Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Die Liegenschaft EZ 53 GB ***** stand im Zeitpunkt der Einbringung des verfahrenseinleitenden Grundbuchsantrags im Alleineigentum des M***** E*****.
Auf dieser Liegenschaft war zu TZ 1117/2010 am 21. 5. 2010 aufgrund der Mitteilung der Agrarbehörde für Oberösterreich vom 18. 5. 2010, Zl 134568/6-2010, die Einleitung des Flurbereinigungsverfahrens gemäß § 30 OÖ FLG angemerkt.
Ohne Zustimmung der Agrarbehörde wurde zu TZ 2051/2010 die Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung bis 27. 8. 2010 unter B-LNR 2c angemerkt.
Im Zuge des Flurbereinigungsverfahrens räumte der Liegenschaftseigentümer M***** E***** neben der Abschreibung von Grundstücken aus der EZ 53 unter Punkt V des im Zuge des Flurbereinigungsverfahrens abgeschlossenen Übereinkommens für sich und seine Rechtsnachfolger F*****und S***** A***** das Vorkaufsrecht iSd §§ 1072 ff ABGB hinsichtlich der Grundstücke 693, 694 und 684/2, alle EZ 53 GB *****, ein. Mit Erlassung des Bescheids der Agrarbehörde vom 26. 5. 2010, Zl 134568/7-2010 wurde diese Vereinbarung genehmigt und rechtswirksam.
Zu TZ 2334/2010 wurde das Vorkaufsrecht für F***** und S***** A***** als Ergebnis des Flurbereinigungsverfahrens verbüchert und gleichzeitig die Löschung der zu TZ 1117/2010 angemerkten Einleitung des Flurbereinigungsverfahrens vorgenommen.
Mit Kaufvertrag vom 26. 1. 2011 veräußerte M***** E***** die Liegenschaft EZ 53 GB ***** an F***** und E***** R*****. In Punkt III des Kaufvertrags ist das zu C-LNR 14a eingetragene Vorkaufsrecht dargestellt. Dazu wurde im Kaufvertrag festgehalten: „Die kaufende Partei hat vom Vorkaufsrecht zu C-LNR 14a Kenntnis und ist daher der Erwerb der vertragsgegenständlichen Liegenschaft nur dann möglich, wenn seitens der Vorkaufsberechtigten F***** und S***** A***** eine entsprechende Löschungserklärung abgegeben wird.“
Zu TZ 1808/2011 beantragten E***** und F***** R***** mit ihrem am 10. 8. 2011 beim Erstgericht eingelangten und am 16. 8. 2011 verbesserten Grundbuchsgesuch zu ihren Gunsten die Einverleibung des Eigentumsrechts an dieser Liegenschaft je zur Hälfte im Rang der Anmerkung der Rangordnung TZ 2051/2010 sowie die Einverleibung der Dienstbarkeit des Wohnungsgebrauchsrechts bis 31. 12. 2015 für M***** E*****.
Das Erstgericht bewilligte die begehrten Eintragungen.
Dem dagegen von den Vorkaufsberechtigten erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge.
Das Rekursgericht bejahte die Rekurslegitimation der Vorkaufsberechtigten, weil diese durch die Eintragung in ihren bücherlichen Rechten verletzt sein könnten. Nach dem aktuellen Grundbuchsstand sei das aber nicht der Fall. Das Vorkaufsrecht der Rekurswerber sei nämlich gegenüber der angemerkten Rangordnung, in deren Rang die Eigentumseinverleibung begehrt wurde, nachrangig. Es treffe zu, dass im Zeitpunkt des Rangordnungsgesuchs ein Flurbereinigungsverfahren eingeleitet und bücherlich angemerkt gewesen sei. Das habe zur Folge, dass vom Einlangen der Mitteilung über die Einleitung des Flurbereinigungsverfahrens bis zum Abschluss des Verfahrens in den betroffenen Grundbuchseinlagen keine bücherliche Eintragung vorgenommen werden durfte, die mit dem Zweck des Verfahrens unvereinbar sei. Alle während dieses Zeitraums einlangenden sowie alle schon vorher eingelangten, aber noch nicht erledigten Grundbuchsgesuche habe das Grundbuchsgericht samt allen Beilagen mit dem Entwurf des zu erlassenden Grundbuchsbeschlusses der Agrarbehörde zu übermitteln. Diese entscheide dann über die Zulässigkeit der Eintragung. Das Grundbuchsgericht sei an die Entscheidung der Agrarbehörde gebunden (§ 45 Abs 2 FlVfGG, § 97 Abs 3 OÖ FLG). Sämtliche Entscheidungen des Grundbuchsgerichts mit Ausnahme der Rangordnungsbeschlüsse seien auch der Agrarbehörde zuzustellen (§ 45 Abs 3 FlVfGG). Nach Abschluss des Agrarverfahrens habe die Richtigstellung des Grundbuchs von Amts wegen zu erfolgen.
