OGH 4Ob132/05y

OGH4Ob132/05y15.9.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Gitschthaler als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Markus Stender, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. M***** Betriebs-GmbH, 2. Jakob R*****, beide vertreten durch Held Berdnik Astner & Partner Rechtsanwälte GmbH in Graz, wegen Unterlassung, Schadenersatz und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Sicherungsverfahren 30.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgericht vom 11. Mai 2005, GZ 6 R 80/05i-14, mit dem der Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 17. März 2005, GZ 10 Cg 48/04a-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass die Entscheidung zu lauten hat:

„Einstweilige Verfügung

Zur Sicherung des Anspruchs der klagenden Partei gegen die beklagten Parteien auf Unterlassung wettbewerbswirdriger Behauptungen und Handlungen wird den beklagten Parteien für die Dauer dieses Rechtsstreits aufgetragen, es ab sofort zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs

1. in Aussendungen, insbesondere offenen Briefen, die Behauptung aufzustellen und zu verbreiten, dass die Baumaßnahmen zur Errichtung des Fertighauszentrums S***** gestoppt seien, das Projekt S***** keine Chance auf eine wirtschaftlich erfolgreiche Verwirklichung habe und nie fertiggebaut werde, oder sinnähnliche Behauptungen über den Bestand und den Betrieb des Fertighauszentrums S***** und die F***** GmbH aufzustellen und zu verbreiten;

2. in Aussendungen, insbesondere offenen Briefen an Fertighaushersteller, die Behauptung aufzustellen und zu verbreiten, der Betreiber in S***** agiere gegen die Interessen der Fertighausindustrie und führe auf dem Rücken der Fertighaushersteller 'Krieg' oder sinnähnliche Behauptungen aufzustellen und zu verbreiten;

3. in Aussendungen, insbesondere offenen Briefen, zu behaupten, die F***** GmbH agiere im geschäftlichen Verkehr mit unlauteren Mitteln, insbesondere durch Verfahrensverzögerungen, Gräuelpropaganda über rechtliche Qualität von Bewilligungen und Schmutzargumenten;

4. in Aussendungen, insbesondere offenen Briefen, zu behaupten und zu verbreiten, die F***** GmbH und deren Geschäftsführer Erich B***** agierten mit Drohungen, Versprechungen, Zuckerbrot und Peitsche;

5. in Aussendungen, insbesondere offenen Briefen, die F***** GmbH und/oder deren Projekt 'Fertighauszentrum S*****', dadurch herabzusetzen, dass behauptet wird, ein Fertighauszentrum mit 24 Ausstellungsflächen habe die ideale Größe eines Musterhauszentrums in der Region-Süd, demgegenüber das Fertighauszentrum S***** völlig überdimensioniert sei und dass das Fertighauszentrum S***** nie fertiggebaut werde und dass der Musterhauspark Graz dem Projekt S***** Monate an Entwicklungszeit voraus sei;

6. potenzielle Mieter im Fertighauszentrum S***** durch die unter den Punkten 1 bis 5 dargelegten oder sinnähnlichen Angaben über den Geschäftsbetrieb der F***** GmbH sowie deren Geschäftsführer Erich B***** abzuwerben, insbesondere durch den Aufruf, sich für den Musterhauspark Graz zu entscheiden.

Das darüber hinausgehende Begehren, wie insbesondere das Begehren, den beklagten Parteien ganz allgemein die Verbreitung unwahrer oder kreditschädigender Behauptungen über die F***** GmbH und/oder ihren Geschäftsführer zu untersagen sowie den beklagten Parteien ganz allgemein das Abwerben von potenziellen Mietern durch unwahre und zur Täuschung geeignete Angaben zu untersagen, wird abgewiesen.

