OGH 10Ob167/00g

OGH10Ob167/00g24.10.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr, Dr. Steinbauer, Dr. Fellinger und Dr. Hoch als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden und widerbeklagten Partei Dr. Norbert K*****, öffentlicher Notar, *****, vertreten durch Dr. Werner Masser und andere Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten und widerklagenden Parteien 1.) Franz P*****, Kaufmann, und 2.) Herta P*****, Angestellte, beide *****, beide vertreten durch Schönherr-Barfuß-Torggler & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 326.276,20 s.A. (Klage zu 7 Cg 37/95v), S 205.847,20 s.A. (Klage zu 7 Cg 38/95s) und S 7,484.764,94 s.A. (Widerklage zu 7 Cg 12/96v), infolge außerordentlicher und ordentlicher Revision der beklagten und widerklagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 20. Jänner 1999, GZ 17 R 281/98p-47, womit infolge Berufung der beklagten und widerklagenden Parteien das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg vom 29. Mai 1998, GZ 7 Cg 37/95v-38 (verbunden mit 7 Cg 38/95s und 7 Cg 12/96v), bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die (verbundenen) Rechtssachen werden zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Prozessgericht erster Instanz zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der Kläger begehrt zu 7 Cg 37/95v vom Erstbeklagten die Zahlung von S 326.276,20 s.A. und zu 7 Cg 38/95s von der Zweitbeklagten die Zahlung von S 205.847,20 s.A. als Honorar für seine Tätigkeit als Notar. Diese beiden Sachen wurden miteinander und später auch mit der zu 7 Cg 12/96v eingebrachten Widerklage auf Zahlung von S 7,484.764,94 s. A. aus dem Titel des Schadenersatzes zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Der Kläger stützt seine Ansprüche im Wesentlichen auf die Behauptung, ihm stünden Honoraransprüche in der geltend gemachten Höhe ua für die Errichtung und Verbücherung von Kaufverträgen, die Übernahme einer Treuhandschaft und die Errichtung eines Übereinkommens und eines Schenkungsvertrages zu. Er habe alle Verträge nach Erörterung der Sach- und Rechtslage mit den Vertragspartnern errichtet und dem damaligen Parteiwillen voll Rechnung getragen.

Die Beklagten beantragen die Abweisung sämtlicher Klagebegehren und wenden dagegen ein, dem Kläger gebühre kein Honorar, weil er seine Leistungen so mangelhaft erbracht habe, dass sie für die Beklagten untauglich gewesen seien. Darüber hinaus sei den Beklagten ein Schaden entstanden, der den Klagsbetrag übersteige und der bis zu dessen Höhe kompensando eingewendet werde.

Zur Begründung ihrer auf Zahlung von S 7,484.764,94 s.A. gerichteten Widerklage führen die Beklagten im Wesentlichen aus, der Kläger habe den durch unterlassene Warnung hinsichtlich des Geschäftsrisikos verschuldeten Schaden aus dem Verlust der versteigerten Liegenschaft zu ersetzen. Zur Absicherung der Rechte der Beklagten hätte nicht die ganze Liegenschaft, sondern nur vorläufig bestimmte Miteigentumsanteile verkauft werden dürfen. Der Kläger sei zur umfassenden Rechtsbelehrung und Warnung verpflichtet gewesen, habe es aber unterlassen, die Beklagten über mögliche Nachteile aufzuklären. Entgegen einer ausdrücklichen Vereinbarung sei zu Gunsten der Raiffeisenbank eine Höchstbetragshypothek von S 11,2 Mio im ersten Rang verbüchert worden.

Der Kläger beantragte die Abweisung dieses Begehrens und hielt ihm unter anderem entgegen, er habe alle Handlungen nach Erörterung der Sach- und Rechtslage und entsprechender Beratung der Beklagten durchgeführt und dabei weder rechtswidrig noch schuldhaft gehandelt.

Das Erstgericht gab den beiden Klagebegehren statt und wies die Widerklage ab.

Es stellte (zusammengefasst) folgenden Sachverhalt fest:

Gegenstand der Vertragserrichtung waren drei Liegenschaften, die alle im Grundbuch S***** wie folgt eingetragen waren: 1. EZ 2819 (Einfamilienhaus mit Garten, Hausanschrift: H*****gasse 2) - sie stand im Alleineigentum des Erstbeklagten, 2. EZ 2060 (Wohn- und Geschäftshaus, Hausanschrift: H*****straße 36) und 3. EZ 2884 (ebenfalls H*****straße 36). Die unter 2. und 3. genannten Liegenschaften standen im Miteigentum beider Beklagter, wurden aber später zu einer Grundbuchseinlage vereinigt.

