OGH 5Ob152/15m

OGH5Ob152/15m20.4.2016

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Höllwerth, die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** K*****, vertreten durch Dr. Helene Klaar, Mag. Norbert Marschall, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. H***** T*****, vertreten durch Mag. Stephan Hemetsberger, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterhalt (Streitwert 101.185,20 EUR), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 27. Mai 2015, GZ 43 R 238/15s‑36, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Döbling vom 5. Dezember 2014, GZ 1 C 38/12h‑30, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0050OB00152.15M.0420.000

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben und dem Erstgericht wird die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

Beide Streitteile sind ‑ der Beklagte jedenfalls auch ‑ österreichische Staatsbürger. Der Beklagte lebt in den USA. Die Ehe der Streitteile wurde mit Urteil des Bezirksgerichts Döbling vom 30. 8. 1989 zu AZ 7 C 521/89 aus dem alleinigen Verschulden des Beklagten geschieden. Mit Vergleich vom gleichen Tag verpflichtete sich der Beklagte der Klägerin 13 mal jährlich Unterhalt in Höhe von 2.000 CHF zu zahlen. Dieser Vergleich nahm auf eine allfällige Erhöhung des Einkommens des Beklagten ebenso Bezug wie auf den Fall seiner Pensionierung und zukünftige eigene Pensionsansprüche der Klägerin.

Im Jahr 1994 vereinbarten die Streitteile mündlich einen fixen monatlichen Unterhaltsbetrag von 2.500 CHF, der jährlich einmal um den Prozentsatz der österreichischen Inflationsrate erhöht werden sollte. Dass die Festsetzung dieses Fixunterhalts befristet abgeschlossen wurde oder nur für die Dauer der Aktivbezüge des Beklagten gelten sollte, konnte nicht festgestellt werden.

Die Klägerin begehrte vom Beklagten zunächst, über seine Einkommensverhältnisse Rechnung zu legen und der Klägerin rückständigen Unterhalt für den Zeitraum Juni 2009 bis August 2012 in Höhe von 143.054,84 EUR und Bank‑ und Wechselspesen in Höhe von 861 EUR zu zahlen. Mit Schriftsatz vom 11. 11. 2013 begehrte die Klägerin eventualiter den rückständigen Unterhalt für den Zeitraum Juni 2009 bis November 2013 in Höhe von 35.820,57 EUR samt „4 % gestaffelter Verzugszinsen seit Klagszustellung“ und beginnend mit 1. 12. 2013 einen auf Basis des „VPI 1986 ‑ Basismonat September 2012“ wertgesicherten Unterhalt von monatlich 2.810,70 EUR.

Der Beklagte bestritt und beantragte Klagsabweisung.

Das Erstgericht wies das Hauptbegehren ab und gab dem Eventualbegehren statt.

Das Berufungsgericht gab der gegen den klagsstattgebenden Teil des Urteils erhobenen Berufung des Beklagten nicht Folge. Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt sei der Scheidungsfolgenvergleich aus 1989 durch die Vereinbarung aus 1994 vollständig noviert worden. Die Vereinbarung aus 1994 enthalte einen unbefristeten und unbedingten wertgesicherten Fixbetragsunterhalt. Dieser auf Fremdwährung lautende Unterhaltstitel sei auf Inlandswährung umzurechnen. Die Auflistung der vom Beklagten bezahlten und von der Klägerin begehrten Beträge samt dem Eventualbegehren sei im Schriftsatz vom 11. 11. 2013 enthalten. Mangels konkreter Bestreitung dieser Beträge der Höhe nach sei das Erstgericht daher nicht gehalten gewesen, die Umrechnung und die Indexerhöhung im Einzelnen zu prüfen. Einer Einmahnung des Unterhalts im Sinn des § 72 EheG bedürfe es im vorliegenden Fall nicht. Eine Verjährung mangels Einmahnung sei daher nicht eingetreten. Der Beklagte habe Verjährung gemäß § 72 EheG auch nur gegen das inzwischen rechtskräftig abgewiesene Hauptbegehren der Klägerin eingewandt. Einen Verjährungseinwand betreffend das Eventualbegehren habe der Beklagte nicht erhoben.

Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichts richtet sich die außerordentliche Revision des Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn einer Klagsabweisung.

Die Klägerin beantragt in der ihr vom Obersten Gerichtshof freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Beklagten ist zulässig, weil dem Berufungsgericht eine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung unterlaufen ist; sie ist auch berechtigt. Ein Abänderungsantrag schließt einen Aufhebungsantrag in sich (RIS‑Justiz RS0041774 [T1]).

1. Vorbemerkung

1.1 Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur mehr das mit Schriftsatz vom 11. 11. 2013 erhobene Eventualbegehren. Die Abweisung des Hauptbegehrens wurde rechtskräftig.

1.2 Mit diesem Eventualbegehren begehrt die Klägerin a. den rückständigen Unterhalt für den Zeitraum Juni 2009 bis November 2013 von 35.820,57 EUR samt „4 % gestaffelter Verzugszinsen seit Klagszustellung“ und b. beginnend mit 1. 12. 2013 einen auf Basis des VPI 1986 wertgesicherten Unterhalt von monatlich 2.810,70 EUR. Zu dessen Begründung brachte die Klägerin vor, dass ‑ sollte die Unterhaltsbemessung weder nach der Unterhaltsvereinbarung von 1989, noch nach § 66 EheG zu erfolgen haben ‑ nach wie vor die mündlich geschlossene Vereinbarung aus dem Jahr 1994 bestünde, wonach sich der Beklagte zu einer wertgesicherten Unterhaltsleistung in Höhe von 2.500 CHF verpflichtet habe. Die Wertsicherung habe jährlich anhand des damals aktuell geltenden österreichischen VPI 1986 und der jeweils für September verlautbarten Indexzahl erfolgen sollen. Tatsächlich sei die jährliche Anpassung an den Index jeweils mit 1. Februar erfolgt. Für den klagsgegenständlichen Zeitraum hätte der Beklagte weniger als den aufgrund der von ihm behaupteten mündlichen Vereinbarung aus dem Jahr 1994 geschuldeten Unterhalt geleistet.

1.3 Dieses ‑ ausdrücklich als solches bezeichnete und ausformulierte ‑ „Eventualbegehren“ stellt genau genommen eine bloße Eventualbegründung für einen Teil des Hauptbegehrens dar. Die Klägerin begehrt für denselben Zeitraum (wegen des seit der Klagseinbringung verstrichenen Zeitraums in einem unterschiedlichen Ausmaß kapitalisiert) Unterhalt in einer geringeren Höhe und sie stützt diese Unterhaltsforderung ausdrücklich auf einen anderen Rechtsgrund (vgl Fasching in Fasching/Konecny² § 226 ZPO Rz 114).

2. Anzuwendendes Sachrecht

2.1 Auf alle nach dem 18. 6. 2011 eingeleiteten Verfahren ist in den Mitgliedstaaten die VO (EG) 2009/4 des Rates vom 18. 12. 2008 über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen [EuUVO] anzuwenden (Art 75, 76 EuUVO; 1 Ob 125/13h, 6 Ob 240/12f, 2 Ob 217/12v).

2.2 Der sachliche Anwendungsbereich der EuUVO umfasst alle Unterhaltspflichten, die „auf einem Familien‑, Verwandtschafts‑ oder eherechtlichen Verhältnis oder auf Schwägerschaft beruhen“ (Art 1 Abs 1 EuUVO). Dazu zählen auch die „nacheheliche“ Geldunterhaltspflicht des geschiedenen Ehegatten und Unterhaltsansprüche aus einem diese gesetzliche Unterhaltspflicht konkretisierenden Vertrag (vgl Andrae in Rauscher, EuZPR/EuIPR [2010] Art 1 EG‑UntVO Rz 30 ff).

