European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0040OB00121.15W.0811.000
Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die angefochtene Entscheidung wird mit der Maßgabe bestätigt, dass deren Punkt 1 wie folgt zu lauten hat:
„Die beklagte Partei ist schuldig, es zu unterlassen, auf Produkten oder in der Aufmachung von Lebensmitteln, a.) auf IFS (International Featured Standard) oder auf ähnliche Zertifikate, für deren Verwendung die beklagte Partei keine Genehmigung hat und die für den Endverbraucher nicht zugänglich oder überprüfbar sind, oder b.) auf die Abstammung von einem österreichischen Familienbetrieb, wenn das Produkt nicht aus Österreich stammt, zu verweisen, beispielsweise die Bewerbung von geräuchertem Fisch mit dem Hinweis 'IFS‑zertifizierter österreichischer Familienbetrieb'.“
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.961,64 EUR (darin 326,94 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Die klagende Partei ist ein Verband, dessen Mitglieder einerseits im Einzelhandel tätige Unternehmer, andererseits aber auch Landesgremien, Innungen und Handelskammern sind.
Die beklagte Partei ist im Lebensmitteleinzelhandel tätig. Sie bot in ihren Filialen sowie in ihrem Onlineshop geräucherte Forellenfilets in folgender Verpackung an:
Die Forellenfilets stammen aus italienischer Aquakultur, werden jedoch in Österreich von der (richtig:) K***** GmbH geräuchert und verpackt. Dieses Unternehmen ist ein nach dem International Featured Standard (IFS) zertifizierter Betrieb und IFS‑Lizenznehmerin. Die beklagte Partei selbst ist nicht IFS‑zertifiziert; sie ist und war nie Lizenznehmerin des IFS. Es liegt keine Genehmigung vor, die der beklagten Partei den Verweis auf die IFS‑Zertifizierung erlaubt.
Die I***** GmbH in Berlin ist Eignerin, Lizenzgeberin und Rechtehalterin des IFS Food‑Standards. In den Lizenzbestimmungen des IFS ist unter Z 10 festgehalten, dass „ein nach IFS‑Food zertifiziertes Unternehmen, ein IFS‑Food akzeptierendes Unternehmen, welches ein IFS‑Zertifikat von seinem Lieferanten oder Dienstleister akzeptiert, oder eine IFS‑Food-Zertifizierungsstelle das IFS‑Logo für Werbezwecke und für Informationen zur IFS‑Zertifizierung nutzen kann, sofern dieses nicht auf der Verpackung des Endproduktes angebracht wird, die dem Endverbraucher zugänglich ist“. Weiters ist vorgesehen, dass die Wortmarken „IFS“, „International Featured Standard“, „IFS‑Food“ oder ähnliches nicht für Kommunikationszwecke auf Endprodukten verwendet werden dürfen, die für Endverbraucher zugänglich sind.
Die klagende Partei begehrte zuletzt, der beklagten Partei zu verbieten auf Produkten oder in der Aufmachung von Lebensmitteln auf IFS oder auf ähnliche Zertifikate, die für Endverbraucher nicht zugänglich und überprüfbar sind, zu verweisen, wie hier beispielsweise bei der Bewerbung von geräuchertem Fisch als „IFS‑zertifizierter österreichischer Familienbetrieb“, insbesondere, wenn das Produkt gar nicht aus Österreich stammt. Neben einem Veröffentlichungsbegehren stellte sie auch ein Eventualbegehren, womit der beklagten Partei verboten werde, auf Produkten oder in der Aufmachung von Lebensmitteln auf „IFS‑zertifizierter österreichischer Familienbetrieb“ hinzuweisen, wenn tatsächlich die IFS‑Zertifizierung diese spezielle Zertifizierung als österreichischer Familienbetrieb nicht vorsieht, für den Verbraucher diese Zertifizierung, insbesondere, ob es sich überhaupt um ein österreichisches Produkt handelt, nicht überprüfbar sei und das Produkt gar nicht aus Österreich stamme.
