European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2008:0090OB00030.07P.0303.000
Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird an das Erstgericht zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Begründung
Mit vom beklagten Notar errichteten Kaufvertrag vom 24. 6. 2002 verkauften der Kläger und dessen Ehegattin Ursula Z***** (im Folgenden „die Verkäufer“) die ihnen je zur Hälfte gehörige Liegenschaft EZ ***** KG ***** P*****, Grundbuch BG D*****, an Florian S***** (im Folgenden „der Käufer“) um den Kaufpreis von 500.000 EUR.
Der Kläger begehrt vom Beklagten den Betrag von 475.000 EUR aus dem Titel des Schadenersatzes. Der Kläger führt hiezu - soweit im Revisionsverfahren relevant - aus, dass er sich für ein Anlageprodukt des G*****-Konzerns interessiert habe, das von der P***** GmbH vermarktet worden sei. Die Finanzierung sollte aus dem Verkauf der ihm und seiner Ehegattin gehörigen Liegenschaft erfolgen. Von einer Mitarbeiterin der P***** GmbH sei dem Kläger der „Juniorchef“ dieser Gesellschaft (und spätere Käufer) als Kaufinteressent genannt worden. Dieser habe einen sehr guten Preis geboten, aber darauf bestanden, dass die Finanzierung über das von der P***** GmbH angebotene „G*****-Modell“ erfolge. Damit sei der Kläger einverstanden gewesen, zumal ihm vom späteren Käufer versichert worden sei, dass es sich um eine völlig risikolose Anlageform handle. Der Liegenschaftskaufvertrag sei vom Beklagten errichtet worden. In Punkt 4. des Kaufvertrags sei vom Beklagten vorgesehen worden, dass die Parteien hinsichtlich der Kaufpreisberichtigung eine gesonderte Vereinbarung treffen. Der Kläger habe den Vertragstext erst unmittelbar vor der Unterfertigung gesehen und sei überrascht gewesen. Der Beklagte habe aber auf Befragen des Klägers bestätigt, dass die Vertragsgestaltung die gleiche Sicherheit wie Bargeld oder eine traditionelle Treuhandvereinbarung gewährleiste. Die von ihm geprüften Unterlagen des Käufers seien seriös; er kenne den Käufer schon lange. Sodann haben die Verkäufer den Kaufvertrag und eine nicht den Tatsachen entsprechende Quittung über den Erhalt des Kaufschillings unterfertigt. Weiters haben sie im Beisein des Beklagten einen „Antrag auf Beteiligung“ über den Betrag von 325.000 EUR und einen Antrag auf ... fondsgebundene Rentenversicherung des G*****-Konzerns mit einem Eigenerlag von 74.500 EUR unterfertigt. Der Käufer habe die Verkäufer in Betrugsabsicht getäuscht; die genannten Beträge seien nie weitergeflossen. Abgesehen von einem Betrag von 25.000 EUR habe der Kläger vom Käufer nichts bekommen. Erst nach mehreren Urgenzen haben die Verkäufer eine wertlose „Beteiligungsurkunde“ der Pe***** GmbH, der „Nachfolgefirma“ der P***** GmbH, über 375.000 EUR erhalten. Somit sei den Verkäufern ein Schaden in der Höhe von 475.000 EUR entstanden. Dieser resultiere aus dem vereinbarten Kaufpreis von 500.000 EUR abzüglich erhaltener 25.000 EUR. Die Ehegattin des Klägers habe mit Notariatsakt vom 14. 6. 2005 ihre Schadenersatzansprüche gegen den Beklagten an den Kläger zur Einziehung abgetreten. Der Beklagte hafte aufgrund seiner teils mangelhaften, teils unrichtigen Aufklärung über die Natur und das Risiko der von ihm ausdrücklich empfohlenen Vorgangsweise. Wenn er nicht die Zusicherung gegeben hätte, dass das gegenständliche Modell der Kaufpreisberichtigung so gut wie Bargeld oder eine traditionelle Treuhandschaft sei, hätten die Verkäufer den Kaufvertrag erst dann unterfertigt, wenn der Kaufpreis auf dem Treuhandkonto eingelangt wäre. Der Beklagte habe die Verkäufer, bei denen es sich um juristische Laien gehandelt habe, in keiner Weise über die mit der Abwicklung verbundenen Risiken aufgeklärt, insbesondere auch nicht darüber, dass damit nicht die ordnungsgemäße Veranlagung des Kapitals beim G*****-Konzern gewährleistet sei. Vielmehr habe der Beklagte dem Kläger sogar noch zu dieser Vorgangsweise geraten. Der Beklagte sei somit seiner Warnpflicht nicht nachgekommen. Hätte er die gewählte Variante als nicht so sicher wie eine Treuhandschaft oder wenigstens als von ihm nicht einschätzbar dargestellt, wäre der Kaufvertrag von den Verkäufern nicht unterfertigt worden. Der Beklagte habe den Käufer bereits seit 1999 gekannt und sei mit diesem in laufender Geschäftsbeziehung gestanden. Gerade deshalb und wegen der Abweichung vom sonst üblichen Prozedere wäre der Beklagte zur Wahrung der Unparteilichkeit und zu besonderer Sorgfalt gegenüber den Verkäufern verpflichtet gewesen.
