OGH 1Ob270/04v

OGH1Ob270/04v24.5.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Höllwerth und Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Herbert M*****, vertreten durch Dr. Wilfrid Wetzl und Dr. Stefan Nenning, Rechtsanwälte in Steyr, gegen die beklagte Partei Dr. Hermann S*****, vertreten durch Dr. Josef Lechner, Dr. Ewald Wirleitner und Mag. C. Oberlindober, Rechtsanwälte in Steyr, wegen EUR 72.000 s. A., über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 6. Oktober 2004, GZ 2 R 124/04z-14, womit das Zwischenurteil des Landesgerichts Steyr vom 30. April 2004, GZ 4 Cg 45/03f-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie als Teil- und Zwischenurteil zu lauten haben:

„1. a) Das Teilklagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei EUR 68.844,38 samt 8 % Zinsen seit 2. 8. 2002 zu bezahlen, besteht zu zwei Drittel, also mit einem Teilbetrag von EUR 45.896,25 s.A., dem Grunde nach zu Recht und zu einem Drittel, also mit einem Teilbetrag von EUR 22.948,13 s.A., nicht zu Recht.

b) Das Teilklagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei EUR 3.155,62 (= Schaden aus der Prozessführung gegen Dr. K*****) samt 8 % Zinsen seit 2. 8. 2002 zu bezahlen, besteht dem Grund nach zur Gänze zu Recht

2. Das Teilklagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei EUR 22.948,13 samt 8 % Zinsen seit 2. 8. 2002 zu bezahlen, wird abgewiesen.

3. Die Entscheidung über die Verfahrenskosten aller drei Instanzen bleibt der Endentscheidung vorbehalten."

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war 25%-iger Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH, welche bei einer Bank - durch eine persönliche Bürgschaft des Klägers besicherte - Verbindlichkeiten von ca S 3,000.000,-- hatte. Der Kläger wollte seine Geschäftsanteile an der GmbH veräußern und aus seiner persönlichen Haftung für die Gesellschaftsschulden entlassen werden. Ein Kaufinteressent war zunächst die ***** Handels-GmbH. Der Kläger beauftragte Dr. K*****, den damaligen Substituten des Beklagten, mit der Errichtung eines Notariatsakts zur Übertragung der Geschäftsanteile; dieser Notariatsakt enthielt ua folgende Bestimmung: „Die Rechtswirksamkeit dieses Abtretungsvertrages ist dadurch aufschiebend bedingt, dass die übernehmende Gesellschaft ... bewirkt, dass die abtretenden Gesellschafter gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft - für welche diese eine persönliche Haftung übernommen haben - völlig haftungsfrei gestellt werden, insbesondere (der Kläger) aus einer eingegangenen Bürgschaftsverpflichtung gegenüber der Raiffeisenbank ...". Dem Kläger war bewusst, dass dieser Notariatsakt erst mit seiner Freilassung aus den Bürgschaften rechtswirksam wird; dazu kam es allerdings nicht, weil die ***** Handels-GmbH diese Haftungsfreistellung nicht erreichen konnte.