Die klagende Partei hat die Hälfte ihrer Kosten vorläufig selbst zu tragen; die halben Kosten hat sie endgültig selbst zu tragen.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit 551,82 EUR (darin 91,97 EUR USt) bestimmten halben Äußerungskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Die klagende Partei hat die Hälfte ihrer Kosten des Rechtsmittelverfahrens vorläufig selbst zu tragen; die halben Kosten hat sie endgültig selbst zu tragen.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit 1.516,38 EUR (darin 252,73 EUR USt) bestimmten anteiligen Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Klägerin, deren Geschäftsführer Erich B***** ist, errichtet ein Fertighauszentrums in S*****. Ihre einzige Gesellschafterin ist die B*****-GmbH, der die Gemeinde P***** am 21. 6. 2004 zu Gunsten der damals noch nicht gegründeten Klägerin die Baubewilligung zur Errichtung von Anlagen zur Erschließung eines Fertighauszentrums auf verschiedenen Grundstücken der Katastralgemeinde P***** gemäß den §§ 19, 29 des Steiermärkischen Baugesetzes 1995 erteilt hat. Erich B***** ist auch Geschäftsführer der Fertighauszentrum "B*****" ***** KG, die das nach Häuserzahl und Fläche europaweit größte Fertighauszentrum "B*****" betreibt.

Die Erstbeklagte, deren Geschäftsführer der Zweitbeklagte ist, errichtet einen Musterhauspark in Graz. Beide Streitteile beabsichtigen, in der Region Graz-Umgebung ein Musterhauszentrum zu schaffen.

Im Dezember 2004 versandte die Erstbeklagte folgenden vom Zweitbeklagten unterfertigten „offenen Brief" an rund 25 Fertighausvertreiber:

„Musterhauspark Graz

Offener Brief nach gescheiterten Verhandlungen

Eugendorf, 16.12.2004

Sehr geehrter Herr A*****

Der Versuch für den Standort Graz eine Verhandlungslösung zu finden, ist gescheitert. Der Betreiber von S***** war nicht bereit, im Sinne einer Branchenlösung über mehrere mögliche Varianten, so auch über die Aufgabe seines Projektes, zu verhandeln - und dies, obwohl die dortigen Baumaßnahmen während der letzten Monate gestoppt waren und obwohl bisher auf mehrfache Anfrage von Herstellern keine Ausstellerverträge vorgelegt wurden, währenddessen bei IKEA bereits die ersten Bodenplatten betoniert werden. Eine vernünftige und einvernehmliche Lösung ist aufgrund der einseitigen Position von Herrn B***** damit außer Reichweite. Das ist bedauerlich, aber unumstößlich.

Währendessen gehen im Musterhauspark Graz die Baumaßnahmen mit Nachdruck weiter. Die Straßenasphaltierung erfolgt noch diese Woche, die Bodenplatten werden laufend errichtet, nach den Weihnachtsfeiertagen folgt das erste Haus.

Zum heutigen Tag haben uns folgende Firmen die Errichtung ihrer Musterhäuser bis zur Eröffnung im April schriftlich bestätigt:

ELK Hanlo Vario Haas

Bien Zenker Bau Mein Haus Wigo Malli

Hartl Griffner Hag Compact

Alle übrigen Mieter haben ihren Vertrag unterzeichnet, aber die Errichtung ihres Hauses noch nicht konkretisiert.

Die Haltung der Betreiber in S***** ist unverständlich und gegen die Interessen der Fertighausindustrie. Dieses Projekt entstand ja erst, als die Aufbreitung in Graz schon weitgehend erledigt war. Als im Jänner/Februar 2004 die Fertighausindustrie eine Lösung am Standort Graz benötigte, war außer der M*****-GmbH niemand zur Stelle. Dann aber kämpfte man von S***** aus mit unlauteren Mitteln (Verzögerung der Verfahren, Schmutzargumente über Standort und Größe sowie Gräuelpropaganda über die rechtliche Qualität der Bewilligungen, zur Zeit wird mit einer veralteten Bilanz des Musterhausparks E***** agiert).

Während in den letzten 5 Jahren alle Innovationen beim Betrieb eines Musterhauszentrums von E***** ausgegangen sind und realisiert wurden, verlautbarte Herr B***** allerlei Vorhaben und Projekte: Linz, Budapest oder ein Zentralgebäude für die 'B*****'. Allein, Worte sind geduldig, und Taten sind kaum gefolgt. Keines der obigen Projekte ist seiner Verwirklichung auch nur einen Schritt näher gerückt.

Graz soll nun offenbar zum Schlachtfeld gemacht werden, wo alle strategischen Versäumnisse der letzten Jahre wettgemacht werden sollen. Die Interessen der Aussteller und der Branche stehen dabei nicht im Mittelpunkt. Denn das Projekt S***** hat keine Chance auf eine wirtschaftlich erfolgreiche Verwirklichung: Es fehlen die meisten Interessenten aus der Fertighausindustrie, die ja längst durch andere Hersteller (Zimmerer, Baumeister etc.) ergänzt werden sollen. Aber auch diese Gruppen bringen nicht die erforderliche Zahl von Mietern.

