European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:E121067
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie wie folgt zu lauten haben:
„Die beklagte Partei ist schuldig, binnen sechs Monaten die von den an der Grundstücksgrenze des Grundstücks Nummer *, EZ * KG *, gepflanzten 70 Fichtenbäumen ausgehenden Einwirkungen durch den Entzug von Licht auf das Grundstück Nummer *, EZ * KG *, insoweit zu unterlassen, als mehr an Schatten verursacht wird, als wenn unmittelbar an der Grenze eine 2,5 Meter hohe Hecke stünde.“
Die Kostenaussprüche der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Berufungsgericht wird die Fällung einer neuen Entscheidung über die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz aufgetragen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei an Kosten des Revisionsverfahrens einen Barauslagenersatz von 715,50 EUR binnen 14 Tagen zu leisten.
Entscheidungsgründe:
Am Grundstück der Beklagten steht über eine Länge von 37 Metern eine Fichtenhecke unmittelbar an der (annähernd in Nord-Süd-Richtung verlaufenden) Grenze zum nach Osten hin angrenzenden Grundstück des Klägers. Unmittelbar neben der Hecke befindet sich auf der Seite des Klägers zunächst eine ca 5 Meter breite Rasenfläche, an die das ebenso in Nord-Süd-Richtung gebaute, dem Kläger gehörende Reihenhaus anschließt, dessen Wohneinheiten zur Vermietung bestimmt sind. Das Grundstück des Klägers ist 1.307 m² groß. Die Fichtenhecke hat eine Höhe von etwa 12 bis 15 Metern und besteht aus 70 Bäumen, die in einem Abstand von nur ca 50 cm gepflanzt wurden. Die Grundstücke liegen in einem Wohngebiet mit zumeist Einzelhäusern, das durch Laubbäume, Laubhecken und Obstbäume mit nicht annähernd einer Höhe wie die Fichtenhecke der Beklagten geprägt ist. Die Beklagte pflanzte die Fichten etwa 1991. Der Kläger erwarb 2010 sein Grundstück und errichtete darauf sodann das Reihenhaus. Am Grundstück befand sich damals bereits ein Rohbau (unstrittig).
Der Kläger begehrte mit seiner Klage die Beklagte schuldig zu erkennen, „die von den an der Grundstücksgrenze der GSt-Nr * der EZ *, KG *, gepflanzten Bäumen ausgehenden Einwirkungen durch den Entzug von Licht auf das Gst-Nr * der EZ *, GB * zu unterlassen“. Die Bepflanzung sei ortsunüblich, der Schattenwurf führte zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung durch Entzug von Licht.
Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage. Die Bepflanzung sei nicht ortsunüblich, dies auch aufgrund dessen, dass die Anpflanzung bereits vor langer Zeit vorgenommen worden sei. Die Beschattung sei nicht unzumutbar, dies auch aufgrund dessen, dass dem Kläger die Baumreihe bei Erwerb des Grundstücks bekannt gewesen sei und er das Reihenhaus hätte südseitig ausrichten können, dies allenfalls vermindert um das dritte Obergeschoss, sodass es durch die Baumreihe zu keinen oder bestenfalls unbedeutenden Beschattungen gekommen wäre.
Mit Schriftsatz vom 16. 4. 2013 dehnte der Kläger sein Klagebegehren dahingehend aus, dass die Beklagte schuldig erkannt werden solle, „den gefährlichen Zustand des Baumbestandes an der Grundstücksgrenze [...] dadurch zu beseitigen, dass diese Bäume jeweils auf eine Höhe von einem Meter zurückgeschnitten werden“. Er brachte dazu vor, dass die Bäume gefährlich seien, weil von ihnen Äste und Wipfel auf sein Grundstück herabzufallen drohten. Nach einem am 25. 4. 2013 von der Beklagten eingebrachten Antrag auf Zurückweisung der ausgedehnten Klage sowie Nichtzulassung der Klagsänderung erklärte der Kläger mit Schriftsatz vom 15. 11. 2013, vorerst auf die Klagsausdehnung zu verzichten und den ursprünglichen Klagsantrag aufrecht zu erhalten.
