OGH 6Ob95/15m

OGH6Ob95/15m29.6.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. G. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Firmenbuchsache der im Firmenbuch des Landesgerichts Salzburg zu FN ***** eingetragenen P***** Privatstiftung mit dem Sitz in Salzburg, wegen Änderung der Stiftungsurkunde und der Stiftungszusatzurkunde, über den Revisionsrekurs der Vorstandsmitglieder 1. Mag. P***** K*****, 2. Dr. G***** H*****, und 3. E***** L*****, alle vertreten durch Dr. Daniel Bräunlich Rechtsanwalt GmbH in Salzburg, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 11. März 2015, GZ 6 R 37/15a‑17, womit der Beschluss des Landesgerichts Salzburg vom 15. Jänner 2015, GZ 45 Fr 5138/14i‑13, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass der Antrag auf Eintragung der durchgreifenden Änderung der Stiftungsurkunde und der Stiftungszusatzurkunde jeweils mit Notariatsakt vom 17. Juni 2014 abgewiesen wird.

Ein Kostenersatzanspruch findet nicht statt.

Begründung

Im Firmenbuch des Erstgerichts ist seit 13. Juni 1998 die von der natürlichen Person M***** P***** errichtete P***** Privatstiftung eingetragen.

Die Stiftungsurkunde in der derzeit geltenden Fassung vom 22. März 2011 lautet auszugsweise:

„§ 6a

Beirat

(1) Die Stifterin ist berechtigt aber nicht verpflichtet, einen Beirat einzurichten, dessen Aufgaben die Beratung des Stiftungsvorstandes sowie die Bestellung und Abberufung von Mitgliedern des Stiftungsvorstandes ist.

§ 8

Begünstige

(1) Begünstigte sind:

a) Die Stifterin bis zu ihrem Ableben;

...“

Mit Beschluss vom 17. Juni 2014 fasste die Stifterin die Stiftungsurkunde durchgreifend neu; § 6a Abs 1 der Stiftungsurkunde wurde neu gefasst und § 6a auch um einen vierten Absatz ergänzt. Diese Änderungen lauten wie folgt:

„§ 6a

Beirat

(1) Die Stifterin ist berechtigt aber nicht verpflichtet, einen Beirat einzurichten, dessen Aufgaben die Beratung und Kontrolle der Tätigkeit des Stiftungsvorstandes, die Bestellung und Abberufung von Mitgliedern des Stiftungsvorstandes und die Überwachung der Wahrung des Stiftungszweckes ist.

(...).

(4) Zu Lebzeiten der Stifterin und während ihrer Geschäftsfähigkeit kann diese die Auflösung des Beirates beschließen. Nach dem Tod der Stifterin oder dem Verlust ihrer Geschäftsfähigkeit kann der Beirat selbst einstimmig seine Auflösung beschließen.“

Mit weiterem Beschluss vom 17. Juni 2014 änderte die Stifterin die Stiftungszusatzurkunde durchgreifend neu, sodass deren § 5 Abs 1 und 2, § 6 Abs 1‑3 wie folgt lauten:

„§ 5

Geschäftsordnung des Stiftungsvorstandes

(1) Zu Lebzeiten der Stifterin und solange diese geschäftsfähig ist und kein Beirat bestellt ist, kann diese eine Geschäftsordnung für den Stiftungsvorstand erlassen. Für den Fall, dass ein Beirat bestellt worden ist, obliegt diesem die Erlassung einer Geschäftsordnung für den Stiftungsvorstand. In einer Geschäftsordnung kann vorgesehen werden, dass der Stiftungsvorstand vor dem Abschluss von Rechtsgeschäften, die für die Privatstiftung von Bedeutung sind, die Zustimmung der Stifterin oder des Beirates einzuholen hat. Weiters kann vorgesehen werden, dass der Stifterin oder dem Beirat bei derartigen Entscheidungen ein Vetorecht zusteht.

Der Stiftungsvorstand ist befugt, sich selbst eine Geschäftsordnung zu geben, wenn die Stifterin nicht mehr am Leben oder geschäftsfähig ist und kein Beirat eingerichtet ist.