Was bleibt, sind Worte: Drohungen, Versprechungen, Zuckerbrot und Peitsche - und die Gefahr von einigen Musterhäusern auf einem völlig überdimensionisiertem Areal.

Die M***** GmbH zählt nicht zu den Unternehmen, die sich davon beeindrucken lassen: Wir sind stets den Weg der konstruktiven Umsetzung unserer Projekte gegangen - so auch konsequent während der letzten Monate in Graz: Wir

haben dem Projekt S***** einige Monate Entwicklungszeit voraus

haben alle Versprechungen und Termine eingehalten

halten unsere Fertighausgarantie selbstverständlich aufrecht

sind die einzigen, die den Standort tatsächlich 'fertig' bauen

haben aus unseren Verträgen nie ein Geheimnis gemacht

spielen auch jetzt wieder offen in Bezug auf die Errichtung der Musterhäuser

werden pünktlich im April 2005 eröffnen

Wir entwickeln damit einen Standort, der nicht nur alle erforderlichen Standortqualitäten in höchstem Maße erfüllt (gute Verkehrsanbindung, bestehende hohe Besucherfrequenz, direkt neben, und nicht nur in der Nähe von dem Hauptfrequenzbringer des Areals gelegen, Ikea als starker und direkter Partner des Betreibers), sondern der vor allem auf die Bedürfnisse der Fertighausindustrie zugeschnitten ist.

Wir sehen ein Musterhauszentrum als einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil der Fertighausbranche, den nur diese in der jeweiligen Region in der Lage ist, zu entwickeln. Dementsprechend ist es die wichtigste Verantwortung des Betreibers, sicherzustellen, dass dieser Vorteil tagtäglich der Fertighausindustrie und nicht diversen Trittbrettfahrern am Markt zu gute kommt. Aus dieser Verantwortung heraus und in Kenntnis der Marktsituation vor Ort hat ein Standort mit 24 Ausstellungsflächen die ideale Größe eines Musterhauszentrums in der Region Süd - insbesondere da das Areal des Musterhausparks Graz im Bedarfsfall erweitert werden kann.

Die aktuelle Situation in Graz ist daher nicht eine Frage des Standortes oder des Betreibers, sondern eine Frage der Einigkeit. Auch Herr B***** sollte endlich akzeptieren, dass es untragbar ist, auf dem Rücken der Hersteller 'Krieg' führen zu wollen.

Deshalb - und nur aufgrund der durch die Entscheidung der meisten namhaften Hersteller bereits geschaffenen Tatsachen - appelliere ich an dieser Stelle an alle Hersteller, ihre Haltung zu überprüfen und ein eindeutiges Votum abzugeben. Die Strategie, hier und da dabei zu sein, es sich nirgendwo verscherzen zu wollen, wird letztendlich nicht aufgehen. Denn zwei Parks in der Steiermark sind wirtschaftlich nicht tragbar. Und davon sind nicht nur die Betreiber betroffen, sondern natürlich auch die Mieter.

Ihre Haltung ist jetzt am Markt Steiermark gefragt. Aus einer klaren Situation ist eine völlig unsinnige Konkurrenz geworden, unter der jeder Marktteilnehmer leiden wird. Deshalb lade ich alle ein, sich für den Musterhauspark Graz zu entscheiden, und stehe für nähere Gespräche jederzeit zur Verfügung.

Mit besten Grüßen!

Jakob R*****

Musterhauspark Graz"

