Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
1.1. Ob eine Mitteilung im Einzelfall eine objektiv nachprüfbare Tatsachenbehauptung oder eine rein subjektive, unüberprüfbare Meinungsäußerung enthält, muss unter Berücksichtigung des Zusammenhangs, in den die Äußerung gestellt wird, der Form, in der sie gebracht wird, des Gegenstands, den sie betrifft, und aller sonstigen Umstände, die für den Eindruck auf das angesprochene Publikum maßgebend sein können, beurteilt werden (RIS‑Justiz RS0078409; RS0031883; RS0078470). Der Abgrenzung kommt regelmäßig keine erhebliche Bedeutung iSd § 502 ZPO zu (4 Ob 18/04g; 4 Ob 84/08v). Der Beurteilung eines Werbetexts sind nicht einzelne Teile für sich, sondern der Text in seiner Gesamtheit zu unterziehen (RIS‑Justiz RS0078352).
1.2. Die gegenständliche Aussage der Beklagten, sie habe „mit der heutigen Ausgabe“ ihrer Tageszeitung eine Auflagenzahl von 1,3 Mio erreicht, erweckt den Gesamteindruck, dass dies der Gipfel eines Entwicklungsprozesses sei. Die von der Beklagten angestrebte Deutung, dass dies nur für die Ausgabe an diesem speziellen Tag (aus Anlass einer eintägigen Werbeaktion) gelte, muss nach der Unklarheitenregel (vgl RIS‑Justiz RS0078624) ausscheiden: Die Wendung „mit“ impliziert nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch nämlich, dass es sich um einen länger andauernden Wachstumsprozess gehandelt hat, der „mit“ dem heutigen Tag zu einem Ergebnis von 1,3 Mio geführt hat. Nach dem maßgeblichen Gesamteindruck können die Worte „größer und erfolgreicher ist derzeit keine andere Zeitung“ weder als „nur heute keine andere Zeitung“, noch als vom vorangehenden Text losgelöstes Werturteil verstanden werden, sondern als kausale Schlussfolgerung dahingehend, dass die Beklagte eben wegen ihrer hohen Auflage größer und erfolgreicher ist. Die Beurteilung des Rekursgerichts, dass es sich dabei um eine Tatsachenmitteilung handelt, ist daher nicht zu beanstanden.
2.1. Auch das Verschweigen von Umständen kann irreführend iSd § 2 UWG sein, wenn dadurch ein falscher Gesamteindruck hervorgerufen wird, der geeignet ist, die Adressaten der Werbung zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die sie sonst nicht getroffen hätten (RIS‑Justiz RS0121669). Dies gilt auch dann, wenn die beanstandete Aussage bei isolierter Betrachtung wahr ist (4 Ob 7/10y). Die Nachfrage nach einer Zeitung ist eine nachprüfbare Eigenschaft; sie wird durch die verbreitete Auflage und die Reichweite konkretisiert. Die Relevanz liegt in der Werbewirksamkeit darin veröffentlichter Anzeigen (4 Ob 209/14k). Dabei kommt der Reichweite ein deutlich stärkeres Gewicht zu, weil die bloße Auflagezahl keinen aussagekräftigen Schluss auf die tatsächlich erreichten Personen zulässt (4 Ob 23/03s). Wird daher die Druckauflage als allein maßgebendes Kriterium für die Spitzenstellung dargestellt, liegt darin eine irrfeührende Geschäftspraktik (4 Ob 132/10f). Ein Unternehmen, das sich als das „größte“ bezeichnet, muss in den für den angegebenen Bereich maßgeblichen Belangen einen erheblichen Vorsprung gegenüber den Mitbewerbern haben und entsprechend leistungsfähiger sein (RIS‑Justiz RS0078557). Der Vorsprung muss deutlich und stetig sein (4 Ob 11/06f; vgl auch 4 Ob 76/95; 4 Ob 129/14w; Sosnitza in Ohly/Sosnitza , UWG 6 , § 5 Rz 601, 674).
2.2. Die Beklagte warb für ihre Tageszeitung mit einer Spitzenstellung, wobei das dafür herangezogene Kriterium der Auflagenzahl tatsächlich nur an einem einzigen Tag erreicht wurde, die Auflage sonst aber deutlich hinter jener der Konkurrenz zurücklag. Es bestand kein über einen längeren Zeitraum hinweg gegebener stetiger Vorsprung. Die Vorinstanzen haben die Mitteilung der Beklagten daher vertretbar als irreführend iSd § 2 UWG qualifiziert.
3. Richtig ist zwar, dass für Auflagenzahlen auf Grund der im Vergleich zu Reichweiten genauen Berechnungsmöglichkeit weniger strenge Maßstäbe angelegt werden ( Anderl/Appl in Wiebe/Kodek , UWG², § 2 Rz 304 f). Aber auch bei Auflagenzahlen hängt die Aussagekraft entscheidend davon ab, ob es sich dabei um einen Mittelwert oder um einen „Ausreißer“ handelt. Wird mit einer Tagesauflage an einem bestimmten Stichtag (insbesondere wenn dieser in die Zeit einer eintägigen auflagenerhöhenden Werbeaktion fällt) geworben, muss darauf hinweisen werden, welcher Durchrechnungszeitraum gewählt wurde und dass es sich nicht um einen statistischen Mittelwert handelt (vgl RIS‑Justiz RS0113425).
4.1. Das Unterlassungsgebot hat sich immer am konkreten Wettbewerbsverstoß zu orientieren. Es ist daher auf die konkrete Verletzungshandlung sowie auf ähnliche Fälle einzuengen (RIS‑Justiz RS0079278; RS0115334; RS0037645), um Umgehungen nicht allzu leicht zu machen (RIS‑Justiz RS0037607; RS0037733). Ob es zu weit gefasst wurde, ist grundsätzlich keine erhebliche Rechtsfrage (RIS‑Justiz RS0037671 [T5], zuletzt 4 Ob 65/14h). Die an sich wegen der Gefahr von Umgehungen gerechtfertigte weite Fassung von Unterlassungsgeboten darf aber nur so weit gehen, als die Befürchtung gerechtfertigt ist, der Beklagte werde auch jene Verletzungshandlungen begehen, die unter das weit gefasste Unterlassungsgebot fallen (4 Ob 93/10w).
4.2. Der im Unterlassungsgebot verwendete Begriff „Mediadaten“ ist zwanglos als Oberbegriff zu erhebbaren Kennzahlen von Medien (wie Auflagezahlen, Reichweite, Leserzahlen uä) zu verstehen (so etwa in 4 Ob 279/02m und 4 Ob 215/10m) und wurde vom Rekursgericht zutreffend als ausreichend bestimmt beurteilt. Ob das unlautere Verhalten der Beklagten den Umfang des erlassenen Unterlassungsgebots rechtfertigt, hängt regelmäßig von den Umständen des Einzelfalls ab und begründet keine erhebliche Rechtsfrage, wenn das Rekursgericht ‑ wie hier ‑ den ihm in dieser Frage eingeräumten Ermessensspielraum nicht überschritten hat.
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