen Bescheid auf Seite 14 bis 31 Feststellungen zur allgemeinen Situation in Nigeria getroffen. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zog für die genannten Feststellungen verschiedene, voneinander unabhängige und seriöse Quellen heran, die insgesamt ein umfassendes Bild über die Situation in Nigeria geben. Aufgrund der Aktualität der Feststellungen stützt sich das Bundesverwaltungsgericht im vorliegenden Erkenntnis auf die Feststellungen im angefochtenen Bescheid und macht diese zur Grundlage des vorliegenden Erkenntnisses.

Aus diesen unwidersprochen gebliebenen Feststellungen geht im Wesentlichen hervor, dass es in Nigeria keine Bürgerkriegsgebiete und keine Bürgerkriegsparteien, aber drei Gebiete mit hohem Unsicherheitspotential geben würde: Es handelt sich dabei um den Nordosten Nigerias, den Middle Belt und das Nigerdelta. Es wird im angefochtenen Bescheid weiters festgestellt, dass derzeit ein hohes Anschlagsrisiko insbesondere für Nord- und Nordostnigeria besteht. Das deutsche und das österreichische Außenministerium warnen vor Reisen in die nördlichen Bundesstaaten Borko, Yobe, Adamawa, Bauchi, in den nördlichen Teil von Plateau State sowie nach Kano, Kaduna, Katsina, Gombe, Jigawa, Zamfara, Kebbi, Sokoto und Kogi.

Die höheren Gerichte sind relativ kompetent und unabhängig, doch selbst sie sind politischem Einfluss, Korruption und einem Mangel an Ressourcen ausgesetzt. Eine willkürliche Strafverfolgung bzw. Strafzumessungspraxis auf Basis von Rasse, Nationalität etc. sei nicht erkennbar, doch würden tendenziell Ungebildete und Arme benachteiligt. Die staatlichen Ordnungskräfte sind personell, technisch und finanziell nicht in der Lage, die Gewaltkriminalität zu kontrollieren und einzudämmen; die Regierung verlässt sich oftmals mehr auf das Militär als auf die Polizei. Sicherheitskräfte sind korrupt, ihnen werden willkürliche Verhaftungen und andere Menschenrechtsvergehen vorgeworfen.

Die allgemeine Menschenrechtslage hat sich seit 1999, seit die neue Verfassung in Kraft trat, erheblich verbessert. Verfassung und Gesetze gewährleisten Vereinigungsfreiheit und dies wird auch von der Regierung respektiert. Die Versammlungsfreiheit wird dagegen oft eingeschränkt; so gehen Sicherheitskräfte bei der Auflösung von Demonstrationen oft mit übermäßiger Gewalt vor.

Zu MASSOB wurden im angefochtenen Bescheid folgende Feststellungen getroffen, die auch Grundlage des vorliegenden Erkenntnisses sind:

"Gegen die Movement for the Actualisation of the Sovereign State of Biafra (MASSOB), deren Mitglieder der Ethnie der Igbo angehören und die größere Selbständigkeit für den Südosten des Landes reklamiert, gehen die Sicherheitsorgane teilweise massiv vor. MASSOB propagiert keinen bewaffneten Kampf; Zeitungen berichteten allerdings von Waffenfunden bei Razzien der Sicherheitskräfte. Teilnehmer an MASSOB-Veranstaltungen wurden wegen des Verdachts auf landesverräterische Aktivitäten vor ordentlichen Gerichten angeklagt. Laut Medienberichten wurden viele Angeklagte vorzeitig gegen Kaution bzw. Ehrenerklärung freigelassen, in anderen Fällen endeten Verfahren mit Freispruch (Auswärtiges Amt (28.8.2013):

Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria). Am 6.8.2013 wurden sechs Mitglieder der MASSOB verhaftet. Ihnen wurden illegale Aktivitäten vorgeworfen, da sie im Besitz von 114 Biafra-Flaggen und 129 Biafra-Pfund waren. Von den im Mai 2012 im Bundesstaat Delta zu Haftstrafen verurteilten MASSOB-Mitgliedern befanden sich Ende 2013 noch einige in Haft (U.S. Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2013 - Nigeria).

Zu Radio Biafra wurde ausgeführt, dass dieses seit 2009 von London aus sendet und seit 2013 auch wieder in Nigeria empfangen wird. Man distanziert sich dort klar von MASSOB, da deren Anführer korrupt seien und sich bei der letzten Wahl für die Regierungspartei ausgesprochen habe.

In Nigeria herrscht Bewegungsfreiheit, es ist möglich, sich in jedem Teil des Landes niederzulassen. Grundsätzlich besteht in vielen Fällen - auch aufgrund des fehlenden Meldewesens - die Möglichkeit, staatlicher Verfolgung durch Umzug in einen anderen Landesteil auszuweichen, auch wenn dies mit gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Problemen verbunden sein mag. Trotz des soliden Wirtschaftswachstums ist die Arbeitslosigkeit hoch.

Es liegen keine Erkenntnisse über etwaigen Repressionen bei der Rückführung abgelehnter Asylwerber alleine aufgrund der Beantragung von Asyl vor. Verhaftungen bei Rückkehr, etwa aufgrund politischer Gründe, sind nicht bekannt. Die Erfahrungen seit dem Jahre 2005 lassen keine Probleme erkennen. Die Rückgeführten verlassen das Flughafengebäude und steigen meistens in ein Taxi ein oder werden von ihren Familien abgeholt. Probleme, Anhaltungen oder Verhaftungen von rückgeführten Personen bei ihrer Ankunft am Flughafen Lagos wurden im Rahmen des Monitoring der Ankunft und des ungehinderten Verlassens des Flughafengeländes durch Vertreter der Botschaft nicht beobachtet. Es kann jedoch nicht mit gänzlicher Sicherheit ausgeschlossen werden, dass die abgeschobenen Personen keine weiteren Probleme mit offiziellen Behörden haben. Das fehlende Meldesystem in Nigeria lässt allerdings darauf schließen, dass nach Verlassen des Flughafengeländes eine Ausforschung Abgeschobener kaum mehr möglich ist.

Wegen Drogendelikten im Ausland verurteilte Nigerianer werden nach Rückkehr an die Drogenpolizei (NDLEA) überstellt. Ein zweites Strafverfahren in Nigeria wegen derselben Straftat haben diese Personen jedoch trotz anderslautender Vorschriften im "Decree 33" nicht zu befürchten. Es handelt sich nach übereinstimmender Einschätzung befreundeter EU-Botschaften um "totes" Recht.

2. Beweiswürdigung:

Die erkennende Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

2.2.1. Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität und zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen auch in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde.