Das Erstgericht verurteilte die Beklagte dazu, „die von den an der Grundstücksgrenze der Grundstücksnummer * der EZ * KG * gepflanzten Bäumen ausgehende Einwirkungen durch den Entzug von Licht und die von ihnen unmittelbar drohende Gefahr auf das Grundstück * der EZ * GB *, einkommend im Bezirksgericht Graz-Ost, zu unterlassen“ und verfällte die Beklagte zum Kostenersatz. Es ging im Wesentlichen von dem eingangs wiedergegebenen unstrittigen Sachverhalt aus und traf zusätzliche – großteils von den beiden Parteien im Berufungsverfahren bekämpfte – Feststellungen zur Beschattung des Gartens und der Wohneinheiten im Reihenhaus sowie zu einer alternativen Errichtung desselben. Rechtlich sah das Erstgericht die Voraussetzungen des § 364 Abs 3 ABGB als erfüllt an. Darüber hinaus lägen die Voraussetzungen des § 364 Abs 2 ABGB vor, auf den sich der Kläger erkennbar ebenso gestützt habe. Eine Unterlassung könne begehrt werden, ohne dass dem Unterlassungsgegner eine bestimmte Art und Weise der Beseitigung der störenden Faktoren vorgeschrieben werde.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge und änderte das Ersturteil dahingehend ab, dass es das Klagebegehren des Inhalts, die Beklagte sei „schuldig, die von den an der Grundstücksgrenze […] gepflanzten Bäumen ausgehenden Einwirkungen durch den Entzug von Licht auf das Grundstück […] zu unterlassen“, abwies. Bei der Verurteilung der Beklagten zur Unterlassung der von den an der Grundstücksgrenze gepflanzten Bäumen unmittelbar drohenden Gefahr auf das klägerische Grundstück habe das Erstgericht das Klagebegehren nach § 405 ZPO überschritten. Das eigentliche Klagebegehren auf Unterlassung der von den gepflanzten Bäumen ausgehenden Einwirkungen durch den Entzug von Licht auf das klägerische Grundstück sei abzuweisen, weil sich nach der Rechtsprechung ein neu hinzugekommener Nachbar mit den bei Erwerb seines Grundstücks vorgefundenen örtlichen Verhältnissen abfinden müsse und es für den Kläger bei Erwerb des Grundstücks im Jahr 2010 vorhersehbar gewesen sei, dass die Beklagte ihre Bäume auch künftig unbehandelt weiter wachsen lassen werde. Aufgrund dieser rechtlichen Erwägung nahm das Berufungsgericht von der Erledigung andere Aspekte als den unstrittigen Sachverhalt betreffender Beweis- und Verfahrensrügen beider Parteien Abstand.
Die ordentliche Revision ließ das Berufungsgericht zu, „da nicht auszuschließen ist, dass, entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes, trotz Erkennbarkeit der Beeinträchtigung (Beschattung) der Klagsliegenschaft durch die Fichtenhecke der Berufungswerberin und Vorhersehbarkeit des Weiterbestehens dieses Zustandes bereits bei Ankauf der klägerischen Liegenschaft der Berufungsgegner sich nicht vorweg mit diesem abzufinden hatte und daher vor endgültiger Entscheidung über einen Anspruch des Berufungsgegners nach § 364 Abs 3 ABGB noch die auf die Klagsliegenschaft ausgehenden Beeinträchtigungen als solche sowie deren Unzumutbarkeit im Sinne der zitierten Bestimmung zu prüfen sind“. Schließlich könne ein Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof auch im Falle der Verletzung des § 405 ZPO durch Ablehnung eines Zuspruchs mit der unrichtigen Begründung, er sei durch das Urteilsbegehren nicht gedeckt, zulässig sein.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers, mit dem er die vollinhaltliche Klagsstattgebung im Sinne der Wiederherstellung des Ersturteils anstrebt und hilfsweise einen Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag stellt.
