VwGH Ra 2015/15/0028

VwGHRa 2015/15/002830.6.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn sowie die Hofrätin Dr. Büsser und den Hofrat MMag. Maislinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Dr. Hohenecker, über die Revisionen 1. der G F in I, und

2. des T F in W, beide vertreten durch Mag. Egon Stöger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Bürgerstraße 20/P., gegen die Erkenntnisse des Bundesfinanzgerichtes vom 7. November 2014,

1) Zl. RV/3100445/2010 und 2) Zl. RV/3100442/2010, betreffend Wiederaufnahme (Einkommensteuer 2005 bis 2007) sowie Einkommensteuer 2005 bis 2007, den Beschluss gefasst:

Normen

BAO §21 Abs1;
BAO §22 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
BAO §21 Abs1;
BAO §22 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revisionen werden zurückgewiesen.

Begründung

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

Mit den angefochtenen Erkenntnissen wies das Bundesfinanzgericht - als Beschwerden zu behandelnde - Berufungen gegen Bescheide des Finanzamtes, mit denen die Verfahren betreffend Einkommensteuer 2005 bis 2007 wieder aufgenommen worden waren und die Einkommensteuer für diese Jahre neu festgesetzt worden war, als unbegründet ab. Es sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig ist.

Das Bundesfinanzgericht ging davon aus, dass das zwischen der Erstrevisionswerberin und ihrem (damaligen) Ehemann (dem Zweitrevisionswerber) mündlich vereinbarte Mietverhältnis mangels Fremdüblichkeit einkommensteuerlich nicht anzuerkennen sei.

Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liege nicht vor, da lediglich darüber abzusprechen gewesen sei, ob der mündliche Mietvertrag in der vorliegenden Fassung fremdüblich abgeschlossen worden sei. Es entspreche der Rechtsprechung, dass fremdunübliche Mietverträge zwischen nahen Angehörigen keine steuerliche Anerkennung finden dürften.

In den Revisionen wird zur Zulässigkeit (zusammengefasst) ausgeführt, bereits für den Außenprüfer sei ersichtlich gewesen, welche tatsächlichen Mietzahlungen geleistet worden seien und - in Ansehung des ABGB - wie die getätigten Einbauten und Instandhaltungskosten getragen worden seien. Die Leistungsbeziehung sei von Anfang an nachvollziehbar und fremdüblich gestaltet worden. Weder das Finanzamt noch das Bundesfinanzgericht hätten ermittelt, welcher Mietpreis in vergleichbaren Lagen und Fällen bezahlt werde. Das Bundesfinanzgericht habe ausschließlich anhand vertraglicher Nebenbestimmungen über die Fremdüblichkeit abgesprochen. Zur Frage, ob auch ohne Überprüfung der Fremdüblichkeit des Mietzinses selbst eine Beurteilung eines Mietvertrages stattfinden könne, fehle Rechtsprechung. Auch sei die Wiederaufnahme nicht berechtigt, da sowohl die persönliche Nahebeziehung als auch die Höhe des Mietzinses dem Finanzamt bereits bei der ursprünglichen Festsetzung der Einkommensteuer bekannt gewesen seien.

Mit diesem Vorbringen wird eine Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht aufgezeigt:

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes können vertragliche Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen für den Bereich des Steuerrechts nur als erwiesen angenommen werden und damit Anerkennung finden, wenn sie nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen, einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben und auch zwischen Familienfremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären. Dies gilt vor allem deshalb, weil der in der Regel zwischen fremden Geschäftspartnern bestehende Interessengegensatz bei nahen Angehörigen auszuschließen ist und durch die rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten abweichend von den tatsächlichen wirtschaftlichen Gegebenheiten steuerliche Folgen entsprechend beeinflusst werden könnten (vgl. das Erkenntnis vom 26. Juli 2007, 2005/15/0013).