(2) Sitzungen des Stiftungsvorstandes können in angemessener Frist von jedem Mitglied des Stiftungsvorstandes einberufen werden. Die Einladung zu Vorstandssitzungen hat 14 Tage, in dringenden Fällen mindestens 24 (vierundzwanzig) Stunden vor Sitzungsbeginn unter gleichzeitiger schriftlicher Bekanntgabe der Tagesordnung und Übermittlung der notwendigen Sitzungsunterlagen zu erfolgen. Sofern dies der Stiftungsvorstand mit einfacher Mehrheit beschließt, können auch andere Personen an Sitzungen des Stiftungsvorstandes teilnehmen. Unbenommen davon sind die Stifterin, ein von ihr bevollmächtigter Vertreter, und die Mitglieder eines allenfalls errichteten Beirates der Privatstiftung befugt, an den Sitzungen des Stiftungsvorstandes teilzunehmen. Zu diesem Zweck sind dem Beirat und der Stifterin entsprechende Einladungen zu den Vorstandssitzungen zu übermitteln.

§ 6

Vergütung des Stiftungsvorstandes und des Beirates

(1) Die Mitglieder des Stiftungsvorstandes und des Beirates haben für ihre Tätigkeit Anspruch auf eine angemessene Vergütung, die im Einklang mit ihren Aufgaben und der Lage der Privatstiftung zu stehen hat. Die Vergütung ist angemessen, soferne diese für den gesamten Vorstand und Beirat nicht höher ist als 2 0/00 (zwei Promille) des aktuellen Wertes (Kurswert etc) des Stiftungsvermögens im Jahr, und zwar berechnet vom jeweiligen Vermögenswert zu Beginn des Jahres.

(2) Der Vorstand und der Beirat der Stiftung haben im Rahmen der Festlegung nach Abs (1) der Stifterin einen Vorschlag für die Vergütung der Mitglieder des Stiftungsvorstandes und des Beirates zu unterbreiten, wobei die Höhe der Vergütungen unterschiedlich sein kann. Nach Zustimmung durch die Stifterin ist die Festlegung verbindlich und unterliegt keiner Anfechtung im Rechtsweg.

Nach dem Ableben der Stifterin wird die Höhe der Vergütungen über Vorschlag des Stiftungsvorstandes und des Beirates vom Gericht bestimmt.

(3) Mit der Höhe der Vergütungen gemäß Abs (2) sind alle Leistungen, die die Mitglieder des Stiftungsvorstandes und des Beirates in diesen Funktionen erbringen, abgegolten. Allfällige darauf lastende Steuern (Einkommensteuer etc) haben die Mitglieder des Stiftungsvorstandes und des Beirates selbst zu tragen.“

Am 5. September 2014 erklärte der Stiftungsvorstand unter Vorlage eines Notariatsakts vom 17. Juni 2014, einer Spezialvollmacht der Stifterin vom 11. Juni 2014 und eines Schreibens seines Rechtsvertreters ‑ pflichtgemäß ‑ folgende Eintragungen in das Firmenbuch zu beantragen:

„Stiftungsurkunde vom 29. 05. 1998 mit Notariatsakt vom 17. 06. 2014 durchgreifend geändert.

Stiftungszusatzurkunde vom 12. 06. 1998 mit Notariatsakt vom 17. 06. 2014 durchgreifend geändert.“

Im mit dem Antrag vorgelegten Schreiben vom 5. September 2014 äußerte der Rechtsvertreter des Stiftungsvorstands unter anderem Bedenken gegen § 6a Abs 4 der Stiftungsurkunde idF vom 17. Juni 2014 und gegen die § 5 Abs 1 und 2, § 6 Abs 1‑3 der Stiftungszusatzurkunde idF vom 17. Juni 2014. Der Stiftungsvorstand bemerkte zu § 6a Abs 4 der Stiftungsurkunde, die Stifterin könne zwar ein Beiratsmitglied gemäß § 6a Abs 2 der Stiftungsurkunde nur aus wichtigem Grund abberufen, allerdings den Beirat ohne Begründung jederzeit auflösen und gemäß § 6a Abs 1 der Stiftungsurkunde nach Ablauf einer „Schamfrist" erneut einen Beirat einrichten. Ein derartiger Beirat werde nach wie vor (iSd Beschlusses des Obersten Gerichtshofs vom 8. Mai 2014, 6 Ob 42/13i) am „Gängelband“ der Stifterin hängen.

In seiner Äußerung vom 24. November 2014 (zu einer Äußerung der Stifterin vom 3. November 2014, in der diese ihrerseits die Eintragung der Änderung der Stiftungsurkunde und der Stiftungszusatzurkunde vom 17. Juni 2014 beantragt hatte) beantragte der Stiftungsvorstand, die Änderungen der Stiftungsurkunde und der Stiftungszusatzurkunde gemäß Firmenbucheingabe vom 5. September 2014 nicht einzutragen; hilfsweise die § 1 Abs 4, § 6 Abs 3 und 7 und § 6a der Stiftungsurkunde und die § 2 Abs 2, § 4 Abs 3, § 5, § 6 Abs 2 der Stiftungszusatzurkunde nicht einzutragen.