Der Beklagte bestreitet das Klagevorbringen. Richtig sei, dass er vom Käufer mit der Errichtung eines Kaufvertrags über die Liegenschaft der Verkäufer zum Kaufpreis von 500.000 EUR beauftragt worden sei. Die Modalitäten der Kaufpreisberichtigung sollten im Vertrag nicht näher spezifiziert werden. Der Beklagte habe sich am 24. 6. 2002 zum Käufer begeben und dort den anwesenden Vertragsteilen den gesamten Inhalt des Kaufvertrags vorgetragen. Die nicht alltägliche Formulierung der Art der Kaufpreisberichtigung habe ihn veranlasst nachzufragen, in welcher Form der Kaufpreis bezahlt werden solle. Dem Beklagten sei daraufhin von den Vertragsteilen mitgeteilt worden, dass sie sich schon geeinigt haben und die Art der Kaufpreisberichtigung in den Vertrag keinen Eingang finden solle. Der Beklagte habe das Institut der Treuhandschaft besprochen und zu bedenken gegeben, dass eine Treuhandabwicklung entsprechende Sicherheit für die Verkäufer bieten würde. Diese Belehrung sei von den Vertragsteilen zwar zur Kenntnis genommen, darauf jedoch nicht reagiert worden. Eine angebotene Vertragsänderung sei nicht gewünscht und die Unterfertigung des Vertrags vollzogen worden. Der Beklagte habe die Verkäufer nicht vor einer unsicheren Veranlagung warnen können, weil er von der Art der Veranlagung nicht in Kenntnis gesetzt worden sei. Die abweichenden Behauptungen des Klägers seien unrichtig. Der Beklagte habe am 24. 6. 2002 und auch noch lange danach keine Kenntnis über die Art der Kaufpreisberichtigung gehabt. Er habe die vom Kläger behauptete Finanzierungsform weder befürwortet noch abgelehnt. In Gegenwart des Beklagten seien keine Übernahmebestätigungen hinsichtlich des Kaufpreises unterfertigt worden. Wäre dies der Fall gewesen, hätte der Beklagte Kopien zum Akt genommen. In seiner Gegenwart seien auch keine sonstigen Urkunden (Anträge) unterfertigt worden. Wären ihm Unregelmäßigkeiten aufgefallen, hätte er umgehend seine Bemühungen eingestellt und auch keine Unterschriftsbeglaubigung vorgenommen. Der Beklagte habe die Parteien im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren belehrt. Wie er nachträglich recherchiert habe, sei zwischen den Vertragsteilen lediglich ein Kaufpreis von 400.000 EUR vereinbart worden. Ihm sei unbekannt, ob dem Kläger überhaupt ein Schaden entstanden sei. Wenn der Kläger tatsächlich vom Käufer betrogen worden sei, hätte er die Verbücherung des Kaufvertrags verhindern können. Es werde nicht bestritten, dass der Beklagte bereits vor dem gegenständlichen Kaufvertrag für den Käufer bzw dessen Unternehmen, aber auch noch 14 andere damit im Zusammenhang stehende Personen, tätig geworden sei. Dabei sei dem Beklagten aber nichts Negatives bekannt geworden. Er sei in die wirtschaftlichen Agenden des Käufers nicht im geringsten eingebunden oder auch nur ansatzweise informiert gewesen. Der Beklagte habe von den Schwierigkeiten des Käufers erst im Frühjahr 2003 erfahren. Der Kläger habe offenbar in eigener Sache sorglos gehandelt. Jede Veranlagung beinhalte ein gewisses Risiko. Es werde daher die Kausalität bestritten. Den Kläger treffe das Alleinverschulden an einem allfälligen Vermögensverlust. Bei einem Wiederverkauf der Liegenschaft an einen Dritten hätte der Kläger nur den Verkehrswert erzielen können. Der Schaden könne daher nur im Verkehrswert der Liegenschaft bestehen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Dabei ging es insbesondere von folgenden Feststellungen aus:
Der Kläger und dessen Ehegattin beabsichtigten, die ihnen je zur Hälfte gehörige Liegenschaft zu verkaufen und eine größere Liegenschaft zu erwerben. Der spätere Käufer war an der Liegenschaft der Verkäufer interessiert. Sämtliche Verhandlungen wurden zwischen ihm und dem Kläger als dem „wirtschaftlichen Eigentümer“ geführt. Am 24. 6. 2002 kam es in den Geschäftsräumlichkeiten des Käufers zum Kaufabschluss entsprechend dem vom Käufer und den Verkäufern besprochenen und vom Käufer dem Beklagten mitgeteilten Vertragsinhalt. Der Kaufvertrag wurde vom Beklagten errichtet. Den Verkäufern stand der Vertragsentwurf vor der Unterfertigung nicht zur Einsicht zur Verfügung. In Punkt 4. des Kaufvertrags wurde festgelegt, dass der Kaufpreis 500.000 EUR betrage und dass die Parteien hinsichtlich der Kaufpreisberichtigung eine gesonderte Vereinbarung getroffen haben. Letztere bestand hier darin, dass der Gesamtkaufpreis in „Secondhand-Polizzen“ und in eine fondsgebundene Lebensversicherung veranlagt werden sollte. Trotz Hinterfragung wurde dem Beklagten die Art der Kaufpreisberichtigung nicht bekannt, sondern ihm gegenüber lediglich erklärt, dass diesbezüglich eine gesonderte Vereinbarung getroffen worden und dies im Vertragstext auch so zu formulieren sei sowie eine Treuhandabwicklung somit nicht gewünscht werde. Darüber hinausgehende Gesprächsinhalte betreffend die Kaufpreisberichtigung und auch die Qualität der Veranlagungen gab es zwischen dem Beklagten und den vertragschließenden Teilen nicht. Dem Beklagten war aber bekannt, dass Bargeld zur Berichtigung des Kaufpreises nicht fließen solle. Nach der Verlesung des gesamten Kaufvertrags durch den Beklagten wurde der Vertrag von den Vertragsparteien unterfertigt.