Der Erstbeklagte wollte Ende 1993 alle drei Liegenschaften verkaufen und nahm über Vermittlung des Hausverwalters und Immobilienmaklers Dr. B***** Kontakt auf mit einem gewissen Herrn Zlatko M*****, der angeblich "Geld und Zinshäuser in Wien" haben sollte. Die Raiffeisenkasse K***** hatte diesem bereits die Finanzierung des Kaufpreises durch einen Kredit von S 7,5 Mio zugesagt.

Am 9. 12. 1993 fand eine erste Besprechung beim Kläger (Notar) statt, den der Erstbeklagte bereits von früheren Liegenschaftstransaktionen kannte, der aber irrigerweise angenommen hatte, die oben unter 2. und 3. bezeichneten Liegenschaften gehörten dem Erstbeklagten allein, weshalb die Zweitbeklagte zu dieser Besprechung gar nicht eingeladen worden war. Am 9. 12. 1993 wurde daher nur der Kaufvertrag betreffend die unter 1. genannte Liegenschaft mit einem Kaufpreis von S 3,5 Mio fix geschlossen, der Vertragsabschluss für die unter 2. und 3. genannten Liegenschaften musste vertagt werden. Als Käuferin schien eine "Zlatko M***** GmbH" mit überwiegend ausländischen Gesellschaftern auf. Der Kläger belehrte den Erstbeklagten, dass der Kaufpreis ein Nettobetrag sei, ein "Sicherheitspolster von 20 - 40 %" dazukommen und im Grundbuch eine Höchstbetragshypothek eingetragen werden würde.

Die zu 2. und 3. genannten Liegenschaften sollten ebenfalls an die M***** GmbH um zusammen S 4 Mio und zusätzlich 120 Monatsraten a S 60.000,-- (= S 7,2 Mio) verkauft werden. Insgesamt hätten die Beklagten also S 14,7 Mio erzielen wollen. Der Kläger diktierte am 9. 12. 1993 auch bereits einen Vertragsentwurf für die unter 2. und 3. genannten Liegenschaften. Der Erstbeklagte wollte dann allerdings die Liegenschaft zu 2. nicht zur Gänze verkaufen, sondern (ideelle) Miteigentumsanteile und die Nutzung des Hauptgebäudes nach Parifizierung für sich behalten. Der Kläger schlug vor, diesen Kaufvertrag erst nach Parifizierung abzuschließen oder zumindest einen Viertel-Anteil "zurückzubehalten" (also nur drei Viertel zu verkaufen), um eine "Rückübertragung zu vermeiden", was allerdings eine neue Kreditentscheidung der Raiffeisenkasse erfordert hätte. Der Erstbeklagte wollte darauf nicht warten, sondern "so rasch wie möglich zu Geld gelangen" und lehnte die Vorschläge des Klägers ab. Daraufhin wurden die Liegenschaften 2. und 3. zur Gänze an die M***** GmbH verkauft mit der Abrede, ein Viertel "zurückzuübertragen". Dieser Vertrag wurde am 14. 12. 1993 von beiden Beklagten und am 16. 12. 1993 von der Käuferin unterschrieben, und zwar jeweils in der Kanzlei des Klägers. Am 7. 2. 1994 wies die Raiffeisenkasse dem Kläger S 7,5 Mio an; dieser überwies auf die Konten des Erstbeklagten S 3,5 Mio für die Liegenschaft zu 1. und S 3,7 Mio für die Liegenschaft zu 2. und 3. Mit dem restlichen Betrag von S 300.000,-- bezahlte der Kläger die Grunderwerbssteuer. Für die noch offenen S 7,2 Mio ließ er ein Simultanpfandrecht hinsichtlich der Liegenschaft zu 2. und 3. eintragen. Im 1. Rang war aber auf allen Liegenschaften das Pfandrecht der Raiffeisenkasse über S 11,2 Mio (Nettokaufpreis plus Sicherheit) einverleibt.

Eine Parifizierung scheiterte und damit auch die geplante Rückübertragung von Eigentumsanteilen.

Da die M***** GmbH ihre Kreditverpflichtungen bei der Raiffeisenkasse nicht einhielt, kam es im Jahr 1995 zur Zwangsversteigerung der Liegenschaften, bei der die Beklagten leer ausgingen (Zwangsversteigerungssache 2 E 2313/95k des Bezirksgerichtes S*****).