Das Erstgericht hätte dementsprechend vor Anmerkung der Rangordnung eine Entscheidung der Agrarbehörde über die Zulässigkeit dieser Eintragung einholen müssen. Das sei unterlassen worden. Gemäß § 93 GBG sei aber für die Beurteilung eines Grundbuchsgesuchs der Zeitpunkt maßgeblich, in dem dieses beim Grundbuchsgericht einlange. Zu diesem Zeitpunkt sei das Flurbereinigungsverfahren bereits beendet gewesen, die Verbücherung der Ergebnisse des Flurbereinigungsverfahrens sei vorgenommen und die Löschung der Anmerkung der Einleitung des Flurbereinigungsverfahrens erfolgt. Damit habe jegliche Zuständigkeit der Agrarbehörde geendet.
Das Grundbuchsgericht habe beim gegenständlichen Ansuchen nur noch vom Grundbuchsstand ausgehen dürfen, auch wenn dieser von der materiell richtigen Rechtslage abweiche. Selbst wenn die Eintragung der Ranganmerkung unter Verletzung bundes- und landesgesetzlicher Flurverfassungsbestimmungen zustandegekommen und materiell unrichtig sei, handle es sich doch um keine unheilbar nichtige Eintragung, die vom Grundbuchsgericht zu beseitigen gewesen wäre. Unheilbar nichtige, grundbuchswidrige Eintragungen seien nur solche, die ihres Gegenstands wegen nicht hätten stattfinden dürfen. Es müsse sich um Eintragungen handeln, die ein Recht zum Gegenstand hätten, das der geltenden Rechtsordnung überhaupt fremd sei oder dessen Eintragung weder im Grundbuchsgesetz noch in anderen Gesetzen zugelassen sei und die einen physisch oder rechtlich unmöglichen Grundbuchsstand schüfen, dem die materielle Rechtslage nicht entsprechen könne. Das sei hier nicht der Fall.
Wenn der Grundbuchsstand durch eine unrichtige Eintragung von der materiell richtigen Rechtslage abweiche, sei bei der Verbücherung des Eigentums eines Dritten im Rang der Rangordnung dennoch nur vom tatsächlichen Grundbuchsstand auszugehen. Wenn daher die Verbücherung agrarischer Operationen darin bestehe, dass sie nur deklarativ Rechtsänderungen nachvollziehe, die durch die Anordnungen der Agrarbehörde bereits eingetreten seien (5 Ob 2/03k), bedürften doch auch derart außerbücherlich erworbene Rechte der Eintragung ins Grundbuch. Solange dies nicht geschehen sei, sei vom tatsächlichen Grundbuchsstand auszugehen.
Nach dem tatsächlichen Grundbuchsstand sei das eingetragene Vorkaufsrecht der Rekurswerber gegenüber der Ranganmerkung nachrangig und könne daher die Verbücherung des Eigentums der Antragsteller nicht hindern.
