Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen, die im stattgebenden Teil der Entscheidungen als unbekämpft unberührt bleiben, werden im Übrigen aufgehoben; die Rechtssache wird insoweit an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.
Begründung
Die Streitteile sind - neben anderen Personen - Miteigentümer der Liegenschaft EZ 83 GB *****. An dieser Liegenschaft wurde mit Kauf‑ und Wohnungseigentumsvertrag vom 6. 10. 1980 Wohnungseigentum begründet. Der Beklagte ist zu 116/968‑Anteilen Miteigentümer der Liegenschaft, verbunden mit dem Wohnungseigentum an der einzigen Dachgeschoßwohnung top W 13, die in Punkt VI. des Vertrags als abgeschlossene Wohneinheit, bestehend aus Diele, Gang, Bad, WC, Abstellraum, Küche, vier Zimmern, Kellerabteil, Terrasse und PKW‑Abstellplatz mit einer Wohnnutzfläche von 111,13 m2 beschrieben ist. Grundlage der gerichtlichen Parifizierung war ein Tekturplan, der auch der Baubewilligung zugrundeliegt, nicht aber dem tatsächlich gebauten Zustand des Hauses entspricht. Die in der Wohnung des Beklagten vorgenommenen Änderungen waren nicht notwendig im bautechnischen Sinn, brachten aber eine Verbesserung der Wohnung des Beklagten, deren Wohnfläche damit um 11,86 m2 und deren Terrasse um 9,20 m2 vergrößert wurde, was, gerechnet mit den Ansätzen der ursprünglichen Parifizierung, zu einer Änderung der Nutzwerte der Wohnung von 116 auf 130 führen würde. Weiters wurden von der Terrasse aus Dachräume zugänglich gemacht, die ausschließlich von der Wohnung des Beklagten aus nutzbar sind und eine Fläche von 51,54 m2 haben. Im Jahr 1990 ließ der Beklagte in einem der Dachräume ein Dachflächenfenster einbauen, den Dachraum (teilweise) isolieren und dort einen Bodenbelag anbringen, wozu er die Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer nicht einholte. Auch ohne Berücksichtigung dieser Verbesserung wäre den Dachböden, die bei der Parifizierung weder als allgemeine Teile noch als Teile des Objekts des Beklagten berücksichtigt wurden, einen Gesamtnutzwert von 10 zuzuweisen, der jenen der Wohnung des Beklagten auf 140 erhöhen würde.
Die Kläger begehren die Unterlassung der Nutzung der über den Tekturplan hinausgehenden Allgemeinflächen und Wiederherstellung des Zustands laut diesem Plan sowie Entfernung eines unmittelbar neben der Wohnungseingangstür im Gangbereich errichteten Schuhschranks. Das Gebäude sei im Rahmen eines „Bauherrnmodells" errichtet worden, sämtliche Vertragsparteien seien an den Grundkosten im Umfang der jeweiligen Wohnungseigentumsanteile und an den Gebäudeerrichtungskosten aliquot der Wohnfläche laut Einreichplan beteiligt worden. Die Wohnung des Beklagten sei die Dachgeschoßwohnung des Objekts, Veränderungen innerhalb dieser seien für die Miteigentümer nach Abschluss der Bauphase nicht erkennbar gewesen, insbesondere nicht die unter Benützung von Allgemeinflächen im Stiegenhaus, im Dachraum sowie auf der Terrasse gegenüber den genehmigten Bauplänen Vergrößerung der Wohnung und der Ausbau eines Dachraums zu einem Büro.