Sie brachte im Wesentlichen vor, dass das IFS‑Gütezeichen ein Qualitätsmerkmal sei und seine Verwendung ohne Genehmigung nach UWG Anh Z 2 per se verboten sei. Die beklagte Partei habe keine Genehmigung zur Verwendung dieser Angabe (dieses Gütezeichens). Vielmehr sei es ihr aufgrund der Lizenzbestimmungen verboten, auf IFS hinzuweisen. Darüber hinaus sei der Packungsinhalt irreführend, weil die Forellenfilets ungeachtet des Hinweises auf einen österreichischen Familienbetrieb aus italienischer Aquakultur stammten.
Die beklagte Partei wandte ein, dass sie nicht gegen die Lizenzbestimmungen verstoße, weil sie die IFS‑Wortmarke nicht markenmäßig verwende. Gemäß § 10 Abs 3 MSchG sei sie zur Verwendung berechtigt. Aufgrund der Angabe könne es beim Durchschnittsverbraucher zu keiner Herkunftsverwirrung kommen. Die klagende Partei sei nicht aktiv legitimiert, weil Unterlassungsansprüche ausschließlich vom Rechteinhaber geltend gemacht werden könnten. Die beklagte Partei sei nicht passiv klagslegitimiert, weil sie nicht Vertragspartei hinsichlich der Lizenzbestimmungen sei. Die Angabe einer Zertifizierung sei auch keine verkaufsfördernde Maßnahme und verschaffe der beklagten Partei keinen ins Gewicht fallenden Wettbewerbsvorsprung. Auch die Herkunftsbezeichnung aus einem zertifizierten österreichischen Familienbetrieb sei nicht täuschungsgeeignet, weil ein verständiger Konsument daraus nur ableite, dass das Produkt in Österreich geräuchert und verpackt worden sei. Auf die Herkunft der Rohprodukte aus Italien werde ohnehin auf der Rückseite der Verpackung hingewiesen. Die Verpackung der geräucherten Forellenfilets entspreche den lebensmittelrechtlichen Kennzeichnungs-vorschriften. Auch für geschützte geografische Angaben sei es nicht erforderlich, dass das Rohprodukt und die Weiterverarbeitung im selben Land erfolgen. Umso mehr müsse das für einfache geografische Angaben gelten.
Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei für schuldig, es zu unterlassen, auf Produkten oder in der Aufmachung von Lebensmitteln, insbesondere bei der Bewerbung von geräuchertem Fisch, als aus „österreichischem Familienbetrieb“ stammend zu verweisen, wenn das Produkt gar nicht aus Österreich stammt. Weiters gab es dem Veröffentlichungsbegehren statt. Es wies das Klagebegehren und das Eventualbegehren bezüglich des Hinweises auf die IFS‑Zertifizierung ab.
Ausgehend vom eingangs dargestellten Sachverhalt ging es beim stattgebenden Teil seiner Entscheidung davon aus, dass der Hinweis auf die österreichische Herkunft irreführend sei. Konsumenten hätten in den letzten Jahren eine Präferenz für heimische Produkte entwickelt, weshalb der Hinweis auch wettbewerbsverzerrend sei und gemäß UWG untersagt werden könne. Das Veröffentlichungsbegehren sei berechtigt, weil die beklagte Partei zu den größten und bekanntesten Lebensmitteleinzelhändlern zähle.