2.2.2. Die Feststellungen betreffend die persönlichen Verhältnisse und die Lebensumstände des Beschwerdeführer sowie zur fehlenden Integration des Beschwerdeführers in Österreich beruhen auf den unwidersprochenen Fakten, dass der Beschwerdeführer über keinerlei familiäre Anknüpfungspunkte in Österreich verfügt, sein bisheriger persönlicher, familiärer und beruflicher Lebensmittelpunkt in Nigeria (bzw. in Griechenland) gelegen hat und vom Beschwerdeführer darüber hinaus weder vor der belangten Behörde noch in der gegenständliche Beschwerde konkrete Angaben dahingehend getätigt wurden, die die Annahme einer hinreichenden Integration in Österreich in sprachlicher, gesellschaftlicher und beruflicher Hinsicht rechtfertigen würde. Die Angabe zu seiner Beziehung zu einer polnischen Staatsbürgerin entspricht seiner dahingehenden Aussage vor dem Bundesverwaltungsgericht am 20.01.2015. Die kurze Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers in Österreich lässt nicht auf eine ausreichende Aufenthaltsverfestigung schließen.

2.2.3. Der Beschwerdeführer befindet sich in der Grundversorgung. Das ergibt sich aus dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten GVS-Auszug.

2.2.4. Die Feststellung bezüglich der strafgerichtlichen Unbescholtenheit entspricht dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes durch Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich.

2.2.5. Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ergeben sich aus den Aussagen des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl und dem Bundesverwaltungsgericht. Der Beschwerdeführer erklärte in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, dass er Beschwerden im Nackenbereich habe, es scheint sich dabei um eine Hauterkrankungen zu handeln, welche der Beschwerdeführer selbst aber als nicht lebensbedrohlich bezeichnete.

2.2.6. Der Beschwerdeführer besuchte nach eigenen Angaben für 11 Jahre die Schule und war dann als Friseur tätig. Er wuchs bei seiner Tante auf; sein Vater ist verstorben, sein Bruder lebt in Südafrika. Er hält noch Kontakt zu einem engen Freund seines Vaters. Seine Arbeitsfähigkeit ist gegeben.

2.3. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers:

2.3.1. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und es wurden die daraus gewonnen Ergebnisse der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt, zumal der Beschwerdeführer mit seinen Ausführungen in der Beschwerde weder die Beweiswürdigung im bekämpften Bescheid erschüttern konnte noch seine im Verwaltungsverfahren vorgebrachten Behauptungen in substantiierter Weise zu ergänzen vermochte.

Diesbezüglich wird im Folgenden auf die wesentlichen Passagen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 20.01.2015 verwiesen (RI=Richterin; BF=Beschwerdeführer):

RI: Können Sie bitte schildern, wie Ihr Engagement für die Biafra-Bewegung begann?

BF: Seit 2003, 2004. Ich war als Mitglied einer Gegenregierung in Nigeria beteiligt. Der Name ist Massob. Diese Gruppe ist eine Gruppe, die im östlichen Teil von Nigeria aktiv ist. Sie setzt sich für den Frieden und für die Unabhängigkeit von Biafra ein. Sie kämpfen für die Befreiung der Menschen aus Biafra, im östlichen Teil von Nigeria. Die Regierung von Nigeria hat das als Bedrohung, als Problem und Herausforderung angesehen. Ich glaube, dass die Regierung von Nigeria begonnen hat, mich zu suchen und mein Leben zu zerstören.

RI: Hatten Sie einen Mitgliedsausweis der MASSOB?

BF: Bevor ich nach Griechenland kam, hatte ich einen Mitgliedsausweis. In Nigeria gibt es kein Mitglied, das nicht über so einen Ausweis verfügt. Ich habe diese Karte aufgrund des Ereignisses verloren.

RI: Wo befindet sich dieser Ausweis?

BF: Diese Karte habe ich 2004 bei der Ankunft in Griechenland [Anmerkung: nach Rückübersetzung des Protokolls erklärte der BF, dies sei in der Türkei erfolgt] verloren. Es war November, es war sehr kalt. Wir schliefen im Busch. Wir saßen im Kerzenlicht bei anderen Leuten. Wir wurden von einer Gruppe ausgeraubt. Ich habe auch meinen Pass verloren und mein Geld.

RI: Das heißt, Sie hatten einen Pass?

BF: Als ich nach Griechenland kam, hatte ich einen Pass. Er war allerdings abgelaufen.

RI: Wann haben Sie diesen Pass beantragt?

BF: 2008.

RI: Warum haben Sie ihn beantragt?

BF: In den Kirchen wurde bekannt, dass man nach Griechenland gehen soll. In Griechenland gab es keine Botschaft. In den Kirchen wurde angekündigt, dass jemand von Nigeria kommen würde.

RI: Wer hat diese Pässe ausgestellt?

BF: Vertreter der Regierung von Nigeria.

RI: Sie haben 2008 einen Pass bekommen?

BF: Ja. Dieser Pass ist aber abgelaufen.

RI: Wo ist dieser Pass jetzt?

BF: Dieser Pass ist in Griechenland, ich habe ihn dort gelassen.

RI: Vorhin sagten Sie, er wurde gestohlen?

BF: Das habe ich nicht gesagt, ich habe gesagt, dass der Pass abgelaufen ist.

RI: Das bedeutet Sie haben 2008 einen Pass von einem Vertreter der nigerianischen Regierung bekommen?

BF: Ja, das ist richtig. Sie kamen nach Thessalouniki und stellten dort Pässe aus.

RI: Mussten Sie irgendetwas vorweisen, um Ihre Identität vor diesem Vertreter nachzuweisen?

BF: Ich sprach Ibo und konnte die Pink-Card Griechenlands vorweisen, welche auf die Nationalität Nigeria ausgestellt war.

RI: Sie hatten keine Probleme, den nigerianischen Pass 2008 zu bekommen?

BF: Nein, hatte ich nicht.

RI: Wie sieht der Massob-Mitgliedsausweis aus?

BF: Die Karte schaut aus wie die Flagge von Biafra. Rot, schwarz und grün.

RI: Kennen Sie die Hymne von Biafra?

BF: Natürlich kenne ich die Hymne. (BF singt die Hymne)

RI: Wie hat Ihr Engagement begonnen?

BF: Nachdem ich die Schule besucht habe, berichtete mein Vater mir von der Unterdrückung, der Tötung, den Hungernöten und den Kriegen in Biafra. Das war meine Motivation, dieser Organisation beizutreten, damit ich mich für den Frieden einsetzen kann. Ich war aktiv bei den Treffen.

RI: War Ihr Bruder auch in der Bewegung aktiv?

BF: Mein Vater und mein Bruder waren nicht aktiv, weil sie wussten, dass es Probleme geben könnte. Ich bin dieser Gruppe beigetreten, weil ich mich für die Freiheit von Biafra einsetzen wollte.

RI: Können Sie bitte möglichst konkret berichten, was Sie für die MASSOB-Bewegung in Nigeria getan haben?

BF: Die wichtigste Aufgabe war, dass ich ein guter Führer in dieser Bewegung bin und den Leuten eine Botschaft überbringe.

RI: Hatten Sie eine Führungsposition bei Massob inne?

