OGH 4Ob53/90

OGH4Ob53/9012.6.1990

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*** G*** U*** W***, Wien 4., Schwarzenbergplatz 14, vertreten durch Dr. Walter Prunbauer und andere Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Yves R*** Vertriebsgesellschaft mbH, Salzburg, Bergerbräuhofstraße 35, vertreten durch Dr. Herwig Liebscher, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert: S 220.000), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 20.Oktober 1989, GZ 3 R 193/89-20, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Landes- als Handelsgerichtes Salzburg vom 24. April 1989, GZ 13 Cg 367/88-15, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Revision wird, soweit sie sich gegen die Punkte 1 bis 3 der Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet, zurückgewiesen. Im übrigen wird der Revision nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 8.649 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.441,50 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte betreibt u.a. den Versandhandel mit kosmetischen Artikeln.

Im Juli 1988 kündigte die Beklagte in einem an jeweils namentlich genannte Kunden gerichteten Werbeschreiben (Beilage D) unter der Bezeichnung "Yves-Rocher-Glücksgarten" ihren Kunden besondere Vorteile an wie folgt:

Abbildung nicht darstellbar!

Das Werbeschreiben enthielt auch einen "Persönlichen Schönheits-Bestellschein", mit dem durch Aufkleben der "Pflanzenmarke Jasmin" aus dem "Yves-Rocher-Glücksgarten" zwei Produkte doppelt zum Preis von einem und/oder durch Aufkleben der "Pflanzenmarke Weizen" ein Produkt mit 50 % Ersparnis - ausgenommen preisreduzierte Produkte - bestellt werden konnten. In einem der Werbesendung beigelegten Begleitschreiben wies die Beklagte mit folgenden Worten auf diese Vorteile hin:

"..... Wenn Sie Ihre Pflanzen-Glückskarte 'Jasmin' entdecken, so sehen Sie in Ihrem 'Glücks-Garten', daß Sie ein Produkt Ihrer Wahl doppelt zum Preis von einem erhalten. So zum Beispiel zwei Flacons Eua de Toilette Ispahan A 60 ml für nur S 269 statt für S 538! Sie sparen S 269.

Nutzen Sie mit Ihrer 'Weizen-Karte' einen weiteren Vorteil: Ein

Schönheitsprodukt Ihrer Wahl mit 50 % Ersparnis! So bezahlen Sie

z. B. für die Cerelis Nachtcreme Stufe 2 statt S 219 nur noch

S 109......

Eine zauberhafte Sommerreise in die Welt der Düfte ist der

beiliegende Prospekt. Entdecken Sie dort Ihre Duft-Favoriten. Wenn

Sie die 'Jasmin-Karte' in Ihrem Yves Rocher "Glücks-Garten" finden,

heißt es überall '2 Produkte zum Preis von einem!'. Das gilt für

alle Düfte und für viele Schönheitsprodukte für den Sommer aus

beiliegendem Prospekt. Sehen Sie gleich nach, wie gut Sie mit dem

'2 für 1 Vorteil' sparen können .......

Da wir gerade beim Sparen sind: Vergessen Sie nicht Ihre

'Weizen-Karte'. Diese bedeutet für Sie ein Produkt Ihrer Wahl mit

50 % Ersparnis ......".

In den beiliegenden Prospekten für die einzelnen Warengruppen sind jeweils der durchgestrichene Normalpreis, der Vorteilspreis und die dadurch bewirkte Ersparnis gesondert angeführt. Im September 1988 sandte die Beklagte an alle Kunden, die bei ihr bestellt hatten, gleichzeitig mit der bestellten Ware ein weiteres Werbeschreiben (Beilage E), das u.a. folgende Ausführungen enthielt:

"Liebe Kundin!

Zuerst ein herzliches Dankeschön für Ihr Vertrauen in meine

natürlichen Schönheitsprodukte - ich wünsche Ihnen viel Freude mit

Ihrem soeben erhaltenen Paket. Ich weiß, daß Sie zum Kreis meiner

treuesten Kundinnen gehören. Profitieren Sie daher von einem

besonders günstigen Vorteilsangebot: Wählen Sie aus 37 Produkten für

Gesichts- und Körperpflege Ihre Favoriten - und sparen Sie über

40 %! .......".