Im Zuge der Verbesserung der Eingabe vom 5. September 2014 mit Eingabe vom 15. Dezember 2014 hielt der Stiftungsvorstand seinen ursprünglich ‑ pflichtgemäß - gestellten Antrag aufrecht.

Das Erstgericht bewilligte die Eintragung der Änderung der Stiftungsurkunde und der Stiftungszusatzurkunde und sprach aus, der Vollzug seines Beschlusses erfolge nach Rechtskraft. Es führte zum noch den Gegenstand des Rekursverfahrens bildenden § 6a Abs 4 der Stiftungsurkunde aus, diese Bestimmung bekräftige nur die Ansicht des Obersten Gerichtshofs, wonach der Beirat so sehr am „Gängelband“ der Stifterin hänge, dass von einer Unabhängigkeit von der Stifterin und deren Willen und Interessen keine Rede sein könne (6 Ob 42/13i, Punkt 6.2). Dieses „Gängelband" werde jedoch nur bei der Abberufung der Vorstandsmitglieder relevant. Es verneinte in Ansehung der den Gegenstand des Rekursverfahrens bildenden Änderungen der Stiftungszusatzurkunde eine Überprüfungskompetenz des Firmenbuchgerichts.

Das von den Vorstandsmitgliedern angerufene Rekursgericht gab dem Rekurs der Stiftungs-vorstandsmitglieder nicht Folge. Es führte aus, der Stiftungsvorstand habe im vorliegenden Verfahren nach § 33 Abs 3 PSG Parteistellung. Zu § 6a Abs 4 der Stiftungsurkunde meinte das Rekursgericht, der Beirat sei im Sinne der Ausführungen des Obersten Gerichtshofs in dem diese Stiftung betreffenden Beschluss zu 6 Ob 42/13i ein Organ. Nach dieser Entscheidung stehe der Bejahung der Organqualität des Beirats auch nicht entgegen, dass dessen Konstituierung abgesehen von seiner Regelung in der Stiftungsurkunde auch noch eines Willensakts der Stifterin bedürfe. Der Stifterin müsse es gleichermaßen zustehen, den Willensakt der Einsetzung eines Beirats durch dessen Auflösung wiederum zurückzunehmen. Es bestünden daher keine rechtlichen Bedenken gegen § 6a Abs 4 der Stiftungsurkunde in der nunmehr vorliegenden Fassung. Zu den Änderungen der Stiftungszusatzurkunde führte das Rekursgericht aus, bei deren Änderung sei nur die Tatsache der Änderung zur Eintragung in das Firmenbuch anzumelden, der Änderungsbeschluss aber nicht vorzulegen. Mangels Verpflichtung zur Vorlage des Änderungsbeschlusses bestehe diesbezüglich keine Prüfungskompetenz des Firmenbuchgerichts. Es sei die beantragte Eintragung der Änderungen zu bewilligen und zu vollziehen.

Das Rekursgericht ließ den Revisionsrekurs zu, weil noch keine höchstgerichtliche Judikatur zum Bestehen einer Prüfpflicht der Stiftungszusatzurkunde im Verfahren nach § 33 Abs 3 PSG im Fall deren Vorlage durch den Stiftungsvorstand vorliege und diese Frage in engem Zusammenhang mit der zuletzt in der Entscheidung 6 Ob 255/08f offengelassenen Frage der deklarativen oder konstitutiven Wirkung der Eintragung der Tatsache der Änderung der Stiftungszusatzurkunde stehen könne.

Gegen den Beschluss des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs der drei Stiftungsvorstandsmitglieder mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahingehend abzuändern, dass der Antrag auf Eintragung der Änderungen der Stiftungszusatzurkunde in deren § 5 Abs 1 und 2 und § 6 Abs 1 bis 3 abgewiesen werde. Die von den Vorinstanzen bewilligte Eintragung der Änderung der Stiftungsurkunde wird von den Rechtsmittelwerbern nicht bekämpft.

Weder die Privatstiftung noch die Stifterin haben eine Revisionsrekursbeantwortung erstattet.

Der Revisionsrekurs ist aus den vom Rekurs

Rechtliche Beurteilung

gericht genannten Gründen zulässig; er ist auch berechtigt.