Die Beklagte beantragt in der Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zur Klärung der Rechtslage zulässig. Sie ist auch teilweise berechtigt.
1. Zunächst ist festzuhalten, dass die Ansicht des Berufungsgerichts, der Kläger habe hier allein ein Unterlassungsbegehren nach § 364 Abs 3 ABGB auf Untersagung des Entzugs von Licht gestellt, aufgrund der Zurückziehung der Klagsausdehnung mit Schriftsatz vom 15. 11. 2013 nicht zu beanstanden ist. Damit hat das Erstgericht aber, wie vom Berufungsgericht erkannt, die Bestimmung des § 405 ZPO, wonach das Gericht nicht befugt ist, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist, verletzt.
Zum Anspruch nach § 364 Abs 3 ABGB:
2.1. Nach § 364 Abs 3 ABGB genügt eine bloß wesentliche Beeinträchtigung nicht; vielmehr muss die Beeinträchtigung „unzumutbar“ sein (RIS‑Justiz RS0121872). Die für die Beurteilung der Unzumutbarkeit einer Beeinträchtigung gebotene Interessenabwägung hat nach einem objektiven Beurteilungsmaßstab zu erfolgen. Je näher die Beeinträchtigung an der Grenze der Ortsüblichkeit liegt, desto weniger wird dabei ihre Unzumutbarkeit anzunehmen sein. Ferner sind Ausmaß und Lage der durch Lichteinfall beeinträchtigten Fläche zu berücksichtigen und zu fragen, welche konkrete Nutzungsmöglichkeit für den Kläger eingeschränkt oder unmöglich gemacht wird (RIS‑Justiz RS0121873). Ist nur eine verhältnismäßig geringfügige Fläche der Nachbarliegenschaft überhaupt beeinträchtigt, wird diese Beeinträchtigung im Regelfall unabhängig von ihrer Dauer nicht unzumutbar sein. Je größer jedoch die vom Entzug des Lichteinfalls beeinträchtigte Fläche im Verhältnis zur Gesamtfläche ist, umso eher wird das Kriterium der Unzumutbarkeit auch dann erfüllt sein, wenn zeitlich nicht von einem dauernden gänzlichen Entzug des Lichteinfalls auszugehen ist. Unzumutbarkeit ist im Einzelfall umso eher verwirklicht, als zeitlich und räumlich überwiegend (über 50 %) kein (Sonnen-, Tages-)Licht in Wohnräumen und/oder im Garten einfallen kann (RIS‑Justiz RS0121873 [T5]).
2.2. Bei der Unzumutbarkeitsprüfung ist auch zu berücksichtigen, ob die Bäume und anderen Pflanzen, die dem Nachbarn das Licht entziehen, zu einem Zeitpunkt gepflanzt wurden, zu dem ein Inkrafttreten einer Regelung, wie sie § 364 Abs 3 ABGB trifft, noch nicht absehbar war (8 Ob 99/06a; 10 Ob 60/06f = RIS‑Justiz RS0122471; 6 Ob 75/11i [in Punkt 1.2.]). Überhaupt schließt der Umstand, dass ein bestimmter Zustand bereits seit längerer Zeit besteht, zwar die Anwendung des § 364 Abs 3 ABGB nicht aus, er ist aber im Rahmen der nach dieser Bestimmung vorzunehmenden Interessensabwägung zu berücksichtigen (RIS‑Justiz RS0122470 [T1]).