Der Beklagte bestritt und brachte vor, das „Bauherrnmodell" sei so gestaltet gewesen, dass die Errichtung der Wohnanlage einem Bauträger übergeben und die jeweiligen Wohnungen von den einzelnen Parteien zu einem Fixpreis erworben worden seien. Dem Beklagten sei hinsichtlich der Dachgeschoßwohnung die Möglichkeit zugesagt worden, diese nach eigenen Planungswünschen auszubauen. Der von den Wohnungseigentumsorganisatoren beauftragte Architekt habe die Wohnung anschließend so, wie sie heute noch vorhanden sei - also mit den Vergrößerungen im Norden und Osten - geplant und gestaltet. Der Beklagte habe die Wohnung mit den selben Maßen übernommen wie sie heute noch bestehe. Der Beklagte habe die Veränderungen nicht in Auftrag gegeben. Sämtliche Materialkosten durch die bauseits bedingten Änderungsarbeiten seien aber von ihm getragen worden. Die nur über die Wohnung des Beklagten erreichbaren Dachräume seien von Anfang an mit Türauslässen versehen gewesen und auf Anraten des damaligen Bauleiters mit Metalltüren versehen worden, damit der Beklagte diese Räume als Lager- und Abstellräume nützen könne. Dies sei den Miteigentümern damals schon bekannt gewesen. Da der Beklagte keine nachträglichen Veränderungen vorgenommen habe, sei eine Unterlassungsklage im Sinne des § 16 WEG nicht zulässig, sondern liege ein Fall des § 9 Abs 1 Z 3 WEG vor, wonach bei einer Änderung der Nutzwerte aufgrund abweichender Bauführung innerhalb eines Jahres die Nutzwerte neu festgesetzt werden könnten. Ein derartiger Antrag sei allerdings infolge Fristablaufs nicht mehr zulässig. Im Übrigen hätten die Miteigentümer im Kauf‑ und Wohnungseigentumsvertrag die Zustimmung zu geänderten Bauführungen, durch die die anderen Wohneinheiten nicht berührt würden, erteilt und sich gegenseitig zugestanden, allenfalls notwendige Planänderungen vorzunehmen. Auf Preisminderungen oder -erhöhungen aus diesem Grund sei verzichtet worden.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab und gelangte rechtlich zu dem Ergebnis, dass sich zwar der Nutzwert des Objekts des Beklagten gegenüber den Grundlagen der Nutzwertermittlung durch abweichende Bauführung verändert habe, die Frist zur Geltendmachung der gerichtlichen Nutzfestsetzung aber abgelaufen sei. Die im Jahr 1990 vorgenommenen Änderungen am Dachraum seien auf seine eigenen Kosten erfolgt, die dadurch erfolgte Verbesserung nicht weiter zu berücksichtigen. Im Übrigen hätten die in diesem Dachraum vorgenommenen Veränderungen des Beklagten die übrigen Wohnungseigentümer „weder in ihrem Ausmaß noch in ihrer Benutzbarkeit" beeinträchtigt, weshalb ein eigenmächtiger Eingriff des Beklagten in das Miteigentum der Kläger, der mittels Unterlassungs- oder Beseitigungsklage untersagt werden könne, nicht vorliege. Die Nutzung der Dachräume sei letztlich im Einvernehmen mit den übrigen Wohnungseigentümern erfolgt, weil diese einen Antrag auf gerichtliche Nutzwertfestsetzung nicht gestellt hätten.
Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung über Berufung der klagenden Parteien dahin ab, dass die Nutzung des Stiegenhauspodests durch den Schuhschrank und der Ausbau des Dachbodenraums durch Fenster, keramischen Bodenbeschlag und Isolierung untersagt und die Wiederherstellung des vorigen Zustands aufgetragen wurde. Das Mehrbegehren, auch die Vergrößerung der Wohnung selbst zu beseitigen und die Wohnung entsprechend dem Einreichplan herzustellen, wurde abgewiesen. Im seinerzeitigen Miet- und Wohnungseigentumsvertrag seien Planänderungen, durch welche die übrigen Wohnungseigentumsobjekte nicht berührt würden, die Zustimmung erteilt worden. Daraus folge auch die Zustimmung zu baulichen Änderungen an einzelnen Wohnungseigentumsobjekten, durch die in die Wohnungseigentumsobjekte der anderen Mit‑ und Wohnungseigentümer nicht eingegriffen werde. Im Übrigen sei im Rahmen des Vertrags die Errichtung von Arbeiterwohnstätten im eigenen Namen und auf eigene Rechnung vereinbart worden. Damit seien sowohl der planende Architekt als auch die an der Errichtung beteiligten Firmen als Gehilfen sämtlicher Mit‑ und Wohnungseigentümer anzusehen und müssten sich letztere Handlungen und Unterlassungen dieser Erfüllungsgehilfen im Zusammenhang mit der Planung und Ausführung der Wohnungseigentumsanlage zurechnen lassen. In der Abweichung der Ausführung der Dachgeschoßwohnung von den von der Baubehörde genehmigten Plänen im Zuge der Errichtung des Gebäudes sei daher ein gültiger Widmungsakt bezüglich der tatsächlichen Gestaltung der Wohnung des Beklagten zu erblicken, der nunmehr nicht mit einem Unterlassungsbegehren im Sinne des § 523 ABGB beseitigt werden könne. Lediglich die nach Errichtung und Fertigstellung der Wohnungseigentumsanlage durchgeführten Maßnahmen, nämlich die Anbringung des Schuhschranks und der nachträgliche Einbau des Dachfensters bzw die Verfliesung und Vertäfelung dieses Dachbodenraums sei ein Eingriff in allgemeine Teile der Wohnungseigentumsanlage ohne Zustimmung der übrigen Mit- und Wohnungseigentümer, bezüglich dessen das Wiederherstellungs- und Unterlassungsbegehren berechtigt sei.
