Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass der Zwischensachbeschluss des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Text
Begründung
Mit Mietvertrag vom 24. 7. 1987 mietete die Antragsgegnerin von der Antragstellerin das Geschäftslokal top ***** im Haus ***** zu einem Hauptmietzins von S 17.920. Es war vereinbart, dass das Betriebsobjekt innerhalb des Konzerns weitergegeben werden kann. Der Betriebsgegenstand der Antragsgegnerin ist unter anderem die Verwaltung eigener Vermögenswerte und der Handel mit Waren aller Art. Die Antragsgegnerin schloss mit ihrer 100 %-igen "Enkelgesellschaft", der B*****-AG, einen mündlichen Untermietvertrag. Die B*****-AG betreibt im Bestandobjekt ein Unternehmen.
Der Verkauf der Aktien der Antragsgegnerin an die R*****-Gruppe erfolgte mit Vertrag vom 16. 7. 1996. Diese Veräußerung wurde der Antragstellerin nicht angezeigt.
Die Antragstellerin begehrt mit ihrem am 30. 9. 1998 bei der Schlichtungsstelle eingelangten Antrag die Feststellung des zulässigen Hauptmietzinses für das Bestandobjekt mit S 252.000 beginnend mit 1. 9. 1996 samt Wertsicherung und die Nachzahlung der festgestellten angemessenen monatlichen Hauptmietzinse zuzüglich Betriebskosten und Umsatzsteuer. Sie stützte ihr Begehren auf § 12a Abs 3 MRG mit der Begründung, dass im Jänner 1994 die Aktien der Antragsgegnerin von der "K***** W*****-Privatstiftung" an die R*****-Gruppe verkauft worden seien. Dadurch seien wesentliche Veränderungen in den rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten der Mieterin erfolgt. Da die Unternehmensveräußerung nicht angezeigt worden sei, sei die im Gesetz genannte Frist von sechs Monaten zur Mietzinsanhebung nicht ausgelöst worden.
Die Antragsgegnerin bestritt das Begehren im Wesentlichen mit der Begründung, dass der Antragstellerin aus den Medien der Verkauf der Aktien seit Juli 1996 positiv bekannt gewesen hätte sein müssen. Der Antrag sei daher verfristet. § 12a MRG setze außerdem voraus, dass der Hauptmieter im Mietgegenstand ein veräußerbares Unternehmen führe, wozu die Untervermietung eines Bestandobjektes im Rahmen eines Vermietungs- und Verpachtungsunternehmens nicht ausreiche. Die Antragsgegnerin betreibe im Bestandobjekt kein Unternehmen, sie sei bloß eine Holding-Gesellschaft, die das Bestandobjekt an ein konzernverbundenes Unternehmen, die B*****-AG, untervermietet habe. Die Angemessenheit des begehrten Hauptmietzinses werde bestritten.
In der Tagsatzung vom 28. 10. 1999 (ON 11) stellten die Parteien einvernehmlich einen Zwischenantrag auf Feststellung, ob eine Anhebung des Hauptmietzinses gemäß § 12a MRG im Hinblick auf die Behauptung der Antragsgegnerin, dass sie im gegenständlichen Bestandobjekt kein veräußerbares Unternehmen betreibe, berechtigt sei.
Das Erstgericht stellte in seinem Zwischensachbeschluss fest, dass die Antragstellerin zur Anhebung des Mietzinses gemäß § 12a MRG dem Grunde nach berechtigt sei. In rechtlicher Hinsicht gelangte es zu dem Ergebnis, dass § 12a MRG gesellschaftliche Konstruktionen zur Umgehung des Erhöhungsrechtes des Vermieters verhindern wolle. Die Veräußerung der Anteilsrechte an einer Holdinggesellschaft, die Alleingesellschafterin der Mietergesellschaft sei, bedeute eine wesentliche Veränderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeit in der Mietergesellschaft. Es mache keinen Unterschied, ob das im Geschäftslokal geführte Unternehmen von der Konzernmutter als Hauptmieterin selbst oder von einer ihrer 100 %-igen Töchter- bzw Enkelgesellschaften betrieben werde. Die die Antragsgegnerin treffende Anzeigepflicht nach § 12a Abs 2 MRG könne nicht durch Medienberichterstattung ersetzt werden. Der Anspruch sei nicht verfristet.