2.3 Die Bestimmungen der EuUVO sind universell anwendbar, weswegen es keines Bezugs zu einem anderen Mitgliedstaat bedarf (Andrae aaO Art 3 EG‑UntVO Rz 2). Die österreichischen Gerichte haben daher für die Beurteilung von einschlägigen Zuständigkeits‑ und Kollisionsrechtsfragen ausschließlich die EuUVO anzuwenden; unabhängig davon, ob der Auslandsbezug in einen Mitgliedstaat oder einen Drittstaat verweist (Gitschthaler, Unterhaltsrecht³ Rz 1818)

2.4 Nach Art 15 EuUVO bestimmt sich das auf Unterhaltspflichten anwendbare Recht für die Mitgliedstaaten, die durch das ‑ am 18. 6. 2011 in Kraft getretene - Haager Unterhaltsprotokoll (HUP) 2007 gebunden sind, nach diesem Protokoll. Da es sich dabei um ein globales Einheitskollisionsrecht handelt, das allseitig anzuwenden ist, gelten die Verweisungsnormen des HUP 2007 auch dann, wenn der grenzüberschreitende Bezug kein Binnenmarktbezug ist (7 Ob 116/12b mwN; Gitschthaler aaO Rz 1818).

2.5 Unterhaltspflichten für den Zeitraum nach dem Inkrafttreten des HUP 2007 am 18. 6. 2011 richten sich demnach nach dem HUP 2007; Unterhaltspflichten für den Zeitraum davor sind hingegen nach den bisherigen Bestimmungen zu prüfen (1 Ob 125/13h, 7 Ob 116/12b; 2 Ob 217/12v).

2.6 Gemäß Art 3 Abs 1 HUP 2007 folgen Unterhaltsansprüche dem Recht des Staates, in dem der Unterhaltsberechtigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (RIS‑Justiz RS0128723). Für die Unterhaltsansprüche der sich in Österreich aufhaltenden Klägerin aus dem Zeitraum nach 18. 6. 2011 ist daher österreichisches (Unterhalts-)Recht anzuwenden.

2.7 Für die Unterhaltspflichten für den Zeitraum vor 18. 6. 2011 sind die vor dem HUP 2007 geltenden Kollisionsnormen anzuwenden. Die hier relevante Vereinbarung wurde bereits im Jahr 1994 getroffen und hat außerdem eine Unterhaltsverpflichtung zum Gegenstand, sodass das EVÜ (vgl 9 ObA 65/11s) und die Rom I‑VO angesichts sowohl ihres zeitlichen als auch sachlichen Anwendungsbereichs nicht anwendbar sind. Die im Jahr 1994 abgeschlossene Unterhaltsvereinbarung unterliegt daher in kollisionsrechtlicher Hinsicht den Bestimmungen des IPRG.

Gemäß § 20 Abs 1 IPRG sind die Voraussetzungen und Wirkungen der Scheidung einer Ehe nach dem gemäß § 18 Abs 1 Z 1 IPRG für die persönlichen Rechtswirkungen der Ehe maßgebenden Recht „im Zeitpunkt der Ehescheidung“ zu beurteilen (RIS‑Justiz RS0077279). Der nacheheliche Unterhalt ist eine solche Wirkung der Scheidung, die nach dem im Sinn des § 20 Abs 1 IPRG zu ermittelnden Recht zu beurteilen ist (9 Ob 60/03v, 1 Ob 33/01m). Der Umstand, dass zwischen den Streitteilen (außergerichtlich) eine vertragliche Regelung getroffen wurde, ändert an der Qualifikation des geltend gemachten Anspruchs als gesetzlicher Unterhaltsanspruch nichts. Der durch Vereinbarung festgelegte Unterhalt behält nämlich so lange den Charakter eines gesetzlichen Unterhaltsanspruchs, als sich die Vereinbarung im Rahmen der gesetzlichen Unterhaltsbestimmungen bewegt (RIS‑Justiz RS0042490, vgl auch RS0046467 [T8, T16]).