BF: Bevor ich dieser Gruppe beitrat, waren diese Positionen besetzt. Ich war verantwortlich für einen Teil der Gruppe, die Zeitungen verteilte und Demonstrationen durchführte. Es gab keine Möglichkeit, dass ich eine führende Position als Vorstand oder Geschäftsführer bekommen hätte, daher habe ich in dieser Teilgruppe versucht, einen wichtigen Teil einzunehmen. Wir haben an Demonstrationen teilgenommen und Flyer verteilt.

RI: Welcher Gruppe von Massob haben Sie angehört? War es eine Untergruppe oder Teilgruppe?

BF: Es war eine regionale Gruppe von Massob.

RI: Hatten Sie eine wichtige Position bei Massob oder nicht?

BF: Nein.

RI: War das MASSOB-Zentrum in Owerri?

BF: Das Zentrum ist in Okwe in Okijwe (phon.), in Imo State.

RI: Wo ist die Zentrale von Massob in Owerri?

BF: Zur Zeit, als ich in Nigeria war, gab es nur Okwe in Oikjwe. Wir haben uns nur dort getroffen.

RI: Alle Treffen von Massob haben in Okwe in Oikjwe stattgefunden?

BF: Ja, wir haben uns immer dort getroffen. Manchmal sind wir aber auch in ein Stadion gegangen. Aber das ist das Büro.

RI: War das ein offizielles Büro oder ein geheimes?

BF: Dieses Büro ist offiziell als Büro von Massob registriert.

RI: Können Sie konkrete Daten für Demonstrationen der MASSOB angeben?

BF: Seit ich Massob beigetreten bin, kann ich mich an ein Datum erinnern, das war im Februar 2003 [Anmerkung: nach Rückübersetzung des Protokolls erklärte der BF, dies sei im März gewesen]. Es war im XXXX Stadion. Das ist ein Fußballstadion. Wir sind dann auch zu einer Demonstration in XXXX (phon.) Ende März gegangen. Da waren ungefähr 100 Massobmitglieder, viele kamen von der Zentrale. Wir sind dann auf Polizeigegenwehr gestoßen und die haben einige von uns getötet. Ich kann mich auch noch erinnern, im Juni, in XXXX war eine Demonstration. Wir haben Mitgliederwerbung gemacht, das war an einem Markt.

RI: Wurden Sie jemals verhaftet?

BF: Nein, nie.

RI: Wurden sonst Massob-Mitglieder verhaftet?

BF: Es ist ein persönlicher Einsatz, den man da erbringt. Manche Leute wurden schon festgenommen und manche sind sogar nie mehr zurückgekommen. Wenn die Polizei kommt und man Glück hat, dann kann man davon laufen.

RI: Gab es in den Monaten vor Ihrer Flucht eine besondere Initiative von MASSOB?

BF: Im Februar in Isu Local Government, in Imo State gab es eine spezielle Demonstration, um Unterstützung von den dortigen Leuten zu bekommen. Damit die Bewegung unterstützt wird. In 2004 erinnere ich mich an eine Demonstration in XXXX (phon.), aber ich kann mich nicht an das genaue Datum erinnern.

RI: Wann ist der Unabhängigkeitstag von Biafra?

BF: 1970.

RI: Aber welcher Tag?

BF: 01.10.1970.

RI: Wie haben Sie sich in Griechenland für Biafra engagiert?

BF: Als ich nach Griechenland kam, gab es keine Massobgruppe. Es gab gewisse Treffen, bei denen über Leute von Ibo gesprochen wurde. Ich habe an den Treffen teilgenommen, aber ich mochte ihre Tagesordnung nicht. Ich bin der IPOB beigetreten, 2013.

Der BF legt verschiedene Unterlagen vor. Einerseits ein Registrierungsformular vom 24.11.2013 der IPOB. Zustätzlich verschiedene Fotos, die ihn beim Tragen der Fahne von Biafra zeigen, im Zuge einer Demonstration in Griechenland. Zudem legt der BF eine Zahlungsbestätigung für die IPOB vor (10 € monatlich), seit Dezember 2013. Weiters wird eine IPOB-Registrierung vom 21.12.2014 vorgelegt. Außerdem wird ein Empfehlungsschreiben der IPOB vorgelegt. Der BF legt zudem eine Chronology of recorded killings of Biafrans in Nigeria vor. Die Unterlagen werden zum Akt genommen.

BF: Das letzte Dokument zeigt, wie wir gezwungen wurden, nigerianische Staatsbürger zu sein.

RI: Haben Sie eine offizielle Funktion bei IPOB inne?

BF: Da ich schon in Massob tätig war und in Griechenland auch, ist es nun meine Funktion, Flyer der IPOB bzw. von Radio Biafra zu verteilen.

RI: Aber eine offizielle Funktion haben Sie nicht?

BF: Manchmal bin ich statt dem Schriftführer tätig, aber das ist nicht meine eigentliche Funktion.

RI: Wer ist dieser Schriftführer?

BF: Der ist in Griechenland. Sein Name ist XXXX. (phon.)

RI: Ist das der Schriftführer von IPOB international oder nur von Griechenland?

BF: Von Griechenland.

RI: Wer ist in Österreich die führende Figur der IPOB?

BF: Wir nennen ihn XXXX. Letzten Samstag war ich bei ihm zuhause, wegen eines Treffens von IPOB in Wien. Ich kenne seinen vollen Namen nicht.

RI: Unterhalten Sie von Österreich aus noch Bindungen an Ihren Herkunftsstaat, insbesondere Kontakte zu dort lebenden Familienangehörigen, Verwandten, Freunden oder zu sonstigen Personen?

BF: Ich rufe meine Tante an. Das letzte Mal, als ich mit meiner Tante telefoniert habe, war, als ich Griechenland verlassen habe.

RI: Hatten Sie in Österreich auch Kontakt mit Ihrer Tante?

BF: Ja, Weihnachten und Neujahr.

RI: Wie geht es Ihrer Tante?

BF: Es geht ihr ganz gut, sie wird zwar älter, aber sie hat auf meine Fragen geantwortet.

RI: Hat sie auch gesagt, wie es Ihrem Bruder und Vater geht?

BF: Mein Vater ist tot. Mein Bruder ist in Südafrika, er hat auch angerufen, um Weihnachts- und Neujahrsgrüße auszurichten.

RI: Wann ist Ihr Vater gestorben?

BF: Vor fünf Jahren, 2009.

RI: Haben Sie sonst Kontakt zu anderen Personen in Nigeria?

BF: Meine Onkel sind Feinde, die rufe ich nicht an. Ich habe aber Kontakt mit dem besten Freund meines Vaters. Er ist Gefängniswärter. Er heißt XXXX. Ich rufe ihn auch öfters an.

RI: Haben Sie in Österreich lebende Familienangehörige oder Verwandte?