Anfang 2000 interessierte sich eine britische Ltd als Käuferin. Den vom Geschäftsvermittler präsentierten Vertragsentwurf leitete der Kläger an seinen Steuerberater zur Prüfung steuer- und haftungsrechtlicher Fragen weiter. Dieser Entwurf enthielt ua folgende Formulierungen: „Die Käuferin verpflichtet sich, alle betrieblich bedingten Bürgschaften und Sicherheiten der Verkäufer auf sich zu übertragen, soweit die Sicherungsnehmer diesen [richtig: dem] zustimmen. Diese Übertragung erfolgt jedoch erst nach Vorlage aller noch fehlenden Unterlagen, spätestens jedoch zum 31. Dezember 2003" (§ 2 Z 3) und: „Beibehaltung der banküblich verlangten Sicherheiten- zur Sicherstellung der derzeitigen Kontokorrentkredite bis zur Stellung anderer, von der Käuferin zu stellender Sicherheiten und von der Geschäftsbank auch zu akzeptierender Sicherheiten". Bei einer Besprechung teilten die Steuerberater dem Kläger mit, dass die in diesem Entwurf vorgesehenen Absicherungen nicht ausreichten, um seine Entlassung aus der Bürgschaft sicherzustellen. Der Kläger wandte sich daraufhin an Dr. K***** mit dem Auftrag zur Verkaufsabwicklung; Dr. K***** erhielt den Kaufvertragsentwurf mit der [handschriftlichen] Anmerkung zu § 2 Z 3 „Zug um Zug mit Verkauf", worauf Dr. K***** seinerseits einen Vertragsentwurf ausarbeitete, der ua folgende Bestimmungen enthielt: „§ 2 Kaufpreis ... 3. Die Käuferin verpflichtet sich, im Zuge der Anteilsabtretung alle betrieblich bedingten Bürgschaften und Sicherheiten der Verkäufer auf sich zu übertragen. Sollten einer oder mehrere Sicherungsnehmer nicht zustimmen, so verpflichtet sich die Käuferin zur Abdeckung der zugrunde liegenden Verbindlichkeit der Gesellschaft, damit die Sicherung gegenstandslos wird. ... 4. Die Übertragung der Gesellschaftsanteile wird rechtswirksam mit der durchgeführten Enthaftung der Verkäufer von den Gesellschaftsschulden. Die Enthaftung hat Zug um Zug mit der Vertragserstellung zu erfolgen.... § 11 Die Rechtswirksamkeit dieses Abtretungsvertrages ist dadurch aufschiebend bedingt, dass die übernehmende Gesellschaft binnen ... bewirkt, dass die abtretenden Gesellschafter gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft - für welche diese eine persönliche Haftung übernommen haben - völlig haftungsfrei gestellt werden, insbesondere (der Kläger) aus einer eingegangenen Bürgschaftsverpflichtung gegenüber der Raiffeisenbank ...". Der Steuerberater des Klägers wies Dr. K***** darauf hin, es solle die neue Geschäftsführung erst nach Enthaftung der abtretenden Gesellschafter rechtswirksam bestellt werden können. In der Folge beschwerte sich der Vertragsvermittler ua über die Anfügung des § 11 und übermittelte einen neuen Vorschlag („§ 2 ... 4. Die Übertragung der Gesellschaftsanteile wird rechtswirksam mit der durchgeführten Enthaftung der Verkäufer von den Gesellschaftsschulden. Die Enthaftung hat Zug um Zug mit der Vertragserstellung zu erfolgen ... § 11 Ablösung der Sicherheiten: Die Käuferin verpflichtet sich, innerhalb von 10 ... Tagen nach Gegenzeichnung des vorliegenden Vertrags durch die Verkäufer mit der Raiffeisenbank ... die Verhandlungen zur Ablösung der Bürgschaftsverpflichtung des [Klägers] aufzunehmen. Ziel dieser Verhandlung ist die schnellstmögliche Ablösung dieser Bürgschaftsverpflichtung durch die Käuferin und somit die Befreiung der Haftungsverpflichtung aus der Bürgschaft zu Gunsten der [GmbH]. Für den Fall, dass zwischen den Parteien - der Käuferin einerseits und der Raiffeisenbank andererseits - es nicht bis zum 31. Dezember 2000 zu einer Einigung kommt, wird die Bürgschaftsverpflichtung durch [den Kläger] mit diesem Datum gekündigt. Die Käuferin verpflichtet sich ausdrücklich, die Bürgschaftsverpflichtung dann auch ohne die Zustimmung der Raiffeisenbank .... sofort zu übernehmen. Dies wird nachgewiesen durch eine verbindliche Erklärung der Käuferin an die Verkäufer insgesamt, an [den Kläger] und an die Raiffeisenbank ..."). Mit diesem Vorschlag ging der Kläger zu Dr. K*****, welcher ihn bei einer Besprechung darauf hinwies, dass der Vorschlag des Vertragsvermittlers „schwammig" sei und nicht der Absicherung gemäß § 11 des von ihm erstellten Vertragsentwurfs bzw dem seinerzeitigen Vertrag mit der ***** Handels-GesmbH entspreche. Der Kläger akzeptierte die neue Bestimmung dennoch und wollte, dass der Vertrag abgeschlossen wird. Er wollte auch damals noch vorrangig seine Entlassung aus den Bürgschaftsverpflichtungen, und es wäre ihm noch die Möglichkeit offen gestanden, eine Entlassung aus der Bürgschaft durch Unternehmensliquidation zu erreichen. Am 18. 8. 2000 kam es im Notariat des Beklagten zur Unterfertigung des Vertrags mit der vom Vertragsvermittler gewünschten Textierung des § 11, ohne dass dabei noch dessen rechtlichen Inhalte durchbesprochen und erklärt worden wären. Bei Vertragsabschluss war der Kläger der Ansicht, er sei hinsichtlich seiner Bürgschaftsverpflichtungen ausreichend abgesichert und es werde bis spätestens 31. 12. 2000 zur Entlassung aus seiner Bürgenhaftung kommen. Dr. K***** hatte den Kläger nicht darauf hingewiesen, dass es im schlimmsten Fall so weit kommen könnte, dass eine Entlassung aus den Bürgschaftsverpflichtungen nicht zustande komme und der Kläger weiterhin als Bürge haften müsse. Hätte der Kläger gewusst, dass er aufgrund der vom Vertragsvermittler vorgeschlagenen Textierung des § 11 unter Umständen nicht aus seiner Haftung entlassen werde, hätte er dieser Vertragsbestimmung nicht zugestimmt und den Vertrag nicht unterfertigt. Vor der - dann nicht erfolgten - Enthaftung des Klägers brachte Dr. K***** auch das Firmenbuchgesuch zur Änderung der Gesellschafter und zur Umbestellung des Geschäftsführers ein.