Die persönlichen Rechtswirkungen einer Ehe sind gemäß § 18 Abs 1 IPRG primär nach dem gemeinsamen, mangels eines solchen nach dem letzten gemeinsamen Personalstatut der Ehegatten, sofern es einer von ihnen beibehalten hat, zu beurteilen, sonst nach dem Recht des Staates, in dem beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, mangels eines solchen nach dem Recht des Staates, in dem beide ihren letzten gewöhnlichen Aufenthalt gehabt haben, sofern ihn einer von ihnen beibehalten hat. Wenn beide Streitteile, was nach dem Akteninhalt nahe liegt, nicht nur österreichische Staatsbürger sind, sondern auch schon „im Zeitpunkt der Ehescheidung“ waren, wäre daher gemäß § 20 iVm § 18 Abs 1 Z 1 IPRG auch für die Unterhaltsansprüche der Klägerin für den Zeitraum vor 18. 6. 2011 österreichisches (Unterhalts-)Recht anzuwenden. Eine explizite Feststellung zur Staatsbürgerschaft der Streitteile zum Zeitpunkt der Ehescheidung fehlt allerdings ebenso wie Feststellungen zu den subsidiären Anknüpfungspunkten des § 18 Abs 1 IPRG.

3. Unschlüssigkeit des Teilbegehrens auf Unterhaltsrückstand

3.1 Die Frage, ob es zulässig ist, einen Unterhaltsrückstand auch dann als Eurobetrag einzuklagen, wenn dieser Unterhalt in einer Fremdwährung vereinbart wurde, ist von der Frage zu unterscheiden, in welcher Währung der gesetzliche Unterhalt geschuldet wird und in welcher Währung dieser Unterhalt vom Gericht zuzusprechen ist, wenn Unterhaltsschuldner und Unterhaltsberechtigter nicht im selben Staat leben. (Nur) Letztere Frage ist Gegenstand der teilweise vom Revisionswerber zitierten, in der Rechtssatzkette zu RIS-Justiz RS0045416 angeführten Entscheidungen (vgl insbesondere 7 Ob 307/97s [Unterhalts-ergänzungsanspruch einer in der Türkei lebenden unterhaltsbegehrenden Frau gegenüber ihrem in Österreich verdienenden geschiedenen Ehemann]). Diese Frage stellt sich hier mangels eines Begehrens auf (rückwirkende) Änderung oder Anpassung des Unterhaltsanspruchs nicht. Nach dem Vorbringen der Klägerin liegt dem für die Vergangenheit kapitalisierten Unterhaltsbegehren keine Neubemessung des Unterhalts und damit kein Begehren auf Festsetzung des Unterhalts durch das Gericht zu Grunde. Sie begehrt vielmehr die Minderzahlung im Verhältnis zur Unterhaltsvereinbarung aus dem Jahr 1994.

3.2 Im Jahr 1994 vereinbarten die Streitteile mündlich einen fixen monatlichen Unterhaltsbetrag von 2.500 CHF. Grundsätzlich ist eine geschuldete Fremdwährung weder für den Schuldner noch für den Gläubiger durch eine andere Fremdwährung substituierbar. Eine Befugnis, in irgendeiner Währung seiner Wahl zu bezahlen, besteht daher nicht (RIS‑Justiz RS0061064; statt vieler Binder/Kolmasch in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 907b Rz 3). Nur im Fall des Schuldnerverzugs besteht nach der Rechtsprechung ein Währungswahlrecht des Gläubigers. Der Gläubiger kann dann wählen, ob er in der vereinbarten Fremdwährung oder in Euro bezahlt werden will, wenn der Schuldner in Verzug gerät (RIS‑Justiz RS0061079; Bollenberger in KBB4 § 907b Rz 3, 6; aA Schauer in ABGB‑ON 1.00 § 907b Rz 8; differenzierend: Aichberger‑Beig in Klang 3 § 905a Rz 37; M. Binder/Kolmasch aaO § 907b Rz 10; Kodek, ÖBA 2010, 28, Dullinger in Rummel/Lukas ABGB4 § 907b Rz 14). Der Gläubiger kann demnach - auch bei einer effektiven Fremdwährungsschuld - Zahlung in Fremd- oder in Inlandswährung fordern, muss aber bereits in der Klage die Wahl treffen (Bollenberger aaO § 907b Rz 6).