Auch die Erfüllung der vertraglichen Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen muss diesen Anforderungen genügen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 26. Mai 2010, 2006/13/0134).

Die in der Rechtsprechung des Gerichtshofes für die steuerliche Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen aufgestellten Kriterien haben ihre Bedeutung im Rahmen der Beweiswürdigung und kommen daher in jenen Fällen zum Tragen, in denen berechtigte Zweifel am wahren wirtschaftlichen Gehalt einer behaupteten vertraglichen Gestaltung bestehen (vgl. neuerlich das Erkenntnis vom 26. Mai 2010, mwN).

Eine im Einzelfall vorgenommene, nicht als grob fehlerhaft erkennbare Beweiswürdigung wirft im Allgemeinen keine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG auf (vgl. den hg. Beschluss vom 12. Februar 2015, Ra 2015/02/0021, mwN).

Es ist den Revisionswerbern zwar zuzugestehen, dass zur Beurteilung des Inhaltes des behaupteten Rechtsgeschäftes auch dispositives (wie auch zwingendes) Zivilrecht heranzuziehen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 2013, 2009/15/0219). Welche gesetzlichen Bestimmungen ergänzend zu den behaupteten mündlichen Vereinbarungen anwendbar wären, hätte im Verwaltungsverfahren oder im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht von den Revisionswerbern dargelegt werden müssen (vgl. zur Aufklärungspflicht des Steuerpflichtigen Doralt/Toifl, EStG14, § 2 Tz 163). Es ist aber aus dem Vorbringen der Revisionswerber schon nicht ableitbar, ob das behauptete Bestandverhältnis in den Vollanwendungsbereich des MRG oder allenfalls nur dessen Teilanwendungsbereich (vgl. § 1 Abs. 4 Z 1 und 3 MRG) fällt. Dass die Fremdunüblichkeit auch lediglich in "Nebenbestimmungen" liegen kann, entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. Juni 2009, 2004/13/0090, betreffend den Ausschluss des Ersatzes von Investitionen).

Dass im mündlichen Vertrag die wesentlichen Vertragsbestandteile nicht mit genügender Deutlichkeit fixiert worden waren, konnte das Bundesfinanzgericht bereits daraus ableiten, dass der nunmehr schriftlich abgeschlossene Vertrag Bestimmungen enthält, die über den behaupteten Inhalt der mündlichen Vereinbarung hinausgehen (etwa vorzeitige Beendigung) und zum Teil auch von der behaupteten mündlichen Vereinbarung abweichen (Mietdauer, Indexanpassung). Auch entspricht es nicht einer fremdüblichen Erfüllung eines Bestandvertrages, dass Indexanpassungen erst mit einer Verzögerung von mehr als einem Jahr nachverrechnet werden (soweit dies überhaupt zulässig wäre; vgl. § 16 Abs. 9 MRG).

Da somit bereits aufgrund dieser Umstände die behauptete mündliche Vereinbarung einkommensteuerlich keine Anerkennung finden kann, kommt es auf die in der Revision als wesentlich angesprochene Rechtsfrage, ob auch eine Vereinbarung, die einen "zu niedrigen" Bestandzins aufweist, nicht als fremdüblich zu beurteilen wäre, nicht an. Die Revision hängt damit nicht von der Lösung dieser Rechtsfrage ab (Art. 133 Abs. 4 B-VG).

Da die Umstände, aus denen die Fremdunüblichkeit der behaupteten Vereinbarung abzuleiten war, erst nach Erlassung der ursprünglichen Abgabenbescheide im Rahmen einer Außenprüfung hervorgekommen sind, ist dem Bundesfinanzgericht auch nicht entgegenzutreten, wenn es die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme der Verfahren gemäß § 303 Abs. 4 BAO als gegeben angesehen hat.

In den Revisionen werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revisionen waren daher zurückzuweisen.

Damit erübrigt sich auch ein Abspruch (durch den Berichter) über die Anträge, den Revisionen aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 30. Juni 2015

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