Normen
B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1
VwRallg
WRG 1959 §12a Abs3
WRG 1959 §30
WRG 1959 §34 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019070054.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Dem Mitbeteiligten wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn (BH) vom 18. Dezember 2015 die wasserrechtliche Bewilligung zur Grundwasserentnahme aus einem Brunnen zur Wasserversorgung eines Schlachthofs erteilt (Spruchpunkt I) und für die Wasserversorgungsanlage gemäß § 34 WRG 1959 ein Schutzgebiet festgesetzt, wobei je nach Schutzzone verschiedene Ver- und Gebote ausgesprochen wurden (Spruchpunkt II).
2 Aufgrund der Beschwerde ua der revisionswerbenden Partei (als eines von diesen Anordnungen des Schutzgebiets betroffenen Grundeigentümers) wurden mit Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich (LVwG) vom 18. Mai 2016 die in Spruchpunkt II festgelegten Ver- und Gebote der Schutzzone III des Schutzgebietes in einem näher genannten, örtlich auf Grundstücke ua des Revisionswerbers beschränkten Bereich aufgehoben und die Angelegenheit an die BH zurückverwiesen.
3 Eine dagegen erhobene Revision des Mitbeteiligten wurde mit hg. Beschluss vom 24. November 2016, Ra 2016/07/0012, als unzulässig zurückgewiesen.
4 Die BH ergänzte in weiterer Folge das Ermittlungsverfahren und erließ einen Bescheid vom 23. März 2018, in dem sie näher dargestellte Anordnungen gemäß § 34 WRG 1959 in dem obgenannten örtlichen Bereich (Spruchabschnitt I), einen Ausspruch über Entschädigungen traf (Spruchabschnitt II) und dem Mitbeteiligten Kommissionsgebühren vorschrieb (Spruchabschnitt III). 5 Der Revisionswerber erhob Beschwerde, in der er sich mit näherer Begründung gegen die seine Grundstücke und seinen darauf situierten Betrieb treffenden Anordnungen wandte. Das LVwG holte ein weiteres Gutachten ein und führte eine mündliche Verhandlung durch.
6 Mit dem nun in Revision gezogenen Erkenntnis vom 15. November 2018 änderte das LVwG den Spruchabschnitt I des Bescheides der BH vom 23. März 2018 insofern ab, als näher genannten Verbote neu formuliert wurden und zwei Verbote entfielen. Im Übrigen wurde die Beschwerde gegen Spruchabschnitt I abgewiesen. Soweit sich die Beschwerde gegen die Spruchabschnitte II und III richtete, wurde sie zurückgewiesen. Die ordentliche Revision wurde unter Hinweis auf bestehende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht zugelassen. 7 Dagegen erhob der Revisionswerber Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher mit Beschluss vom 26. Februar 2019, E 35/2019-5, ihre Behandlung ablehnte und sie mit Beschluss vom 20. März 2019, E 35/2019-7, dem Verwaltungsgerichtshof zur weiteren Behandlung abtrat. 8 In seiner außerordentlichen Revision vor dem Verwaltungsgerichtshof macht der Revisionswerber Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend.
9 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 12 In den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG bei einer außerordentlichen Revision gesondert vorzubringenden Gründen ist konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung über die Revision zu lösen hätte (VwGH 21.11.2014, Ra 2014/02/0114, mwN). Die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof erfolgt ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung (vgl. etwa jüngst VwGH 28.2.2019, Ra 2019/07/0004 bis 0008, mwN). 13 Dem Revisionswerber gelingt es nicht, mit seiner Zulassungsbegründung eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen:
14 Soweit er unter der Überschrift "Teilbarkeit der Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung von der Schutzgebietsanordnung" nach Darstellung des Verfahrensgangs und unter Hinweis auf die Bindungswirkung des Beschlusses des LVwG vom 18. Mai 2016 meint, es gebe zur vorliegenden verfahrensrechtlichen Konstellation - rechtskräftig erteilte Wasserrechtsbewilligung für die Grundwasserentnahme mittels Brunnen und Aufhebung der die Grundstücke des Revisionswerbers betreffenden Schutzzone - keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, so wird damit keine Rechtsfrage formuliert, der grundsätzliche Bedeutung zukommen könnte.