BF: Als ich hierher gekommen bin, kannte ich niemanden. Ich habe dann aber im Camp Leute kennengelernt. Jetzt lebe ich in einer kirchlichen Unterkunft. Die Kirche ist meine Familie und auch die IPOB. Der Priester und die Leute, die in der Kirche arbeiten, kennen mich jetzt schon und bringen uns Kleidungsstücke. Das ist eigentlich meine österreichische Familie.

RI: Sprechen Sie deutsch?

BF: Als ich im Camp war, habe ich für einen Monat und eine Woche einen Deutschkurs gemacht. Ich habe mich auch in Wien für einen Kurs eintragen lassen.

BF legt eine Deutschkursbestätigung für A1 vor (Verein Kulturzentrum Spittelberg; Kurs geht von Jänner bis August 2015)

RI: Wie stellen Sie sich eine Zukunft in Österreich vor?

BF: Ich habe keine Probleme mit Österreichern, ich sehe sie als Christen. Sie sind sehr nett zu mir. Ich möchte hier keine Probleme machen. Ich sehe keine Schwierigkeiten mit den Österreichern. In Griechenland erlebte ich massive Diskriminierung. In Österreich habe ich sowas nie erlebt.

RI: Ich bin mit der Befragung am Ende. Wollen Sie noch abschließend etwas sagen?

BF: Das Einzige, was ich Ihnen mitteilen möchte, dass ich mir persönlich sehr viele Sorgen um mein Leben mache. Ich habe keine Kinder und keine Frau. Ich bin nicht nach Österreich gekommen, um Schwierigkeiten oder Probleme zu verursachen. Ich bin nur hierher gekommen, um Schutz zu suchen. Wenn ich die Gelegenheit erhalte, werde ich das Land und seine Regeln immer respektieren. Ich versuche Arbeit zu finden, seit ich hier bin. Aktuell verkaufe ich die Straßenzeitung.

Der Beschwerdeführer bringt zusammengefasst vor, dass er sich seit 2003, 2004 für die Unabhängigkeit Biafras einsetze. Er sei Mitglied von Massob (Movement for the Actualisation of the Sovereign State of Biafra) gewesen, habe für die Bewegung Flugblätter verteilt und an Demonstrationen teilgenommen. Aufgrund des Drucks von Seiten der staatlichen Behörden sei er 2004 geflüchtet. Auch während seines folgenden zehnjährigen Aufenthaltes in Griechenland habe er sich für die Biafra-Bewegung engagiert. Seit 2013 zahle er für die als Abspaltung von Massob entstandene IPOB, welche auch Radio Biafra finanziere.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich der belangten Behörde dahingehend an, dass der Beschwerdeführer zweifelsohne ein Interesse an der Unabhängigkeit Biafras hat und sich für diese engagiert. Der Beschwerdeführer konnte spontan die Hymne von Biafra sowie die Lage des Hauptquartiers von Massob wiedergeben und trug während der Verhandlung und im Zuge einer Kundgebung in Griechenland, von welcher er Fotos vorlegte, ein T-Shirt mit dem Logo der Biafra-Bewegung. Bei der Angabe des Unabhängigkeitstages irrte er sich allerdings und gab zwar das Jahr der Unabhängigkeit richtig, ansonsten aber fälschlicherweise Tag und Monat des nigerianischen Unabhängigkeitstages an. Ebenso wenig konnte er - auf Nachfrage nach besonderen Vorkommnissen in den Monaten vor seiner Flucht im Oktober 2004 - den Streik angeben, der im August 2004 von Massob ausgerufen worden war und angeblich die ganze Region lähmte (vgl. dazu Anfragebeantwortung von Accord, abrufbar unter https://www.ecoi.net/file_upload/response_de_63255.html ; Zugriff am 20.01.2015).

Es ist nicht abschließend festzustellen, ob der Beschwerdeführer tatsächlich bereits in Nigeria die Biafra-Bewegung unterstützt hatte. Seine Angaben zu Demonstrationen und Aktivitäten bleiben vage und unkonkret bzw. widersprüchlich. So ist es nur schwer erklärbar, warum der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt erklärte, es habe alle zwei Wochen Demonstrationen gegeben, dann wieder, er habe seit Anfang 2004 an keiner mehr teilgenommen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht wiederum sprach er von Demonstrationen im März und Juni 2003. Es ist auch unverständlich, dass der Beschwerdeführer gegenüber dem Bundesamt erklärt hatte, sein bester Freund sei verhaftet worden und dies gegenüber dem Bundesverwaltungsgericht nicht erwähnt, obwohl explizit nach der Verhaftung von Massob-Mitgliedern gefragt wurde.

Doch selbst wenn man unterstellt, dass der Beschwerdeführer tatsächlich in Nigeria an Demonstrationen für die Unabhängigkeit von Biafra teilgenommen haben sollte, kann durch diesen Umstand noch nicht darauf geschlossen werden, dass er im Falle einer Rückkehr nach Nigeria mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit mit Verfolgungshandlungen des nigerianischen Staates rechnen müsste. Es steht fest, dass der Beschwerdeführer keine höherrangige Funktion im Apparat der Massob eingenommen hatte, er selbst meinte gegenüber der erkennenden Richterin bedauernd, er hätte das gerne getan, doch seien alle Positionen besetzt gewesen. Auch aus seinem exilpolitischen Engagement kann keine besondere Exponiertheit erkannt werden; die finanzielle Unterstützung von Radio Biafra, die Vorlage einer Registrierung bei IPOB (der Abspaltung der Massob, die sich nach den Korruptionsvorwürfen gegen Massob-Anführer für die Belange von Biafra, unter anderem mit dem Medium "Radio Biafra", einsetzt) und Fotos, die den Beschwerdeführer als "Fahnenträger" bei Kundgebungen zur Unabhängigkeit von Biafra zeigen, zeichnen den Beschwerdeführer nicht als höherrangigen Aktivisten, welcher im Fokus der nigerianischen Regierung stehen könnte, aus. Es werden von der erkennenden Richterin die Repressalien der nigerianischen Regierung gegenüber den führenden Mitgliedern von Massob nicht negiert, doch bedeutet die Mitgliedschaft bei dieser Gruppierung nicht automatisch eine aktuelle Verfolgungsgefahr. Es kam in der Vergangenheit immer wieder zu Festnahmen, insbesondere führender Mitglieder. Es ist jedoch festzustellen, dass sich die Massob von einer separatistischen Organisation, die ihre Wurzeln im blutigen Biafra-Bürgerkrieg hatte, zunehmend zu einem sozialen Verein gewandelt hat, der mittlerweile offen in den nigerianischen Medien auftritt (vgl. dazu auch Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 14.03.2013, D3 244258-0/2008/15E). Feststellungen zu Verfolgungshandlungen der nigerianischen Regierung gegen Anhänger von IPOB bzw. Radio Biafra liegen dem Bundesverwaltungsgericht nicht vor und wurden vom Beschwerdeführer auch nicht vorgebracht. Die vom Beschwerdeführer im Zuge der mündlichen Verhandlung vorgelegte "Chronology of recorded killings of Biafrans in Nigeria" listet verschiedene Anschläge auf "Biafrans" auf, wobei die Anschläge der Boko Haram im Norden und Nordosten Nigerias als derartige Anschläge umgedeutet werden - staatliche Verfolgungshandlungen gegen Massob- oder IPOB-Anhänger werden dadurch nicht aufgezeigt. Vielmehr weist der Umstand, dass Radio Biafra seit 2013 auch in Nigeria empfangen wird, darauf hin, dass eine gewisse Entspannung eingetreten ist. Es wird von der erkennenden Richterin nicht verkannt, dass führende Mitglieder der Massob-Organisation nach wie vor im Fokus der Aufmerksamkeit stehen mögen, doch gilt dies für den Beschwerdeführer nicht.