Im Übrigen ging es davon aus, dass die Verwendung der Wortmarke IFS ohne Bewilligung unter das per‑se‑Verbot der Z 2 des Anhangs zu § 2 UWG falle. Die klagende Partei sei auch aktiv legitimiert, einen derartigen Verstoß geltend zu machen. Allerdings sei das Klagebegehren bezüglich IFS aus dem Vorbringen nicht ableitbar. Die klagende Partei habe nicht verlangt, dass der beklagten Partei der Verweis auf IFS verboten werde, wenn eine entsprechende Genehmigung nicht vorliegt. Die klagende Partei stelle vielmehr darauf ab, dass eine Verwendung dann nicht zulässig sein, wenn die Zertifikate oder IFS für Endverbraucher nicht zugänglich oder überprüfbar seien.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei keine Folge und bestätigte somit das Unterlassungsgebot betreffend den irreführenden Hinweis auf den österreichischen Familienbetrieb und das Veröffentlichungsbegehren. Hingegen gab es der Berufung der klagenden Partei Folge und änderte das angefochtene Urteil dahin ab, dass es hinsichtlich der Unterlassungsansprüche insgesamt wie folgt lautet:
Die beklagte Partei ist schuldig, es zu unterlassen, auf Produkten oder in der Aufmachung von Lebensmitteln auf IFS (International Featured Standard) oder auf ähnliche Zertifikate zu verweisen, wenn die beklagte Partei dafür keine Genehmigung hat, wie beispielsweise bei der Bewerbung von geräuchertem Fisch als von einem „IFS‑zertifizierten österreichischen Familienbetrieb“ stammend, insbesondere wenn der verarbeitete Fisch gar nicht aus Österreich stammt.
Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteigt und die ordentliche Revision zulässig sei.
Das Berufungsgericht stützte den Unterlassungsanspruch auf UWG Anh Z 4 (hinsichtlich der Werbung mit der IFS‑Zertifizierung) und auf § 2 UWG (bezüglich des Hinweises auf den österreichischen Familienbetrieb).
Die beklagte Partei sei bei von ihr vertriebenen Produkten nicht berechtigt, auf IFS zu verweisen, zumal nicht einmal die Lizenznehmerin (K***** GmbH) gegenüber Endverbrauchern dazu berechtigt sei. Nach dem allgemeinen Grundsatz des § 442 ABGB könne die K***** GmbH nicht mehr Rechte übertragen, als sie selbst hat. Die Verpackung enthalte eine Behauptung der Genehmigung einer privaten Stelle, ohne dass den Lizenzbestimmungen entsprochen werde, weshalb ein Verstoß gegen die Z 4 des Anhangs zum UWG und nicht gegen die Z 2 vorliege.
Der blickfangartige Hinweis auf den österreichischen Familienbetrieb sei irreführend iSd § 2 UWG, weil damit eine Täuschung des Publikums über die Herkunft der Fischteile sehr wahrscheinlich gemacht werde. Ein mündiger Verbraucher, der die Vorderseite der Verpackung liest, werde unter anderem auch deswegen, weil es sich bei der Forelle um einen heimischen Fisch handelt, annehmen, dass das gesamte Produkt aus Österreich stammt. Der Hinweis auf der Rückseite der Verpackung, wonach der Rohfisch aus Aquakultur in Italien stammt, sei nicht geeignet, diese Irreführung aufzuheben.
Das Klagebegehren sei im Rahmen des § 405 ZPO zu präzisieren und umzuformulieren.
Auf die Rechtsausführungen des Erstgerichts zum Veröffentlichungsbegehren sei nicht einzugehen, weil sich die beklagte Partei in der Berufung damit nicht auseinandergesetzt habe.
Die ordentliche Revision sei zulässig, weil höchstrichterliche Rechtsprechung zur mittelbaren Geltung von Lizenzbestimmungen und auch zur Frage fehle, ob die Verwendung eines Standard‑Zertifikats durch einen Nicht‑Lizenzinhaber unter Z 2 oder Z 4 des Anhangs falle.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen diese Entscheidung gerichtete Revision der beklagten Partei ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, aber nicht berechtigt.
