OGH 6Ob31/07p

OGH6Ob31/07p21.2.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ.-Prof. Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Mag. Bernhard B*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Zarl, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die Antragsgegnerin Alena B*****, vertreten durch Dr. Bernhard Zettl, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 20. Dezember 2006, GZ 21 R 325/06z-45, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Text

Begründung

Voranzustellen ist, dass nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs die nach dem Grundsatz der Billigkeit vorzunehmende Aufteilung gemäß §§ 81 ff EheG jeweils von den Umständen des Einzelfalls abhängt. Eine erhebliche Rechtsfrage liegt nur dann vor, wenn dargetan wird, dass die zweite Instanz bei der Beurteilung dieses Einzelfalls von den allgemeinen Grundsätzen abgewichen ist und so den Ermessensspielraum überschritten hat, oder dass ihr in anderer Weise eine krass fehlerhafte Ermessensübung unterlaufen ist, die im Interesse der Rechtssicherheit einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedarf. Dabei sind sogar eine unrichtig angewandte Ermittlungsart oder eine unrichtige Gewichtung einzelner Bemessungselemente so lange zu vernachlässigen, als sich der ausgemittelte Ausgleichsbetrag innerhalb dieses Spielraums bewegt (6 Ob 164/06w mwN).

Rechtliche Beurteilung

Das Rekursgericht hat weder seinen Ermessensspielraum überschritten noch ist ihm eine krass fehlerhafte Ermessensübung bei der Festsetzung der Ausgleichszahlung (§ 94 EheG) unterlaufen:

1. Der oberstgerichtlichen Entscheidung 6 Ob 65/05k ist - entgegen der Behauptung des Rechtsmittelwerbers - nicht zu entnehmen, das Rekursgericht dürfe Billigkeitserwägungen und die Umstände, die zur Festsetzung der Ausgleichszahlung durch das Erstgericht führten, nicht überprüfen. Die Entscheidung spricht lediglich aus, dass die Frage, ob aus Gründen der Billigkeit auch eine etwas andere Bemessung der Ausgleichszahlung zu rechtfertigen wäre, keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat und deshalb grundsätzlich keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG darstellt.

2. Der Revisionsrekurswerber meint, die der Antragsgegnerin während aufrechter Ehe von ihrem Bruder übergegebenen Liegenschaften (nach Auffassung der Antragsgegnerin ein kleiner landwirtschaftlicher Betrieb [Bergbauernhof]) seien nicht als geschenkt - also ohne Gegenleistungen übergeben - zu betrachten. Ob eine während aufrechter Ehe einem Ehegatten mit Übergabsvertrag übergebene Kleinlandwirtschaft oder ein von diesem durch Übergabsvertrag erworbenes Haus gemäß § 82 Abs 1 Z 1 EheG der Aufteilung entzogen ist, richtet sich nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs im Einzelfall nach dem Gewicht der übernommenen Gegenleistung (RIS-Justiz RS0057369). Das Rekursgericht legte diese Rechtsprechung seiner Beurteilung zugrunde, dass die der Antragsgegnerin übergebenen Liegenschaften gemäß § 82 Abs 1 Z 1 EheG der nachehelichen Aufteilung entzogen sind. Der Rechtsmittelwerber zeigt nicht konkret auf, dass das Rekursgericht die übernommenen Gegenleistungen falsch gewichtet hätte. Wenn er behauptet, die übernommenen Schulden hätten 100.000 S betragen, so geht er nicht von den Feststellungen aus.

3. Bei der (unentgeltlichen) Eigentumsübertragung von Liegenschaften durch Verwandte eines Ehegatten kommt der von der Rechtsprechung entwickelten Zweifelsregel, nach der mangels abweichender Widmung im Allgemeinen davon auszugehen sei, dass mit Zuwendungen von Verwandten nur der mit dem Schenker verwandte Ehegatte begünstigt werden soll, keine Bedeutung zu. Anders als bei Geldgeschenken oder Arbeitsleistungen liegt regelmäßig eine eindeutige Widmung vor (9 Ob 163/02i; RIS-Justiz RS0117148). Entgegen der Meinung des Revisionsrekurswerbers hat das Rekursgericht nicht verkannt, dass der Zweifelsregel im vorliegenden Fall keine Bedeutung zukommt. Es hat diese Frage zu Recht gar nicht behandelt, steht doch fest, dass die Liegenschaften in das Eigentum nur der Antragsgegnerin übergehen sollten.

4. Der Oberste Gerichtshof hat ausgesprochen, dass bei der Festsetzung der Höhe der Ausgleichszahlung „nach billigem Ermessen" die Verschuldensentscheidung im Scheidungsverfahren von Bedeutung sein kann (7 Ob 591/82 = EvBl 1982/195 mwN; RIS-Justiz RS0057387) und es durchaus der Billigkeit entspricht, dass der Unschuldige, wenn auch nur in einem gewissen Ausmaß, besser bedacht wird, als der Schuldige (RIS-Justiz RS0057501 [T1]).