15 Abgesehen davon ist auch eine solche Situation dem Gesetz nicht fremd, heißt es doch in § 34 Abs. 1 vorletzter Satz WRG 1959, dass "die besonderen Anordnungen (...) tunlichst gleichzeitig in jenem Bescheid, mit dem die wasserrechtliche Bewilligung für die zu schützende Anlage erteilt wird, zu treffen (sind)." Die Möglichkeit der Trennung von Schutzgebietsanordnungen von der wasserrechtlichen Bewilligung wurde vom Gesetzgeber zwar nicht gewünscht, er nahm eine solche Situation aber in Kauf (arg.: "tunlichst").
16 Der Revisionswerber fährt fort, dass die Revision zulässig sei, weil es im Sinne des Schreibens des LVwG vom 21. Juni 2018 keine Rechtsprechung zur Frage gebe, ob es einen Verzicht des Antragstellers auf ein Schutzgebiet darstelle, wenn dieser ein (gemeint wohl: kein) der Hydrogeologie entsprechendes Schutzgebiet beantrage. Damit übersieht der Revisionswerber aber, dass dem genannten Schreiben des LVwG, in dem unverbindlich mehrere Möglichkeiten rechtlicher Schlussfolgerungen im damaligen Verfahrensstadium skizziert wurden, der Ermittlungsstand nach dem Verfahren vor der BH zu Grunde lag. Das LVwG ergänzte aber in weiterer Folge das Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit der Frage, ob ein dem Stand der Technik entsprechendes Schutzgebiet errichtet werden könne, und gelangte diesbezüglich letztlich zu einer anderen fachlichen und rechtlichen Einschätzung. Die aufgeworfene Frage stellte sich daher - vor dem Hintergrund der hier relevanten Feststellungen des LVwG - gar nicht. 17 Der Revisionswerber führt unter der Überschrift "kein öffentliches Interesse an der Einbeziehung meiner Grundstücke in das Schutzgebiet" aus, es fehle Rechtsprechung dazu, ob seine Grundstücke in das Schutzgebiet einbezogen werden dürften, wenn sich der Wasserberechtigte nicht um angebotene Standortalternativen bemüht hätte, die eine Einbeziehung der Grundstücke des Revisionswerbers nicht erforderlich gemacht hätte. 18 Das LVwG hat zutreffend darauf verwiesen, dass der verfahrensgegenständliche Brunnen und das Maß der Wasserbenutzung rechtskräftig bewilligt wurden. Im vorliegenden Verfahren geht es daher ausschließlich um das Schutzgebiet für diesen konkreten Brunnen; mögliche Alternativstandorte spielen daher keine Rolle. Es ist unzulässig, unter dem Gesichtspunkt der Bekämpfung von Anordnungen gemäß § 34 Abs. 1 WRG 1959 bereits erteilte Bewilligungen durch Geltendmachung angeblicher, im Bewilligungsverfahren unterlaufener Mängel späterhin in Frage zu stellen (VwGH 23.10.1984, 83/07/0143).
19 Der Revisionswerber bezweifelt weiters die Möglichkeit eines dem Stand der Technik entsprechenden Schutzes für die Brunnenanlage und unter Hinweis auf die Stellungnahme des wasserwirtschaftlichen Planungsorganes das Vorliegen eines öffentlichen Interesses nach § 34 Abs. 1 WRG 1959. Auch der Grundsatz der Eingriffsminimierung sei missachtet worden. 20 Nach § 21a Abs. 3 WRG 1959 ist der Stand der Technik bei allen Wasserbenutzungen sowie diesem Bundesgesetz unterliegenden Anlagen und Maßnahmen, somit auch bei der Festlegung eines Schutzgebietes nach § 34 Abs. 1 WRG 1959, einzuhalten (vgl. in diesem Sinn VwGH 28.1.2016, Ra 2015/07/0164, 0165). Darüber hinaus ist § 34 Abs. 1 WRG 1959 der Grundsatz der Eingriffsminimierung immanent: Anordnungen im Sinne dieser Gesetzesstelle sollen nur in dem Ausmaß getroffen werden, in dem sie im öffentlichen Interesse an einer einwandfreien Wasserversorgung erforderlich sind (VwGH 27.6.2013, 2010/07/0205); hingegen sieht § 34 Abs. 1 WRG 1959 eine Zustimmung eines betroffenen Grundeigentümers zur Festlegung eines Schutzgebietes nicht vor (VwGH 22.12.2011, 2009/07/0175, 0176; 22.4.2010, 2008/07/0099).