Nachdem sich der Beklagte bereits entfernt hatte, unterschrieb der Käufer - ohne Erhalt von Bargeld - die dem Beklagten inhaltlich nicht bekannten Bestätigungen über den Erhalt von 175.000 EUR und 325.000 EUR. Die Verkäufer unterfertigten einen „Antrag auf Beteiligung“ mit 325.000 EUR am Versicherungspool der P***** GmbH und einen Antrag auf eine fondsgebundene Versicherung hinsichtlich weiterer 75.000 EUR.
Die Verkäufer hatten hinsichtlich der Veranlagung des Kaufpreises angenommen, das dieser über den Käufer einer Beteiligung beim G*****-Konzern zugeführt werde. Da jedoch bis März 2003, trotz mehrfacher Betreibung durch den Kläger, keine Unterlagen über die Veranlagung übermittelt wurden, hegte er Misstrauen, wandte sich telefonisch an den Beklagten und äußerte die Absicht einer Rückabwicklung des Kaufvertrags. Der Beklagte verwies darauf, dass ihm die Art der Kaufpreisberichtigung nicht bekannt geworden sei. Der Kläger möge sich wegen einer allfälligen Rückabwicklung an einen Rechtsanwalt wenden; er habe zwischenzeitig im Zusammenhang mit der Kaufliegenschaft eine Treuhandverpflichtung aus einem dem Käufer von der B***** gewährten Kredit und der Verbücherung eines Pfandrechts im Betrag von 300.000 EUR am Kaufgegenstand übernommen. Der Beklagte ging damals davon aus, dass der Kreditbetrag zur Kaufpreisberichtigung verwendet werde. In der Folge wurden das Eigentumsrecht des Käufers an der Liegenschaft im Rang der Ranganmerkung, ein Pfandrecht zugunsten der B***** und ein Pfandrecht zugunsten des Beklagten laut Vertrag vom 18. 2. 2003 aufgrund der Entrichtung der Grunderwerbssteuer verbüchert.
Abgesehen von der auf Wunsch der Verkäufer erfolgten Bezahlung eines Betrags von 25.000 EUR im Sommer 2002 fanden weder aus den vereinbarten, aber nicht vorgenommenen Veranlagungen noch sonst Zahlungen an die Verkäufer statt. Den Verkäufern entstand daher, ausgehend von einem Verkehrswert der Liegenschaft von 400.000 EUR, ein Schaden von 375.000 EUR. Mit Notariatsakt vom 14. 6. 2005 wurden die Schadenersatzansprüche der Ehegattin des Klägers gegen den Beklagten an den Kläger abgetreten.
Der Beklagte hatte schon vor dem gegenständlichen Kaufvertrag, etwa seit dem Jahr 2000, für den Käufer Gesellschaftsverträge entworfen. Ihm war bekannt, wie diese Gesellschaften konstruiert waren und arbeiten („Beteiligungsmodell“). Dem Beklagten war jedoch nicht bekannt, dass im Verfügungsbereich des Käufers bzw dessen Gesellschaften befindliche Versicherungsverträge notleidend waren bzw notleidende Polizzen in werthaltige Polizzen „umgewandelt“ werden sollten.
Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 14. 3. 2006, ***** Hv *****, wurde der Käufer (unter anderem) wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betrugs nach den §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB verurteilt und verpflichtet, dem Kläger als Privatbeteiligten den Betrag von 375.000 EUR gemäß §§ 366 Abs 2, 369 StPO zu bezahlen. Der Käufer wurde schuldig erkannt, dass er mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Verkäufer unrechtmäßig zu bereichern und in der Absicht, sich durch wiederkehrende Begehung von schweren Betrügereien eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, die Verkäufer durch die Behauptung, er sei Anlageberater und würde den gesamten Kaufpreis zu 325.000 EUR bei der P***** GmbH in „Secondhand-Polizzen“ sowie zu 175.000 EUR bei der G***** AG in eine fondsgebundene Lebensversicherung gewinnbringend veranlagen, zum Verkauf der im gleichteiligen unbelasteten Eigentum der Verkäufer stehenden Liegenschaft, wobei eine Veranlagung im Ausmaß von 375.000 EUR unterblieb und die Liegenschaft an Dritte weiterveräußert wurde, sohin durch Täuschung über Tatsachen zur Vornahme von Rechtshandlungen verleitet, die die Verkäufer am Vermögen schädigten. Laut Strafgericht ging dem gegenständlichen Betrug die Erkenntnis des Käufers voraus, dass sein (vom Strafgericht im Detail festgestelltes) „Firmengeflecht“ bzw seine Geschäftspolitik nicht mehr länger aufrecht zu erhalten seien. Aufgrund seines aufwändigen Lebensstils und des extremen Mangels an finanziellen Mitteln habe der Käufer den Entschluss gefasst, sich durch Betrugshandlungen unrechtmäßig zu bereichern.