A. Zum Hinweis auf die IFS-Zertifizierung:
1. Nach § 2 Abs 2 UWG gelten die im Anhang unter Z 1 bis 23 angeführten Geschäftspraktiken jedenfalls als irreführend. Eine weitere Prüfung von Tatbestandsvoraussetzungen oder Abwägungen im Einzelfall ist daher nicht erforderlich. Dementsprechend entfällt auch die Prüfung der Spürbarkeit gemäß § 1 Abs 1 UWG sowie die Relevanzprüfung nach § 2 Abs 1 UWG. Somit sind auch Geschäftspraktiken unterhalb der Erheblichkeitsschwelle als unlauter zu qualifizieren (Erwägungsgrund 17 RL‑UGP; EuGH C‑540/08 Mediaprint/Österreich Rz 34; 4 Ob 113/08h ‑ Medium T; 4 Ob 208/10g ‑ Fußballer des Jahres; Anderl/Appl in Wiebe/Kodek, UWG2 Anh zu § 2 Rz 9 mwN). Aus den gleichen Erwägungen kommt es auch nicht darauf an, ob die beklagte Partei auf ein lebensmittelkennzeichnungsrechtliches Gutachten vertrauen hätte können.
2. Folgende Geschäftspraktiken gelten nach UWG Anh Z 2 und Z 4 als unlauter:
2. Die Verwendung von Gütezeichen, Qualitätskenn-zeichen oder Ähnlichem ohne die erforderliche Genehmigung.
[...]
4. Die Behauptung, dass ein Unternehmen (einschließlich seiner Geschäftspraktiken) oder ein Produkt von einer öffentlichen oder privaten Stelle bestätigt, gebilligt oder genehmigt worden sei, obwohl dies nicht der Fall ist, oder das Aufstellen einer solchen Behauptung, ohne dass den Bedingungen für die Bestätigung, Billigung oder Genehmigung entsprochen wird.
3. Ein Verstoß gegen UWG Anh Z 4 liegt allerdings nicht vor.
3.1 Bei diesem Tatbestand sind zwei Varianten zu unterscheiden. Zum einen verpönt diese Bestimmung den Hinweis auf eine Bestätigung, Billigung oder Genehmigung, die tatsächlich nicht erteilt wurde, die nichtig ist oder die bereits widerrufen oder zurückgenommen wurde, und zwar auch dann, wenn der Unternehmer die entsprechenden Anforderungen eigentlich erfüllt. Die erste Variante der Z 4 umfasst auch unwahre Angaben über den Umfang oder die Art einer Bestätigung odgl, wenn also mit einer weitergehenden oder anderen Bestätigung geworben wird, als sie tatsächlich erteilt wurde (Weidert in Harte-Bavendamm/Henning‑Bodewig UWG3, Anh zu § 3 Abs 3 Nr 4 Rz 18).
Hier kommt die erste Variante der Z 4 schon deshalb nicht in Betracht, weil die K***** GmbH tatsächlich nach dem IFS zertifiziert wurde, worauf die Produktverpackung wahrheitsgemäß hinweist.
3.2 Der zweite Tatbestand behandelt den Fall, dass eine Bestätigung, Billigung oder Genehmigung zwar aktuell noch vorliegt, der Unternehmer aber ‑ entgegen seiner Behauptung ‑ die Bedingungen für die Bestätigung odgl nicht (mehr) einhält (Weidert in Harte‑Bavendamm/Henning-Bodewig UWG3, Anh zu § 3 Abs 3 Nr 4 Rz 19). Die zweite Variante der Z 4 stellt somit auf die materiellen Kriterien (zB) für eine Bestätigung odgl ab (arg „Bedingungen für die Bestätigung, Billigung oder Genehmigung“), die der Unternehmer einhalten muss, um diese Bestätigung (weiter) zu erhalten, wenn er sich darauf beruft (Anderl/Appl in Wiebe/Kodek, UWG2 Anh zu § 2 Rz 41 f).
Das kann zum einen aus einer nachträglichen Änderung des Unternehmens, seiner Geschäftspraktiken oder Produkte, zum anderen aus einem Verstoß gegen eine unter Auflagen bzw unter gewissen Voraussetzungen erteilten Bewilligung resultieren (Anderl/Appl in Wiebe/Kodek, UWG2 Anh zu § 2 Rz 41; Weidert in Harte‑Bavendamm/Henning-Bodewig UWG3, Anh zu § 3 Abs 3 Nr 4 Rz 19 [Auflagen]; Sosnitza in Ohly/Sosnitza, UWG6 Anh zu § 3 Abs 3 Rz 14 [Änderung des Produkts]; Bornkamm in Köhler/Bornkamm Anh zu § 3 Abs 3 UWG Rz 4.4 [Änderung des Produkts]).