Gegenständlich kann daher von keinem asylrelevanten Vorbringen ausgegangen werden, da nicht zu erwarten ist, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner politischen Gesinnung von den nigerianischen Behörden verfolgt werden würde. Diesbezüglich ist auch darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer während seines Aufenthaltes in Griechenland seinen eigenen Angaben nach im Jahr 2008 von den nigerianischen Behörden ohne Probleme einen Pass ausgestellt bekommen hatte - dies weist jedenfalls nicht darauf hin, dass der Beschwerdeführer tatsächlich in der Vergangenheit massive Probleme mit den nigerianischen Sicherheitsbehörden gehabt hätte bzw. solche für die Zukunft befürchten würde.

Soweit der Beschwerdeführer allgemein auf Probleme aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit hinweist, ist festzustellen, dass asylrelevante Verfolgungshandlungen gegenüber der Volksgruppe der Ibo nicht bekannt sind und auch nicht substanziiert behauptet wurden und dass alleine aufgrund des Umstandes, dass es keine unabhängige Republik Biafra gibt, nicht auf eine Verfolgung der Volksgruppe der Ibo geschlossen werden kann, welche eine asylrelevante Intensität erreichen würde.

2.3.2. Der Beschwerdeführer verfügt in Nigeria über keinen stabilen Familienverbund, doch hat er noch Kontakt zu seiner Tante und zu einem guten Freund seines Vaters. Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig. Auch wenn er sein Herkunftsland schon seit über zehn Jahren verlassen hat, ist nicht davon auszugehen, dass er sich seinen Lebensunterhalt nicht sichern könnte. Es gibt keine Hinweise darauf, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in eine existenzielle Notlage käme.

2.3.3. Die Feststellung betreffend die Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 46 FPG iVm § 50 FPG nach Nigeria beruht darauf, dass der Beschwerdeführer weder vor der belangten Behörde noch in seinem Beschwerdeschriftsatz konkrete Angaben getätigt hat, denen zufolge eine rechtliche oder tatsächliche Unzulässigkeit der Abschiebung anzunehmen gewesen wäre. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass die Abschiebung gemäß § 46 aus den im § 52 Abs. 9 FPG genannten Gründen nicht zulässig sei.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Verfahrensbestimmungen:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Absatz 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Absatz 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 28 Absatz 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Zu A)

3.2. Zum Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids):

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1, Abschnitt A, Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentraler Aspekt der dem § 3 Abs. 1 AsylG 2005 zugrunde liegenden, in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung (vgl. VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334). Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde.

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen (vgl. VwGH 21.9.2000, Zl. 2000/20/0241; VwGH 14.11.1999, Zl. 99/01/0280).

Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 19.4.2001, Zl. 99/20/0273; VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 09.09.1993, Zl. 93/01/0284; VwGH 15.03.2001, Zl. 99/20/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (VwGH 16.06.1994, Zl. 94/19/0183, VwGH 18.02.1999, Zl. 98/20/0468).

Für eine "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (VwGH 26.02.1997, Zl. 95/01/0454, VwGH 09.04.1997, Zl. 95/01/055), denn die Verfolgungsgefahr - Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung - bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse (vgl. VwGH 18.04.1996, Zl. 95/20/0239; VwGH 16.02.2000, Zl. 99/01/0397), sondern erfordert eine Prognose. Relevant kann nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH 19.10.2000, Zl. 98/20/0233; VwGH 9.3.1999, Zl. 98/01/0318).

Besteht für den Asylwerber die Möglichkeit, in einem Gebiet seines Heimatstaates, in dem er keine Verfolgung zu befürchten hat, Aufenthalt zu nehmen, so liegt eine inländische Flucht- bzw. Schutzalternative vor, welche die Asylgewährung ausschließt (vgl. VwGH 24.3.1999, Zl. 98/01/0352; VwGH 21.3.2002, Zl. 99/20/0401; VwGH 22.5.2003, Zl. 2001/20/0268, mit Verweisen auf Vorjudikatur).

Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, im Falle einer Rückkehr nach Nigeria aufgrund seiner Unterstützung für die Befreiung Biafras von Sicherheitsbehörden verfolgt zu werden, ist festzuhalten, dass dieses Vorbringen nicht glaubhaft ist. Wie bereits dargelegt ist nicht davon auszugehen, dass ein niederschwelliges Engagement zu einer Verfolgung aus Gründen der politischen Gesinnung führen würde. Auch das niederschwellige exilpolitische Engagement des Beschwerdeführers vermag eine Verfolgung im Falle einer Rückkehr nicht glaubhaft zu machen. Voraussetzung der Asylgewährung ist, dass eine Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 24.11.1999, 99/01/0280). Es ist aber nicht erkennbar, warum dem Beschwerdeführer alleine aufgrund des Umstandes, dass er für die Bewegung zur Unabhängigkeit von Biafra Flugblätter verteilt und an Demonstrationen teilnimmt, Verfolgung drohen sollte.

Wie in den Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides festgestellt wurde und auch in der Beschwerde unwidersprochen blieb, wurden immer wieder Mitglieder von Massob verhaftet. Allerdings wurden viele gegen Kaution bzw. mit einem Freispruch freigelassen und ist außerdem darauf hinzuwiesen, dass der Beschwerdeführer sich selbst von Massob distanziert hat und nunmehr der Gruppe rund um Radio Biafra (IPOB) anhängt, welches seit 2013 auch in Nigeria zu empfangen ist. Berichte betreffend Verfolgungshandlungen gegenüber IPOB-Anhängern sind dem Bundesverwaltungsgericht nicht bekannt bzw. wurden auch nicht vorgelegt. Wenn der Beschwerdeführer in der Beschwerde darauf verweist, dass Anhänger der Gruppe Biafra Zionist Movement (BZN) verhaftet wurden, ist dadurch keine Verfolgungsgefahr für ihn selbst ableitbar. Es ist auch darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer sich vier Jahre nach Verlassen seines Herkunftslandes insofern in den Schutz seines Herkunftslandes begab, als er seinen eigenen Angaben nach 2008 einen nigerianischen Pass erhielt.