3.3 Seit seiner Novellierung durch das ZVG stellt § 907b Abs 2 Satz 2 ABGB der bisherigen Judikatur entsprechend klar, dass der Gläubiger im Rahmen eines solchen Währungswahlrechts nach Schuldnerverzug zwischen dem Kurs am Zahlungstag und jenem des Fälligkeitstages wählen kann. Das auf den Gegenwert eines Fremdwährungsbetrags in Euro gerichtete Klagebegehren ist dabei nur dann hinreichend bestimmt, wenn es den Umrechnungskurs oder Umrechnungstag und ‑ort angibt (Bollenberger aaO § 907b Rz 6; Dullinger aaO § 907b Rz 15).

3.4 Bringt der Gläubiger zum Ausdruck, dass es ihm nicht auf die Bezahlung einer bestimmten Valuta, sondern auf die Leistung des Geldbetrags an sich ankommt, kann das Gericht den Urteilsspruch von Amts wegen dem maßgebenden Währungsrecht anpassen. Die Währungsumstellung ist dabei noch im Rechtsmittelverfahren zulässig (1 Ob 586/90 mwN; RIS‑Justiz RS0017608, RS0017607; Bollenberger aaO § 907b Rz 6; Binder/Kolmasch aaO § 907b Rz 13; Dullinger aaO § 907b Rz 15).

3.5 Die Klägerin nennt in ihrer Darstellung und Berechnung des Unterhaltsrückstands weder Umrechnungskurs noch Umrechnungstag und -ort. Das Klagebegehren ist daher insoweit unschlüssig. Das Berufungsgericht lässt das behauptete Ergebnis der Umrechnung offenbar deshalb genügen, weil es die Richtigkeit der Berechnung des Unterhaltsrückstands und damit auch der Umrechnung im Sinne des § 267 ZPO als vom Beklagten zugestanden qualifiziert. Dies zu Unrecht, weil die dafür erforderlichen gewichtigen Indizien, die für ein Geständnis sprechen (vgl RIS‑Justiz RS0039941 [T3, T4, T5]; RS0039955 [T2, T3]), dem Prozessverhalten des Beklagten nicht zu entnehmen sind. Da ein schlüssiges Zugeständnis im Sinn des § 267 ZPO daher zu verneinen ist, fehlt es aber nicht nur an einem Vorbringen zum Umrechnungskurs oder Umrechnungstag und -ort. Der Beklagte rügt zu Recht (den sekundären Feststellungsmangel), dass das Erstgericht gar nicht festgestellt hat, dass und woraus sich der ausschließlich im Urteilsspruch angeführte Kapitalbetrag von 35.820,57 EUR an rückständigem Unterhalt ergibt.

3.6 Das Teilbegehren auf Unterhaltsrückstand ist hingegen nicht auch deshalb unschlüssig, weil die Klägerin die in ihrem Vorbringen ausgewiesenen, sich aus der Umrechnung ergebenden Überzahlungen nicht von den behaupteten Rückständen abgezogen hat. Die nur aus den Minderzahlungen zusammengesetzte Klagsforderung ist insoweit schlüssig dargestellt, auch wenn sie im Ergebnis infolge eines (vom Beklagten nicht eingewandten) Rückzahlungs‑ oder Verrechnungsanspruchs materiell unrichtig sein mag.

4. Unbestimmtheit des Zinsenbegehrens

4.1 Der Anspruch auf rückständigen Unterhalt ist nach allgemeinen Regeln zu verzinsen (RIS‑Justiz RS0032015). Demnach hat der Unterhaltsschuldner 4 % Verzugszinsen zu leisten (§ 1333 Abs 1 iVm § 1000 Abs 1 ABGB).