Diese Werbesendung enthielt einen Markenbogen für 37

verschiedene (darunter allerdings einen nicht lieferbaren) Artikel,

welche zum Zweck der Bestellung auf den ebenfalls beigelegten

Vorteilsbestellschein aufgeklebt werden mußten. Auf der Rückseite

des Bestellscheins wurde auf alle in dieser Werbesendung

angekündigten Vorteile - darunter auch mit den Worten "Wählen Sie

aus 37 Schönheitsprodukten: Sparen Sie über 40 %" - hingewiesen.

Bereits im Juni 1988 hatte die Beklagte in einer - ebenfalls an

namentlich genannte Kunden gerichteten - Werbeaussendung u.a.

folgendes angekündigt:

".........Freuen Sie sich über Ihren Wertscheck! Ja, Ihr

nächster Vorteil ist ein Wertscheck, mit dem ich mich bei Ihnen für

Ihre Treue zu meinen natürlichen Schönheitsprodukten mit Pflanzen

bedanke. In diesem Jahr haben Sie Produkte für öS....... bestellt.

Dafür möchte ich mich mit einem Original-Yves-Rocher-Produkt als

Überraschung bedanken. Sehen Sie gleich auf dem untenstehenden

Wertscheck nach und freuen Sie sich auf Ihr Überraschungsprodukt im

Wert von öS........ Senden Sie Ihren Wertscheck also noch heute

gemeinsam mit Ihrem Bestellschein bis spätestens 31.7.1988 an Yves

Rocher .......".

Darunter war folgender "Wertscheck" abgedruckt:

Abbildung nicht darstellbar!

Auf der Rückseite des "Wertschecks" war folgendes zu lesen:

Abbildung nicht darstellbar!

Die Aussendung enthielt auch ein Werbeblatt, das auf der Vorderseite die Ankündigung "Als Dankeschön für Ihre Treue 1 Überraschungs-Produkt" enthielt; seine Rückseite war folgendermaßen gestaltet:

Abbildung nicht darstellbar!

Sämtliche Werbeaussendungen der Beklagten ergingen an ca. 500.000 Haushalte in ganz Österreich; das entspricht etwa dem gesamten Kundenkreis der Beklagten. Für die Dauer der angekündigten Aktionen galten generell die niedrigeren Preise.

Der klagende Verband beantragt, die Beklagte schuldig zu erkennen, im geschäftlichen Verkehr, insbesondere im Versandhandel mit Kosmetika, es zu unterlassen,

1. in Werbeaussendungen, die an einen größeren Kreis namentlich angeschriebener Konsumenten gerichtet sind, anzukündigen, daß die der Werbeaussendung beigelegten "Pflanzen-Glückskarten" (Pflanzenmarken mit verschiedenen Pflanzenmotiven) - falls das übereinstimmende Pflanzenmotiv gefunden wird - auf den Bestellschein aufzukleben sind und damit der angeschriebene Kunde in den Vorteil kommt,

a) bei der Pflanzenmarke "Jasmin" Produkte doppelt zum Preis von einem bestellen zu können

b) bei der Pflanzenmarke "Weizen" ein Produkt aus der Preisliste mit 50 % Ersparnis bestellen zu können;

2. a) Kunden "Markenbögen", auf denen mit dem Slogan "Wählen Sie Ihre Lieblingsprodukte" geworben wird, zuzusenden, auf denen "Marken" abgebildet sind und auf diesen Marken einem (durchgestrichenen) Normalpreis ein um mehr als 20 % günstigerer "nur"-jetziger Verkaufspreis gegenübergestellt wird, und anzukündigen, daß diese "Marken" auf vorgegebene Markenfelder des beigegebenen Vorteilsbestellscheines aufgeklebt werden können und die Kunden dann nur den niedrigeren "nur"-Preis anstelle des sonst gültigen (durchgestrichenen) Normalpreises zu zahlen haben, und darauf hingewiesen wird, daß man so über 40 % spart, in eventu

b) Kunden "Markenbögen", auf denen mit dem Slogan "Wählen Sie Ihre Lieblingsprodukte" geworben wird, zuzusenden, auf denen "Marken" abgebildet sind und auf diesen Marken einem (durchgestrichenen) Normalpreis ein um mehr als 20 % günstigerer "nur"-jetziger Verkaufspreis gegenübergestellt wird, und anzukündigen, daß diese "Marken" auf vorgegebenene Markenfelder des beigegebenen Vorteilsbestellscheines aufgeklebt werden können und die Kunden dann nur den niedrigeren "nur"-Preis anstelle des sonst gültigen (durchgestrichenen) Normalpreises zu zahlen haben, und darauf hingewiesen wird, daß man so über 40 % spart, wenn tatsächlich diese günstigen Angebote nicht nur dem Inhaber der Marken, sondern jedermann gewährt werden;