Eine Verfolgung rein aus Grund seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Ibo ist nicht gegeben. Der Beschwerdeführer behauptet in der Beschwerde von den Hausa und Fullani aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit und Sprache unterdrückt zu werden. Aus dem Begriff der Verfolgung ist zu schließen, dass die drohenden Nachteile jedenfalls eine bestimmte Intensität aufweisen müssen. Sie müssen eine massive Bedrohung der Lebensgrundlage darstellen, zudem muss es eine konkret gegen den Asylwerber gerichtete drohende Verfolgungshandlung sein. Die schwierige allgemeine Lage einer ethnischen Minderheit ist für sich alleine nicht geeignet die für die Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft vorauszusetzende Bescheinigung einer konkret gegen den Asylwerber gerichteten drohenden Verfolgungshandlung darzutun (VwGH 31.01.2002, 2000/20/0358).

Aus diesen Gründen ist festzustellen, dass dem Beschwerdeführer im Herkunftsstaat Nigeria keine Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht, und der erstinstanzliche Ausspruch in Spruchteil I. des angefochtenen Bescheides zu bestätigen ist.

3.3. Zum Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids):

Gemäß § 8 Abs. 1 Ziffer 1 AsylG 2005 idgF ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 8 Abs. 2 leg. cit. ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

Gemäß § 8 Abs. 3 leg. cit. sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG) offen steht.

Gemäß Art. 2 EMRK wird das Recht jedes Menschen auf das Leben gesetzlich geschützt. Abgesehen von der Vollstreckung eines Todesurteils, das von einem Gericht im Falle eines durch Gesetz mit der Todesstrafe bedrohten Verbrechens ausgesprochen worden ist, darf eine absichtliche Tötung nicht vorgenommen werden. Letzteres wurde wiederum durch das Protokoll Nr. 6 beziehungsweise Nr. 13 zur Abschaffung der Todesstrafe hinfällig. Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden. Folter bezeichnet jede Handlung, durch die einer Person vorsätzlich große körperliche oder seelische Schmerzen oder Leiden zugefügt werden, zum Beispiel um von ihr oder einem Dritten eine Aussage oder ein Geständnis zu erlangen, um sie für eine tatsächlich oder mutmaßlich von ihr oder einem Dritten begangene Tat zu bestrafen, um sie oder einen Dritten einzuschüchtern oder zu nötigen oder aus einem anderen, auf irgendeiner Art von Diskriminierung beruhenden Grund, wenn diese Schmerzen oder Leiden von einem Angehörigen des öffentlichen Dienstes oder einer anderen in amtlicher Eigenschaft handelnden Person, auf deren Veranlassung oder mit deren ausdrücklichem oder stillschweigendem Einverständnis verursacht werden. Der Ausdruck umfasst nicht Schmerzen oder Leiden, die sich lediglich aus gesetzlich zulässigen Sanktionen ergeben, dazu gehören oder damit verbunden sind (Art. 1 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984). Unter unmenschlicher Behandlung ist die vorsätzliche Verursachung intensiven Leides unterhalb der Stufe der Folter zu verstehen (Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht 10. Aufl. (2007), RZ 1394), unter einer erniedrigenden Behandlung die Zufügung einer Demütigung oder Entwürdigung von besonderem Grad (Näher Tomasovsky, FS Funk (2003) 579; Grabenwarter, Menschenrechtskonvention 134f).

Art. 3 EMRK enthält keinen Gesetzesvorbehalt und umfasst jede physische Person (auch Fremde), welche sich im Bundesgebiet aufhält. Die Ausweisung eines Fremden kann eine Verantwortlichkeit des ausweisenden Staates nach Art. 3 EMRK begründen, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass die betroffene Person im Falle ihrer Ausweisung einem realen Risiko ausgesetzt würde, im Empfangsstaat einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung unterworfen zu werden (vgl. etwa EGMR, Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06). Unter realer Gefahr ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr ("a sufficiently real risk") möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl. etwa VwGH vom 19.2.2004, Zl. 99/20/0573). Es müssen stichhaltige Gründe für die Annahme sprechen, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre und es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen, dass der Betroffene ein solches Schicksal erleiden könnte, reichen nicht aus. Im Sinne der Judikatur des VwGH erfordert die Beurteilung des Vorliegens eines tatsächlichen Risikos eine ganzheitliche Bewertung der Gefahr an dem für die Zulässigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 EMRK auch sonst gültigen Maßstab des "real risk", wobei sich die Gefahrenprognose auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (vgl. VwGH vom 31.3.2005, Zl. 2002/20/0582, Zl. 2005/20/0095).

Eine aufenthaltsbeendende Maßnahme verletzt Art. 3 EMRK, wenn begründete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Fremde im Zielland gefoltert oder unmenschlich behandelt wird (für viele: VfSlg 13.314; EGMR 7.7.1989, Soering, EuGRZ 1989, 314). Die Asylbehörde hat daher auch Umstände im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers zu berücksichtigen, auch wenn diese nicht in die unmittelbare Verantwortlichkeit Österreichs fallen. Als Ausgleich für diesen weiten Prüfungsansatz und der absoluten Geltung dieses Grundrechts reduziert der EGMR jedoch die Verantwortlichkeit des Staates dahingehend, dass er für ein "ausreichend reales Risiko" für eine Verletzung des Art. 3 EMRK eingedenk des hohen Eingriffschwellenwertes ("high threshold") dieser Fundamentalnorm strenge Kriterien heranzieht, wenn dem Beschwerdefall nicht die unmittelbare Verantwortung des Vertragstaates für einen möglichen Schaden des Betroffenen zu Grunde liegt (vgl. Karl Premissl in Migralex "Schutz vor Abschiebung von Traumatisierten in "Dublin-Verfahren"", derselbe in Migralex: "Abschiebeschutz von Traumatisierten"; EGMR: Ovidenko vs. Finnland; Hukic vs. Scheden, Karim, vs. Schweden, 4.7.2006, Appilic 24171/05, Goncharova & Alekseytev vs. Schweden, 3.5.2007, Appilic 31246/06.)

Der EGMR geht weiters allgemein davon aus, dass aus Art. 3 EMRK grundsätzlich kein Bleiberecht mit der Begründung abgeleitet werden kann, dass der Herkunftsstaat gewisse soziale, medizinische od. sonstige unterstützende Leistungen nicht biete, die der Staat des gegenwärtigen Aufenthaltes bietet. Nur unter außerordentlichen, ausnahmsweise vorliegenden Umständen kann die Entscheidung, den Fremden außer Landes zu schaffen, zu einer Verletzung des Art. 3 EMRK führen (vg. z. B. Urteil vom 2.5.1997, EGMR 146/1996/767/964 ["St. Kitts-Fall"], oder auch Application no. 7702/04 by SALKIC and Others against Sweden oder S.C.C. against Sweden v. 15.2.2000, 46553 / 99).