Rechtlich meinte das Erstgericht, die Beklagten hätten sich vertraglich zur Zahlung des Honorars verpflichtet. Die Widerklage sei unberechtigt, weil dem Kläger ein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten nicht vorgeworfen werden könne. Es habe nicht zu seinen Pflichten gehört, die Beklagten über die wirtschaftliche Situation und Zahlungsmoral der Käuferin aufzuklären. Das Risiko für deren mangelnde Zahlungsbereitschaft müssten die Beklagten selbst tragen. Das Scheitern der Rückübertragung von Miteigentumsanteilen sei dem Kläger ebenfalls nicht anzulasten.

Das Berufungsgericht gab in seinem nach dem 31. 12. 1997 gefällten Urteil (Art XXXII Z 14 iVm Art VII Z 36 der Erweiterten Wertgrenzen-Novelle 1997, BGBl I 1997/140 - WGN 1997) der Berufung der beiden Beklagten nicht Folge und sprach aus, dass die Revision nach § 502 Abs 1 ZPO in allen drei Verfahren unzulässig sei.

Es übernahm alle Feststellungen des Erstgerichtes als Ergebnis eines mängelfreien Verfahrens und einer einwandfreien Beweiswürdigung und führte rechtlich aus:

Gerade weil der Kläger die wirtschaftlichen Auswirkungen eines Kaufvertrages vor Parifizierung bzw den "Verzicht auf den Vorbehalt von Miteigentumsanteilen den Parteien erklärte", habe er seine Pflichten als Notar erfüllt. Dass der Erstbeklagte dennoch auf sofortigem Vertragsschluss bestanden habe, sei seine Entscheidung gewesen, auf die der Kläger keinen Einfluss gehabt habe (SZ 59/106).

Die gegen dieses Urteil erhobene außerordentliche Revision der beiden Beklagten, worin der Antrag gestellt wird, der Oberste Gerichtshof möge die angefochtene Entscheidung im Sinne der Abweisung beider Klagebegehren und Stattgebung der Widerklage abändern, hilfsweise aufheben, legte das Erstgericht unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vor.

Der Oberste Gerichtshof stellte zunächst die Akten dem Erstgericht mit folgender Begründung zurück (10 Ob 133/99b):

Nach § 502 Abs 3 ZPO idF WGN 1997 sei die Revision - außer im Fall des § 508 Abs 3 leg cit - jedenfalls unzulässig, wenn - wie hier - der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert zwar S 52.000,--, nicht aber S 260.000,-- übersteige und das Berufungsgericht die ordentliche Revision nicht für zulässig erklärt habe. Unter diesen Voraussetzungen könne jedoch eine Partei nach § 508 Abs 1 und 2 ZPO nF binnen vier Wochen nach der Zustellung des Berufungserkenntnisses den beim Erstgericht (§ 508 Abs 2 Satz 1 ZPO nF) einzubringenden Antrag an das Berufungsgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, dass die ordentliche Revision doch für zulässig erklärt werde; ein solcher Antrag, der mit der ordentlichen Revision zu verbinden sei, müsse die Gründe dafür angeben, warum entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichtes nach § 502 Abs 1 ZPO die ordentliche Revision für zulässig erachtet wird. Die Verbindung mehrerer Streitsachen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung habe auf die Zulässigkeit von Rechtsmitteln gegen das gemeinsame Urteil keinen Einfluss; die Streitwerte seien auch nicht zusammen zu rechnen. Die Zulässigkeit der außerordentlichen Revision sei daher für jeden einzelnen Anspruch abgesondert zu prüfen. Im vorliegenden Fall hätten die Beklagten das Rechtsmittel rechtzeitig beim Erstgericht eingebracht und darin auch ausgeführt, warum sie entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichtes die Revision für zulässig erachten. Der Revision fehle jedoch die ausdrückliche Erklärung, dass die Zweitbeklagte im verbundenen Verfahren 7 Cg 38/95s den Antrag auf Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs durch das Berufungsgericht (§ 508 Abs 1 ZPO nF) stelle. Im Streitwertbereich des § 502 Abs 3 ZPO seien Rechtsmittel gegen Entscheidungen, gegen die nach dem Ausspruch der zweiten Instanz die ordentliche Revision nicht zulässig ist, nur dem Gericht zweiter Instanz (sofort), nicht aber dem Obersten Gerichtshof vorzulegen (§ 508 ZPO nF). Sei das Erstgericht der Meinung, einer solchen Vorgangsweise stehe das Fehlen des ausdrücklichen Antrags entgegen, das Berufungsgericht möge seinen Zulässigkeitsausspruch abändern und es genüge die im Rechtsmittel ohnehin enthaltene Zulassungsbeschwerde deshalb nicht, weil diese erkennbar an den Obersten Gerichtshof gerichtet sei, dann werde es einen Verbesserungsauftrag zu erteilen haben.