2.3. Ein zugezogener Nachbar muss sich nach ständiger Rechtsprechung zu § 364 Abs 2 ABGB grundsätzlich mit den beim Erwerb seines Grundstücks vorgefundenen örtlichen Verhältnissen abfinden. Dabei ist aber nicht subjektiv auf den Kenntnisstand des Käufers, sondern auf Erkennbarkeit abzustellen. Der Erwerber einer von Immissionen betroffenen Liegenschaft handelt auf eigene Gefahr und muss deshalb jene Nachteile, die aus der Immission erfolgen, hinnehmen (RIS‑Justiz RS0112502 samt insb [T2, T12, T15]).
Der Gesetzgeber ließ sich bei Schaffung des– hier einschlägigen – § 364 Abs 3 ABGB von einer ähnlichen Überlegung leiten, ohne dies aber im Gesetzestext zu verankern (6 Ob 51/07d mwN). Wird ein Grundstück zu einem Zeitpunkt erworben, in dem am Nachbargrundstück bereits hohe, das erworbene Grundstück beschattende Bäume vorhanden sind, ist dies bei der Unzumutbarkeitsprüfung zu berücksichtigen (9 Ob 72/08s – 30 m lange Fichtenhecke mit einer Höhe von sechs bis acht Metern im Zeitpunkt des Erwerbs). Gleiches gilt, wenn die Bäume am Nachbargrundstück im Zeitpunkt des Erwerbs zwar noch klein sind, aber erkennbar ist, dass sie in Zukunft eine erhebliche Größe erreichen können und mit einem zukünftigen unbegrenzten Wildwuchs der Bäume zu rechnen ist (8 Ob 59/15g [in Punkt 2.] – in jenem Fall war aber mit keinem unbegrenzten Wildwuchs der erst kleinen Bäume zu rechnen, weil es sich um einen Garten in einem geschlossenen Siedlungsgebiet handelte.
3. Interessenabwägung bedeutet, dass die zuvor genannten Aspekte im Sinne eines beweglichen Systems (Kerschner/Wagner in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang3 § 364 ABGB Rz 366; Holzner in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON1.03 § 364 Rz 10) mit ihrem jeweils im Einzelfall vorhandenen Gewicht bei der Entscheidung, ob Unzumutbarkeit vorliegt, zu berücksichtigen sind. Bei jedem beweglichen System kann aber ein Umstand im Einzelfall bereits so gewichtig sein, dass er ohne weiteres den Ausschlag gibt (vgl Kodek in Rummel/Lukas, ABGB4 § 6 Rz 212; Kerschner/Kehrer in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang3 §§ 6, 7 ABGB Rz 81; P. Bydlinski in KBB4 § 6 ABGB Rz 10), hier also dazu führt, die Unzumutbarkeit zu bejahen.
3.1. Das Berufungsgericht maß ein solches entscheidendes Gewicht dem Umstand zu, dass der Kläger von der Situation vor Ort wusste oder zumindest wissen musste, als er das Grundstück erwarb. Dabei wird aber übersehen, dass die 70 Fichtenbäume engst aneinander gepflanzt wurden und – weil ein derartiger Bewuchs unweigerlich zum Absterben von Bäumen führen muss – der Kläger keinesfalls damit rechnen musste, dass die Beklagte auch weiterhin jegliche Pflege der Fichtenhecke unterlassen werde, also ein „Endzustand“ vorliege. Dem besagten Umstand kann schon deshalb kein entscheidendes Gewicht zukommen. Dass ein Kläger bei Erwerb der Liegenschaft ortsunübliche Immissionen bereits vorfand oder mit ihrem zukünftigen Auftreten zumindest rechnen musste, war in den unter Punkt 2.3. referierten Fällen 9 Ob 72/08s und 8 Ob 59/15g zudem nicht allein entscheidend.