Gem. der Judikatur des EGMR muss der Beschwerdeführer die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer aktuellen und ernsthaften Gefahr schlüssig darstellen (vgl. EKMR, Entsch. Vom 7.7.1987, Nr. 12877/87 - Kalema gg. Frankreich, DR 53, S. 254, 264). Dazu ist es notwendig, dass die Ereignisse vor der Flucht in konkreter Weise geschildert und auf geeignete Weise belegt werden. Rein spekulative Befürchtungen reichen ebenso wenig aus (vgl. EKMR, Entsch. Vom 12.3.1980, Nr. 8897/80: X u. Y gg. Vereinigtes Königreich) wie vage oder generelle Angaben bezüglich möglicher Verfolgungshandlungen (vgl. EKMR, Entsch. Vom 17.10.1986, Nr. 12364/86: Kilic gg. Schweiz, DR 50, S. 280, 289). So führt der EGMR in stRsp aus, dass es trotz allfälliger Schwierigkeiten für den Antragsteller "Beweise" zu beschaffen, es dennoch ihm obliegt -so weit als möglich- Informationen vorzulegen, die der Behörde eine Bewertung der von ihm behaupteten Gefahr im Falle einer Abschiebung ermöglicht ( z. B. EGMR Said gg. die Niederlande, 5.7.2005).

Auch nach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder nicht effektiv verhinderbaren Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 26.6.1997, Zl. 95/18/1293, VwGH 17.7.1997, Zl. 97/18/0336). Wenn es sich um einen der persönlichen Sphäre der Partei zugehörigen Umstand handelt (zB ihre familiäre (VwGH 14.2.2002, 99/18/0199 ua), gesundheitliche (VwSlg 9721 A/1978; VwGH 17.10.2002, 2001/20/0601) oder finanzielle (vgl VwGH 15.11.1994, 94/07/0099) Situation), von dem sich die Behörde nicht amtswegig Kenntnis verschaffen kann (vgl auch VwGH 24.10.1980, 1230/78), besteht eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Asylwerbers (VwGH 18.12.2002, 2002/18/0279).

Voraussetzung für das Vorliegen einer relevanten Bedrohung ist auch in diesem Fall, dass eine von staatlichen Stellen zumindest gebilligte oder nicht effektiv verhinderbare Bedrohung der relevanten Rechtsgüter vorliegt oder dass im Heimatstaat des Asylwerbers keine ausreichend funktionierende Ordnungsmacht (mehr) vorhanden ist und damit zu rechnen wäre, dass jeder dorthin abgeschobene Fremde mit erheblicher Wahrscheinlichkeit der in § 8 Abs. 1 AsylG umschriebenen Gefahr unmittelbar ausgesetzt wäre (vgl. VwGH 26.6.1997, 95/21/0294). Der VwGH geht davon aus, dass der Beschwerdeführer vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) damit rechnen muss, in seinem Herkunftsstaat mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit von einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr betroffen zu sein. Wird dieses Wahrscheinlichkeitskalkül nicht erreicht, scheidet die Gewährung von subsidiärem Schutz somit aus.

Umgelegt auf den gegenständlichen Fall werden im Lichte der dargestellten nationalen und internationalen Rechtsprechung folgende Überlegungen angestellt:

Auch wenn im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers die Todesstrafe praktiziert wird, so müssten konkrete Anhaltspunkte vorliegen, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt wäre. Nachdem keine derartige Gefährdung geltend gemacht wurde, liegt auch keine reale Gefahr einer Verletzung des Protokolls Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe vor.

Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) liegen nicht vor, weshalb aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gem. Art. 2 und/oder 3 EMRK abgeleitet werden kann.

Wenn in der Beschwerde auf die Ebola-Epidemie in Westafrika und den Umstand, dass es auch schon in Nigeria "Vorfälle" gegeben habe, hingewiesen wird, ist dem entgegenzuhalten, dass der Ebola-Ausbruch am 20.10.2014 von der WHO für beendet erklärt wurde, nachdem seit 42 Tagen keine Neuinfektionen bekannt wurden (abrufbar unter http://www.who.int/mediacentre/news/ebola/20-october-2014/en/ ;

Zugriff am 21.01.2015). Von einer realen Gefahr, im Falle einer Rückkehr an Ebola zu erkranken, kann daher keineswegs gesprochen werden.

Es wird auch nicht verkannt, dass es in Nigeria immer wieder zu Anschlägen durch die Gruppe Boko Haram kommt - doch handelt es sich hiebei um regional begrenzte Angriffe, sodass eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit des Beschwerdeführers infolge solcher Kämpfe landesweit nicht besteht. Auch wenn für einige Bundesstaaten im Norden und Nordosten der Ausnahmezustand verhängt wurde und eine Rückkehr in diese Regionen einen Asylwerber zweifelsohne in eine existenzbedrohende Notlage versetzen könnte, so kommt der Beschwerdeführer doch aus Imo State und ist davon auszugehen, dass er dorthin zurückkehren könnte. Wie in der Beweiswürdigung dargelegt ist von keiner Verfolgung des Beschwerdeführers auszugehen, eine Rückkehr in seine Heimatregion ist ihm daher möglich. Dort kann von keiner realen Gefahr durch Boko Haram gesprochen werden. Im Imo State leben auch noch seine Tante, welche ihn großgezogen hatte, und ein Freund seines verstorbenen Vaters. Zu beiden hält er nach wie vor Kontakt und ist davon auszugehen, dass sie den Beschwerdeführer bei der Rückkehr unterstützen würden. Es wird nicht verkannt, dass der Beschwerdeführer seit über zehn Jahren außerhalb Nigerias lebt, doch hat er den Kontakt dennoch nicht vollkommen abgebrochen, was ihm im Falle einer Rückkehr zugutekommen könnte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach erkannt, dass auch die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten kann, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet. Gleichzeitig wurde jedoch unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte betont, dass eine solche Situation nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen ist (vgl. u.a. VwGH 06.11.2009, Zl. 2008/19/0174 und VwGH 21.08.2001, Zl. 200/01/0443). Es ist nicht davon auszugehen ist, dass der Beschwerdeführer in eine Notlage geraten würde, da er in Nigeria über ein - wenn auch nur rudimentäres - Netzwerk verfügt und gesund und arbeitsfähig ist.

Es ist dem Beschwerdeführer auch unbenommen, gegebenenfalls Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen und sich im Falle der Bedürftigkeit an eine im Herkunftsstaat karitativ tätige Organisation zu wenden. Aufgrund der oa. Ausführungen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat seine dringendsten Bedürfnisse befriedigen kann und nicht in eine dauerhaft aussichtslose Lage gerät.

Weder aus den Angaben des Beschwerdeführers zu den Gründen, die für seine Ausreise aus seinem Herkunftsstaat maßgeblich gewesen sind, noch aus den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens ist im konkreten Fall daher ersichtlich, dass jene gemäß der Judikatur des EGMR geforderte Exzeptionalität der Umstände vorliegen würde, um die Außerlandesschaffung eines Fremden im Hinblick auf außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegende Gegebenheiten im Zielstaat im Widerspruch zu Art. 3 EMRK erscheinen zu lassen (VwGH vom 21.8.2001, Zl. 2000/01/0443). Im zitierten Erkenntnis des VwGH vom 21.8.2001 wird die maßgebliche Judikatur des EGMR dargestellt. Vor dem Hintergrund dieser Judikatur kommt es unter dem hier interessierenden Aspekt darauf an, ob die Abschiebung die betreffende Person in eine "unmenschliche Lage" versetzen würde. Solche Umstände sind im gegenständlichen Asylverfahren nicht hervorgekommen, sodass der erstinstanzliche Ausspruch in Spruchteil II des angefochtenen Bescheides zu bestätigen war.