Die Klägerin erhielt im Juni 2004 die rechtskräftige Baubewilligung für die Errichtung von Anlagen zur Erschließung eines Fertighauszentrums in P*****. Ende August bis Anfang November wurden auf der Baustelle die erforderlichen Erdbewegungsarbeiten vorgenommen und der Unterbau für Parkplätze und Straßen errichtet. In der Folge wurde mit den eigentlichen Arbeiten zur Errichtung des Musterhausparks begonnen. Wie bei Bauvorhaben dieser Art durchaus üblich, wurde auch zulieferungsbedingt zwischen den einzelnen Bauphasen auf der Baustelle einige Tage nicht gearbeitet. Zu einem Baustopp im eigentlichen Sinne kam es jedoch nicht. Das Zentrum S***** ist mit 39 Ausstellungsflächen geplant. Es kann nicht festgestellt werden, dass dieses Projekt überdimensioniert wäre oder keine Chance auf eine wirtschaftlich erfolgreiche Verwirklichung hätte. Welche Größe die ideale Ausstellungsfläche in wirtschaftlicher Hinsicht für ein Fertighauszentrum in der Region Süd hat, steht ebenso wenig fest wie der Umstand, dass der Musterhauspark Graz dem Projekt S***** zum Zeitpunkt der Versendung des offenen Briefs um Monate an Entwicklungszeit voraus gewesen wäre. Die Bauarbeiten beim Projekt der Erstbeklagten begannen etwa erst nach Vorliegen der Baubewilligung vom 16. 11. 2004. Zwischen den Streitteilen herrscht ein am freien Markt üblicher Konkurrenzkampf mit den damit verbundenen Strategien, sich gegenüber Mitbewerbern Vorteile zu verschaffen. Dass die Klägerin oder deren Geschäftsführer dabei mit Verfahrensverzögerungen, Drohungen, "Zuckerbrot und Peitsche", Gräuelpropaganda über rechtliche Qualität von Bewilligungen und/oder der Verbreitung von Schmutzargumenten agiert haben oder Handlungen gesetzt hätte, die so zu verstehen sind oder dass die S***** GmbH gegen die Interessen der Fertighausindustrie handelte und/oder auf dem Rücken der Betreiber „Krieg" führte, steht nicht fest.

Die Klägerin stellte zuletzt (ON 6) folgenden Sicherungsantrag (der sich in seiner letzten Fassung vom Unterlassungsbegehren im Hauptverfahren durch die kursiv geschriebenen Teile unterscheidet):

Den Beklagten wird mit einstweiliger Verfügung ab sofort aufgetragen, es bis zur Rechtskraft des über die Klage ergehenden Urteils im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu unterlassen,

1. unwahre Tatsachen, insbesondere durch Versendung von offenen Briefen, über den Bestand und den Betrieb des Fertighauszentrums S***** und/oder die F***** GmbH aufzustellen und zu verbreiten, insbesondere dass die Baumaßnahmen zur Errichtung des Fertighauszentrums S***** gestoppt seien und/oder das Projekt S***** keine Chance auf eine wirtschaftlich erfolgreiche Verwirklichung habe und/oder nie fertiggebaut werde oder ähnliche Behauptungen;

2. insbesondere in Aussendungen, insbesondere offenen Briefen an Fertighaushersteller, Behauptungen aufzustellen und zu verbreiten, die geeignet sind, den Kredit, den Erwerb und das Fortkommen der F***** GmbH und/oder ihres Geschäftsführers, Erich B*****, zu gefährden, insbesondere durch die Behauptung, der Betreiber in Seiersberg agiere gegen die Interessen der Fertighausindustrie und/oder führe auf dem Rücken der Fertighaushersteller "Krieg" oder ähnliche Behauptungen;

3. insbesondere in Aussendungen, insbesondere offenen Briefen, zu behaupten, die F***** GmbH agiere im geschäftlichen Verkehr mit unlauteren Mitteln, insbesondere durch Verfahrensverzögerungen, Gräuelpropaganda über rechtliche Qualität von Bewilligungen und/oder Schmutzargumenten oder ähnliche Behauptungen zu verbreiten;

4. insbesondere in Aussendungen, insbesondere offenen Briefen, zu behaupten und zu verbreiten, die F***** GmbH und/oder deren Geschäftsführer, Erich B***** agiere im geschäftlichen Verkehr mit Drohungen, Versprechungen, Zuckerbrot und Peitsche oder ähnliche Behauptungen;

5. insbesondere in Aussendungen und offenen Briefen die F***** GmbH und/oder deren Projekt "F*****", dadurch herabzusetzen, dass behauptet wird, ein Fertighauszentrum mit 24 Ausstellungsflächen habe die ideale Größe eines Musterhauszentrums in der Region-Süd, demgegenüber das Fertighauszentrum S***** völlig überdimensioniert sei und/oder dass das Fertighauszentrum S***** nie fertiggebaut werde und/oder dass der Musterhauspark Graz dem Projekt S***** Monate an Entwicklungszeit voraus sei oder durch ähnliche Äußerungen herabzusetzen;

6. durch unwahre und zur Täuschung geeignete Angaben, insbesondere über den Geschäftsbetrieb der F***** GmbH sowie deren Geschäftsführer, Erich B*****, insbesondere wie unter den Punkten 1. bis 5. dargelegt, potenzielle Mieter im Fertighauszentrum S***** abzuwerben, insbesondere durch den Aufruf, sich für den Musterhauspark Graz zu entscheiden.