Das Rekursgericht änderte den Zwischensachbeschluss als Sachbeschluss dahingehend ab, dass der Antrag der Antragstellerin zur Gänze abgewiesen wurde. Es führte aus, dass eine Mietzinserhöhung gemäß § 12a Abs 3 MRG schon deshalb zu verneinen sei, weil die Antragsgegnerin als Hauptmieterin in den gemieteten Geschäftsräumlichkeiten kein veräußerbares Unternehmen geführt habe. Dies sei jedoch für die Anhebungstatbestände der §§ 12a Abs 1 und Abs 3 und auch 46a Abs 4 MRG von der Rechtsprechung gefordert worden. Die Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen einer Umgehungsabsicht liege jedoch zunächst beim Vermieter. Komme dieser seiner Beweispflicht in den ihm zumutbaren Ausmaß nach, dann obliege es dem Gegner, die allein in seiner Sphäre liegenden Umstände darzutun und offen zu legen, die den erbrachten Anschein entkräften. Die Antragstellerin habe sich auf das Vorliegen eines Umgehungsgeschäftes nicht berufen. Dieses sei auch nicht evident, da die Unternehmensführung von Beginn an (seit 1987), also schon vor der Schaffung des Mietzinsanhebungsrechtes nach § 12a Abs 3 MRG, nicht durch die Antragsgegnerin selbst, sondern durch deren Untermieterin erfolgt sei. Das behauptete Mietzinsanhebungsrecht bestehe daher nicht.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 130.000 übersteige und erklärte den Revisionsrekurs für zulässig, weil einerseits der Wortlaut des § 12a Abs 3 MRG die hier vertretene Tatbestandsvoraussetzung des "im Mietobjekt vom Hauptmieter betriebenen Unternehmens" nicht enthalte und andererseits eine ausdrückliche Stellungnahme des Obersten Gerichtshofs dazu, ob das "im Bestandobjekt betriebene Unternehmen" zwingend vom Hauptmieter selbst oder auch vom Untermieter betrieben werden könne, nicht vorliege.
Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin mit einem Abänderungsantrag im Sinne der Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung, in eventu werde ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Antragsgegnerin beantragt, den Revisionsrekurs zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist aus dem zweiten vom Rekursgericht genannten Grund zulässig, er ist auch berechtigt.
Die Antragstellerin stützt sich darauf, dass die Ausübung der Geschäftstätigkeit nicht durch die Hauptmieterin selbst, sondern durch eine konzerninterne Gesellschaft dem Anhebungsrecht der Antragstellerin nicht entgegenstehe.
Der Oberste Gerichtshof hat zu § 12a Abs 3 MRG bereits mehrfach ausgesprochen, dass diese Bestimmung nur dann dem Vermieter die Anhebung des Hauptmietzinses ermöglicht, wenn die Mietergesellschaft, in der es zu einem Machtwechsel gekommen ist, im Mietobjekt ein veräußerbares Unternehmen betreibt (5 Ob 200/00y, WoBl 1998/199, WoBl 1998/134, WoBl 1998/133, WoBl 1997/16). Das ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus dem Gesetzeswortlaut, ist aber daraus zu schließen, dass § 12a MRG die "Veräußerung und Verpachtung eines Unternehmens" regeln soll (so die Überschrift der Gesetzesbestimmung) und dass Abs 3 leg cit nur einen Auffangtatbestand für die durch Abs 1 leg cit nicht unmittelbar erfassbaren Unternehmensveräußerungen enthält. Um die Rechtsfolgen auszulösen, muss es um ein lebendes Unternehmen gehen, das der Erwerber unter Wahrung der Unternehmensidentität im Bestandobjekt fortführt (5 Ob 200/00y, WoBl 1999/25, WoBl 1999/59 je mwN).
Tragender Gedanke des Rechtes des Vermieters auf Mietzinserhöhung im Sinne des § 12a MRG ist der Übergang von der kriegsbedingten und nachkriegsbedingten Wohnungsbewirtschaftung und Geschäftsraumbewirtschaftung zu einer marktwirtschaftlichen Ordnung des Mietwesens. In bestehende Vertragsverhältnisse wird jedoch nur eingegriffen, wenn die Person des bisherigen Mieters mit demjenigen, der das Unternehmen in den gemieteten Räumen nunmehr auf seine Rechnung betreibt, nicht mehr identisch ist, sodass der ursprüngliche Mieter kein existentielles, schützenswertes eigenes Unternehmerinteresse an der Beibehaltung des niedrigen Mietzinses haben kann. In all diesen Fällen würde der günstige Mietzins nur noch zu Lasten des Vermieters verwertet werden, weshalb die Anhebung auf einen angemessenen Zins gerechtfertigt ist (7 Ob 169/97x, 4 Ob 2357/96p). Zweck der Regelung des § 12a Abs 3 MRG ist es also, zu verhindern, dass durch gesellschaftsrechtliche Möglichkeiten mehrheitlich andere Personen als der bisherige Mieter von einem günstigen Mietrecht zum Nachteil des Vermieters profitieren (5 Ob 239/99d), somit eine Unternehmensveräußerung im engeren Sinn ersetzt wird (Reich-Rohrwig in ecolex 1995, 488).