3.4. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt III des angefochtenen Bescheids):

Der mit "Rückkehrentscheidung" betitelte § 52 Abs. 1 und 2 FPG lauten:

"§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

Gemäß § 58 Abs. 3 AsylG 2005 hat das BFA über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 AsylG 2005 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

Die formellen Voraussetzungen des § 57 AsylG sind nicht gegeben und werden in der Beschwerde auch nicht behauptet.

Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 hat das BFA einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG rechtskräftig auf Dauer unzulässig erklärt wurde.

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG lautet wie folgt:

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

der Grad der Integration,

die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 Abs. 1a FPG nicht erlassen werden, wenn

ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, oder

er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Die Verhältnismäßigkeit einer Ausweisung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Art. 8 Abs. 2 EMRK erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffs; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinne wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung. Bei dieser Abwägung sind insbesondere die Dauer des Aufenthaltes, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung maßgeblich. Auch die Frage, ob das Privat- und Familienleben in eine Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, ist bei der Abwägung in Betracht zu ziehen (vgl. VfGH vom 29.9.2007, B 1150/07-9).

Der Verfassungsgerichtshof geht in seiner Rechtsprechung davon aus, dass bereits die Ausweisung, nicht erst deren Vollzug einen Eingriff in das durch Art. 8 Abs. 1 gewährleistete Recht auf Privat- und Familienleben darstellt (vgl. die bei Feßl/Holzschuster, Asylgesetz 2005, S 344 zitierte Judikatur des VfGH).

Entsprechend der Rechtsprechung des EGMR als auch jener des Verfassungsgerichtshofes muss der Eingriff hinsichtlich des verfolgten legitimen Ziels verhältnismäßig sein.

Vom Prüfungsumfang des Begriffes des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern z.B. auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.3.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 6.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt. Es kann nämlich nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass zwischen Personen, welche miteinander verwandt sind, immer auch ein ausreichend intensives Familienleben iSd. Art. 8 EMRK besteht, vielmehr ist dies von den jeweils gegebenen Umständen, von der konkreten Lebenssituation abhängig. Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B9202/80, EuGRZ 1983, 215). Es kann eben nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass zwischen Personen, welche miteinander verwandt sind, immer auch ein ausreichend intensives Familienleben iSd Art8 EMRK besteht, vielmehr ist dies von den jeweils gegebenen Umständen, von der konkreten Lebenssituation abhängig. Der Begriff des 'Familienlebens' in Art8 EMRK setzt daher neben der Verwandtschaft auch andere, engere Bindungen voraus; die Beziehungen müssen eine gewisse Intensität aufweisen. So ist etwa darauf abzustellen, ob die betreffenden Personen zusammengelebt haben, ein gemeinsamer Haushalt vorliegt oder ob sie (finanziell) voneinander abhängig sind (vgl. dazu EKMR 6.10.1981, B9202/80, EuGRZ 1983, 215; EKMR 19.7.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.2.1979, 7912/77, EuGRZ 1981, 118; EKMR 14.3.1980, 8986/80, EuGRZ 1982, 311; Frowein - Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK - Kommentar, 2. Auflage (1996) Rz 16 zu Art8 EMRK; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmay[e]r, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1, ebenso VwGH vom 26.1.2006, 2002/20/0423, vgl. auch VwGH vom 8.6.2006, Zl. 2003/01/0600-14, oder VwGH vom 26.1.2006, Zl. 2002/20/0235-9, wo der VwGH im letztgenannten Erkenntnis feststellte, dass das Familienleben zwischen Eltern und minderjährigen Kindern nicht automatisch mit Erreichen der Volljährigkeit beendet wird, wenn das Kind weiter bei den Eltern lebt).

Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg Lettland, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 EMRK, in ÖJZ 2007, 852 ff).

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die im angefochtenen Bescheid angeordnete Rückkehrentscheidung des Beschwerdeführers aus dem österreichischen Bundesgebiet in den Herkunftsstaat Nigeria keinen ungerechtfertigten Eingriff in das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Privat- und Familienleben darstellen würde:

Der Beschwerdeführer hatte Nigeria zwar vor mehr als zehn Jahren verlassen, war aber in Griechenland aufhältig, ehe er im Oktober 2014 illegal in das österreichische Bundesgebiet einreiste. Der Beschwerdeführer hat sich im österreichischen Bundesgebiet nicht nachhaltig integriert bzw. war dies aufgrund der kurzen Aufenthaltsdauer von wenigen Monaten schlichtweg nicht möglich. Die vom Beschwerdeführer ausgedrückte Bereitschaft zur Integration in Österreich wird vom Bundesverwaltungsgericht durchaus anerkannt, doch kann der Wille zur Integration nicht mit einer nachhaltigen Integrationsverfestigung gleichgesetzt werden. Der Beschwerdeführer gibt an, eine polnische Freundin zu haben, doch vermag eine erst wenige Monate andauernde Beziehung kein Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK begründen, da es aufgrund der kurzen Dauer und des Umstandes, dass weder eine Ehe noch ein gemeinsamer Haushalt bestehen, an der dafür notwendigen Intensität fehlt.

In der Beschwerde wurde zwar der Antrag gestellt, einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 bzw. § 57 Asylgesetz zuzuerkennen, eine inhaltliche Begründung dafür wurde aber nicht vorgelegt. Aus den dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Informationen, maßgeblich die früheren Einvernahmen des Beschwerdeführers im erstinstanzlichen Verfahren und seine Aussagen in der mündlichen Verhandlung im gegenständlichen Verfahren, sind - trotz des zweifelsohne vorhandenen Integrationswillens und -bemühens des Beschwerdeführers

Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides abzuweisen.

Wie bereits hinsichtlich der Prüfung des subsidiären Schutzes dargelegt, besteht auch keine Gefahr, dass durch eine Abschiebung des Beschwerdeführers Art. 2 oder 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder 13 zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würden oder für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung seines Lebens oder seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen oder internationalen Konflikts verbunden wäre. Auch sonst besteht kein Abschiebhindernis gemäß § 50 FPG, so dass die Abschiebung für zulässig zu erklären ist.

Soweit in der Beschwerde die Herabsetzung der Dauer des Einreiseverbotes beantragt wurde, ist darauf hinzuweisen, dass ein solches gegen den Beschwerdeführer mit angefochtenem Bescheid gar nicht verhängt wurde, eine Behandlung dieses Punktes daher denkunmöglich ist

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

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