In rechtlicher Hinsicht ging das Erstgericht davon aus, dass der geschädigte Kläger den Nachweis der Verletzung von Aufklärungspflichten durch den vertragserrichtenden Notar und die Kausalität dieses Verhaltens zu erbringen gehabt hätte. Dieser Beweis sei ihm jedoch nicht gelungen.
Das Berufungsgericht gab der gegen das Ersturteil erhobenen Berufung des Klägers nicht Folge, ließ jedoch die ordentliche Revision gegen diese Entscheidung zu. Es verneinte das Vorliegen der vom Berufungswerber gerügten Mangelhaftigkeit des Verfahrens und übernahm die Feststellungen des Erstgerichts als unbedenklich. Das Berufungsgericht trat auch der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichts bei, dass dem Kläger der Nachweis der Kausalität des angeblich rechtswidrigen Verhaltens des beklagten Notars für den eingetretenen Schaden obliege. Nach Wiedergabe der einschlägigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Haftung berufsmäßiger Vertragserrichter verwies das Berufungsgericht den Kläger vor allem darauf, dass die Vertragsparteien dem Beklagten als Vertragsverfasser trotz Hinterfragens die Art der Kaufpreisberichtigung nicht bekanntgegeben haben. Die Feststellung des Erstgerichts, dass es hinsichtlich der Kaufpreisberichtigung und der Qualität der Veranlagung zwischen dem Beklagten und den Kaufvertragsparteien keine Gesprächsinhalte gegeben habe, erübrige die in der Berufung geforderten Zusatzfeststellungen. Die Vertragsparteien hätten im vorliegenden Fall nicht nur die Möglichkeit einer Treuhand ausgeschlagen, sondern auch den näheren Inhalt der Vereinbarung über die Berichtigung des Kaufpreises nicht preisgeben wollen. Sie haben sich daher gewollt - der Kläger und dessen Ehegattin freilich vom Käufer getäuscht - und bewusst jeder Aufklärungsmöglichkeit begeben, indem sie im Kaufvertrag bei den Formulierungen zur Berichtigung des Kaufpreises „dunkle oder zweideutige Bestimmungen“ (§ 53 NO) aufgenommen, dem Beklagten als Vertragsverfasser aber die übrigen Details nicht berichtet haben. Damit haben sie zwangsläufig jede Möglichkeit der Belehrung ausgeschlossen. Den Zulassungsausspruch begründete das Berufungsgericht damit, dass noch keine Rechtsprechung zur Frage vorliege, ob ein vertragserrichtender Notar die Vertragsparteien, die ihm eine Auskunft über Einzelheiten der Einigung verwehren, darauf aufmerksam machen müsse, dass er aufgrund der ihm vorenthaltenen Informationen keine Aussagen über allenfalls vorhandene Risiken und Sicherheiten zu deren Bewältigung treffen könne.
Gegen die Berufungsentscheidung richtet sich die Revision des Klägers wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung iSd Klagestattgebung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Beklagte beantragt, die Revision wegen Unzulässigkeit zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Richtig weist der Revisionsgegner darauf hin, dass die Frage, wie weit die Aufklärungs- und Belehrungspflichten eines berufsmäßigen Vertragsverfassers jeweils reichen, von den Umständen des Einzelfalls abhängt und daher in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO begründet (2 Ob 178/00s; 1 Ob 270/04v ua). Die Revision ist hier aber ausnahmsweise dennoch zulässig, weil der Ablauf und Inhalt des Gesprächs zwischen den Beteiligten bei Abschluss des Kaufvertrags vom Erstgericht nicht ausreichend detailliert festgestellt wurde, um eine verlässliche Beurteilung der Haftung des beklagten Notars als Vertragserrichter vornehmen zu können. Insoweit von den Vorinstanzen dennoch Spruchreife der Sache angenommen wurde, wichen sie von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ab. Die Revision ist daher iSd vom Kläger gestellten Aufhebungsantrags berechtigt.
Die vom Revisionswerber gerügte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens (Abgehen von den Feststellungen des Erstgerichts ohne Beweiswiederholung) liegt, wie der Oberste Gerichtshof geprüft hat, nicht vor. Diese Beurteilung bedarf gemäß § 510 Abs 3 Satz 3 ZPO keiner Begründung. Berechtigt ist jedoch die Rechtsrüge des Klägers.
Auszugehen ist davon, dass der Käufer den beklagten Notar damit beauftragt hat, einen Kaufvertrag über den von ihm beabsichtigten Kauf der dem Kläger und dessen Ehegattin je zur Hälfte gehörigen Liegenschaft zu errichten. Während der Käufer dem Beklagten bereits aufgrund verschiedener vorhergehender Aufträge bekannt war, lernte der Beklagte die Verkäufer erst beim Termin zur Vertragsunterfertigung am 24. 6. 2002 kennen. Dass die Verkäufer rechtsunkundig waren, ist unstrittig. Aufgrund der rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung des Käufers vom 14. 3. 2006 steht fest, dass er die Verkäufer beim gegenständlichen Liegenschaftskauf betrogen hat. Die Verkäufer erhielten für ihre Liegenschaft im Verkehrswert von 400.000 EUR bzw auf den Kaufpreis von 500.000 EUR keinen entsprechenden Gegenwert, sondern lediglich eine Teilzahlung von 25.000 EUR. Der Kläger, dem die Forderungen seiner Ehegattin zediert wurden, begehrt mit der vorliegenden Klage vom Beklagten als Vertragserrichter Schadenersatz wegen mangelhafter Beratung und Aufklärung bei Abschluss des Kaufvertrags. Die darüber hinausgehenden Behauptungen des Klägers in erster Instanz, die sogar auf eine „Mitwirkung“ des Beklagten am „Konzept“ des Käufers hindeuteten, konnten nicht objektiviert werden und spielen in der Revision keine Rolle mehr.