21 Das LVwG hat zur erstgenannten Frage ein weiteres Gutachten eingeholt und im angefochtenen Erkenntnis im Rahmen seiner beweiswürdigenden Erwägungen zum Ausdruck gebracht, dass es der Ansicht des von ihm beigezogenen Sachverständigen folgend davon ausgehe, dass für die Brunnenanlage ein dem Stand der Technik genügendes Schutzgebiet ausgewiesen und die Brunnenanlage bei Einhaltung der vorgeschriebenen Ver- und Gebote entsprechend geschützt werden könne. Es liege zwar faktisch ein hohes Konfliktpotential mit den vom Schutzgebiet betroffenen Grundeigentümern vor, weshalb es "in der Realität erschwert einrichtbar" sein werde, dieser Umstand sei aber rechtlich nicht relevant.
22 Mit der Frage nach der Möglichkeit eines dem Stand der Technik entsprechenden Schutzes für die Brunnenanlage und der Angemessenheit der vorgeschriebenen Anordnungen unter dem Aspekt der Eingriffsminimierung richtet sich der Revisionswerber gegen diese Beweiswürdigung des LVwG.
23 Der Verwaltungsgerichtshof ist als reine Rechtsinstanz zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen aber nicht berufen. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt lediglich dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (VwGH 28.1.2016, Ra 2015/07/0164, 0165, mwN). Eine im Einzelfall vorgenommene, nicht als grob fehlerhaft erkennbare Beweiswürdigung wirft im Allgemeinen keine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf (VwGH 14.3.2019, Ra 2019/18/0068-0072; 30.6.2015, Ra 2015/15/0028, 0029, mwN). Dass die Beweiswürdigung des LVwG im Zusammenhang mit der Frage der Möglichkeit der Gewährleistung eines dem Stand der Technik entsprechenden Schutzes für die Brunnenanlage und mit den konkret vorzuschreibenden Anordnungen grob fehlerhaft gewesen oder die Rechtssicherheit beeinträchtigt hätte, ist aber nicht erkennbar. 24 Wie bereits im hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 2011, 2009/07/0175, 0176, ausgeführt, sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Schutzgebietsbestimmungen gemäß dieser Bestimmung Anordnungen, die im öffentlichen Interesse an einer einwandfreien Wasserversorgung erlassen werden (VwGH 11.7.1996, 93/07/0093). Unbestritten besteht an der Versorgung der Bevölkerung mit einwandfreiem Trinkwasser ein großes öffentliches Interesse. Dieses öffentliche Interesse ist grundsätzlich in jedem Fall unabhängig von der Möglichkeit bzw. dem Vorhandensein eines Anschlusses an eine öffentliche Trinkwasserversorgung anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls zu prüfen. Es ist auch bei einer bloß geringfügigen Anzahl von Versorgten als gegeben anzusehen (VwGH 16.1.1990, 89/07/0054).
25 Auch für Einzelversorgungsanlagen kann ein Schutzgebiet ausgewiesen werden (VwGH 29.7.2015, 2012/07/0280). Das öffentliche Interesse an einer Schutzgebietsausweisung gemäß § 34 Abs. 1 WRG 1959 ist bei einer möglichen alternativen Wasserversorgung im Wege eines Anschlusses an eine bestehende öffentliche Trinkwasserversorgung weder von vornherein zu verneinen, noch zu bejahen, sondern nach den konkreten Umständen des Einzelfalls zu prüfen (VwGH 1.2.1983, 82/07/0203; 22.12.2011, 2009/07/0175, 0176).
26 Diese konkreten Umstände des Einzelfalls wurden im vorliegenden Fall geprüft und mit näherer Begründung die Möglichkeit eines Anschlusses an die Trinkwasserversorgung durch eine Wassergenossenschaft verneint. Fragen, die nur den Einzelfall betreffen, berühren aber keine Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung würde nur dann vorliegen, wenn die im Einzelfall vorgenommene Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise erfolgt wäre (VwGH 27.2.2019, Ra 2018/05/0280; 27.2.2018, Ra 2018/05/0006, 0007, jeweils mwN). Davon ist im vorliegenden Fall aber nicht auszugehen.
27 Wenn der Revisionswerber schließlich am Ende der Revision umfangreiche Ausführungen zum Eigentumsrecht nach Art. 1 des 1. Zusatzprotokolls zur EMRK und zu Eingriffen in dieses Recht trifft, so handelt es sich dabei um Aspekte, denen keine im Rahmen der Zulässigkeitsbegründung nach § 28 Abs. 3 VwGG formulierte Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung zu Grunde liegt. Schon aus diesem Grund erübrigte sich ein Eingehen auf dieses Vorbringen; auf den im vorliegenden Fall ergangenen Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 26. Februar 2019, E 35/2019-5, wird in diesem Zusammenhang verwiesen.
28 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
29 Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 27. Juni 2019
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