OGH 6Ob57/01b

OGH6Ob57/01b29.3.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Firmenbuchsache der im Firmenbuch des Handelsgerichtes Wien zu FN 136.840k eingetragenen "T*****gesellschaft mbH mit dem Sitz in Wien, wegen Eintragung eines Gesellschafterwechsels, eines Geschäftsführerwechsels, der geleisteten Einzahlungen eines Gesellschafters sowie einer neuen Geschäftsanschrift, über den Rekurs der Gesellschaft und der Maria A. I*****, beide vertreten durch Dr. Walter Friedrich, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 22. Jänner 2001, GZ 28 R 320/00k-22, womit über den Rekurs der Gesellschaft und der Maria A. I***** die Beschlüsse des Handelsgerichtes Wien vom 13. Oktober 2000, GZ 72 Fr 5916/99z-19, und vom 21. Juni 2000, GZ 72 Fr 5916/99z-12, zur Verfahrensergänzung aufgehoben wurden, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Gesellschaft mbH hat ein Stammkapital von 500.000 S. Die Hälfte davon wurde vom Alleingesellschafter einbezahlt. Der Geschäftsführer der Gesellschaft legte am 12. 5. 1999 eine Gesellschafterliste vor und beantragte, den bisherigen Alleingesellschafter als Gesellschafter zu löschen und die in der Liste aufscheinende, auf den Philippinen wohnhafte Maria A. I***** als neue Alleingesellschafterin im Firmenbuch einzutragen. Das Firmenbuchgericht forderte den Geschäftsführer vergeblich auf, den Abtretungsvertrag vorzulegen. Am 22. 9. 1999 beantragten mit einem gemeinsam eingebrachten Gesuch des Geschäftsführers, die noch nicht im Firmenbuch eingetragene neue Gesellschafterin sowie die Gesellschaft selbst die Löschung des Geschäftsführers, die Eintragung der Alleingesellschafterin als alleinige vertretungsbefugte Geschäftsführerin, die Eintragung der geleisteten Stammeinlage und der neuen Geschäftsanschrift der Gesellschaft. Die Einschreiter wiederholten ferner den Eintragungsantrag vom 12. 5. 1999 unter Hinweis darauf, dass die Vorlage eines Abtretungsvertrages nicht erforderlich sei. Das Firmenbuchgericht forderte den Vertreter der Einschreiter auf, dem schon erteilten Auftrag zur Vorlage des Abtretungsvertrages nachzukommen. Dies lehnten die Einschreiter ab. Das Erstgericht forderte den Rechtsvertreter der Einschreiter am 7. 6. 2000 nochmals auf, den Abtretungsvertrag vorzulegen, weil Bedenken gegen die gesetzmäßige Abtretung bestünden. Es wies nach neuerlicher Erklärung, dem Auftrag nicht zu entsprechen, die Eintragungsgesuche ab. Die "Staatskennung" (gemeint: die Staatsbürgerschaft) der neuen Gesellschafterin sei nicht bekannt. Auf Grund der wiederholten Weigerung, den Abtretungsvertrag vorzulegen, müsse das Gericht davon ausgehen, dass kein notarieller Abtretungsvertrag vorliege. Gegen diesen Beschluss erhoben die Gesellschaft und Maria A. I***** eine Vorstellung.

Das Firmenbuchgericht gab der Vorstellung nicht Folge. Bei der Anmeldung hätten zumindest Angaben darüber gemacht werden müssen, mit welchem Notariatsakt "(samt Datum GZ d. Notars)" die Abtretung erfolgt sei. Bei Zweifeln über die Richtigkeit der Anmeldung könnten Urkunden abverlangt werden.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Gesellschaft und der Maria A. I***** Folge und hob die Beschlüsse des Erstgerichtes ON 12 und 19 zur Verfahrensergänzung auf. Nach ständiger Rechtsprechung sei eine Anmeldung zur Eintragung in das Firmenbuch sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht zu prüfen. Der Untersuchungsgrundsatz gelte auch im Fall der Anmeldung des Übergangs eines Geschäftsanteils zur Eintragung ins Firmenbuch. Aus der oberstgerichtlichen Entscheidung 6 Ob 2371/96m lasse sich nichts Gegenteiliges ableiten. Bei Bedenken gegen den Übergang von Geschäftsanteilen einer Gesellschaft mbH könne die Beibringung eines urkundlichen Nachweises erforderlich sein. Auch in einer späteren Entscheidung (SZ 70/268) sei zumindest eine eingeschränkte Prüfpflicht bejaht worden. In der Lehre werde eine materielle Prüfungspflicht des Firmenbuchgerichts bejaht. Auffassungsunterschiede bestünden lediglich über den Umfang der Prüfungspflicht. Weder im § 26 Abs 1 GmbHG noch in einer anderen Gesetzesstelle werde für die Anmeldung der Übertragung eines Geschäftsanteils mittels Rechtsgeschäfts unter Lebenden die Vorlage eines Notariatsaktes verlangt. Im vorliegenden Fall habe sich die Anmeldung des Gesellschafterwechsels aber auf die Stellung des Eintragungsbegehrens beschränkt. Da keine Sachverhaltsangaben erfolgt seien, habe sich das Erstgericht kein Bild über den angemeldeten Übergang der Geschäftsanteile machen können. Das Firmenbuchgericht sei daher verpflichtet gewesen, den Sachverhalt aus eigenem zu ermitteln. Wenn auch die Vorlage eines Notariatsaktes nicht unbedingt erforderlich sei, so müsse doch durch andere Beweismittel der Übergang der Geschäftsanteile geprüft werden.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil keine oberstgerichtliche Rechtsprechung zu der Frage vorliege, ob ein Gesuch auf Eintragung eines Gesellschafterwechsels schon dann abgewiesen werden könne, wenn die Antragsteller sich weigerten, den wegen Bedenken an der Richtigkeit des mitgeteilten Vorgangs abverlangten Notariatsakt vorzulegen.