Über das Vermögen der GmbH wurde in der Folge der Konkurs eröffnet; die Raiffeisenbank meldete dort eine Forderung von S 2,793.266,-- an. Die Konkursquote betrug 0,3328 %.

Mit Schreiben vom 3. 10. 2002 fragte der Klagevertreter beim Beklagten an, ob bei Vertragserrichtung, firmenbuchrechtlicher Durchführung und „Nachbetreuung" ein Verhinderungsfall nach § 119 Abs 1 NO vorgelegen habe oder allenfalls ein Auftrag iSd § 121 Abs 2 NO an Dr. K***** erteilt worden sei. Der Beklagtenvertreter antwortete, Dr. K***** sei nach § 121 NO tätig geworden. Daraufhin brachte der Kläger gegen Dr. K***** eine Klage auf Zahlung von EUR 72.000 s.A. ein, welche er unter Anspruchsverzicht zurückzog, als Dr. K***** mangelnde Passivlegitimation mit der Begründung einwandte, eine Bestellung zum Dauersubstituten bedeute noch nicht einen Auftrag iSd § 121 Abs 2 NO; er sei als Erfüllungsgehilfe des Beklagten tätig gewesen. Die Klagezurückziehung führte zu einer Kostenersatzpflicht des Klägers gegenüber Dr. K***** in der Höhe von EUR 1.389,56.

Der Kläger begehrt vom Beklagten den Ersatz eines mit EUR 72.000,-- sA. bezifferten Teils seiner Schäden aus der schlagend gewordenen Bürgenhaftung (EUR 53.844,38) sowie den Kosten der Rechtsverfolgung gegen die Ltd (EUR 15.000) und gegen Dr. K***** (EUR 3.155,62). Der seinerzeitige Substitut des Beklagten, Dr. K*****, habe ihn nicht vor den Risken des Rechtsgeschäfts, insbesondere vor der fehlenden Absicherung der abtretenden Gesellschafter durch die verfehlte Vertragsbestimmung des § 11 gewarnt und auch verfrüht das Firmenbuchgesuch eingereicht, damit den Anteilsübergang bewirkt und den Erwerbern die Möglichkeit von Malversationen eröffnet. Der Beklagte habe ihn auch zur Frage einer allfälligen eigenverantwortlichen Tätigkeit seines Substituten unrichtig informiert.

Der Beklagte wendet das alleinige, jedenfalls aber überwiegende (Mit-)Verschulden des Klägers und eine Verletzung der Schadensminderungspflicht ein. Sein Substitut habe im Rahmen der Vertragserrichtung weder einen Beratungs- oder Aufklärungsfehler, noch eine Verletzung der Warnpflicht oder einen sonstigen Sorgfaltsverstoß zu vertreten. Der Kläger habe trotz aller Warnungen den von der Gegenseite verlangten Vertragstext akzeptiert und den Kaufvertrag unbedingt abschließen wollen. Der Kläger hätte die Malversationen der Käuferin frühzeitig erkennen und durch gerichtliche Schritte sowie durch Zurücknahme des Firmenbuchgesuchs abwenden können.