3.2. Ein solches entscheidendes Gewicht kommt hingegen ohne weiteres – gegen die Beklagte ausschlagend – dem Umstand zu, dass auf dem Grund der Beklagten an der Grenze zum Grundstück des Klägers für die örtlichen Verhältnisse der – hier gegebenen – Wohngegend völlig untypisch eine eng gepflanzte Fichtenhecke mit einer immensen Höhe von 12 bis 15 Metern steht, die das Wohnzwecken dienende Nachbargrundstück jedenfalls beträchtlich beschattet. Es mag durch anderweitige Planung und Situierung des Gebäudes möglich gewesen sein, die Beschattung desselben zu mindern. Dies ändert aber nichts daran, dass die klägerische Liegenschaft ungeachtet der Lage des Gebäudes jedenfalls durch die völlig unüblich hohe Hecke massiv beschattet wird. In einem ähnlichen Fall – einer 30 Meter langen Fichtenhecke, die im höchsten Bereich 12 Meter hoch war und ein Einfamilienhaus mit Garten beschattete – qualifizierte der Senat in 9 Ob 72/08s im Wesentlichen aus der Erwägung, dass es sich um ein gewerbliches Mischgebiet handelte, in dem höhere Hecken durchaus üblich und auch schon zum Zeitpunkt des Erwerbs der Liegenschaft durch die dortigen Kläger vorhanden waren, die Verneinung sowohl der Ortsüblichkeit als auch der Unzumutbarkeit durch die Vorinstanz als vertretbar. Im Fall 8 Ob 116/07b, in dem es um eine an die Ostseite des Grundstücks der damaligen Klägerin grenzende ortsunübliche Buchenhecke mit einer Höhe von sechs bis acht Metern ging, wurde die auf die Feststellungen, dass das Grundstück im Bereich der Hecke zusehends vermoose und es anders als früher in diesem Bereich nicht mehr möglich sei, Erdbeeren und Grünpflanzen zu setzen, gestützte Beurteilung des Berufungsgerichts, ein höherer Bewuchs als 2,5 Meter sei für die Klägerin unzumutbar, als nicht korrekturbedürftig gewertet. Hier steht die Fichtenhecke im Unterschied zu 9 Ob 72/08s in einem Wohngebiet, in dem Hecken solcher Höhe unüblich sind, und sie ist sogar noch viel höher als die Buchenhecke in 8 Ob 116/07b. In einem solchen Extremfall erübrigen sich Feststellungen zur Frage, wann in welchem Ausmaß den bebauten oder unbebauten Teilen der Liegenschaft durch die Bäume – und nicht durch eine allfällig nicht optimale Situierung und Planung des Gebäudes selbst – das Licht entzogen wird, wie auch dem Umstand, dass der Kläger bereits bei Erwerb der Liegenschaft vom exorbitanten Schattenwurf wissen musste, kein entscheidendes Gewicht zukommen kann. Bei einer Hecke wie hier liegen massive Beeinträchtigungen der Benutzbarkeit der Wohnzwecken dienenden nachbarlichen Liegenschaft durch Lichtentzug auf der Hand. Zumal sämtliche Tatsachen- und Beweisrügen und Rügen sekundärer Feststellungsmängel der Streitparteien im Berufungsverfahren solche nicht ins Gewicht fallenden Sachverhaltsaspekte betreffen, bedarf es keiner Ergänzung des Verfahrens. Der Klage ist bereits aufgrund des unstrittigen Sachverhalts stattzugeben.