5. Ferner entspricht es der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass jede Zahlungsverpflichtung eines der früheren Ehegatten, die ihn in seiner neuen wirtschaftlichen Lage nicht wohl bestehen ließe, der Billigkeit widerspricht (RIS-Justiz RS0057677 [T1]; RS0057579 [T2]).

6. Das Rekursgericht hat seiner Entscheidung auch die oberstgerichtliche Rechtsprechung zugrundegelegt, dass der Ausgleichszahlungspflichtige, insbesondere bei entsprechend langer Verfahrensdauer oder überhaupt dann, wenn er nach den Umständen des Falls mit einer Festsetzung einer Ausgleichszahlung rechnen muss, im Laufe des Verfahrens in zumutbarer Weise Vorsorge zu treffen hat, dass er diese schließlich fristgerecht leisten kann (RIS-Justiz RS0057642).

7. Unterliegt eine Liegenschaft gemäß § 82 Abs 1 Z 1 EheG nicht der Aufteilung, so sind die von den Ehegatten auf die Liegenschaft gemachten, wertsteigernden Aufwendungen, soweit die Wertsteigerung im maßgeblichen Zeitpunkt noch vorhanden ist, im Rahmen der Aufteilung zu berücksichtigen (SZ 46/42; RIS-Justiz RS0057308).

Das Erstgericht stellte zwar fest, dass die Liegenschaften durch die von den Ehegatten erbrachten Arbeitsleistungen und Investitionen eine Wertsteigerung erfuhren, konnte das Ausmaß der Wertsteigerung aber nicht feststellen. Das Rekursgericht zog zur Ermittlung des aufzuteilenden Wertzuwachses § 34 AußStrG heran. § 34 AußStrG ist § 273 Abs 1 ZPO nachgebildet (3 Ob 101/07k mwN). Nach ständiger Rechtsprechung ist die Entscheidung des Gerichts darüber, ob es § 273 ZPO anwendet, eine rein verfahrensrechtliche Entscheidung. Wurde zu Unrecht die Anwendbarkeit des § 273 ZPO bejaht oder verneint, muss dies mit Mängelrüge bekämpft werden (RIS-Justiz RS0040282). Nichts anderes gilt aber für § 34 AußStrG (3 Ob 101/07k). Dass das Rekursgericht zu Unrecht § 34 AußStrG anwandte, wird im Revisionsrekurs nicht behauptet. Eine Rechtsfrage hingegen ist es, ob das Ergebnis der Anwendung des § 273 ZPO richtig ist (RIS-Justiz RS0040282 [T4]). Gleiches gilt auch für § 34 AußStrG (3 Ob 101/07k). Mit den vom Rekursgericht angestellten Überlegungen setzt sich der Revisionsrekurswerber nicht auseinander. Letztlich vermag aber auch die allenfalls unrichtige Ausübung der freien Überzeugung nach § 34 AußStrG im Einzelfall, was auch gar nicht konkret dargestellt wird, keine erhebliche Rechtsfrage zu begründen (3 Ob 101/07k).

8. Das Rekursgericht hat bei der Ausmessung der Ausgleichszahlung den Umstand, dass vom Konto des Revisionsrekurswerbers monatliche Ratenzahlungen auf das von der Antragsgegnerin aufgenommene Darlehen erfolgten, in Anschlag gebracht. Wie dieser Umstand im Einzelfall zu gewichten ist, hat keine über diesen hinausgehende Bedeutung.

Dass der Kredit beim Raiffeisenverband S***** für laufende Renovierungskosten für die Liegenschaften aufgenommen wurde, hat das Erstgericht nicht festgestellt.

Die Ausführungen zum Hausrat zeigen keine Feststellungsmängel aufgrund unrichtiger rechtlicher Beurteilung auf, hat doch das Erstgericht dazu Feststellungen getroffen. In Wirklichkeit versucht der Revisionsrekurswerber hier die Beweiswürdigung des Erstgerichts zu bekämpfen. Dies ist aber mit Revisionsrekurs nicht möglich, weil der Oberste Gerichtshof auch in Außerstreitsachen nicht Tatsacheninstanz ist.

9. Aus den Ausführungen des Revisionsrekurswerbers zur „unrichtigen wirtschaftlichen Beurteilung der Antragsgegnerin durch das Rekursgericht" ist nicht erkennbar, welchen Einfluss dies auf das erzielte Ergebnis haben soll. Hinzuweisen ist aber, dass auf dem Umweg über Ausgleichszahlungen (§ 94 Abs 1 EheG) nicht der Aufteilung unterliegende Sachen nicht in das Aufteilungsverfahren einbezogen werden dürfen (vgl RIS-Justiz RS0057626).

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