Das Erstgericht bejahte mit Zwischenurteil die Haftung des Beklagten dem Grunde nach (zur Gänze). Es erwog rechtlich, dass Dr. K***** als Erfüllungsgehilfe des Beklagten die Warn-, Aufklärungs- und Informationspflichten eines Notars nicht ausreichend erfüllt habe; dieser hätte den Kläger konkret auf das nach der Neuformulierung des § 11 des Kaufvertrags weiterhin drohende Haftungsrisiko hinweisen müssen. Der Beklagte hafte deshalb für die dem Kläger aufgrund des Abtretungsvertrags entstandenen Schäden, aber auch für die Kosten der verfehlten Prozessführung gegen Dr. K*****, weil der Beklagte die Frage nach dem Vorliegen einer eigenverantwortlichen Tätigkeit seines Substituten nicht ausreichend beantwortet habe.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil und sprach aus, dass die ordentliche Revision mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig sei.

Das Erstgericht habe sich zwar nicht explizit mit den vom Beklagten erhobenen Einwänden des Mitverschuldens und der Verletzung der Schadensminderungspflicht auseinandergesetzt, doch begründe dies keinen Verfahrensmangel, weil diese Fragen auf der Basis der erstgerichtlichen Feststellungen ohnehin im Berufungsverfahren geprüft werden könnten. Rechtlich war das Berufungsgericht der Ansicht, dass Dr. K***** den Kläger ausdrücklich darüber aufklären hätten müssen, dass die von der Käuferseite gewünschte Vertragsbestimmung die Freilassung aus der Bürgschaft nicht garantiere und die Gefahr bestehe, in der Haftung zu bleiben. Der bloße Hinweis, die betreffende Vertragsbestimmung sei „schwammig" und entspreche nicht der Absicherung gemäß § 11 des vorangegangenen Vertragsentwurfs, sei entschieden zu wenig gewesen. Die Haftung des Beklagten für die Nachteile des Klägers aus dem Vertragsabschluss sei daher zu bejahen. Für die Kosten des Klägers aus der Prozessführung gegen Dr. K***** hafte der Beklagte ebenfalls, weil er den Kläger über die damalige Funktion des Substituten bewusst im Unklaren gelassen habe. Für die Annahme eines Mitverschuldens des Klägers bestehe kein Anlass; es habe sich insbesondere nicht ergeben, dass der Substitut des Beklagten dem Kläger vom Vertragsabschluss abgeraten habe.

Die gegen diese Entscheidung erhobene außerordentliche Revision des Beklagten ist zulässig, und teilweise berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Der Beklagte führt in seiner Revision aus, das Erstgericht habe sich mit seinem, im Einwand des Alleinverschuldens enthaltenen Mitverschuldenseinwand nicht auseinandergesetzt und dazu auch keine expliziten Feststellungen getroffen. Obwohl die Fällung eines Zwischenurteils über den Anspruchsgrund nur zulässig sei, wenn damit alle Einwendungen (gemeint: zum Anspruchsgrund) erledigt würden, habe das Berufungsgericht den von ihm behaupteten Verfahrensmangel mit der Begründung verneint, das Erstgericht habe es allenfalls nur versehentlich unterlassen, zum Mitverschuldenseinwand ausdrücklich Stellung zu nehmen und es könne die Prüfung eines Mitverschuldens ohnehin im Berufungsverfahren nachgeholt werden. Diese Rechtsansicht stelle einen Verstoß gegen tragende Verfahrensgrundsätze dar und begründe einen Mangel des Berufungsverfahrens. Es sei nicht sicher, dass nicht das Erstgericht zu den genannten Einwänden andere oder zusätzliche Feststellungen getroffen hätte, weshalb das Recht des Beklagten auf Gehör verletzt sei und insoweit auch ein sekundärer Feststellungsmangel vorliege. Das Berufungsgericht weiche in seiner rechtlichen Beurteilung der Haftungs- und Mitverschuldensfrage von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ab, weil entscheidungswesentliche Feststellungen unberücksichtigt geblieben seien und deshalb - zu Unrecht - jegliches Mitverschulden des Klägers verneint werde. Der Substitut als Vertragsverfasser habe eine für den Kläger günstigere Formulierung vorgeschlagen, die dieser jedoch abgelehnt und den Entwurf der Gegenseite gewählt habe, obwohl er auf dessen mangelnde Absicherung und "Schwammigkeit" hingewiesen worden sei. Diese Sorglosigkeit begründe ein Mitverschulden des Klägers von 50 %.