4. Ein Urteilsbegehren nach § 364 Abs 3 ABGB setzt – vor dem Hintergrund der Bestimmungen des § 226 Abs 1 ZPO und des § 7 Abs 1 EO – nicht jedenfalls voraus, dass in ihm die angestrebte Untersagung des Entzugs von Licht oder Luft durch ein bestimmtes, in der Natur jederzeit nachvollziehbares Maß bezeichnet wird. Mangelt es an einer evidenten Überschreitung der ortsüblichen Immissionsintensität, so soll das Gericht im Urteilsspruch erforderlichenfalls den Umfang eines nicht mehr hinzunehmenden Entzugs von Licht oder Luft als Ergebnis seiner Interessenabwägung innerhalb der Grenzen des Begehrens näher determinieren (RIS‑Justiz RS0121049). Ein auf § 364 Abs 3 ABGB gestütztes Unterlassungsbegehren ist aber auf solche Einwirkungen zu beschränken, die das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreiten und die Benutzung des Grundstücks unzumutbar beeinträchtigen (4 Ob 196/07p [in Punkt 7.3.]). Zudem empfiehlt sich auch bei einer – hier vorliegenden – evidenten Überschreitung der ortsüblichen Immissionsintensität zur Vermeidung von Streitigkeiten eine nähere Determinierung der Unterlassungspflicht. In 10 Ob 60/06f wurde ein Unterlassungsbegehren nicht beanstandet, in welchem auf einen Lichtentzug durch Pflanzen ab einer bestimmten Höhe abgestellt wurde.
Im vorliegenden Fall führte der Sachverständige aus, dass die Hecken im betreffenden Ortsteil bis zu 2,5 Meter hoch sind (ON 27 Seite 10). Dem entspricht der von der Beklagten im Zuge von Vergleichsverhandlungen geäußerte Wunsch auf einen Sichtschutz von 250 cm (ON 52 Seite 2). Es erscheint daher angebracht, die Unterlassungsverpflichtung wie aus dem Spruch ersichtlich zu determinieren.
5. Der Richter kann auch bei Unterlassungsklagen eine angemessene Leistungsfrist festlegen, wenn die Unterlassungspflicht die Pflicht zur Änderung eines Zustands einschließt (RIS‑Justiz RS0041260 [T2]). Dies ist bei einer Unterlassungspflicht nach § 364 Abs 3 ABGB der Fall. Angesichts der aus 70 Bäumen mit einer Höhe von bis zu 15 Metern bestehenden Fichtenhecke erscheint eine Leistungsfrist von sechs Monaten angemessen.
6. Müsste der Oberste Gerichtshof infolge Abänderung der Entscheidung in der Hauptsache gemäß § 50 Abs 1 Satz 1 ZPO auch über die Verfahrenskosten erster und zweiter Instanz entscheiden, kann er in sinngemäßer Anwendung des § 510 Abs 1 letzter Satz ZPO die Kostenentscheidung des Berufungsgerichts aufheben und diesem eine neuerliche Kostenentscheidung auftragen, wenn dafür eingehende Berechnungen notwendig sind (RIS‑Justiz RS0124588). Im vorliegenden Fall ergibt sich die Notwendigkeit eingehender Berechnungen unter anderem daraus, dass eine Klagsausdehnung und eine Klagseinschränkung vorgenommen wurden und die Beklagte zahlreiche Kosteneinwendungen nach § 54 Abs 1a ZPO sowie gegen das klagsstattgebende Ersturteil auch eine umfangreiche Berufung im Kostenpunkt erhob, welche das Berufungsgericht aufgrund der von ihm beschlossenen Klagsabweisung unerledigt ließ.
7. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 43 Abs 1, 50 ZPO. Der Kläger drang mit seinem Unterlassungsbegehren nach § 364 Abs 3 ABGB durch, nicht aber mit seinem Rechtsstandpunkt, (nach § 364 Abs 2 ABGB) auch ein auf Unterlassung der Gefahr, welche von den Bäumen unmittelbar drohe, lautendes Begehren erhoben zu haben. Zumal der Kläger nach seinem Standpunkt in der Revision beide Begehren von Anfang an verfolgte, ist davon auszugehen, dass sich das Revisionsinteresse hälftig auf das eine und das andere Begehren aufteilt. Deshalb sind nach § 43 Abs 1 ZPO die Vertretungskosten aufzuheben und die Beklagte zum Ersatz der halben Pauschalgebühr zu verfällen.
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