Nachdem die Zweitbeklagte daraufhin einen Antrag gemäß § 508 Abs 1 ZPO gestellt hatte, sprach das Berufungsgericht mit abänderndem Beschluss vom 13. 4. 2000 aus, dass die ordentliche Revision der Zweitbeklagten im Verfahren 7 Cg 38/95s doch zulässig sei, weil Rechtsfragen der im § 502 Abs 1 ZPO genannten Art zu lösen seien.

Der Kläger und Widerbeklagte beantragte in der ihm freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Auch die außerordentliche Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Haftung eines Notars als Vertragserrichter abgewichen ist. Sie ist auch berechtigt.

Im Falle der Errichtung eines Vertrages (insbesondere auch eines Kaufvertrages) durch einen Notar müssen beide Vertragspartner darauf vertrauen können, dass der Vertragsverfasser in besonderem Maß darauf bedacht sein werde, sie vor Nachteilen zu schützen und für ihre rechtliche und tatsächliche Sicherheit zu sorgen (NZ 1982, 142). Zwar ist ein als Vertragserrichter tätiger Rechtsanwalt nach der Judikatur nicht gehalten, den anwaltlich vertretenen Vertragspartner seines Klienten über jene rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen des Vertragsabschlusses aufzuklären, von denen er mit Grund annehmen kann, dass sie auch vom Rechtsvertreter des Vertragspartners überblickt werden. Er muss aber gegenüber dem Vertragspartner bzw dessen Rechtsvertreter alle tatsächlichen Grundlagen des geplanten Vertragsabschlusses eindeutig und zweifelsfrei offenlegen, etwa die Sicherstellung der Zahlung der Grunderwerbssteuer durch seinen Klienten im Wege der Errichtung eines Treuhanddepots (NZ 1989, 247). Ebenso hat auch der vertragserrichtende Notar Kaufvertragsparteien eine vollständige Rechtsbelehrung zu erteilen und sie - entgegen der Ansicht des Erstgerichtes - auch über die wirtschaftlichen Auswirkungen des Vertrages und allfällige widrige Folgen (etwa Durchführung vor Bezahlung des gesamten Kaufpreises, ungesicherter Kaufpreisrest) aufzuklären (SZ 71/12 = ecolex 1998, 468/Urbanek/; vgl zur Aufklärungspflicht eines Treuhänders 1 Ob 43/99a = ÖBA 2000, 251).

Im vorliegenden Fall hat sich gezeigt, dass die Besicherung der Kaufpreisrestforderung der - übrigens damals nicht anwaltlich vertretenen Beklagten - völlig unzureichend und die vom Kläger gewählte Vertragskonstruktion auch nicht geeignet war, den Intentionen des Erstbeklagten auf "Rückübertragung" von Liegenschaftsanteilen zu entsprechen. Dazu kommt, dass nach den bisherigen Feststellungen der Tatsacheninstanzen eine Belehrung der Zweitbeklagten überhaupt nie stattgefunden hat; sie wurde in der irrigen Annahme, nicht Miteigentümerin der Liegenschaft zu sein, vom Kläger zu den Vertragsverhandlungen gar nicht eingeladen. Selbstverständlich ist ein Notar als Vertragsverfasser gegenüber allen Vertragsparteien im gleichen Ausmaß zur Erteilung von Rechtsbelehrungen und zur Aufklärung über die wirtschaftlichen Auswirkungen des abzuschließenden Vertrages verpflichtet. Er kann seine Belehrungs- und Aufklärungspflicht nicht dadurch erfüllen, dass er nur mit einer von mehreren Personen auf derselben Seite (Käufer oder Verkäufer) verhandelt, auch wenn diese Ehegatten sind, zumal hier nicht festgestellt wurde, dass der Erstbeklagte als "Vertreter" der Zweitbeklagten aufgetreten wäre. Dies räumt auch der Kläger in seiner Revisionsbeantwortung ein; er meint aber zu Unrecht, es müsse schon ausreichen, dass eine ausdrückliche Feststellung der Tatsacheninstanzen fehle, dass er die Zweitbeklagte bei Unterfertigung am 14. 12. 1993 nicht belehrt und aufgeklärt habe. Dies käme einer Rechtsvermutung gleich, für die es keine Grundlage gäbe.