Das Berufungsgericht sprach weiters aus, dass die Revision zulässig sei, weil Rechtsprechung zur Frage, ob ein rechtsgültiger Widmungsakt im Zuge eines Bauherrnmodells auch aus den Handlungen der Erfüllungsgehilfen der Mit- und Wohnungseigentümer abgeleitet werden könne, nicht bestehe.
Rechtliche Beurteilung
Gegen den abweisenden Teil der Entscheidung richtet sich die Revision der Kläger, der Berechtigung zukommt.
1. Vorweg sei festgehalten, dass auf Klagsseite bei einer Miteigentümergemeinschaft jeder einzelne Berechtigte zur Abwehr von Störungen legitimiert ist, soferne er sich nicht in Widerspruch mit den Übrigen setzt. Insbesondere gilt dies auch für einen Wohnungseigentümer hinsichtlich allgemeiner Hausteile (Hofmann in Rummel3 § 523 Rz 4; Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht21 § 16 WEG Rz 39).
2. Der Rechtstitel für die einem Wohnungseigentümer zustehenden Nutzungsbefugnisse liegt nicht in der Nutzwertfestsetzung bzw der Nutzwertberechnung, sondern in der Widmung, die wiederum Grundlage des Wohnungseigentumsvertrags ist. Die rechtswirksame Widmung gibt den Ausschlag dafür, was zu einem bestimmten Wohnungseigentumsobjekt gehört und dementsprechend vom jeweiligen Wohnungseigentümer ausschließlich genutzt werden darf. Die Festsetzung bzw Berechnung der Nutzwerte schafft dagegen keinen eigenen Rechtsgrund für die Nutzung, sondern hat die Widmung nur nachzuvollziehen (RIS‑Justiz RS0118149, zuletzt 5 Ob 113/07i = wobl 2008/18 [Call]). Grundlage der Nutzwertfestsetzung durch den Außerstreitrichter ist daher die der jeweiligen materiellen Rechtslage entsprechende konkrete Widmung. Die Nutzwertfestsetzung selbst hat in einem nur über Antrag einzuleitenden, der Dispositionsbefugnis der Parteien entzogenen Außerstreitverfahren zu erfolgen, wobei stets über alle als Wohnungseigentumsobjekte in Betracht kommenden Objekte einer Liegenschaft abzusprechen ist (RIS‑Justiz RS0083252; 5 Ob 73/99t).
An allgemeinen Teilen kann kein Wohnungseigentum begründet werden, sie werden daher von der Nutzwertfestsetzung nicht erfasst (5 Ob 113/07i mwN). Allgemeine Teile einer Liegenschaft sind solche, die der allgemeinen Benützung dienen oder deren Zweckbestimmung einer ausschließlichen Benützung entgegensteht (§ 2 Abs 4 WEG 2002).