3. in Werbeankündigungen mit dem - auch graphisch hervorgehobenen" Slogan "Wählen Sie aus 37 Schönheitsprodukten - Sparen Sie über 40 %" (zu werben), wenn tatsächlich nicht alle angebotenen 37 Produkte um 40 % oder mehr reduziert wurden;

4. Kunden in Werbeaussendungen "Wertschecks" für ein Überraschungsprodukt zuzusenden und anzukündigen, daß die Kunden gestaffelt je nach Bestellwert des laufenden Jahres des jeweiligen Kunden ein Original-Yves-Rocher-Produkt als Prämie gratis bekommen, etwa

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist, soweit sie sich gegen die Entscheidung über die Unterlassungsbegehren zu 1., 2. a) und 3. richtet, unzulässig im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO (in der hier noch anzuwendenden Fassung vor der WGN 1989 BGBl. 343); im übrigen ist sie - entgegen der Auffassung des Klägers - zulässig, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu der Frage fehlt, ob eine sittenwidrige Umgehung des ZugG vorliegt, wenn ein Werbegeschenk durch Einsenden eines Gutscheins entweder gemeinsam mit einer (weiteren) Warenbestellung oder gegen Zahlung der Versandspesen angefordert werden kann; sie ist aber in diesem Umfang nicht berechtigt.

Zu den Ansprüchen 1. bis 3.:

Wie eine Werbeaussage im geschäftlichen Verkehr von den

Durchschnittsinteressenten bei flüchtiger Wahrnehmung aufgefaßt

wird, ist eine Rechtsfrage, wenn dazu die Erfahrungssätze des

täglichen Lebens oder aber Erfahrungssätze, die auf einem Fachwissen

des Richters beruhen, ausreichen (ÖBl 1984, 70 mwN); daneben steht

es aber auch den Parteien frei, Erfahrungssätze zu behaupten und

unter Beweis zu stellen (ÖBl 1985, 105 mwN); solche Beweise sind

aber nur dann aufzunehmen, wenn dem Richter die erforderliche

Erfahrung fehlt (EvBl 1970/131 = ÖBl 1970, 22). Da keinerlei

Anhaltspunkte dafür bestehen, daß die von der Beklagten

angesprochenen Verkehrskreise (Käuferinnen kosmetischer Produkte)

den Inhalt derartiger Ankündigungen anders auffassen könnten, als

sonstige Durchschnittsinteressenten, gehört auch im vorliegenden

Fall die Beurteilung der Frage, wie die Werbeaussendungen der

Beklagten verstanden werden konnten, zur rechtlichen Beurteilung.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes kommt

es bei der Beurteilung, ob eine zulässige generelle

Preisherabsetzung oder ein unzulässiger individueller Rabatt im

Sinne des § 1 Abs 2 RabG angekündigt wurde, nicht darauf an, wie

die Preisgestaltung vom Werbenden gemeint war, sondern

ausschließlich darauf, wie die Ankündigung von den angesprochenen

Interessenten nach den Umständen aufgefaßt werden konnte. Der

Werbende muß auch hier bei Mehrdeutigkeit seiner Ankündigung die für

ihn ungünstigere Auslegung gegen sich gelten lassen (SZ 53/147;

ÖBl 1985, 51; ÖBl 1987, 67; MR 1989, 27 uva); dabei ist es für die

rabattrechtliche Beurteilung unerheblich, ob dieser Eindruck den

Tatsachen entspricht (ÖBl 1980, 141; SZ 53/147 uva).