4.2 Der Revisionswerber zeigt zutreffend auf, dass das Begehren auf Zahlung „gestaffelter Verzugszinsen“ nur im Zusammenhang mit der Aufschlüsselung der Kapitalforderung im Schriftsatz vom 11. 11. 2013 nachvollziehbar ist und daher nicht dem Bestimmtheitsgebot des § 226 ZPO entspricht. Zur Bestimmtheit eines Klagebegehrens gehört es auch, dass es in sich selbst alle Elemente der Konkretisierung enthält (Fasching in Fasching/Konecny² § 226 ZPO Rz 38, 40).

5. Unschlüssigkeit des Teilbegehrens auf laufenden Unterhalt

5.1 Für den Ehegatten- und Scheidungsunterhalt gilt § 406 zweiter Satz ZPO (10 Ob 58/13x; Fucik in Fasching/Konecny² III § 406 Rz 34). Danach kann bei Ansprüchen auf Alimente auch zu Leistungen verurteilt werden, welche erst nach Erlassung des Urteils fällig werden. Zu den Alimenten im Sinn des § 406 zweiter Satz ZPO zählen gesetzliche und vertragliche Unterhaltsansprüche (Fucik aaO § 406 Rz 28; Rechberger in Rechberger, ZPO³ § 406 Rz 8).

5.2 Die ständige Rechtsprechung verlangt als Voraussetzung für den Zuspruch noch nicht fälliger Unterhaltsbeträge, dass der Unterhaltspflichtige seine Verpflichtungen verletzt habe oder doch zu verletzen drohe (RIS‑Justiz RS0041109, RS0047184; Fucik aaO § 406 Rz 29; Rechberger aaO § 406 Rz 8, jeweils mwN). Ob im vorliegenden Fall im maßgeblichen Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz (vgl 2 Ob 32/14s) die von der Klägerin behauptete Unterhaltsverletzung vorlag, lässt sich nach dem jetzigen Verfahrensstand nicht beurteilen. Ein Vorbringen dazu, welches schutzwürdiges Interesse losgelöst von dem Streit über die Höhe der Unterhaltsschuld und unabhängig von allenfalls bereits tatsächlich erfolgten Unterhaltsverletzungen das Begehren der Klägerin auf Schaffung eines gerichtlich vollstreckbaren Titels für die in Zukunft fällig werdenden Unterhaltsbeträge rechtfertigen soll, hat die Klägerin nicht erstattet.

5.3 Die Klägerin begehrt die Zahlung des laufenden Unterhalts nicht wie vereinbart in Schweizer Franken sondern in Euro, ohne dies zu begründen. Der durch Vereinbarung festgelegte Unterhalt behält zwar so lange den Charakter eines gesetzlichen Unterhaltsanspruchs, als sich die Vereinbarung im Rahmen der gesetzlichen Unterhalts-bestimmungen bewegt (RIS‑Justiz RS0042490; Koch in KBB4 § 80 EheG Rz 1). Ungeachtet der vertraglichen Festsetzung kann daher unter den sonstigen Voraussetzungen eine Änderung oder Entfall des Unterhaltsanspruchs begehrt werden. Dieser ist etwa auch anzupassen, wenn sich die für den gesetzlichen Anspruch vorausgesetzten Umstände ändern. Auch Unterhaltsvereinbarungen unterliegen also im Zweifel der clausula rebus sic stantibus (vgl RIS‑Justiz RS0053297, RS0018984, RS0047398; Koch aaO § 80 EheG Rz 1). Eine solche Änderung oder Anpassung der Unterhaltsvereinbarung aus dem Jahr 1994 (etwa wegen wesentlicher Änderungen der Verhältnisse, Irrtum oder Sittenwidrigkeit insbesondere im Zusammenhang mit der Währung) macht die Klägerin hier aber nicht geltend; sie begehrt keine Neufestsetzung des Unterhaltsanspruchs, sondern die Verpflichtung des Beklagten, den ohnedies so vertraglich vereinbarten Unterhalt zu zahlen.