2. Das Berufungsgericht ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass ein Zwischenurteil erst dann zu fällen ist, wenn alle Anspruchsvoraussetzungen geklärt und alle dem Grund des Anspruchs entgegen stehenden Einwendungen erledigt sind (2 Ob 2356/96a; 5 Ob 242/02b; RIS-Justiz RS0040935). Wird ein Mitverschulden des Klägers eingewendet, so kann ein Zwischenurteil nur dann gefällt werden, wenn gleichzeitig über die Frage des Mitverschuldens und über das Ausmaß der Schadensteilung entschieden wird (2 Ob 43/48 = SZ 21/70; RIS-Justiz RS0106185). Fehlen dazu in einem Zwischenurteil Feststellungen, dann liegt darin ein im Rahmen der rechtlichen Beurteilung wahrzunehmender Feststellungsmangel (3 Ob 538/78). Der Einwand der Verletzung der Schadensminderungspflicht gehört dagegen nicht zum Anspruchsgrund (1 Ob 20/90 mwN), sondern betrifft die Schadenshöhe und steht daher der Fällung eines Zwischenurteils nicht entgegen.

3. Das Berufungsgericht hat weiters rechtsrichtig darauf hingewiesen, dass sich die Prüfung des Mitverschuldens auf jene tatsächlichen Umstände zu beschränken hat, die der Beklagte einwendet (RIS-Justiz RS0022807). Es ist daher für die Frage, ob die Fällung eines Zwischenurteils infolge Entscheidungsreife zulässig war, allein maßgeblich, ob das Erstgericht die beantragten Beweise über die vom Beklagten zum vermeintlichen Mitverschulden des Klägers aufgestellten Tatsachenbehauptungen aufgenommen und entsprechende Feststellungen getroffen hat; nur bei Mängeln in diesen Punkten hätte das Berufungsgericht das Zwischenurteil des Erstgerichts mangels Entscheidungsreife aufheben müssen (vgl SZ 47/34). Ob das Erstgericht zu den - allenfalls - als Mitverschuldenseinwand qualifizierbaren Tatsachenbehauptungen des Beklagten alle angebotenen Beweise aufgenommen hat, wurde vom Berufungsgericht geprüft und insoweit ein primärer Verfahrensmangel verneint (Berufungsurteil S. 16); diese Beurteilung des Berufungsgerichts kann in der Revision nicht mehr erfolgreich gerügt werden (RIS-Justiz RS0042963).

4. Inhaltlich stützt der Beklagte den Einwand des Mitverschuldens des Klägers darauf, dass dieser alle Warnungen vor dem (gemeint: Inhalt des) Vertrag(es) über die Abtretung seiner GmbH-Geschäftsanteile "in den Wind geschlagen" habe, den Vertrag mit dem vorliegenden Inhalt unbedingt habe abschließen wollen, dem Kläger Absicherungsmöglichkeiten aus einer früheren Vertragsgestaltung (gemeint offenbar: aus dem Vertrag mit der ***** Handels-GmbH) bekannt gewesen seien und dieser auch von seinem Steuerberater über die Risikoträchtigkeit des Vertrags mehrfach aufgeklärt worden sei. Zu all diesen Tatfragen, nämlich zum Umfang der dem Kläger erteilten rechtlichen Aufklärung durch den seinerzeitigen Substituten des Beklagten, zum Inhalt des zuvor mit der ***** Handels-GmbH abgeschlossenen Vertrags, und auch zu den vom Steuerberater erteilten Informationen hat das Erstgericht Feststellungen getroffen, sodass insoweit auch kein (sekundärer) Feststellungsmangel vorliegt; damit war der Grund des vom Kläger geltend gemachten Schadenersatzanspruchs einschließlich der Frage eines allfälligen Mitverschuldens des Klägers entscheidungsreif und die Fällung eines Zwischenurteils zulässig.