Für die Widmung eines Wohnungseigentumsobjekts ist die privatrechtliche Einigung (der Widmungsakt) der Wohnungseigentümer (in der Regel im Wohnungseigentumsvertrag) maßgeblich (5 Ob 113/07i; 5 Ob 106/06h; RIS‑Justiz RS0114928; RS0120725). Der Rechtsakt der Widmung kann im Stadium der Vorbereitung einer Wohnungseigentumsbegründung auch vom Wohnungseigentumsorganisator gesetzt werden.
Die Frage der Vertragsauslegung ist grundsätzlich eine einzelfallbezogene (5 Ob 113/07i). Das rechtswirksame Zustandekommen und der Inhalt einer Widmung von Teilen einer im Wohnungseigentum stehenden Liegenschaft hängen daher vielfach von den konkreten Umständen des gerade zu beurteilenden Falls ab (5 Ob 157/03d = wobl 2003/93 [Call]).
3. Das Formerfordernis des § 2 Abs 2 WEG 1975 bezog sich bloß auf die für die Begründung von Wohnungseigentum wesentlichen Vertragspunkte. Demnach bildete (und bildet) die einvernehmliche Widmung von Räumen oder Flächen der Liegenschaft zu sogenannten allgemeinen Teilen des Hauses keinen vom Zweck des Formgebots umfassten Hauptpunkt des Wohnungseigentumsbegründungsvertrags; sie stellt sich vielmehr bloß als Nebenabrede dar, die zu ihrer Gültigkeit der Schriftform nicht bedarf und damit auch mündlich - ausdrücklich oder konkludent - getroffen werden kann (RIS‑Justiz RS0082712). Für die Widmung besteht also grundsätzlich kein Formerfordernis, sie kann auch auf einer bloßen konkludent zustandegekommenen Willenseinigung der Miteigentümer beruhen, die sich gemäß § 863 ABGB etwa an lang geübten Nutzungen oder dem Baukonsens bei einvernehmlich vorgenommenen Um‑ und Ausbauten festmachen lässt (5 Ob 156/98x; 5 Ob 52/00h). Eine solche Widmung ist zB dann anzunehmen, wenn bei Abschluss oder Änderung eines Wohnungseigentumsvertrags bestimmte Benützungsverhältnisse vorgefunden werden, unwidersprochen bleiben und in die Festsetzung und Änderung der Nutzwerte eingehen (5 Ob 2075/96z). Neben der rechtsgeschäftlichen Zweckbestimmung, die Teile der gemeinsamen Liegenschaft einer ausschließlichen Benützung durch einen Wohnungseigentümer entzieht (etwa einer Benützungsregelung), kann auch die normative Kraft des Faktischen genügen (vgl 5 Ob 52/01k).
4. Hier soll das Haus im Rahmen eines sogenannten „Bauherrnmodells" errichtet worden sein. Bei einem solchen wird der Versuch unternommen, den Erwerb eines unbebauten Grundstücks oder eines Anteils daran und die anschließende Schaffung von Gebäuden in zwei rechtlich getrennte Vorgänge aufzuteilen, wobei nur der Erwerb des unbebauten Grundstücks der Grunderwerbssteuer unterliegen soll. Als Bauherr im Sinne des Grunderwerbssteuer‑ und Umsatzsteuergesetzes ist nach ständiger Rechtsprechung des VwGH der Käufer nur dann anzusehen, wenn er a) auf die bauliche Gestaltung des Hauses Einfluss nehmen kann, b) das Baurisiko zu tragen hat, dh den bauausführenden Unternehmungen gegenüber unmittelbar berechtigt und verpflichtet ist und c) das finanzielle Risiko tragen muss, dh, dass er nicht bloß einen Fixpreis zu bezahlen hat, sondern alle Kostensteigerungen übernehmen muss, aber auch berechtigt ist, von den Bauausführenden Rechnungslegung zu verlangen (VwGH Erkenntnis vom 19. 4. 1985, 89/16/0156 mwN). Dabei muss allerdings berücksichtigt werden, dass die Bezeichnung „Bauherrnmodell" rechtlich nicht definiert ist, das Vertragsbündel des Bauherrnmodells besteht aus zahlreichen Verträgen zwischen - in der Regel durch einen sogenannten - vertretenen Geschäftsbesorger‑Bauherrn auf der einen Seite und dem Grundstückseigentümer, Bauunternehmer, Baubetreuer sowie weiteren „Funktionsträgern" auf der anderen Seite. Trotz Verknüpfung im Entstehen und Bestand behält jeder Vertrag die Qualifikation und den Inhalt, der ihm zukommt (VwGH aaO).