5.4 Der Beklagte weist in seiner Revision an sich zutreffend darauf hin, dass das auf laufenden Unterhalt gerichtete Klagebegehren (auch) in Bezug auf die Wertsicherung unschlüssig ist. Die Klägerin begehrt gestützt auf die im Jahr 1994 vereinbarte Wertsicherung ihres Unterhalts auf Basis der Indexzahl für September 1994 eine Wertsicherung auf Basis der Indexzahl für September 2012. Dies allerdings bezogen auf den um die bis dahin schlagend gewordenen Erhöhungsbeträge erhöhten Ausgangsbetrag, sodass sich diese Änderung bei richtiger Berechnung im Ergebnis nicht auswirkt.

6. Verjährungseinwand

6.1 Unterhaltsansprüche können grundsätzlich auch für die Vergangenheit gestellt werden. Solche Unterhaltsansprüche unterliegen nur der Verjährung des § 1480 ABGB (RIS‑Justiz RS0034969 [T2]). Demgegenüber ist § 72 EheG insofern enger, als er dem geschiedenen Ehegatten für die Vergangenheit grundsätzlich nur solche Unterhaltsbeträge zugesteht, die auf die Zeit nach Eintritt der Rechtshängigkeit entfallen oder mit denen der Unterhaltspflichtige in Verzug geraten ist. Dies gilt insbesondere auch für einen Unterhaltsvergleich, der bloß den gesetzlichen Unterhalt konkretisiert, nicht hingegen für (rein) vertraglichen Unterhalt. Zu den Unterhaltsansprüchen im Sinn des § 72 EheG gehören auch vertragliche Unterhaltsansprüche, die das gesetzliche Schuldverhältnis in Vertragsform fassen und nur unwesentlich ändern. § 72 EheG ist durch § 1480 ABGB zu ergänzen: Scheidungsunterhalt kann für die Vergangenheit innerhalb der dreijährigen Verjährungszeit erst ab „Verzug“ gefordert werden (Zankl/Mondel in Schwimann/Kodek, ABGB I4 § 72 EheG Rz 1ff). Ein Verzug des Unterhaltsschuldners im Sinn des § 72 EheG liegt schon vor, wenn er seine durch eine vertragliche Regelung betrags- und fälligkeitsmäßig genau bestimmte Unterhaltspflicht nicht vollständig erfüllt hat. Einer Einmahnung bedarf es in diesem Fall nicht (RIS‑Justiz RS0120230).

6.2 Auf die Verjährung ist von Amts wegen nicht Bedacht zu nehmen (RIS‑Justiz RS0034326 [T2]). Derjenige, der die Verjährung einwendet, hat jene Tatsachen, die seine Einrede zunächst einmal schlüssig begründen, vorzubringen und zu beweisen (RIS‑Justiz RS0034198 [T2]; RS0034326 [T3]). Der bloße Vortrag von die Verjährung begründenden Tatsachen ersetzt eine deutliche Einrede nicht (RIS‑Justiz RS0034198 [T3]). Die Verjährungseinrede ist also nicht nur ausdrücklich zu erheben, der Beklagte hat dazu auch die entsprechenden Tatsachenbehauptungen aufzustellen (RIS‑Justiz RS0034198 [T4]). Dabei kommt es aber nicht auf die Wortwahl, sondern auf den Sinn des Einwands an, der in der Behauptung des Anspruchsverlusts durch Zeitablauf liegt (vgl RIS‑Justiz RS0034216).