Die Rechtsmittelwerber meinen, bei den Regelungen gemäß § 5 der Stiftungszusatzurkunde handle es sich um Regelungen über die innere Ordnung von kollegialen Stiftungsorganen gemäß § 9 Abs 2 Z 13 PSG, bei den Regelungen betreffend die Vergütung des Stiftungsvorstands gemäß § 6 der Stiftungszusatzurkunde handle es sich um solche nach § 9 Abs 2 Z 9 PSG; diese Materien seien daher zulässigerweise in der Stiftungszusatzurkunde geregelt (§ 10 Abs 2 Satz 1 PSG). Nach richtiger Auffassung sei auch die Eintragung von Änderungen der Stiftungszusatzurkunde konstitutiv. Gerade das immer wieder apostrophierte Kontrolldefizit bei Stiftungen gebiete es, eine materielle Prüfung (auch) der Stiftungszusatzurkunde (sofern dem Firmenbuch vorgelegt) und damit die konstitutive Wirkung der Eintragung der Änderung der Stiftungszusatzurkunde vorzusehen. Andernfalls müsste (im vorliegenden Fall) der Stiftungsvorstand gegen jede einzelne dem PSG widersprechende Maßnahme, die sich auf die geänderte Stiftungszusatzurkunde beziehe, gerichtlich vorgehen, und zwar in der Regel mit Feststellungsklage (etwa dahingehend, dass die Ausübung des Vetorechts der Stifterin rechtswidrig gewesen sei und daher den Vorstand nicht binde). § 5 Abs 1 der geänderten Stiftungszusatzurkunde sei rechtswidrig, weil nicht determiniert sei, was ein Rechtsgeschäft „von Bedeutung“ sei und dies im Ergebnis auf ein generelles Vetorecht der Stifterin hinauslaufe, was jedenfalls unzulässig sei, weil dadurch der Vorstand zum bloßen Vollzugsorgan degradiert werde. Auch die Befugnis der Stifterin oder des Beirats, an den Sitzungen des Stiftungsvorstands teilzunehmen, sei ein unzulässiger Eingriff in dessen Unabhängigkeit. Die Vergütungsregelung des § 6 der Stiftungszusatzurkunde sei ein weiterer Versuch der Entmachtung des Stiftungsvorstands. Dass die von der Stifterin gebilligte Vergütung keiner Anfechtung im Rechtsweg unterliege, sei ein sittenwidriges „pactum de non petendo“.

Hierzu wurde erwogen:

1. Rechtsmittellegitimation

Der Stiftungsvorstand ist im vorliegenden Fall der Eintragung von Änderungen der Stiftungsurkunde und der Stiftungszusatzurkunde rechtsmittellegitimiert, selbst wenn er sich wegen Bedenken gegen die bewilligte Eintragung dieser Änderungen wendet (RIS‑Justiz RS0120927 [T3]).

2. Wirkung der Eintragung von Änderungen der Stiftungszusatzurkunde

2.1. Lehre

Csoklich, Anwendungsbereich und Gründung einer Privatstiftung, in Csoklich/Müller/Gröhs/Helbich (Hrsg), Handbuch zum Privatstiftungsgesetz (1994), 13 (29); K. Berger in Doralt/Nowotny/Kalss (Hrsg), PSG (1995), § 33 Rz 37, Linder, Anmeldung des Widerrufs einer Privatstiftung oder der Änderung der Stiftungserklärung, GesRZ 2006, 11 (14 f), und Kalss in Kalss/Nowotny/Schauer, Gesellschaftsrecht (2008), Rz 7/21, vertreten ohne nähere Begründung die Ansicht, die Eintragung der Änderung der Stiftungszusatzurkunde sei bloß deklarativ.

Geist, Zur Änderung der Stiftungserklärung durch den Stifter nach Eintragung der Privatstiftung (II), GesRZ 1998, 151 (152 f), und Keller, Die Möglichkeiten der Einflussnahme des Stifters im Privatstiftungsrecht (2006), 82 f, begründen die bloß deklarative Wirkung hauptsächlich mit dem Wortlaut in § 33 Abs 3 Satz 1 PSG, es sei bei der Stiftungszusatzurkunde „die Tatsache der Änderung“ anzumelden. § 13 Abs 3 Z 3 PSG spreche von der Eintragung des Datums der Änderung der Stiftungszusatzurkunde. Dieses Datum beziehe sich auf das (vor der Firmenbucheintragung liegende) Wirksamwerden der Änderung.