5. Der Beklagte hat aber auch vorgebracht, dass die Errichtung der Wohnanlage an einen Bauträger übergeben worden sei und die einzelnen Parteien von diesem die jeweilige Wohnung zu einem Fixpreis erworben hätten. Es sei dem Beklagten die Möglichkeit zugesagt worden, die Wohnung nach eigenen Planwünschen auszubauen, das Objekt sei aber vom Architekten der Wohnungseigentumsorganisatoren geplant und gestaltet und in dieser Form vom Beklagten übernommen worden. Der Beklagte habe die Veränderungen nicht in Auftrag gegeben; allerdings habe er sämtliche Materialkosten für die Änderungsarbeiten getragen.
Nach den Feststellungen verpflichtete sich der Beklagte in der Kaufverpflichtungserklärung vom 11. 6. 1980 zum Erwerb der Dachgeschoßwohnung zu einem Preis von 1,242.674 ATS. Die vom Tekturplan abweichende Raumaufteilung war bereits bei Übergabe der Wohnung an den Beklagten vorhanden. Eine handschriftliche Aufstellung enthält die Mehrpreise für die Wohnung des Beklagten, nämlich die Vergrößerung der Wohnung und der Terrasse für einen Preis von insgesamt 32.362,26 ATS, die in der „nachfolgenden Zusammenstellung" nicht aufscheinen.
Weitere Feststellungen zur Frage, wer konkret wann und wem den Auftrag zur Vergrößerung der Wohnung des Beklagten und auf wessen Rechnung erteilt hat, bzw umgekehrt, weshalb der Beklagte die Kosten der Vergrößerung trug, wenn er sie nicht in Auftrag gab, aber auch auf welche Wohnungsgröße sich der festgestellte Kaufpreis überhaupt bezog, enthält das erstinstanzliche Urteil, wie die Revision allgemein zu Recht moniert, nicht. Der vom Berufungsgericht gezogenen rechtlichen Schlussfolgerung, sowohl der die Wohnungseigentumsanlage planende Architekt als auch die an der Errichtung beteiligten Firmen seien Gehilfen sämtlicher Mit‑ und Wohnungseigentümer gewesen und deren Handlungen und Unterlassungen im Zusammenhang mit der Planung und Ausführung der Wohnungseigentumsanlage daher allen Miteigentümern zuzurechnen, weshalb in der Abweichung der Ausführung der Dachgeschoßwohnung des Beklagten von den von der Baubehörde genehmigten Bauplänen im Zuge der Errichtung des Gebäudes ein gültiger Widmungsakt bezüglich der tatsächlichen Errichtung der Wohnung des Beklagten zu erblicken sei, fehlt daher die Tatsachengrundlage.