Mit ihrem Rekurs beantragen die Gesellschaft und Maria A. I***** die Abänderung dahin, dass den Eintragungsbegehren stattgegeben werde.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Die Rekurswerber können ihre Ansicht über die Spruchreife der gestellten Eintragungsbegehren nicht auf die Entscheidung 6 Ob

2371/96m (= RdW 1998, 17 = GesRZ 1998, 159) und die Folgeentscheidung

6 Ob 342/97f (= SZ 70/268) stützen. Zwar wurde in beiden

Entscheidungen ausgeführt, dass bei der Anmeldung des Übergangs von Geschäftsanteilen einer Gesellschaft mbH auf einen neuen Gesellschafter die Vorlage eines Abtretungsvertrages vom Gesetz nicht verlangt werde. § 11 FBG sehe eine vereinfachte Anmeldung in nicht beglaubigter Form vor. § 26 Abs 1 GmbHG normiere die Verpflichtung des Geschäftsführers zur Anmeldung des Gesellschafterwechsels. Auch diese Gesetzesstelle verlange nicht die Vorlage des Abtretungsvertrages. Der Nachweis des Gesellschafterwechsels müsse der Gesellschaft, also ihrem Organ, erbracht werden. Der Geschäftsführer hafte für die Richtigkeit seiner Angaben gegenüber dem Firmenbuchgericht (§ 26 Abs 2 GmbHG). Es bestehe daher nur eine eingeschränkte Prüfpflicht des Firmenbuchgerichts.

Vor allem aus der Vorentscheidung 6 Ob 2371/96m geht klar hervor, dass jedenfalls dann eine Prüfungsbefugnis (und auch Prüfpflicht) des Firmenbuchgerichts zu bejahen ist, wenn Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Gesuch zu Grunde liegenden Tatsachen bestehen. Der Geschäftsführer einer Gesellschaft mbH hat vor der Anmeldung eines Gesellschafterwechsels die formelle und materielle Richtigkeit des Übertragungsaktes und seine Rechtswirksamkeit zu prüfen (Wünsch, Kommentar zum GmbHG Rz 8 zu § 26). Dem Geschäftsführer ist der Gesellschafterwechsel zumindest glaubhaft zu machen (JBl 1990, 185). Mit dieser Verpflichtung und der Haftung des Geschäftsführers für die Richtigkeit seiner Angaben gegenüber dem Firmenbuchgericht kann dessen eingeschränkte Prüfpflicht begründet und von einer generellen Verpflichtung zur Vorlage des Abtretungsvertrages (entgegen der Ansicht Koppensteiners, GmbHG2 Rz 8 zu § 26, der eine solche Vorlage für erforderlich hält) abgesehen werden. Das Rekursgericht hat im Einklang mit der zitierten Vorjudikatur für den vorliegenden Sachverhalt zutreffend erkannt, dass hier schon mangels jeglicher konkreter Angaben im Eintragungsgesuch des Geschäftsführers, wann, wie und wo die Abtretung der Geschäftsanteile des Alleingesellschafters erfolgt sein soll, nicht einmal eine eingeschränkte Prüfung erfolgen kann, weil es keine Angaben des Geschäftsführers gibt, für deren Richtigkeit er die Haftung zu übernehmen hätte. In einem solchen Fall kann von einem Wegfall der amtswegigen Prüfungspflicht auf Grund des Untersuchungsgrundsatzes keine Rede sein. Die aufgetragene Verfahrensergänzung ist aus den zutreffenden Erwägungen des Rekursgerichtes erforderlich.

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