Dagegen vertreten Müller, Änderung, Widerruf und Beendigung der Privatstiftung, in Csoklich/Müller/Gröhs/Helbich (Hrsg), Handbuch zum Privatstiftungsgesetz (1994), 267 (277), Bruckner/Fries/Fries, Familienstiftung, 64, Micheler in Doralt/Nowotny/Kalss (Hrsg), PSG (1995), § 14 Rz 28, und Arnold, PSG3 (2013), § 33 Rz 72, die Meinung, (auch) die Eintragung der Tatsache der Änderung der Stiftungszusatzurkunde wirke konstitutiv.

Besonders Arnold aaO hat sich ausführlich mit dieser Frage beschäftigt und führt aus, der Wortlaut in § 33 Abs 3 Satz 2 PSG, wonach die Änderung mit der Eintragung wirksam werde, differenziere nicht zwischen Stiftungsurkunde und Stiftungszusatzurkunde. Auch die Materialien sprächen von „Änderungen“ in der Mehrzahl. Der bloße Umstand, dass bei der Stiftungszusatzurkunde lediglich die „Tatsache der Änderung“ anzumelden sei, könne keine abweichende Beurteilung tragen. Der Hintergrund dieser vom Gesetzgeber gewählten Formulierung liege darin begründet, dass bei Änderungen der Stiftungszusatzurkunde der Änderungsbeschluss dem Firmenbuch nicht vorzulegen sei und die Stiftungszusatzurkunde keinerlei Regelungen enthalten dürfe, die zu einer Eintragung in das Firmenbuch führen würden. Eine Änderung der Stiftungszusatzurkunde führe daher auch regelmäßig nur zur Eintragung der „Tatsache der Änderung“, nicht jedoch zu sonstigen Eintragungen. Bei bloß deklarativer Wirkung der Eintragung von Änderungen der Stiftungszusatzurkunde würden außerdem Umgehungen Tür und Tor geöffnet. Einem Stifter würde es dadurch ermöglicht, Änderungen der Stiftungszusatzurkunde (die solcherart aber auch ohne Eintragung der Tatsache der Änderung in das Firmenbuch bereits Wirksamkeit erlangen würden) zurückzuhalten. Eine Kontrolle des aktuellen Stands der Stiftungszusatzurkunde wäre weder dem Stiftungsvorstand noch Dritten (etwa im Zuge einer freiwilligen Offenlegung im Rahmen von Vertragsverhandlungen, Begünstigten bei Offenlegung nach http://www.lexisnexis.com/at/recht/search/runRemoteLink.do?A=0.9368051740852279&bct=A&service=citation&risb=21_T22159132149&langcountry=AT&linkInfo=F#AT#at_code#num %30%popname%PSG%label%section%para%1%section%30%tpara%1%) oder dem Gericht (etwa auch im Zuge eines Auskunftsanspruchs von Begünstigten nach § 30 Abs 2 PSG oder einer Sonderprüfung nach § 31 PSG) möglich.

2.2. Rechtsprechung

In der Entscheidung 7 Ob 53/02y (= RIS‑Justiz RS0116352) vertrat der Oberste Gerichtshof die Ansicht, die Eintragung der Stiftungszusatzurkunde wirke bloß deklarativ. Der Gesetzgeber habe es hinsichtlich der Stiftungszusatzurkunde ausdrücklich beim Eintragungs-erfordernis des Datums derselben bewenden lassen (§ 13 Abs 3 Z 3 PSG) und in § 7 Abs 1 PSG ausschließlich der auf die Stiftungserklärung fußenden, nicht jedoch auch der durch eine (bloße) Zusatzurkunde ergänzten (erweiterten, abgeänderten) Privatstiftungseintragung konstitutive Wirkung zuerkannt.

Die Entscheidung 6 Ob 18/07a spricht ohne weitere Ausführungen davon, dass die Eintragung von Änderungen der Stiftungserklärung (die nach § 10 Abs 1 PSG auch die Stiftungszusatzurkunde umfasst) konstitutiv sei.

Die Entscheidung 6 Ob 255/08f ließ die Frage ausdrücklich offen.

2.3. Ergebnis

Der erkennende Senat schließt sich den überzeugenden Ausführungen von Arnold aaO an, wonach auch die Firmenbucheintragung von Änderungen der Stiftungszusatzurkunde konstitutiv wirkt. Der Begründung der Entscheidung 7 Ob 53/02y wird nicht beigetreten: Nach § 13 Abs 3 Z 2 PSG wird auch bei der Stiftungsurkunde nur das Datum eingetragen. Bei dieser ist aber völlig unbestritten, dass die Eintragung von Änderungen konstitutiv wirkt. Überdies setzt sich die Entscheidung 7 Ob 53/02y nicht mit der hier einschlägigen Bestimmung des § 33 Abs 3 Satz 2 PSG auseinander, die ‑ wie schon ausgeführt ‑ nicht zwischen Stiftungsurkunde und Stiftungszusatzurkunde unterscheidet.