Aus persönlich adressierten Werbeschreiben großer Versandhäuser,

welche bekanntermaßen über ein entsprechend großes Adressenmaterial

verfügen, wird der Empfänger zwar noch nicht ableiten, daß die in

diesen Schreiben enthaltenen Angebote ausschließlich für die in den

Adressenlisten des werbenden Unternehmens namentlich angeführten

Personen bestimmt seien (4 Ob 141/89); es ist aber ebenfalls

ständige Rechtsprechung, daß die Ankündigung von Sonderpreisen für

Stammkunden, Inhaber von Gutscheinen, Werbekarten oder

Bestellscheinen, die zum ermäßigten Bezug einer Ware verteilt

wurden, als Ankündigung von Sonderpreisen, die wegen der

Zugehörigkeit zu bestimmten Verbraucherkreisen im Sinne des § 1

Abs 2 RabG gewährt werden, aufzufassen sind (SZ 53/147; ÖBl 1984,

48; ÖBl 1985, 51; ÖBl 1987, 163; MR 1989, 169 uva). Die

beanstandeten Werbemaßnahmen der Beklagten - Ansprechen besonders

treuer Kunden, Verwendung von Bestellmarken und Bestellscheinen, die

den Eindruck erwecken, daß sie nicht in jedem Werbeschreiben in

gleicher Art enthalten sind - konnten aber nach den von der

Rechtsprechung zu § 1 Abs 2 RabG entwickelten Grundsätzen sehr wohl

den Eindruck eines verbotenen individuellen Preisnachlasses

erwecken. Ob die Aktion "Doppelt zum Preis von einem Artikel", auch

für sich allein gesehen, ebenfalls gegen das RabG verstößt, muß

daher nicht mehr beurteilt werden.

Richtig ist ferner, daß die Beklagte durch blickfangartiges

Hervorheben eine Ersparnis von über 40 % bei der Auswahl aus einer

Reihe besonders günstiger Produkte angekündigt hat, obwohl die

tatsächliche Ersparnis nicht bei allen diesen Artikeln 40 % betragen

hat. Mit der Behauptung, daß diese Werbeankündigung nicht

irreführend im Sinne des § 2 UWG sei, weil bei den einzelnen

Artikeln die tatsächliche Ersparnis ohnehin richtig angegeben worden

sei, macht die Beklagte gleichfalls keine erhebliche Rechtsfrage

geltend.

Soweit sich die Revision gegen die Unterlassungsgebote zu 1.,

2. a) und 3. richtet, war sie daher aus den angeführten Gründen

zurückzuweisen.

Zum Anspruch 4.:

Den Ausführungen in der Revision, wonach das mit den "Wertschecks" angekündigte "Überraschungs-Produkt" weder gegen das Zugabengesetz noch gehen § 1 UWG verstoße, kann nicht beigepflichtet werden:

Wie schon die Vorinstanzen richtig ausgeführt haben, hat die Beklagte mit dem "Wertscheck" für ein "Überraschungs-Produkt" nicht gegen das Zugabengesetz verstoßen, weil der Erhalt des Geschenks rechtlich nicht vom Warenbezug abhängig gemacht wurde, ein weiterer Warenbezug für den Erhalt der Gratisgabe also nicht erforderlich war; das Werbegeschenk konnte nämlich nicht nur gemeinsam mit einer weiteren Bestellung, sondern auch ohne eine solche unter Beilegung einer 20 Schilling-Note angefordert werden. Es war aber auch im Verhältnis zu den in der Vergangenheit liegenden Warenkäufen der Kunden nicht akzessorisch, weil es vor diesen Käufen nicht angekündigt worden war. Eine solche Akzessorietät zwischen Hauptware und Nebenware ist aber für die Verwirklichung eines Verstoßes gegen das Zugabengesetz erforderlich (Hohenecker-Friedl, Wettbewerbsrecht 122; ÖBl 1979, 66).

Den Vorinstanzen ist aber auch insoweit zu folgen, als sie eine sittenwidrige Umgehung des Zugabengesetzes angenommen haben:

Wie der Oberste Gerichtshof bereits in der Entscheidung ÖBl 1979, 66 ausgesprochen hat, greift § 1 UWG immer dann ein, wenn besondere Umstände einen nicht bereits den Sonderbestimmungen der §§ 2 ff UWG zu unterstellenden Tatbestand sittenwidrig erscheinen lassen; das gleiche gilt für Wettbewerbshandlungen, die eine andere wettbewerbsregelnde Norm - etwa das ZugG oder das RabG - zwar nicht formal verletzen, jedoch in ihrer Wirkung einem solchen Verstoß gleichkommen. Eine Handlung, die der ausgesprochenen Absicht des Gesetzgebers widerspricht, ist in der Regel auch sittenwidrig. Da das ZugG die Regelung des UWG auf dem Gebiet der Zugabenwerbung ergänzt und der Verhinderung des Anlockens von Käufern durch das In-Aussicht-Stellen von Zugaben bezweckt, verstoßen gegen seinen Regelungszweck auch solche Werbemethoden, die in ihren Wirkungen einer Zugabe gleichkommen, wenn auch formal die für einen Zugabenverstoß erforderliche Akzessorietät zwischen Haupt- und Nebenware fehlt, der Werbende aber damit rechnen kann, daß ein beträchtlicher Teil der Umworbenen aus Anlaß der Inanspruchnahme dieses Werbegeschenks zugleich einen Einkauf machen wird. Zwar darf eine Handlung, die nicht alle Tatbestandsmerkmale eines Sondertatbestandes erfüllt, nicht ohne weiteres als sittenwidrig qualifiziert werden; vielmehr sind besondere Umstände zu fordern, die allerdings keine Sittenwidrigkeit begründen müssen, die von der im Sondertatbestand umschriebenen verschieden ist (Koppensteiner, Wettbewerbsrecht2 235). Solche Gegebenheiten liegen aber dann vor, wenn zur Umgehung des Zugabenverbotes unter Vermeidung der Akzessorietät zwischen Haupt- und Nebenware eine andere Konstruktion gewählt wird, die wirtschaftlich der Akzessorietät gleichkommt (vgl. auch ÖBl 1986, 100 für den Fall sittenwidriger Umgehung des RabG). Die Beklagte hat im vorliegenden Fall Bedingungen geschaffen, unter denen sie damit rechnen konnte, daß ein Großteil der Empfänger des "Wertschecks" die Anforderung des Werbegeschenks mit einer weiteren Bestellung verbinden werde. Um nur das Werbegeschenk anzufordern, hatte nämlich ein Geldschein mit der Post versendet werden müssen; dazu sind aber weite Kreise der Bevölkerung erfahrungsgemäß nicht gerne bereit. Mit einer - aus Sicherheitsgründen - eingeschriebenen Briefsendung wären jedoch höhere Portospesen verbunden gewesen. Gegen eine weitere Bestellung konnten dagegen umso weniger Vorbehalte bestehen, als sich im Angebot der Beklagten auch Artikel des täglichen Bedarfs zu geringen Preisen befanden; mit einer Bestellung war somit kein besonderer Aufwand und darüber hinaus der Vorteil verbunden, beim Einkauf eines ohnehin benötigten Artikels ohne weiteres in den Genuß des Werbegeschenks zu gelangen. Unter diesen Umständen konnte aber das Werbegeschenk sehr wohl einen Anreiz für einen Kaufentschluß bilden. Die Beklagte hat mit dieser Umgehungshandlung gerade jenen Anlockeffekt erreicht, der durch das ZugG verhindert werden soll. Sie hat infolgedessen durch das Ankündigen eines "Überraschungs-Produktes" in ihren "Wertschecks" gegen § 1 UWG verstoßen; das Unterlassungsbegehren zu 4. ist somit gleichfalls berechtigt.

Auf den von der Revisionswerberin bekämpften Ausspruch über die Ermächtigung des Klägers zur Urteilsveröffentlichung ist nicht mehr einzugehen: Der nach ständiger Rechtsprechung geltende Grundsatz, daß die rechtliche Beurteilung im Revisionsverfahren nicht mehr bekämpft werden kann, wenn der Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung nicht (dem Gesetz entsprechend) ausgeführt wurde, gilt (partiell) auch dann, wenn das Ersturteil nur in einem bestimmten Punkt wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung bekämpft wurde (MR 1987, 221 mwN). Daß bei Bekämpfung der rechtlichen Beurteilung diese grundsätzlich nach allen Richtungen zu prüfen ist, steht dem nicht entgegen; der erwähnte Grundsatz gilt nämlich dann nicht, wenn ein Tatbestand aus mehreren selbständigen rechtserzeugenden oder rechtsvernichtenden Tatsachen abgeleitet wird und sich die Rechtsausführungen nur auf eine dieser Tatsachen, nicht aber auch auf die anderen beziehen (MR 1987, 221 mwN). Der Anspruch auf Urteilsveröffentlichung ist zwar ein (abhängiger) Nebenanspruch (SZ 54/94), aber doch ein eigener Anspruch, dessen Bestehen von besonderen rechtserzeugenden oder rechtsvernichtenden Tatsachen abhängt. Da die Beklagte in ihrer Berufung keine gesonderten Rechtsausführungen zur Berechtigung der vom Erstgericht bewilligten Urteilsveröffentlichung erstattet hat, kann sie diesen Anspruchsteil auch mit Revision nicht mehr (gesondert!) bekämpfen. Der Revision war daher - soweit sie zulässig ist - ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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