Dem Argument der Rekurswerber, ihr Vorkaufsrecht sei lange vor Eintragung der Rangordnung vereinbart worden, was den Antragstellern auch bekannt gewesen sei, weil aus der zu TZ 2334/2010 erliegenden Vereinbarung das Datum 21. 5. 2010 hervorgehe, hielt das Rekursgericht entgegen, dass sich die Prüfung des Grundbuchsgesuchs auf die rechtserzeugenden Tatsachen wie Grundbuchsstand, Gesuch und Beilagen zu beschränken habe. Allfällige Eintragungshindernisse wie Schlechtgläubigkeit seien im Grundbuchsverfahren nicht überprüfbar. Solche Umstände könnten nur im Rechtsweg geltend gemacht werden. Das Datum der Vereinbarung über das Vorkaufsrecht lasse keinen zwingenden Rückschluss auf den diesem zukommenden Rang zu.
Soweit sich die Rekurswerber auf Punkt III des Kaufvertrags vom 26. 1. 2011 beriefen, wonach die Verbücherung von der Vorlage einer Löschungserklärung seitens der Vorkaufsberechtigten abhängig sei, ergäben sich auch daraus keine Bedenken gegen die Zulässigkeit der Verbücherung im Rang der vorrangigen Ranganmerkung. Aus dem Grundbuch sei kein Hindernis gegen die begehrte Eintragung hervorgegangen.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil zur Frage der Wirkung einer unter Verletzung von Flurverfassungsbestimmungen zustandegekommenen Ranganmerkung keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.
Rechtliche Beurteilung
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Vorkaufsberechtigten, der aus dem vom Rekursgericht bezeichneten Grund zulässig ist. Er ist jedoch nicht berechtigt.
1. Zur Anfechtung eines eine Grundbuchseintragung bewilligenden Beschlusses ist jeder legitimiert, der durch die Eintragung in seinen bücherlichen Rechten verletzt sein kann (5 Ob 108/95 NZ 1996, 281/365 [Hoyer]; RIS-Justiz RS0067120; Kodek in Kodek, Grundbuchsrecht, § 122 Rz 15). Das wiederum ist nach dem aktuellen Grundbuchsstand zu beurteilen, ohne auf die Wirksamkeit oder Zulässigkeit der betreffenden Eintragung abzustellen. Die Rechtsmittellegitimation eines eingetragenen Buchberechtigten ist schon dann zu bejahen, wenn er behauptet, durch die angefochtene Eintragung in seinen bücherlichen Rechten, hier in seinem Vorkaufsrecht, verletzt (worden) zu sein. Ob dies zutrifft, ist im Rahmen einer meritorischen Behandlung des Rechtsmittels zu klären.
2. Ein Vorkaufsrecht läuft auf eine Beschränkung des Verfügungsrechts des Eigentümers der damit belasteten Liegenschaft hinaus (SZ 37/78; SZ 49/46) und wirkt wie ein Veräußerungsverbot (SZ 64/18; SZ 67/44 ua). Das Grundbuchsgericht hat darauf von Amts wegen Bedacht zu nehmen und darf ein Veräußerungsgeschäft nur verbüchern, wenn sich aus seinen Entscheidungsgrundlagen - Grundbuchsstand und Grundbuchsurkunden - eindeutig ergibt, dass entweder kein Vorkaufsfall vorliegt oder das Eintragungshindernis durch die Zustimmung des Vorkaufsberechtigten bzw den Nachweis eines nicht angenommenen Einlösungsangebots entkräftet wurde (vgl SZ 67/44; RIS-Justiz RS0020201).
3. Die Einleitung des Zusammenlegungs-, Teilungs- oder Regulierungsverfahrens (Agrarverfahrens) ist im Grundbuch anzumerken (§ 44 Abs 1 FlVfGG BGBl 1951/103). Die Anmerkung hat die Wirkung, dass jedermann die Ergebnisse des Verfahrens gegen sich gelten lassen muss (§ 44 Abs 1 letzter Satz FlVfGG). Vom Einlangen dieser Mitteilung über die Einleitung des Agrarverfahrens an bis zum Abschluss des Verfahrens darf in den betroffenen Grundbuchseinlagen keine bücherliche Eintragung vorgenommen werden, die mit dem Zweck des Agrarverfahrens unvereinbar ist. Das Grundbuchsgericht hat daher alle während dieses Zeitraums einlangenden sowie die schon vorher eingelangten aber noch nicht erledigten Grundbuchsgesuche samt allen Beilagen mit dem Entwurf des zu erlassenden Grundbuchsbeschlusses der Agrarbehörde zu übermitteln (§ 43 Abs 1 und 2 FlVfGG; § 94 OÖ FLG 1979).