5. Zur Haftung eines berufsmäßigen Vertragserrichters (Rechtsanwalt oder Notar) existiert umfangreiche Rechtsprechung (vgl RIS-Justiz RS0023549, RS0026349, RS0026380, RS0026390, RS0026419); nach dieser hat der Vertragserrichter im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren die Parteien über die rechtlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen der einzelnen Vereinbarungen zu belehren, über bestehende Risken aufzuklären und allfällige ungünstige wirtschaftliche Entwicklungen zu berücksichtigen. Wie weit die Aufklärungs- und Belehrungspflicht jeweils reicht, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, weshalb insoweit in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage vorliegt (2 Ob 178/00s; 9 Ob 82/04f). Das Berufungsgericht hat den Hinweis des Substituten des Beklagten auf die „Schwammigkeit" einer Formulierung als nicht ausreichend angesehen, sondern eine ausdrückliche Aufklärung des Klägers dahin verlangt, dass die gerade angestrebte Entlassung aus seiner Bürgenhaftung mit der von der Käuferseite vorgeschlagenen Vertragsbestimmung nicht garantiert sei und eine weiter aufrecht bleibende Haftung drohe. Diese Einschätzung des Berufungsgerichts stellt jedenfalls keine die Belehrungs- und Beratungspflichten des Notars überspannende Fehlbeurteilung dar.

6. Mit der Verneinung eines Mitverschuldens des Klägers hat das Berufungsgericht allerdings verkannt, dass auch bei Inanspruchnahme der Unterstützung eines Rechtskundigen eine Sorglosigkeit in eigenen Angelegenheiten dann anzunehmen ist, wenn deutliche Indizien für dessen Fehlverhalten oder für eine bestehende Gefahrenlage sprechen, die dem Klienten iVm der nach § 1304 ABGB aufzuwendenden Sorgfalt in die Augen fallen müssten (vgl 6 Ob 288/98s = RdW 1999, 523). Der Substitut des Beklagten hatte den Kläger zum Vertragsentwurf des Geschäftsvermittlers immerhin darauf hingewiesen, dass die fragliche Regelung seiner persönlichen Haftungsbefreiung „schwammig" sei und nicht der Absicherung gemäß § 11 des vom Substituten erstellten Vertragsentwurfs bzw gemäß dem seinerzeitigen Vertrag mit der ***** Handels-GesmbH entspreche. Der Kläger hat die neue Bestimmung dennoch akzeptiert und den Vertrag abgeschlossen, obwohl ihm aufgrund der Hinweise seines Rechtsberaters ein Sicherheitsdefizit erkennbar sein musste; dies begründet ein Mitverschulden des Klägers, welches allerdings im Vergleich zur vorrangigen Verantwortlichkeit des rechtskundigen Beraters zur eindeutigen Klarstellung des Haftungsrisikos weniger stark ins Gewicht fällt. Bei wertender Abwägung dieser Gesichtspunkte erscheint eine Schadensteilung von 1:2 - betreffend die aus der Vertragsunterfertigung und der Rechtsverfolgung gegen die Käuferin resultierenden Nachteile - angemessen.

7. In der Verneinung eines Mitverschuldens des Klägers bei der Prozessführung gegen den Substituten des Beklagten persönlich kann allerdings keine auffallende Fehleinschätzung erkannt werden, hat doch der Beklagtenvertreter die Anfrage des Klägers zum allfälligen Vorliegen einer eigenverantwortlichen Tätigkeit des Dr. K***** so undeutlich beantwortet, dass eine Fehleinschätzung des Klägers nahe lag; insoweit steht das Fehlverhalten des Beklagten so deutlich im Vordergrund, dass für den daraus resultierenden frustrierten Kostenaufwand des Klägers kein Anlass zur Anspruchskürzung besteht.

Die Revision des Beklagten ist also (nur) insoweit berechtigt, als den Kläger betreffend die aus der Vertragsunterfertigung und der Rechtsverfolgung gegen die Käuferin resultierenden Schäden ein Mitverschulden von einem Drittel anzulasten ist; in diesem Sinn ist ein Teil- und Zwischenurteil zu fällen.

Der Kostenvorbehalt stützt sich auf §§ 392 Abs 2 und 393 Abs 4 ZPO jeweils iVm § 52 Abs 2 ZPO.

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