Das Berufungsgericht wies zutreffend darauf hin, dass hinsichtlich der Haftung von Vertragsverfassern bereits reichhaltige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliegt (2 Ob 178/00s; 1 Ob 270/04v, jeweils mwN ua). Bevor im Detail auf die nicht ausreichende Tatsachengrundlage im Ersturteil einzugehen ist, seien hier nochmals die wesentlichen Rechtssätze der Rechtsprechung zusammengefasst, auf die es bei der Beurteilung der Haftung des Beklagten ankommt:
Der Notar ist gemäß §§ 38 f NO zur sorgfältigen Führung seines Amts verpflichtet. Es haftet für den Schaden, der durch eine Verletzung von Amtspflichten entsteht, persönlich. Die Verantwortlichkeit des Notars ist nach § 1299 ABGB zu beurteilen ( Harrer in Schwimann , ABGB³ § 1300 Rz 31 mwN ua). Nach dieser Bestimmung hat der Notar für den Fleiß und die Kenntnisse, die seine Berufsgenossen gewöhnlich haben und nach den sie verpflichtenden berufsrechtlichen Vorschriften der Notariatsordnung auch haben sollen, einzustehen (8 Ob 664/92 ua). Der Notar ist auch bei Verfassung einer Privaturkunde denselben Grundsätzen verpflichtet wie bei Errichtung von öffentlichen Urkunden. Außer Redlichkeit, Fleiß und dem Verbot der Mitwirkung an verbotenen, verdächtigen oder zum Schein vorgegebenen Geschäften (§ 5 Abs 3 NO) trifft ihn neben der Beratungs- und Belehrungspflicht auch die Verpflichtung, die Wahrung des Gesetzes über den Parteiwillen zu stellen, vorausschauend künftigen Meinungsverschiedenheiten vorzubeugen und Übervorteilungen einer Partei zu vermeiden (RIS-Justiz RS0071076 ua). Als Urkundenverfasser haben Notare nicht nur die rechtlichen, sondern auch die wirtschaftlichen Auswirkungen zu berücksichtigen ( Reischauer in Rummel , ABGB³ § 1299 Rz 18; 7 Ob 568/86; 3 Ob 35/02x ua). Der Notar hat, auch wenn er nur von einer Partei mit der Errichtung der Vertragsurkunde beauftragt worden ist, diese nicht gegen die andere Partei zu vertreten, sondern als Verfasser der gemeinsamen Urkunde beide Parteien gleichermaßen über die rechtlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen der einzelnen Vereinbarungen zu belehren. Er ist verpflichtet, beide Parteien mit gleicher Sorgfalt zu behandeln sowie ihre Interessen wahrzunehmen und hat dabei jede Parteilichkeit zu vermeiden (vgl 7 Ob 302/03t; RIS-Justiz RS0026380, RS0026428 ua).
Der Notar als Vertragsverfasser hat den Parteien eine vollständige Rechtsbelehrung zu erteilen und besonders auf Bedenken gegen ein beabsichtigtes Geschäft aufmerksam zu machen, bevor er den Vertrag für die Parteien verbindlich festlegt (8 Ob 511/85; 3 Ob 233/97d; 7 Ob 258/05z; RIS‑Justiz RS0026419 ua). Vertragsparteien dürfen darauf vertrauen, dass der Urkundenverfasser im besonderen Ausmaß darauf bedacht ist, sie vor Nachteilen zu schützen und für ihre rechtliche und tatsächliche Sicherheit zu sorgen (5 Ob 581/89 ua). Der Notar hat Kaufvertragsparteien auch über die wirtschaftlichen Auswirkungen des Vertrags und allfällige widrige Folgen (etwa die Durchführung vor der Bezahlung des gesamten Kaufpreises; das Bestehen eines ungesicherten Kaufpreisrestes etc) aufzuklären (10 Ob 167/00g; vgl auch 10 Ob 2063/96x ua). Er hat sich mit den Parteien beratend über die Gestaltungsmöglichkeiten auseinanderzusetzen (RIS‑Justiz RS0112237 ua). Der Notar hat durch geeignete Fragen den tatsächlichen Wissensstand der Vertragsparteien zu erforschen und daran das Maß der erforderlichen Rechtsbelehrung zu bestimmen. Auch von mehr oder weniger stark geprägtem Selbstbewusstsein getragene, die erforderlich erscheinende Rechtsbelehrung abwehrende Äußerungen der Vertragsparteien dürfen den Notar grundsätzlich nicht davon abhalten, auf seine Erkundungs- und Belehrungspflicht und auf die erfahrungsgemäß aus einem dem Auftrag entsprechenden Geschäftsvorfall und seiner Abwicklung entspringenden Risiken mit Nachdruck hinzuweisen (vgl W. Völkl/E. Völkl , Die Haftung der rechtsberatenden Berufe im Spiegel der Rechtsprechung [1991-1996], ÖJZ 1998, 856 [862]; 8 Ob 664/92 ua). Ein vertragserrichtender Notar hat die Vertragsparteien, die ihm eine Auskunft über Einzelheiten der Einigung verwehren, darauf aufmerksam zu machen, dass er aufgrund der ihm vorenthaltenen Informationen keine Belehrung über allenfalls vorhandene Risiken und Sicherheiten zu deren Bewältigung vornehmen kann. Der Notar muss in der Regel mit der Möglichkeit einer ungünstigen Entwicklung der Wirtschaftslage des anderen Vertragspartners rechnen und seine Tätigkeit in Wahrung der beiderseitigen Parteiinteressen darauf einstellen (6 Ob 523/89; 9 Ob 1737/91 ua). Dies ist von ihm allerdings nur im Rahmen des bei objektiver und gewissenhafter Beurteilung Möglichen und Zumutbaren zu verlangen (RIS‑Justiz RS0026390 ua).