3.3 In der hier zu prüfenden Konstellation kommt ein Verstoß gegen die Z 4 somit allenfalls dann in Betracht, wenn die inhaltlichen Voraussetzungen für die IFS‑Zertifizierung nicht (mehr) vorliegen.
Diese Frage ist aber unabhängig davon zu klären, ob die beklagte Partei gegen die von der klagenden Partei und vom Berufungsgericht herangezogene Z 10 der Lizenzbestimmung verstoßen hat. Z 10 der Lizenzbestimmung betrifft kein materielles Kriterium, das das zertifizierte Unternehmen einhalten muss, um das Zertifikat zu erhalten. Es handelt sich vielmehr um eine Werbebeschränkung, die keine inhaltliche Voraussetzung („Bedingung“) für die Zertifizierung war, zumal auch vor einer Zertifizierung nicht mit dem IFS geworben werden durfte.
Ein Verstoß gegen Z 4 ist hier schon deshalb zu verneinen, weil von der klagenden Partei gar nicht behauptet wurde, dass die materiellen Kriterien für eine Bestätigung, Billigung oder Genehmigung iSd Z 4 des Anhangs nicht (mehr) vorliegen.
Gegen das Vorliegen einer Bedingung iSd Z 4 spricht auch der Umstand, dass die Z 4 dem Schutz des Verbrauchers vor der irreführenden Angabe über die Einhaltung von Bedingungen dient, weil der Verbraucher hierin eine besondere Güte des Unternehmens bzw seines Waren- und Dienstleistungsangebots vermutet und der Verbraucher hierauf seine Kaufentscheidung stützt (Wirtz in Götting/Nordemann, UWG2 § 3 Rz 145). In diesem Sinn wird auch in der Entscheidung des EuGH C‑206/11 Köck/Schutzverband gegen unlauteren Wettbewerb, ausgeführt, die Z 4 umfasst Fälle, in denen die Regelung bestimmte Anforderungen insbesondere an die Qualität eines Gewerbetreibenden oder seiner Waren stellt (Rz 39). Durch einen Verstoß gegen die Werbebeschränkungen des Lizenzgebers wird das Vertrauen des Konsumenten auf die Qualität des Unternehmens (bzw auf das Zertifikat) aber nicht beeinflusst.
3.4 Schließlich setzt die Z 4 auch voraus, dass das Unternehmen wahrheitswidrig behauptet, es halte die Bedingungen ein. Darunter ist eine ausdrückliche Behauptung zu verstehen, das bloße Geschehenlassen eines falschen Eindrucks genügt nicht (Anderl/Appl in Wiebe/Kodek, UWG2 Anh zu § 2 Rz 34; Micklitz/Schirmbacher in Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien3 § 3 UWG Rz 57 und 60 [„wir erfüllen dauerhaft die Voraussetzungen für die Zertifizierung nach ...“]; Weidert in Harte-Bavendamm/Henning‑Bodewig UWG3, Anh zu § 3 Abs 3 Nr 4 Rz 8).
Die Anwendung der Z 4 scheitert hier daher auch daran, dass die beklagte Partei das Einhalten der Werbebeschränkungen laut Lizenzvertrag nicht ausdrücklich behauptet hat (vgl Anderl/Appl in Wiebe/Kodek, UWG2 Anh zu § 2 Rz 40).
3.5 Damit ist ein Verstoß gegen Z 4 zu verneinen, zumal die sogenannte Schwarze Liste wegen des absoluten Verbots der einzelnen Tatbestände nicht extensiv auszulegen ist (4 Ob 27/13v ‑ Telefonieren Sie gratis; 4 Ob 95/13v ‑ Videospiel D‑Universe; vgl auch 4 Ob 106/10g).