Die beanstandeten Äußerungen im offenen Brief der Beklagten vom 16. 12. 2004 seien unwahre Tatsachenbehauptungen, verleiteten die Fertighaushersteller zum Vertragsbruch, täuschten über Tatsachen, enthielten sittenwidrige Alleinstellungswerbung zu Gunsten der Erstbeklagten und zur Irreführung geeignete Angaben über die geschäftlichen Verhältnisse der Klägerin einschließlich deren Leistungen und setzten das Unternehmen der Klägerin pauschal herab, wodurch deren Kredit, Erwerb und Fortkommen gefährdet werde.

Die Beklagten beantragen die Abweisung des Sicherungsantrags. Das Unterlassungsbegehren sei zu weit und nicht vollstreckbar. Die Briefadressaten seien über die zwischen den Streitteilen herrschende Konkurrenzsituation und alle Aktivitäten informiert gewesen und hätten die Zusammenhänge und Hintergründe der Auseinandersetzung gekannt; dieses Vorwissen habe es ihnen ermöglicht, die beanstandeten Äußerungen in Beziehung zu den stattgefundenen Vorgängen zu setzen und im Gesamtzusammenhang zu betrachten. Der Brief sei nicht geeignet, die Empfänger in ihren Entscheidungsprozessen zu beeinflussen. Die beanstandeten Äußerungen seien vor dem Hintergrund des Fachwissens des Empfängerhorizonts einerseits als zulässige und zutreffende Tatsachenbehauptungen, andererseits als - wenngleich spitze und pointierte - Wertungen auf Basis eines dem Adressatenkreis bekannten Tatsachensubstrats zu beurteilen.

Das Erstgericht gab dem Sicherungsantrag statt. Die beanstandeten Äußerungen (Punkte 1 bis 5 des Begehrens) seien Tatsachenbehauptungen, durch die in ihrem Zusammenhang bei den Geschäftspartnern der Klägerin ein negativer Eindruck vom Unternehmen der Klägerin hervorgerufen werde und deren Wahrheit nicht bescheinigt sei; insoweit lägen Verstöße gegen § 7 UWG vor. Punkt 6 des Begehrens sei als Abwerbung von Kunden unter Anwendung verwerflicher Mittel (nämlich Anschwärzen von Mitbewerbern) zu beurteilen und verstoße gegen § 1 UWG.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig sei. Die im Brief der Beklagen verbreiteten Tatsachenbehauptungen seien zur Kreditschädigung geeignet; es würden verwerfliche Mittel zum Ausspannen von Kunden der Klägerin angewendet. Durch die Modifizierung des Sicherungsbegehrens ändere sich der Grundtatbestand weder qualitativ noch quantitativ. Das nunmehrige Sicherungsbegehren gehe nicht über das Hauptbegehren hinaus, sondern beschreibe nur die zu unterlassenden Handlungen konkreter.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil das Rekursgericht von höchstgerichtlicher Rechtsprechung abgewichen ist; das Rechtsmittel ist auch teilweise berechtigt.

1. Mit ihrem Vorbringen, die Einvernahme verschiedener Auskunftspersonen sei zu Unrecht unterblieben, machen die Rekurswerber einen Verfahrensmangel erster Instanz geltend, den das Rekursgericht behandelt und verneint hat. Daran ist der Oberste Gerichtshof gebunden (E. Kodek in Rechberger, ZPO² Rz 1 zu § 528 mwN; E. Kodek in Angst, EO, § 402 Rz 18).

2. Unzutreffend ist der Standpunkt des Rechtsmittels, die in den Punkten 1. bis 5. des Sicherungsbegehrens untersagten Äußerungen seien „vorrangig" einer objektiven Überprüfung nicht zugängige Werturteile.