Der Wille der Vertragsparteien bestimmt den Inhalt einer Urkunde. Der Notar hat diesen Willen nicht umzuformen. Dies setzt aber voraus, dass die Parteien vorher über die Risiken und die Gestaltungsalternativen nachgewiesenermaßen belehrt wurden (RIS-Justiz RS0112237 ua). Der Notar ist dann verpflichtet, einen Vertragsteil von der Vertragsunterzeichnung abzuhalten, bzw hat der Notar seine Mitwirkung beim Abschluss des Geschäfts zu versagen, wenn er aus den Umständen annehmen muss, dass es sich um ein verdächtiges Geschäft iSd § 5 Abs 3 NO handelt, bei dem ein Vertragsteil nicht bloß das mit dem Geschäft üblicherweise verbundene wirtschaftliche Wagnis übernehmen, sondern vom anderen Vertragsteil übervorteilt werden soll (RIS-Justiz RS0026419 ua). Selbstverständlich steht es einem Verkäufer frei, von einer Sicherstellung des Kaufpreises abzusehen. Fraglich ist jedoch, ob ihm das auch im Einzelfall bewusst ist und ob ihm Alternativen bekannt sind. Derartige Konstellationen werden daher vielfach einer Beratung und Belehrung bedürfen (vgl 10 Ob 2063/96x ua). Bei all dem ist aber auch zu beachten, dass die Sorgfalts-, Belehrungs- und Beratungspflichten eines Notars nicht überspannt werden dürfen (1 Ob 262/98f; RIS-Justiz RS0026349 ua). Dem Geschädigten obliegt der Nachweis der Kausalität des Verhaltens des Notars für den eingetretenen Schaden (vgl 9 Ob 37/05i; RIS-Justiz RS0106890 ua).
Die Feststellungen des Erstgerichts zum Ablauf und Inhalt des Gesprächs der Beteiligten bei Errichtung des Liegenschaftskaufvertrags am 24. 6. 2002 erschöpfen sich im Wesentlichen in zwei Sätzen:
„Trotz Hinterfragung wurde dem Beklagten die Art der Kaufpreisberichtigung nicht bekannt, sondern ihm gegenüber lediglich erklärt, dass diesbezüglich eine gesonderte Vereinbarung getroffen worden und dies im Vertragstext auch so zu formulieren sei sowie eine Treuhandabwicklung somit nicht gewünscht werde. Darüber hinausgehende Gesprächsinhalte betreffend die Kaufpreisberichtigung und auch die Qualität der Veranlagungen gab es zwischen dem Beklagten und den vertragschließenden Teilen nicht.“
Der Rechtsauffassung der Vorinstanzen, damit wäre alles Notwendige geklärt und eine hinreichende Abgrenzung - in positiver wie in negativer Hinsicht - gegenüber dem detaillierten Vorbringen der Parteien zu diesem Thema gegeben, kann nicht beigetreten werden. Der zweite Satz („Darüber hinausgehende ...“) will offensichtlich jede Kontroverse über weitere strittige Gesprächsinhalte unterbinden, bringt jedoch nicht die gewünschte Klarheit, weil der für die Haftungsfrage bedeutende erste Satz zu vage ausgefallen ist. Danach wurde dem Beklagten „trotz Hinterfragung“ die Art der Kaufpreisberichtigung nicht bekannt gegeben. Auf welche Art und Weise - und vor allem auch warum - der Beklagte die Kaufpreisberichtigung auf eine bestimmte Art und Weise (und nicht anders) hinterfragte, blieb im Ersturteil offen. Dies ist hier aber entscheidend. So brachte der Kläger zum „Warum“ vor, dass er den Vertragstext erst unmittelbar vor der Unterfertigung gesehen habe, davon überrascht gewesen sei und daher den Beklagten darauf angesprochen habe. Der Beklagte wiederum brachte vor, dass die Formulierung der Art der Kaufpreisberichtigung auch aus seiner Sicht „nicht alltäglich“ gewesen sei, weshalb er nachgefragt habe. Insoweit besteht Übereinstimmung zwischen den Parteien. Dennoch blieb offen, in welchen konkreten Äußerungen sich die wechselseitige „Überraschung“ der Parteien niederschlug und wie sich der Käufer, der vermutlich als einziger nicht überrascht war, währenddessen verhielt und äußerte. Hierüber bedarf es präziser Feststellungen des Erstgerichts, um beurteilen zu können, welcher Vertiefungsgrad beim Hinterfragen durch den Beklagten geboten war.