6.3 Ob das Vorbringen des Beklagten diesen Anforderungen an den Verjährungseinwand genügte, ist typische Einzelfallbeurteilung (vgl RIS‑Justiz RS0042828). Die Beurteilung durch das Berufungsgericht, wonach hier eine Verjährung mangels Einmahnung gemäß § 72 EheG nicht eingetreten sei und der Beklagte einen Verjährungseinwand (nach § 1480 ABGB) gegenüber dem Eventualbegehren nicht erhoben habe, ist jedenfalls im Ergebnis zutreffend. Der Beklagte brachte mit Bezug auf das Hauptbegehren (nur) vor, die Klägerin habe bis zur Klagseinbringung ihre vermeintlichen Unterhalts‑(mehr‑)forderungen nicht ziffernmäßig gemahnt, sodass die für die Vergangenheit geforderten Beträge „gemäß § 72 des Ehegesetzes verjährt“ seien. Die Begründung für die behauptete Verjährung beschränkt sich demnach auf das Unterlassen einer Einmahnung im Sinn des § 72 EheG. Einer inhaltlich bestimmten Mahnung bedurfte es insbesondere in Bezug auf die Eventualforderung allerdings nicht, weil die Höhe der geschuldeten Unterhaltsleistung bereits durch Vereinbarung feststand. Das einzige Tatsachenvorbringen des Beklagten zur behaupteten Verjährung (aller für die Vergangenheit geforderten Beträge, und nicht nur jener aus der Zeit von mehr als drei Jahren vor der Klagsführung) geht daher ins Leere.

7. Kein Verstoß gegen die Bindungswirkung

7.1 Der Revisionswerber behauptet, dass die Vorinstanzen von den tragenden Feststellungen in dem angeblich präjudiziellen Vorverfahren vor dem Bezirksgericht Döbling zu AZ 35 C 49/05s und der dazu ergangenen Berufungsentscheidung des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien zu AZ 43 R 797/06h abgewichen seien und im vorliegenden Verfahren hiezu gegenteilige Feststellungen getroffen hätten.

7.2 Ungeachtet einiger missverständlicher Formulierungen des Erstgerichts hat dieses jedoch eigene Feststellungen zur Vereinbarung aus dem Jahr 1994 getroffen und diese nur ‑ unter anderem ‑ mit den Ergebnissen aus dem Vorverfahren begründet. Korrespondierend dazu hat das Berufungsgericht die diesbezügliche Tatsachen- und Beweisrüge inhaltlich erledigt. Die Vorinstanzen sind daher nicht von einer Bindungswirkung des in diesem Vorverfahren ergangenen Urteils ausgegangen.

7.3 Die Voraussetzungen für die Annahme einer Bindungswirkung liegen auch nicht vor. Die Bindungswirkung einer gerichtlichen Entscheidung ist darauf beschränkt, was diese Entscheidung als Hauptfrage entschieden hat: Die Frage, ob der geltend gemachte Anspruch besteht oder nicht. Mehr wird mangels Zwischenfeststellungsantrags nicht mit Rechtskraftwirkung entschieden (vgl Fasching in Fasching/Konecny² § 411 ZPO Rz 52 ff [59]).

8. Ergebnis

8.1 Das Klagebegehren ist hinsichtlich der beiden Teilbegehren auf Unterhaltsrückstand und laufenden Unterhalt unschlüssig geblieben, das Zinsenbegehren ist unbestimmt. Zudem bestehen in einzelnen Punkten sekundäre Feststellungsmängel (siehe Punkt 2.7 und 3.5).

8.2 Das Gericht muss, bevor es ein unbestimmtes, unschlüssiges oder widerspruchsvolles Begehren abweist, dessen Verbesserung anregen. Darauf ist auch von Amts wegen Bedacht zu nehmen, wenn die klagende Partei die Notwendigkeit einer Präzisierung nicht selbst erkannte (RIS‑Justiz RS0036355 [T10]). Die mangelnde Schlüssigkeit/Bestimmtheit des Klagebegehrens ist also eine von Amts wegen in jeder Lage des Verfahrens wahrzunehmende zwingende Inhaltsvoraussetzung und zwar auch noch im Rechtsmittelverfahren. Haben die Vorinstanzen ‑ wie hier ‑ über ein unschlüssiges/unbestimmtes Begehren sachlich stattgebend entschieden, so ist dies ein wesentlicher Verfahrensmangel (Fasching aaO § 226 Rz 42). Dieser und die aufgezeigten sekundären Feststellungsmängel zwingen zur Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen und zur Zurückverweisung der Rechtssache an das Erstgericht.

9. Kostenentscheidung

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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