Die Agrarbehörde entscheidet sodann über die Zulässigkeit der Eintragung. Hält sie den Entwurf des Grundbuchsbeschlusses für mit der Zusammenlegung vereinbar, hat sie ihre Zustimmung unverzüglich dem Grundbuchsgericht bekanntzugeben. Andernfalls ist durch Bescheid auszusprechen, dass die Eintragung mit dem betreffenden Verfahren unvereinbar ist. Der Bescheid ist nach Eintritt der Rechtskraft dem Grundbuchsgericht unter Rückstellung des Gesuchs mitzuteilen. Das Grundbuchsgericht ist an die Entscheidung der Agrarbehörde gebunden (§ 45 Abs 2 FlVfGG; § 97 Abs 3 OÖ FLG 1979).
4. Das Erstgericht wäre daher nach bundes- und landesgesetzlichen Flurverfassungsbestimmungen verpflichtet gewesen, den Antrag auf Anmerkung einer Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung der Agrarbehörde zu übermitteln und hätte infolge der gesetzlichen Bindung an deren Entscheidung das Rangordnungsgesuch ohne Zustimmung der Agrarbehörde nicht bewilligen dürfen.
5. Gemäß § 93 GBG iVm § 94 Abs 1 Z 1 GBG ist für die Beurteilung des Grundbuchsgesuchs der Zeitpunkt maßgeblich, in dem dieses beim Grundbuchsgericht einlangt (RIS-Justiz RS0061117) und damit der Grundbuchsstand zu diesem Zeitpunkt, mag er auch durch einen Gerichtsfehler unrichtig zustandegekommen sein (5 Ob 1034/92 NZ 1993/254 [zust Hofmeister]; krit Hoyer, Grundbuch, Gerichtsfehler und Pfandrecht, ecolex 1993, 300; RIS-Justiz RS0060803).
Zu diesem Zeitpunkt war aber die Anmerkung der Anhängigkeit eines Flurbereinigungsverfahrens gelöscht, sodass sich aus dem Grundbuchsstand kein Hindernis gegen die begehrte Einverleibung im Rang der angemerkten Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung ergab.
6. Dass im Fall der Ausnützung einer Rangordnung Gutgläubigkeit des Erwerbers auch noch im Zeitpunkt der Überreichung des Gesuchs gegeben sein muss (3 Ob 601/89 SZ 63/35; 5 Ob 104/94 NZ 1996, 281 [Hoyer]; 5 Ob 1/94 SZ 67/37; RIS-Justiz RS0011323), hat nur für die Anfechtbarkeit eines Eigentumserwerbs (Löschungsklage) Bedeutung, ist aber als Voraussetzung für die Einverleibung des Rechts im Grundbuchsverfahren nicht zu prüfen, sondern dem streitigen Rechtsweg vorbehalten (RIS-Justiz RS0060708).
7. Wenn auch die Anmerkung der Rangordnung entgegen der durch die zitierten bundes- und landesgesetzlichen Flurverfassungsbestimmungen bewirkten Grundbuchssperre und insoweit gesetzwidrig zustandekam, handelt es sich doch nicht um eine mit unheilbarer Nichtigkeit behaftete Eintragung, die auf keinen Fall Rechtswirkungen nach sich ziehen könnte und daher von Amts wegen gelöscht werden könnte (vgl RIS-Justiz RS0126488; RS0102184; 5 Ob 260/04b; Kodek aaO § 130 GBG Rz 4 mwN). Vielmehr bot sich bei Einsichtnahme in das Grundbuch das Bild eines rechtlich möglichen Grundbuchsstands.
Ein Hindernis iSd § 94 Abs 1 Z 1 GBG lag daher nicht vor.
Welche allfälligen weiteren rechtlichen Konsequenzen sich bei dieser Sachlage ergeben (können), ist im Grundbuchsverfahren nicht zu untersuchen.
Dem Revisionsrekurs war daher der Erfolg zu versagen.
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