3. Kompetenz des Firmenbuchgerichts zur Prüfung der Stiftungszusatzurkunde

3.1. Nach § 10 Abs 2 Satz 2 PSG ist die Stiftungszusatzurkunde dem Firmenbuchgericht nicht vorzulegen. Dies bedeutet, dass zwar keine Pflicht zur Vorlage der Stiftungszusatzurkunde besteht, es bedeutet aber kein Verbot der Vorlage der Stiftungszusatzurkunde an das Firmenbuchgericht. Eine Privatstiftung kann also freiwillig die Stiftungszusatzurkunde dem Firmenbuchgericht vorlegen. Dies wird etwa ‑ wie der vorliegende Fall zeigt ‑ dann sinnvoll sein, wenn Bedenken gegen die Zulässigkeit bzw Wirksamkeit einzelner Bestimmungen der Zusatzurkunde bestehen. Die Firmenbucheintragung auch der Änderung der Stiftungszusatzurkunde ist zwar notwendige (vgl oben 2.), aber nicht hinreichende Bedingung für die Wirksamkeit dieser Änderung (vgl zur Stiftungsurkunde 6 Ob 157/12z = RIS‑Justiz RS0123556 [T6]; 6 Ob 140/14b). Die materiell‑rechtliche Gültigkeit der Stiftungszusatzurkunde bzw der späteren Änderungen stellt daher eine Vorfrage dar, deren Lösung sich nicht schon durch die Eintragung in das Firmenbuch erübrigt (vgl zur Stiftungsurkunde 6 Ob 157/12z = RIS‑Justiz RS0123556 [T7]; 6 Ob 140/14b). Werden also im Hinblick auf ihre Rechtswirksamkeit zweifelhafte Änderungen einer Stiftungszusatzurkunde ohne Vorlage derselben beim Firmenbuchgericht ungeprüft eingetragen, besteht Rechtsunsicherheit über die Wirksamkeit der betreffenden Bestimmungen der Stiftungszusatzurkunde. Eine Prüfkompetenz des Firmenbuchgerichts im Fall der freiwilligen Vorlage der Stiftungszusatzurkunde ist daher ‑ ungeachtet der mangelnden Bindungswirkung für nachfolgende Verfahren (6 Ob 157/12z) ‑ geeignet, zur Erhöhung der Rechtssicherheit über die Wirksamkeit geänderter Klauseln der Stiftungszusatzurkunde beizutragen und unter Umständen kostspielige Folgeprozesse (Feststellungsklagen, Schadenersatzklagen, Verfahren zur Abberufung oder Bestellung von Vorstandsmitgliedern uam) zu vermeiden.

3.2. Im GmbH‑Recht ist anerkannt, dass bei einem Gesellschafterwechsel aufgrund eines Abtretungsvertrags derselbe (Notariatsakt gemäß § 76 Abs 2 Satz 1 GmbHG) im Zuge der vereinfachten Anmeldung durch den Geschäftsführer gemäß § 11 FBG grundsätzlich nicht vorgelegt werden muss (6 Ob 2371/96m; 6 Ob 342/97f; 6 Ob 57/01b; 6 Ob 111/01v; 6 Ob 149/03k; RIS‑Justiz RS0107904 [T3, T4]). Wird aber der Abtretungsvertrag freiwillig oder deswegen vorgelegt, weil das Firmenbuchgericht wegen Bedenken die Vorlage des Abtretungsvertrags aufgetragen hat, hat das Firmenbuchgericht auch den Abtretungsvertrag in formeller und materieller Hinsicht zu prüfen (§ 16 AußStrG iVm § 15 Abs 1 FBG; 6 Ob 2371/96m; 6 Ob 342/97f; 6 Ob 57/01b; 6 Ob 111/01v; RIS‑Justiz RS0107904 [T1, T3]). Ergibt diese Prüfung einen Mangel, der der Wirksamkeit der Abtretung entgegensteht, hat das Gericht entweder auf die Verbesserung dieses Mangels zu dringen oder mangels Verbesserung oder bei einem nicht verbesserungsfähigen Mangel die Eintragung des Gesellschafterwechsels abzulehnen.