Ob durch eine Äußerung Tatsachen verbreitet werden oder eine wertende Meinungsäußerung vorliegt, richtet sich nach dem Gesamtzusammenhang und dem dadurch vermittelten Gesamteindruck für den unbefangenen Durchschnittsadressaten; eine missverständliche Fassung geht dabei stets zu Lasten des Mitteilenden (RIS-Justiz RS0031883). Entscheidend für die Qualifikation einer Äußerung als Tatsachenbehauptung ist, ob sich ihr Bedeutungsinhalt nach dem Verständnis der Adressaten - auf den subjektiven Willen des Äußernden kommt es nicht an - auf einen Tatsachenkern zurückführen lässt, der einem Beweis zugänglich ist (RIS-Justiz RS0031815 [T7]). Solches trifft auf sämtliche in den Punkten 1. bis 5. des Sicherungsbegehrens angeführten Textpassagen zu. Ob ein in Aussicht genommener Fertighauspark Chance auf Verwirklichung hat, ob ein solches Projekt wirtschaftlich die „ideale Größe" besitzt und fertiggebaut wird, ob dabei gegen jemandes Interessen gehandelt wird oder ob jemand auf dem Rücken anderer „Krieg" führen will, sind Aussagen, die nach dem Verständnis eines durchschnittlich informierten Fertigteilhaus-Herstellers zumindest einen an der Wirklichkeit überprüfbaren (objektiven) Tatsachenkern enthalten und damit einem Beweisverfahren zugänglich sind. Diese Aussagen wurden daher - weil ihre Richtigkeit nicht bescheinigt ist - zutreffend als Verstoß gegen § 7 UWG gewertet, ohne dass es weiter darauf ankäme, welches Detailwissen die Adressaten über den Konkurrenzkampf der Streitteile und die von diesen verfolgten Konzepte besitzen.

3. Nicht zielführend sind die Ausführungen der Beklagten, soweit sie die Verletzung des Grundsatzes der Waffengleichheit behaupten und sich dagegen aussprechen, dass das Erstgericht zwar eine „Gegenäußerung" der Klägerin zugelassen, ihnen selbst aber keine Möglichkeit einer Stellungnahme dazu eingeräumt habe.

Das Provisorialverfahren als summarisches Eilverfahren ist grundsätzlich einseitig; ein Anspruch des Gegners, vor der Beschlussfassung über den Sicherungsantrag gehört zu werden, besteht nicht (4 Ob 218/97f; RIS-Justiz RS0005557). Das Gericht muss deshalb, wenn es über den Sicherungsantrag unter Verwertung eines weiteren, neues Sachvorbringen und Bescheinigungsvorbringen enthaltenden Schriftsatzes der gefährdeten Partei über den Sicherungsantrag entscheidet, den Antragsgegner nicht zu diesem Nachtragsvorbringen hören. Diesem steht dann allerdings das Recht zu, gegen die ohne seine (neuerliche) Vernehmung erlassene einstweilige Verfügung fristgerecht Widerspruch nach § 397 Abs 1 EO zu erheben (RIS-Justiz RS0005557). Das Provisorialverfahren fällt nach ständiger Rechtsprechung nicht unter Art 6 Abs 1 MRK (RIS-Justiz RS0028350).

4. Zum Abwerbeverbot nach Punkt 6. des Sicherungsbegehrens berufen sich die Beklagten zu Unrecht auf den Rechtfertigungsgrund einer berechtigten Abwehrmaßnahme. Sie haben sich in ihrem offenen Brief nämlich nicht darauf beschränkt, über die wahre Sachlage nach objektiven Gesichtspunkten aufzuklären, sondern haben durch Anschwärzen ihres Mitbewerbers (§ 7 UWG) selbst zu wettbewerbswidrigen Mitteln gegriffen. Damit haben sie die Grenzen einer zulässigen Abwehrmaßnahme überschritten; ihr Verhalten ist daher als wettbewerbswidrig zu beurteilen (vgl 4 Ob 260/03v; RIS-Justiz RS0077873). Auf eine subjektive Vorwerfbarkeit kommt es in diesem Zusammenhang - entgegen den Ausführungen im Rechtsmittel - nicht an, weil dieser Umstand nur in Fällen eines Wettbewerbsvorsprungs durch Rechtsbruch von Bedeutung ist (RIS-Justiz RS0077771).