In der konkreten Art und Weise, wie der Beklagte die Kaufpreisberichtigung „hinterfragte“, manifestiert sich, ob und weshalb ihm das Geschäft „verdächtig“ iSd § 5 Abs 3 NO (oder gar verboten oder vielleicht nur zum Schein vorgegeben) erschienen ist. Vom Erstgericht wird auch zu klären sein, was der Beklagte, dem die Kaufpreisberichtigung „nicht alltäglich“ erschien, unternahm, um vorausschauend künftigen Meinungsverschiedenheiten der Vertragsparteien vorzubeugen und Übervorteilungen einer Partei zu vermeiden (RIS-Justiz RS0071076 ua). Nicht ausreichend festgestellt wurde auch, mit welchen Worten der Beklagte den Kläger und dessen Ehegattin über die rechtlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Kaufpreisberichtigung belehrte (7 Ob 302/03t; RIS-Justiz RS0026380 ua). Nach der Textierung des Kaufvertrags konnte der Beklagte nicht davon ausgehen, dass der Kaufpreis bereits vor der Vertragsschließung berichtigt worden war, hieß es doch in Punkt 4. des Kaufvertrags nur, dass eine gesonderte „Vereinbarung“ getroffen wurde. Die Aufsandung durch die Verkäufer erfolgte hingegen sogleich mit Abschluss des Kaufvertrags (Punkt 5.). Für den Beklagten musste sich daher die Frage stellen, ob neben der durch den Grundbuchstand ausgewiesenen Liegenschaft auch der vereinbarte Kaufpreis von 500.000 EUR tatsächlich vorhanden war. Ob der Beklagte bezüglich des Kaufpreises Bedenken hatte und, bejahendenfalls, wie er diese gegenüber den Parteien offenlegte und mit ihnen erörterte (8 Ob 511/85; RIS-Justiz RS0026419 ua), wird vom Erstgericht noch präzise festzustellen sein.
Wie bereits ausgeführt, hat der Notar die Kaufvertragsparteien auch über die wirtschaftlichen Auswirkungen des Vertrags und allfällige widrige Folgen (zB die Durchführung des Vertrags vor der Bezahlung des Kaufpreises; die Besicherung des Kaufpreises etc) aufzuklären (10 Ob 167/00g ua). In welcher Art und Weise der Beklagte der Verpflichtung, die Verkäufer in Bezug auf den Erhalt des Kaufpreises aufzuklären, nachkam, muss noch präzise erhoben werden. So heißt es im Ersturteil lediglich „Trotz Hinterfragung wurde .... ihm (dem Beklagten) gegenüber lediglich erklärt, dass .... eine Treuhandabwicklung somit nicht gewünscht werde.“ Dies wirft auch die Frage auf, was der Beklagte den Verkäufern über die „Treuhandabwicklung“ im Einzelnen erklärt hat. Den bisherigen Feststellungen kann dies nicht entnommen werden, insbesondere auch nicht, wer dem Beklagten zu diesem Thema was genau geantwortet hat. Soll etwa die Feststellung des Erstgerichts „wurde .... ihm .... erklärt“ bedeuten, dass alle Beteiligten gleichzeitig dasselbe gesagt haben, dann wird dies klarzustellen sein. Hat hingegen nur einer für die anderen gesprochen, stellt sich die Frage, was ihn (aus der Sicht des Beklagten) dazu berechtigte, für die anderen zu sprechen. Diesfalls wäre auch zu klären, wie sich die anderen Personen verhalten haben, die nicht gesprochen haben, und ob sowie auf welche Art und Weise sich der Beklagte der Zustimmung jedes einzelnen und vor allem des echten Verständnisses jedes einzelnen zum Thema „Kaufpreisberichtigung und Kaufpreissicherung“ versichert hat. Nachdem sogar dem in Liegenschaftsverkäufen den Vertragsparteien wohl an Erfahrung weit überlegenen Beklagten die gegenständliche Regelung „nicht alltäglich“ erschienen ist, stellt sich die Frage, ob ihm auch die trotz Belehrung erfolgte Ablehnung der Treuhandabwicklung als „nicht alltäglich“ erschienen ist. Auch dies wird noch näher zu klären sein, vor allem auch was der Beklagte unternommen hat, um die beiden Verkäufer zu einer plausiblen Erklärung zu bewegen, weshalb sie eine Liegenschaft zum Preis von 500.000 EUR aus der Hand geben wollen, ohne - für den Beklagten zum damaligen Zeitpunkt erkennbare - Absicherung, diesen Preis auch tatsächlich zu erhalten. Wie bereits ausgeführt, darf sich der Notar nicht durch Äußerungen der Vertragsparteien, die die erforderliche Rechtsbelehrung abwehren, davon abhalten lassen, auf seine Erkundungs- und Belehrungspflicht und auf die aus der Abwicklung entspringenden Risiken mit Nachdruck hinzuweisen (vgl 8 Ob 664/92 ua). In den Feststellungen findet sich bisher nichts über einen allfälligen Hinweis des Beklagten, dass er die Verkäufer nur dann sinnvoll beraten und vor nachteiligen Folgen schützen kann, wenn die Regelung der Kaufpreisberichtigung ihm gegenüber offengelegt wird. All dies spielt aufgrund der Rechtsprechung, dass der Notar als berufsmäßiger Vertragsverfasser in der Regel mit der Möglichkeit einer ungünstigen Entwicklung der Wirtschaftslage des anderen Vertragspartners rechnen und seine Tätigkeit in Wahrung der beiderseitigen Parteiinteressen darauf einstellen muss (6 Ob 523/89; 9 Ob 1737/91 ua), eine Rolle. An den Vertragsverfasser dürfen selbstverständlich keine unmöglichen und unzumutbaren Anforderungen gestellt werden (RIS-Justiz RS0026390 ua). Feststellungen, die es erlauben, die Grenzen der Möglichkeit und Zumutbarkeit im vorliegenden Fall zu beurteilen, fehlen bisher ebenso.