3.3. In Anlehnung an diese Rechtslage im GmbH-Recht und aus den Erwägungen unter Punkt 3.1. gelangt der erkennende Senat daher zur Auffassung, dass im Fall, dass die Stiftungszusatzurkunde vorgelegt wird, auch diese in formeller und materieller Hinsicht vom Firmenbuchgericht zu prüfen ist und diese Prüfung in die Entscheidung über die beantragte Eintragung der Änderung der Stiftungszusatzurkunde einzufließen hat. Sind daher die geänderten Bestimmungen der Stiftungszusatzurkunde gesetzwidrig oder sonst unzulässig, hat das Firmenbuchgericht die Eintragung der Änderung der Stiftungszusatzurkunde abzulehnen.

3.4. Ergänzend ist anzumerken, dass für die Eintragung von Änderungen der Stiftungszusatzurkunde dann, wenn diese Änderungen ‑ wie hier ‑ ausnahmsweise formell und materiell vom Firmenbuchgericht geprüft werden, abweichend vom Gesetzeswortlaut des § 22 Abs 2 Z 2 lit a RpflG der Richter und nicht der Diplomrechtspfleger zuständig ist. Nach dieser Bestimmung ist bei Privatstiftungen der Richter zwar bei Änderungen der Stiftungsurkunde, nicht aber der Stiftungszusatzurkunde für die Eintragung zuständig. Nach der Generalklausel des § 22 Abs 1 RpflG, wonach der Wirkungskreis des Diplomrechtspflegers in Sachen des Firmenbuchs alle mit seiner Führung zusammenhängenden Geschäfte umfasst, ist grundsätzlich der Diplomrechtspfleger für die Eintragung von Änderungen der (in § 22 Abs 2 RpflG nicht genannten) Stiftungszusatzurkunde zuständig. Dabei hatte der Gesetzgeber aber den Normalfall vor Augen, dass die Stiftungszusatzurkunde dem Firmenbuchgericht nicht vorgelegt wird (§ 10 Abs 2 Satz 2 PSG) und daher eine formelle und materielle Prüfung der Änderungen der Stiftungszusatzurkunde entfällt. Die Möglichkeit der inhaltlichen Prüfung von Änderungen der Stiftungszusatzurkunde hat der Gesetzgeber ersichtlich nicht bedacht. Der vorliegende Fall zeigt, dass die inhaltliche materielle Prüfung von Änderungen der Stiftungszusatzurkunde genau dieselben mitunter schwierigen Rechtsfragen aufwirft wie die Prüfung von Änderungen der Stiftungsurkunde. In diesem vorliegenden Ausnahmefall der inhaltlichen materiellen Prüfung von Änderungen der Stiftungszusatzurkunde ist daher von einer planwidrigen Lücke in § 22 Abs 2 RpflG auszugehen, weshalb in diesem Fall die analoge Anwendung der Regelung über die Eintragung von Änderungen der Stiftungsurkunde auf die Eintragung von Änderungen der Stiftungszusatzurkunde geboten und daher der Richter zuständig ist.

4. Anwendung von Punkt 3. auf die konkreten Änderungen der Stiftungszusatzurkunde

4.1. § 5 der Stiftungszusatzurkunde

4.1.1. Entgegen der Auffassung der Rechtsmittelwerber enthält § 5 der Stiftungszusatzurkunde laut Änderungsbeschluss vom 17. Juni 2014 nicht (bloß) Normen über die innere Ordnung des Stiftungsvorstands (vgl § 9 Abs 2 Z 13 PSG). Die Bestimmung enthält vielmehr (weitere) Kompetenzregelungen betreffend die Stifterin, die mit den ihr (auch in der Zusatzurkunde) eingeräumten Rechten (Einfluss auf die Willensbildung und die Leitung sowie Überwachung des Stiftungsvorstands) auch Stiftungsorgan ist (vgl 6 Ob 239/08b = RIS‑Justiz RS0117121 [T2, T3]), und den Beirat, dessen Organeigenschaft schon in der Entscheidung 6 Ob 42/13i bejaht wurde. Kompetenzen (Aufgaben) von Stiftungsorganen betreffen deren „Einrichtung“ (6 Ob 305/01y; 6 Ob 291/02s); Kompetenz-regelungen betreffend Stiftungsorgane fallen daher unter § 9 Abs 2 Z 4 PSG und hätten daher gemäß § 10 Abs 2 Satz 1 PSG in der Stiftungsurkunde geregelt werden müssen. Die Regelung in der Stiftungszusatzurkunde ist daher schon aus diesem Grund unwirksam.