5. Der mit einer während eines Rechtsstreites zu erlassenden einstweiligen Verfügung zu sichernde Anspruch hat sich im Rahmen des mit der Klage erhobenen Anspruches zu halten (RIS-Justiz RS0004861; RS0004815 [T2]. Entgegen diesem in ständiger Rechtsprechung vertretenen Grundsatz überschreitet der Sicherungsantrag - wie die Beklagten zutreffend aufzeigen - in seiner abgeänderten letzten Fassung den Rahmen des Klagebegehrens im Hauptverfahren:

Das Klagebegehren verknüpft die einzelnen beispielsweise aufgezählten Behauptungen mit „und"; das bedeutet, dass ein Verstoß nur vorliegt, wenn sämtliche Behauptungen erhoben werden (vgl 3 Ob 319/01k). Demgegenüber ersetzt der Sicherungsantrag (und die ihm folgende einstweilige Verfügung) „und" durch „und/oder"; dies bewirkt, dass gegen die einstweilige Verfügung schon dann verstoßen wird, wenn auch nur eine der angeführten Behauptungen erhoben wird. Das Verbot der einstweiligen Verfügung geht damit weiter als das des Urteils. Gleiches gilt für die zu einigen Punkten des Begehrens im Sicherungsantrag nachträglich ergänzte Wortfolge „oder ähnliche Behauptungen/Äußerungen". In diesem Umfang findet der Sicherungsantrag im Hauptbegehren keine Deckung und ist schon aus diesem Grund unberechtigt. Beim Unterlassungsgebot zu den Punkten 3, 4 und 5 sind den Beklagten daher nur wie von der Klägerin ursprünglich begehrt bestimmte Äußerungen zu untersagen; das Unterlassungsgebot zu den Punkten 1 und 2 hat hingegen wie zu 6. dargelegt wird auch sinnähnliche Behauptungen zu erfassen, weil das begehrte Gebot ganz allgemein gefasst ist.

6. Das Unterlassungsgebot hat sich am konkreten Wettbewerbsverstoß zu orientieren (stRsp: RIS-Justiz RS0037634) und darf das gebotene Verhalten nicht so unbestimmt beschreiben, dass der Rechtsstreit in Wahrheit vor die Exekutionsgerichte verlagert würde, die nicht zur Klärung wettbewerbsrechtlicher Fragen berufen sind (vgl RIS-Justiz RS0000878 [T7, T10]; ähnlich 16 Ok 11/04). Auf § 7 UWG gestützte Unterlassungsgebote sind eng zu fassen und auf die konkrete Behauptung sowie Behauptungen gleichen Inhalts zu beschränken (RIS-Justiz RS0115334). Der durch herabsetzende Äußerungen Betroffene hat nur Anspruch auf Unterlassung der konkreten Äußerung und ähnlicher Äußerungen (RIS-Justiz RS0037478 [T7]; RS0037607 [T36]).

Gemessen an diesen Grundsätzen rügt das Rechtsmittel zu Recht, dass das Unterlassungsgebot teilweise zu weit gefasst ist. Dies betrifft die Punkte 1 (Verbot der Aufstellung und Verbreitung unwahrer Tatsachen über den Bestand und den Betrieb eines Unternehmens), 2 (Verbot der Aufstellung und Verbreitung von kreditschädigenden Behauptungen) und 6 (Verbot der Abwerbung potenzieller Mieter durch unwahre und zur Täuschung geeignete Angaben) des Begehrens, bei denen erst die jeweils nachfolgenden „insbesondere"-Teile das verbotene Verhalten verdeutlichen und so ausreichend konkretisieren, dass das Unterlassungsgebot als Richtschnur zukünftigen Verhaltens dienen kann. Das Unterlassungsgebot ist daher nur insoweit berechtigt, als es sich auf die konkreten und auf sinnähnliche Äußerungen bezieht; das darüber hinaus gehende ganz allgemeine Begehren ist hingegen abzuweisen.

Dem Revisionsrekurs ist teilweise Folge zu geben.

Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf § 393 Abs 1 EO; jene über die Kosten der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 43, 50 ZPO. Die Klägerin hat im Sicherungsverfahren erster Instanz und im Rechtsmittelverfahren mit rund der Hälfte ihres Begehrens obsiegt.

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