3.6 Der im Rechtsmittel erhobene Vorwurf, das Berufungsgericht habe durch Anwendung des Tatbestands von UWG Anh Z 4 gegen das Verbot von Überraschungsentscheidungen verstoßen, kann daher mangels Relevanz (vgl RIS‑Justiz RS0043027) keine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens begründen. Das Unterlassungsgebot ist ungeachtet dessen nämlich durch die UWG Anh Z 2 gedeckt.
4. UWG Anh Z 2 schützt vor Irreführung durch die Verwendung von unternehmens‑ oder produktbezogenen Auszeichnungen (Gütezeichen, Qualitätskennzeichen oder Ähnlichem), die aufgrund einer objektiven Prüfung vergeben werden und im Verkehr als Hinweis auf eine besondere Güte oder Qualität verstanden werden (4 Ob 159/09z ‑ Sanovit Mystik; Bornkamm in Köhler/Bornkamm Anh zu § 3 Abs 3 UWG Rz 2.2).
4.1 Wenngleich von der beklagten Partei bestritten wurde, dass es sich bei der IFS-Zertifizierung um ein Gütezeichen odgl iSd UWG Anh Z 2 handelt, ergibt sich bereits aus dem übereinstimmenden Vorbringen beider Streitteile, dass die IFS-Zertifizierung aufgrund eines standardmäßigen Zertifizierungsverfahrens, nämlich nach den Regeln des IFS Food‑Standards ‑ Version 6 (somit nach einem objektiven Prüfverfahren), vergeben wird.
Das deckt sich auch mit der inhaltlich unstrittigen Urkunde über den IFS, die von der klagenden Partei im erstgerichtlichen Verfahren vorgelegt wurde (Beilage ./J). Eine im Verfahren vorgelegte Urkunde, die ihrem Inhalt nach unstrittig ist, ist der Entscheidung des Revisionsgerichts ohne weiteres zugrunde zu legen (RIS‑Justiz RS0121557 [T2]).
Damit entspricht das Zertifikat rechtlich einem Gütezeichen, Qualitätszeichen oder Ähnlichem iSd UWG Anh Z 2. Klassische Zeichen dieser Art sind nach einhelliger Ansicht gerade Zertifikate, die aufgrund von Zertifizierungsverfahren vergeben werden, mit denen ein bestimmter Standard geprüft wird (BGH I ZR 113/10 GRUR 2012, 215 ‑ Zertifizierter Testamentsvollstrecker; Bornkamm in Köhler/Bornkamm Anh zu § 3 Abs 3 UWG Rz 2.2; Micklitz/Schirmbacher in Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien3 § 3 UWG Rz 49; Sosnitza in Ohly/Sosnitza, UWG6 Anh zu § 3 Abs 3 Rz 9; Wirtz in Götting/Nordemann, UWG2 § 3 Rz 145).
4.2 Indem die beklagte Partei auf der Verpackung auf den IFS-zertifizierten Betrieb hinwies, hat sie das Zertifikat auch verwendet. Für eine auf die genannte Bestimmung gestützte Unlauterkeit ist die Verwendung als Marke keine Voraussetzung.
4.3 Bei den Zeichen nach UWG Anh Z 2 handelt es sich um solche, die nur mit Zustimmung („Genehmigung“) der vergebenden Stelle verwendet werden dürfen (4 Ob 159/09z ‑ Sanovit Mystik; Micklitz/Schirmbacher in Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien3 § 3 UWG Rz 51). Diese Genehmigung kann zivilrechtlich ausgestaltet werden, etwa als Lizenz (Bornkamm in Köhler/Bornkamm Anh zu § 3 Abs 3 UWG Rz 2.4), wie dies hier auch gegenüber der K***** GmbH geschah.
Die klagende Partei hat ausdrücklich vorgebracht, die beklagte Partei weise auf eine IFS‑Zertifizierung ohne entsprechende Erlaubnis hin, was von der Gegenseite auch nicht substantiiert bestritten wurde. Es ist somit unstrittig, dass die beklagte Partei auf das IFS‑Zertifikat verwies, ohne dass ihr dafür eine Genehmigung eingeräumt worden ist.
Das Vorbringen der klagenden Partei umfasste auch die Behauptung, dass die IFS‑Zertifizierung nur mit Zustimmung der ausstellenden Stelle verwendet werden darf, zumal sie auch die an die Verwendung des Zertifikats geknüpften Auflagen vorbrachte, welche sich zudem aus der inhaltlich unstrittigen Urkunde Beilage ./J ergeben (vgl oben Punkt 4.1). Die beklagte Partei hat auch dieses Vorbringen nicht bestritten. Sie stellte sich vielmehr auf den Standpunkt, dass der K***** GmbH (ohnedies) eine entsprechende Genehmigung erteilt worden, sei. Gleichzeitig führte sie aber aus, nicht an den Lizenzvertrag der K***** GmbH gebunden zu sein, der die Verwendung des Zertifikats gegenüber Endverbrauchern untersagt. Mit diesem Vorbringen bestritt die beklagte Partei aber auch nicht ansatzweise, dass sie selbst über keine für den Hinweis auf die IFS‑Zertifizierung erforderliche Genehmigung verfügt.
4.4 Die beklagte Partei hat somit gegen UWG Anh Z 2 verstoßen.
4.5 Es bedarf keiner Auseinandersetzung mit der Frage, ob die beklagte Partei an die Bestimmungen des Lizenzvertrags gebunden und die klagende Partei aktiv legitimiert ist, einen Verstoß gegen diesen Vertrag geltend zu machen. Die Frage der mittelbaren Geltung von Lizenzbestimmungen bzw einer Bindung an ein entsprechendes Werbeverbot ist für die Prüfung des genannten Tatbestands nicht entscheidungsrelevant. Vielmehr ist darauf abzustellen, dass die beklagte Partei für einen Hinweis auf die IFS‑Zertifizierung die dafür erforderliche Genehmigung nicht verfügt.
Der geltend gemachte Verfahrensmangel wegen der vom Berufungsgericht angenommenen Kenntnis der beklagten Partei über den Inhalt der Lizenzbestimmungen ist aus diesem Grund bereits mangels Relevanz zu verneinen. Das trifft auch auf die dazu behauptete Aktenwidrigkeit zu.
B. Zum Hinweis auf den österreichischen Familienbetrieb:
1. Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts, der Hinweis auf den österreichischen Familienbetrieb iSd § 2 UWG sei irreführend, ist zutreffend. Es kann daher auf dessen Begründung verwiesen werden (§ 510 Abs 3 ZPO).
2. Auf Seite 20 ihrer Revision vertritt sogar die beklagte Partei, der Hinweis auf einen „IFS‑zertifizierten österreichischen Familienbetrieb“ enthalte „klar und eindeutig“ unter anderem die Aussage, dass „die Forellenfilets aus einem österreichischen Familienbetrieb stammen“, was aber der ausdrücklich festgestellten Tatsache widerspricht, wonach die Forellenfilets aus italienischer Aquakultur stammen.
3. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, es reiche für die Relevanz der Irreführung schon aus, dass die Bezugnahme auf die geographische Herkunft geeignet sei, einen nicht unerheblichen Teil der umworbenen Abnehmer bei seiner Auswahlüberlegung irgendwie zu beeinflussen (RIS‑Justiz RS0078396). Ob die Irreführung im Einzelfall tatsächlich bewirkt wird, ist dabei unerheblich; die bloße Gefahr einer Täuschung genügt (RIS‑Justiz RS0078396 [T1]).
4. Im Hinblick darauf, dass die Beklagte durch den unrichtigen Hinweis auf den österreichischen Familienbetrieb den Irreführungstatbestand des § 2 UWG erfüllt hat, ist die beanstandete Geschäftspraktik als unlauter und damit verboten zu beurteilen, ohne dass die allfällige Einhaltung der beruflichen Sorgfalt zu prüfen wäre oder es auf das Vertrauen der beklagten Partei auf ein Untersuchungszeugnis der Lebensmitteluntersuchungsanstalt der Stadt Wien ankommt (vgl 4 Ob 183/13k -Schulschikurse III).
C. Zur Formulierung des Unterlassungsgebots:
1. Das Gericht ist berechtigt, dem Spruch eine klare und deutliche, vom Wortlaut des Begehrens abweichende Fassung zu geben, wenn sich letztere im Wesentlichen mit dem Begehren und Vorbringen deckt (vgl RIS‑Justiz RS0039357; RS0041254 [T2, T4, T12, T13]). Möglich ist eine Umformulierung auf den Kern der Verletzungshandlung oder eine Verdeutlichung des Begehrten (4 Ob 13/13k ‑ Elektronische Post; 4 Ob 65/14h ‑ Überkleben von Wahlplakaten). Unzulässig ist der Zuspruch von mehr (einem Plus) oder etwas anderem (einem Aliud) als vom Kläger begehrt, nicht aber der Zuspruch bloß eines Teils davon (eines Minus).
Bei der Neufassung des Spruchs hat sich das Gericht somit im Rahmen des vom Kläger Gewollten und damit innerhalb der von § 405 ZPO gezogenen Grenze zu halten (RIS‑Justiz RS0041254). Diese Grenze wird nicht überschritten, wenn der Spruch nur verdeutlicht, was nach dem Vorbringen ohnedies begehrt ist (RIS‑Justiz RS0039357 [T27]; 4 Ob 93/10w ÖBl 2011, 221 ‑ Sternzeichen). Für die Frage, ob das Gericht über die seinem Urteilsspruch im § 405 ZPO gezogenen Schranken hinausgegangen ist, ist nicht allein das Klagebegehren maßgebend, sondern auch der übrige Inhalt der Klage (RIS‑Justiz RS0041078; RS0041165).
2. Gegen diese Grundsätze hat das Berufungsgericht mit seiner Umformulierung nicht verstoßen, weshalb auch der dazu geltend gemachte Verfahrensmangel nicht vorliegt.
3. Eine nähere Erörterung kann unterbleiben, weil das Unterlassungsgebot zur weiteren Präzisierung vom erkennenden Senat im Rahmen einer Maßgabebestätigung geringfügig zu modifizieren war.
3.1 Dabei war insbesondere zu beachten, dass die klagende Partei in der Produktverpackung einerseits eine unlautere Handlung sah, weil damit ohne Genehmigung auf die IFS‑Zertifizierung hingewiesen wurde. Zusätzlich und unabhängig davon machte die klagende Partei andererseits auch einen Verstoß gegen § 2 UWG wegen Irreführung aufgrund des Hinweises auf den österreichischen Familienbetrieb geltend. Beide Verstöße kommen ungeachtet ihrer Kombination im Unterlassungsbegehren klar zum Ausdruck und finden sich auch hinreichend im Vorbringen der klagenden Partei. Zur Verdeutlichung waren die zu unterlassenen Handlungen im Spruch stärker zu trennen.
3.2 Bereits das Berufungsgericht hat einen Verstoß gegen das Unterlassungsgebot von der fehlenden Genehmigung abhängig gemacht. Derartiges ist zulässig und bewirkt keine Überschreitung des Begehrens. Damit soll dieses lediglich präzisiert werden, zumal die klagende Partei sich explizit auf UWG Anh Z 2 stützte und der beklagten Partei auch ausdrücklich vorwarf, sie hätte keine entsprechende Genehmigung für den Hinweis auf die IFS‑Zertifizierung.
D. Zum Veröffentlichungsbegehren:
Auf den von der Revisionswerberin bekämpften Ausspruch über die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung ist nicht mehr einzugehen. Die beklagte Partei hat in der zweiten Instanz nicht geltend gemacht, dass die Urteilsveröffentlichung nicht berechtigt sei. Das kann sie in der Revision nicht mehr nachholen (4 Ob 379/87; 4 Ob 122/88; 4 Ob 53/90; RIS‑Justiz RS0043573 [T28]).
E. Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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