6. Sollte sich im fortgesetzten Verfahren eine entsprechende Tatsachenbasis ergeben, wird zur Zurechnung des Wissens von Gehilfen zu beachten sein:
Die Rechtsprechung nimmt eine Wissenszurechnung durch jene Personen (Wissensvertreter) an, die - sowohl als selbständige Dritte als auch als Gehilfen - vom Geschäftsherrn damit betraut worden sind, Tatsachen, deren Kenntnis von Rechtserheblichkeit ist, entgegenzunehmen oder anzuzeigen (RIS‑Justiz RS0065360; 9 Ob 23/07h mwN). Soweit es auf das Wissen des Geschäftsherrn ankommt, wird ihm dabei das Wissen des Wissensvertreters als eigenes zugerechnet und treten daher die an sein Wissen geknüpften Rechtsfolgen zum Nachteil des Geschäftsherrn ein. Dies wurde zum Beispiel beim Hausverwalter in Ansehung von Bauschäden judiziert (5 Ob 546/94; 7 Ob 242/99k; 10 Ob 22/03p), ebenso hinsichtlich des Wissens des Architekten um die Erfolglosigkeit von Sanierungsmaßnahmen (9 Ob 91/99v). Auch der Erfüllungsgehilfe eines Werkunternehmens könne ein Wissensvertreter sein (8 Ob 579/90), insbesondere eine Person, die mit der örtlichen Bauaufsicht betraut ist (7 Ob 17/06k). Dem liegt der allgemeine Gedanke zugrunde, dass der Einsatz von Gehilfen, also die „Rollenspaltung" nicht zum Nachteil Dritter gehen dürfe und ansonsten der Einsatz eines Gehilfen eine Verschlechterung der vom Gesetzgeber im Sinne eines Interessensausgleichs vorgesehenen Rechtsposition Dritter mit sich brächte, weshalb der Geschäftsherr so zu behandeln sei, als wäre er selbst tätig geworden (3 Ob 614/89; RIS‑Justiz RS0016312; 9 Ob 23/07h).
Eine solche Wissensvertretung könnte im vorliegenden Fall in Frage kommen, wenn die Miteigentümer Bauarbeiten in Auftrag gegeben hätten, die auch die Vergrößerung der Wohnung des Beklagten zum Inhalt hatten.
7. In diesem Fall wäre aber weiter zu beachten, dass damit den Miteigentümern bloß das Wissen ihres Auftragnehmers um die Vergrößerung der Wohnung des Beklagten zugerechnet werden könnte, es zur Annahme einer für eine Widmungsänderung erforderlichen konkludenten Willenserklärung aber noch weiterer Handlungen bedürfte, die im Sinne des § 863 ABGB mit Überlegung aller Umstände keinen vernünftigen Grund an der konkludenten Vereinbarung einer Widmungsänderung übrig lassen. Auf den nach dieser Bestimmung anzuwendenden strengen Maßstab (vgl Bollenberger in KBB § 863 Rz 6) ist dabei zu verweisen.
Eine solche konkludente Zustimmung zur Widmungsänderung wurde zB in der Entscheidung 1 Ob 585/79 (= MietSlg 31.518) angenommen, weil alle Miteigentümer den Antrag auf Feststellung der Nutzwerte aller Wohnungen gestellt hatten, in dem ein bestimmtes Kellerabteil einer bestimmten Wohnung als Zubehör zugeordnet worden war, in der mündlichen Verhandlung dagegen keine Einwendungen vorgebracht und gegen die Entscheidung der Schlichtungsstelle auch nicht das Gericht angerufen haben, weshalb der Oberste Gerichtshof zu dem Ergebnis kam, dass mit diesem Verhalten unzweifelhaft ein Verzicht auf die ursprüngliche Widmung dieses Kellerabteils als allgemeiner Teil des Hauses zum Ausdruck gebracht wurde.
8. Dem Rechtsstandpunkt des Beklagten, zur baulichen Veränderung seines Wohnungseigentumsobjekts auf Grund des Kauf‑ und Wohnungseigentumsvertrags berechtigt gewesen zu sein, weil nach diesem Vertrag allenfalls notwendige Planänderungen, welche die von den anderen Wohnungseigentümern zu übernehmenden Einheiten nicht berührten, vorgenommen werden konnten, hat bereits das Erstgericht in seiner Entscheidung (S 11) zutreffend entgegengehalten, dass die Änderungen in der Wohnung des Beklagten im bautechnischen Sinn nicht notwendig waren.
9. Von Interesse wird im fortgesetzten Verfahren auch sein, wer im konkreten Fall die Bauarbeiten - insbesondere jene über die Vergrößerung der Wohnung des Beklagten - in Auftrag gab und bezahlte und ob der Beklagte tatsächlich die Wohnung im vergrößerten Zustand zu dem von ihm angegebenen Fixpreis erwarb und daher im Sinne der angezogenen Entscheidung 5 Ob 157/03d auf Widmung und Ausstattung der Wohnung keinerlei Einfluss nahm.
10. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 zweiter Satz ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)