Wie der Senat bereits in seiner Entscheidung 10 Ob 2063/96x (unveröffentlicht) ausgesprochen hat, muss ein Notar (oder Rechtsanwalt), der bei der Errichtung und Abwicklung eines Kaufvertrages für beide Vertragspartner tätig wird, auch die Interessen beider Teile wahrnehmen, selbst wenn er im Übrigen nur der Bevollmächtigte eines Teiles ist (NZ 1970, 104, NZ 1971, 76, SZ 43/221). Ein berufsmäßiger Vertragsverfasser und Parteienvertreter muss in der Regel auch mit der Möglichkeit einer ungünstigen Entwicklung der Wirtschaftslage des anderen Vertragspartners rechnen und seine Tätigkeit in Wahrung der beiderseitigen Parteiinteressen darauf abstellen (6 Ob 593/87, 9 Ob 1737/91). Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob der Kläger allenfalls schon damals über die finanziellen Schwierigkeiten der Käuferin informiert war. Im Gegensatz zur Auffassung der Vorinstanzen könnte ein Sorgfaltsverstoß des Klägers als Notar darin erblickt werden, dass er bei der gegebenen Sach- und Rechtslage den beiden Beklagten weder eine (ausdrückliche) Aufklärung darüber zuteil werden ließ, dass es schon auf Grund der zur Leistungserfüllung der Käufer erforderlichen Fremdfinanzierung des gesamten bar zu zahlenden Kaufpreisteiles in Verbindung mit der sich über viele Jahre erstreckenden Ratenvereinbarung bezüglich des Kaufpreisrestes einer wirksamen grundbücherlichen Sicherstellung dieses Kaufpreisanteiles (also im 1. Rang) durchaus bedürfe, noch dass er dieser auch sogleich nachkam. Insoweit durften die Beklagten, selbst wenn der Kläger nur der Bevollmächtigte des anderen Vertragsteiles gewesen wäre, darauf vertrauen, dass dieser jedenfalls in sorgfältiger Wahrung auch ihrer Interessen unparteiisch agieren werde (vgl NZ 1987, 284 = WBl 1987, 243 sowie 6 Ob 593/87). Als juristische Laien konnten und durften die Beklagten mit Recht annehmen, dass sie bezüglich des Kaufvertrages, der über die Kanzlei des Klägers abgewickelt werden sollte, in einer Weise auch beraten werden, die sie vor Schäden bewahrt. Sicherlich stand es den Beklagten zu, von einer vorrangigen Sicherstellung des Restkaufpreises auf der Liegenschaft abzusehen; dies hätte jedoch nach dem Gesagten einer vorangehenden entsprechenden Belehrung und Beratung bedurft. Lediglich wenn die Beklagten nach einer solchen auf eine derartige Besicherung verzichtet hätten, könnten sie dem Kläger nicht vorwerfen, er habe ihre Interessen nicht wahrgenommen.

War die Geschäftsbesorgungsleistung des Klägers damit nach den bisherigen Feststellungen mangelhaft und fehlerbehaftet, so hätte er keinen Honoraranspruch, wäre aber andererseits hiefür auch gemäß §§ 1009, 1010, 1012, 1299 ABGB zum Schadenersatz verpflichtet (7 Ob 612/93 mwN; 10 ObS 2063/96x). Hierin wäre auch keine Überspannung des nach § 1299 ABGB geforderten Sorgfaltsmaßstabes zu erblicken. Dass dieser Sorgfaltsverstoß für den von den Beklagten behaupteten Schadenseintritt auch kausal war (wofür grundsätzlich die Beklagten als Widerkläger die Beweislast träfe: vgl 1 Ob 2029/96f ebenfalls im Zusammenhang mit einem Schadensfall aus unvollständiger anwaltlicher Beratung), ist - ausgehend von den insoweit unbekämpft gelassenen Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes - nicht weiter zu bezweifeln. Schon in der Entscheidung 7 Ob 77/55 hatte der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass es "allgemein üblich ist, dass der Kaufpreis, der in Raten abzustatten ist, auf der Liegenschaft pfandrechtlich sichergestellt wird, .... um den Verkäufer vor Schaden zu bewahren."

Den Parteien ist Gelegenheit zu geben, den Sachverhalt unter Berücksichtigung der dargelegten, von den Vorinstanzen nicht beachteten Rechtsauffassung näher zu erörtern. Die Urteile der Vorinstanzen waren daher zur Gänze aufzuheben und dem Erstgericht die neuerliche Verhandlung und Entscheidung aufzutragen.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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