4.1.2. Davon abgesehen wären die Regelungen des § 5 der Zusatzurkunde laut Änderungsbeschluss vom 17. Juni 2014 auch inhaltlich gesetzwidrig, sodass sie auch in der Stiftungsurkunde nicht wirksam wären. Da nach § 5 der geänderten Stiftungszusatzurkunde jedes Rechtsgeschäft, das der Vorstand beabsichtigt, für die Stiftung „von Bedeutung“ (es ist nicht von „erheblicher“ oder „großer“ oder „eminenter“ Bedeutung die Rede, es genügt nach dem Wortlaut daher auch eine völlig untergeordnete „Bedeutung“) wäre, könnte die Stifterin bzw der Beirat durch entsprechende Gestaltung der Geschäftsordnung für den Stiftungsvorstand jedes vom Vorstand beabsichtigte Rechtsgeschäft durch das Zustimmungs- oder Vetorecht verhindern. Der Vorstand würde dadurch zum bloßen Vollzugsorgan der Wünsche der Stifterin oder des an ihrem „Gängelband“ hängenden Beirats (vgl 6 Ob 42/13i). Dies ist aber nach einhelliger Rechtsprechung und Lehre nicht zulässig (6 Ob 60/01v; 6 Ob 49/07k; 6 Ob 195/10k; 6 Ob 139/13d, jeweils mwN; RIS‑Justiz RS0123560; Arnold, PSG3 § 14 Rz 30 mwN aus Lehre und Rechtsprechung), zumal hier die Stifterin Begünstigte der Stiftung und schon deshalb von der Gestion des Stiftungsvorstands fernzuhalten ist (vgl § 15 Abs 2 bis 3a PSG).

4.2. Entgegen der Auffassung der Rechtsmittelwerber bestünden gegen § 6 der geänderten Stiftungszusatzurkunde keine Bedenken: Arnold, PSG3 § 19 Rz 7, weist zutreffend darauf hin, dass die Vergütungsregel des § 19 Abs 1 PSG abdingbar ist („Soweit in der Stiftungserklärung nichts anderes vorgesehen ist, ...“). Die Stiftungserklärung könne auch die Unentgeltlichkeit der Tätigkeit des Stiftungsvorstands vorsehen.

5.1. Der Grundsatz der Einheitlichkeit des Firmenbuchgesuchs besagt, dass das Gericht einem Antrag nur entweder zur Gänze stattgeben oder ihn zur Gänze abweisen kann. Von diesem Grundsatz macht die Rechtsprechung für den Fall eine Ausnahme, dass nur einem Teil der begehrten Eintragung Hindernisse entgegenstehen und die einzelnen Eintragungstatbestände ein getrenntes rechtliches Schicksal haben können. Diesfalls ist ein Verbesserungsauftrag zu erteilen und der Einschreiter zur Klarstellung aufzufordern, ob auch eine nur teilweise Eintragung begehrt wird; diesfalls hat das Gericht nur mit einer Teilabweisung vorzugehen (vgl dazu 6 Ob 224/07w; G. Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG § 16 Rz 18 mwN).

5.2. Der Grundsatz der Einheitlichkeit des Firmenbuchgesuchs erfasst im vorliegenden Fall auch den nicht angefochtenen Teil (sämtliche Änderungen der Stiftungsurkunde und die übrigen Änderungen der Stiftungszusatzurkunde), der insoweit nicht in Teilrechtskraft erwachsen konnte. Ein Verbesserungsverfahren dahingehend, die Stifterin zu befragen, ob sie mit einer Teileintragung der unbedenklichen Änderungen der Stiftungsurkunde und der Stiftungszusatzurkunde samt Teilabweisung der gesetzwidrigen Änderungen einverstanden ist oder eine Gesamtabweisung will, ist hier aus folgendem Grund entbehrlich: Da die nur teilweise bewilligte begehrte Änderung (zumindest) der Stiftungszusatzurkunde von entsprechenden Willenserklärungen der Stifterin in der notwendigen Form (§ 39 Abs 1 PSG) nicht gedeckt wäre, müsste sie erst einen neuen Willensakt im Umfang der unbedenklichen Änderungen in der vorgeschriebenen Form setzen. Wenn aber feststeht, dass Urkunden erst errichtet werden müssen, ist kein Verbesserungsverfahren durchzuführen (G. Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG § 17 Rz 22). Wegen der Gesetzwidrigkeit des § 5 der geänderten Stiftungszusatzurkunde war daher das gesamte Eintragungsbegehren abzuweisen.

6. Ein Fall der Kostenersatzpflicht nach § 78 Abs 2 AußStrG iVm § 15 Abs 1 FBG liegt nicht vor. Der Stiftungsvorstand schreitet hier nicht in Verfolgung eigener Interessen, sondern für die Privatstiftung ein, sodass es keine Parteienmehrheit gibt.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte