OGH 4Ob106/10g

OGH4Ob106/10g8.6.2010

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende sowie die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** GmbH & Co KG, *****, vertreten durch Korn Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagte Partei M***** GmbH, *****, vertreten durch Berger Saurer Zöchbauer, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert im Provisorialverfahren 65.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 23. April 2010, GZ 3 R 31/10s-15, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 402 Abs 4 EO im § 526 Abs 2 erster Satz ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Vorinstanzen untersagten der Beklagten, bei Herausgabe, Verlag oder Vertrieb periodischer Druckwerke in öffentlichen Ankündigungen Abonnementpreise, insbesondere günstigere Tarifvarianten, insofern unzutreffend oder irreführend unvollständig anzugeben, als das betreffende Produkt insbesondere ein Jahresabonnement der Tageszeitung „Österreich“ ohne wöchentliche Magazinbeilagen den beschriebenen Leistungsumfang tatsächlich nicht oder nur unter intransparenten Umständen erhältlich ist, insbesondere weder anderen Orts beworben, noch initiativ, sondern nur unter gezielte Anfrage von Interessenten angeboten wird; und/oder Abonnements tatsächlich nicht in einer der Produkt- oder Tarifbezeichnung (Normal-Abo) entsprechenden Weise angeboten oder gewährt werden und im Kontext derartiger Angaben nicht hinreichend deutlich über die Voraussetzungen für die Anwendung der genannten Preise aufgeklärt wird. Das Verhalten der Beklagten erfülle einerseits den Tatbestand der Z 6 des Anhangs zum UWG, andererseits widerspreche es dem Verbot irreführender Geschäftspraktiken iSd § 1 Abs 3 Z 2 iVm § 2 Abs 1 Z 1 UWG. Eine im Sinn dieser Bestimmung relevante Irreführung liege auch dann vor, wenn die durch eine Werbeankündigung geweckten Erwartungen nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmen, was hier zutreffe, weil das von der Beklagten angekündigte „Normal-Abo“ praktisch nicht oder nur in Ausnahmefällen erhältlich sei.

Die Beklagte macht als erhebliche Rechtsfragen geltend:

a) Das Rekursgericht habe den Unmittelbarkeitsgrundsatz verletzt, weil es von den - aufgrund unmittelbarer Beweisaufnahme getroffenen - erstgerichtlichen Feststellungen abgegangen sei. Tatsächlich aber traf das Rekursgericht keine abweichenden Feststellungen, sondern fasste sie nur (ohne Sinnänderung) zusammen. Für den geltend gemachten Verfahrensfehler fehlt jeder Anhaltspunkt.

b) Die Beurteilung der beanstandeten Werbung als „Lockvogelwerbung“ widerspreche der Rechtsprechung zu § 1 UWG; eine solche fehle zu Z 6 des Anhangs.

Rechtliche Beurteilung

Es mag fraglich erscheinen, ob der Tatbestand der Weigerung, das beworbene Produkt zu liefern - nur diese Alternative der Z 6 des Anhangs zum UWG kommt hier in Betracht - ungeachtet der gebotenen engen Auslegung (vgl Anderl/Appl in Wiebe/G. Kodek UWG-Kommentar, Rz 11 zum Anhang mwN) hier verwirklicht ist. Das Erfordernis der - ausreichend konkreten - Kaufaufforderung ist wohl entgegen dem von der Beklagten vertretenen Standpunkt erfüllt, weil Ware und Preis angegeben sind und über die Bezugsmöglichkeit (Kontakt) aufgeklärt wird. Ob der Tatbestand der Z 6 des Anhangs zum UWG im vorliegenden Fall erfüllt ist, somit ein per se-Verstoß vorliegt, braucht aber nicht abschließend geklärt zu werden und wirft daher keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO auf:

Die Beurteilung der beanstandeten Werbung als Verstoß gegen das allgemeine Irreführungsverbot des § 1 Abs 3 Z 2 iVm § 2 Abs 2 UWG (Irreführung über eine Produkteigenschaft, hier: tatsächliche Verfügbarkeit, weil nur eingeschränkt oder schwierig erhältlich) entspricht den Grundsätzen der Rechtsprechung zu den Kriterien der unlauteren Irreführung (RIS-Justiz RS0123292). Die vom Rekursgericht seiner Entscheidung zugrundeliegende Beurteilung, dass die Bezeichnung des Abonnements ohne Magazinbeilagen als „Normal-Abo“ den Eindruck erwecke, dieses Produkt sei als Standardprodukt erhältlich, was aber infolge der als bescheinigt angenommenen Schwierigkeiten, tatsächlich dieses Produkt zu erhalten, nicht der Wirklichkeit entspricht, weshalb der Verbraucher durch diese Werbung irregeführt werde, bildet keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung.

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