Wie ebenfalls schon ausgeführt, muss sich der Notar mit den Parteien auch beratend über Gestaltungsmöglichkeiten auseinandersetzen (RIS-Justiz RS0112237 ua). Wollen die Parteien keine Treuhandvereinbarung, stellt sich in Bezug auf die Sicherung des Kaufpreises von 500.000 EUR die Frage, warum der Beklagte nicht andere geeignete Sicherungsmöglichkeiten (zB hypothekarische Sicherung des Kaufpreises) zur Diskussion gestellt hat. Der Beklagte brachte in diesem Zusammenhang in der Klagebeantwortung vor (ON 3, AS 9), dass er den Parteien eine Vertragsänderung angeboten hat. Dies wird ein Notar vermutlich nicht schon dann machen, wenn eine Regelung bloß „nicht alltäglich“ ist, sondern wahrscheinlich erst dann, wenn entsprechend gewichtige Bedenken gegen eine bestimmte Regelung vorliegen. In den Feststellungen und der Beweiswürdigung des Erstgerichts fand dieses Thema allerdings weder in Bezug auf den Beklagten noch in Bezug auf die Verkäufer einen erkennbaren Niederschlag. Es ist daher bisher unbekannt, welche Vertragsänderung vom Beklagten vorgeschlagen worden sein soll. Auch dies wird vom Erstgericht nachzuholen sein. Wenn also der Beklagte, wie er behauptet, eine Vertragsänderung vorgeschlagen hat, stellt sich die weitere, bisher nicht erörterte und ungeklärte Frage, weshalb er nicht einen entsprechenden „Belehrungsvermerk“ in dem von ihm errichteten Kaufvertrag angebracht hat (vgl § 53 NO; Bieber , Die Beurkundungs-, Prüfungs-, Aufklärungs- und Belehrungspflichten des österreichischen Notars in Rechtssachen mit Auslandsbezug, in FS Hempel 20 [23] ua). Vice versa wird vom Erstgericht ebenfalls noch festzustellen sein, ob und weshalb die Verkäufer eine im Kaufvertrag nicht ausgewiesene Sicherung des beträchtlichen Kaufpreises für entbehrlich gehalten haben. Bisher kann den Feststellungen des Erstgerichts kein Grund entnommen werden, weshalb sie - nach dem Klagevorbringen soll es immerhin um ihr gesamtes Vermögen gegangen sein - die Warnung des Beklagten ignoriert haben sollen. Umfassendes Wissen der Verkäufer über alle jene Umstände, über die sie allenfalls vom Notar zu belehren gewesen wären, steht nicht fest. Es fehlen auch Feststellungen zum Klagevorbringen, dass die Verkäufer den Kaufvertrag nicht abgeschlossen hätten, wenn der Beklagte die gewählte Variante als nicht so sicher wie eine Treuhandschaft oder wenigstens als von ihm nicht einschätzbar dargestellt hätte.
Bei all dem darf allerdings auch nicht verkannt werden, dass der Wille der Vertragsparteien den Inhalt einer Urkunde bestimmt und dass der Notar diesen Willen nicht „umzuformen“ hat. Dies setzt aber voraus, dass die Parteien vorher über die Risiken und die Gestaltungsalternativen belehrt wurden (RIS-Justiz RS0112237 ua). In diesem Zusammenhang wird auch zu klären sein, was beim Beklagten sonst üblich ist, wenn Vertragsparteien seine Warnungen ignorieren und sich (aus seiner Sicht) unvernünftig verhalten.
Zusammenfassend ist daher davon auszugehen, dass die Urteile der Vorinstanzen an sekundären Feststellungsmängeln infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung leiden, die einer Beurteilung der geltend gemachten Schadenersatzpflicht des Beklagten als Notar wegen Verletzung der Aufklärungs- und Belehrungspflichten entgegenstehen. Dies macht die Aufhebung dieser Entscheidungen und die Zurückverweisung der Rechtssache an die erste Instanz unumgänglich. Im Zuge der ergänzenden Vernehmung der Beteiligten können sich noch weitere Varianten und Verzweigungen des Gesprächsverlaufs ergeben, denen das Erstgericht auf der Grundlage des (gegebenenfalls zu ergänzenden und zu erörternden) Vorbringens der Parteien nachzugehen haben wird, bis es unter Zugrundelegung der vorstehend zusammenfassend dargestellten Rechtslage in der Lage ist, das Bestehen der Klageforderung verlässlich zu beurteilen.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.
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