Im vorliegenden Fall wurde nicht von der Mieterin (Holding) selbst im Mietobjekt das Unternehmen betrieben, sondern von ihrer 100 %-igen "Enkeltochter".
Sind rechtlich selbständige Unternehmen zu wirtschaftlichen Zwecken unter einheitlicher Leitung zusammengefasst, so bilden sie einen Konzern (§ 15 Abs 1 AktG). Steht ein rechtlich selbständiges Unternehmen auf Grund von Beteiligungen oder sonst unmittelbar oder mittelbar unter dem beherrschenden Einfluss eines anderen Unternehmens, so gelten das herrschende und das abhängige Unternehmen zusammen als Konzern und einzeln als Konzernunternehmen (§ 15 Abs 2 AktG). Der Konzern ist primär eine wirtschaftliche Einheit (Schiemer/Jaborneg/Strasser, Aktiengesetz3, § 15 Rz 30).
Auf Grund der hier gegebenen Beteiligungsverhältnisse kann die Untermieterin überhaupt keine eigenen Interessen verwirklichen. Sie ist in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht vollkommen von der Antragsgegnerin abhängig. Die wirtschaftlichen Auswirkungen ihrer Handlungen schlagen sich daher nur im Vermögen der Antragsgegnerin nieder. Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise besteht kein Unterschied, ob die Antragsgegnerin selbst das Unternehmen im Bestandobjekt betreibt oder die Untermieterin B*****-AG. Durch den Erwerb der Anteile an der Antragsgegnerin als Hauptmieterin profitieren also bei unveränderter Weiterführung des Unternehmens durch die Untermieterin wirtschaftlich gesehen völlig andere Personen vom günstigen Mietzins als bisher. Genau das soll - wie oben dargelegt - durch § 12a MRG verhindert werden. Das für die Anwendung des § 12a MRG notwendige Erfordernis, dass das Unternehmen im Bestandobjekt vom Mieter betrieben werden muss, ist sohin auch dadurch erfüllt, dass der Mieter das Bestandobjekt an eine zu 100 % abhängige Gesellschaft im Konzern untervermietet und nur diese das Unternehmen dort betreibt.
Wie das Rekursgericht zutreffend erkannt hat, ist nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung geklärt, dass die Veräußerung der Anteilsrechte an jener Holdinggesellschaft, die Alleingesellschafterin der Mietergesellschaft ist, eine wesentliche Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten in der Mietergesellschaft bewirkt (WoBl 1998/112, immolex 1999/71, immolex 2000/21). In diesem Fall wurden die Anteilsrechte an der Mieterin selbst veräußert. Dass hier eine Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten in der Mietergesellschaft bewirkt wurde, ziehen die Parteien auch gar nicht in Zweifel.
Nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung hindert ein vertraglich eingeräumtes Weitergaberecht nicht nur die Mietzinsanhebung nach § 12a Abs 1 MRG, sondern auch nach § 12a Abs 3 MRG, weil das Zugeständnis des Vermieters, die Mietrechte zu den bisherigen Bedingungen an ein anderes Rechtssubjekt weiterzugeben, auch die im § 12a Abs 3 MRG angesprochenen Änderungen in der Mietergesellschaft abdeckt (5 Ob 58/00s, 5 Ob 190/00b, WoBl 2001/1). Es kann dahingestellt bleiben, ob die Parteien hier ein Weitergaberecht vereinbart haben, weil daraus für die Antragsgegnerin nichts gewonnen wäre. Dieses Weitergaberecht würde sich jedenfalls nur auf Unternehmen innerhalb des Konzerns beziehen und daher den Fall, dass die Geschäftsanteile der Mieterin an dritte Personen veräußert werden, nicht umfassen (5 Ob 100/99p).
Das Rekursgericht hat zutreffend ausgeführt, dass nach ständiger Rechtsprechung der Beginn der Präklusivfrist nach § 12a Abs 2 MRG nur mehr durch eine Anzeige der Veräußerung in Lauf gesetzt wird und die Judikatur zu § 12 Abs 3 aF MRG nicht mehr anwendbar ist (5 Ob 86/00h, 5 Ob 190/99y, 5 Ob 316/99b). Das Anhebungsbegehren besteht daher dem Grunde nach zu Recht, sodass der erstinstanzliche Beschluss wieder herzustellen war.
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