Spruch:
1. Die ergänzende Stellungnahme der Bundeswettbewerbsbehörde vom 21. 3. 2003 sowie die Replik der Antragsgegnerin hiezu werden zurückgewiesen.
2. Dem Rekurs der Antragsgegnerin wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Allgemein voranzustellen ist, dass die Antragsgegnerin die ehemalige Monopolistin im Bereich der Telekommunikation ist. Sie erbringt entweder selbst oder durch Tochtergesellschaften zahlreiche Telekommunikationsdienste für die Öffentlichkeit, wobei die bedeutsamsten der öffentliche Sprachtelefondienst mittels des Mobil- und Festnetzes und der öffentliche Mietleitungsdienst sind. Die Antragsgegnerin ist zur Verbindungsnetzbetreiber-Vorauswahl ("Preselection") gesetzlich verpflichtet. Darunter versteht man die vorprogrammierte Netzauswahl. Durch eine technische Umstellung bei der dem Endkunden nächst gelegenen Vermittlungsstelle wird bewirkt, dass dieser Teilnehmer bei jedem Telefonat die Leistung eines bestimmten alternativen Netzbetreibers in Anspruch nimmt. Die Vermittlungsstelle, die in aller Regel von der Antragsgegnerin betrieben wird, setzt automatisch die Vorwahl des gewünschten Betreibers vor die gewählte Rufnummer. Dadurch wird das Gespräch in das Netz dieses Betreibers geleitet, von diesem abgewickelt und mit dem Kunden abgerechnet. Der Teilnehmer muss damit nicht mehr bei jedem einzelnen Gespräch die Verbindungsnetzbetreiber-Nummer vorwählen. Der Preselection kommt große Bedeutung zu. Die Einrichtung einer Preselection erfolgt grundsätzlich auf Bestellung des Kunden bei dem Netzbetreiber, dessen Dienste der Kunde in Anspruch nehmen will. Die technische Durchführung muss jedoch von dem Netzbetreiber vorgenommen werden, der über die Teilnehmeranschlussleitung verfügt. In Österreich ist es in aller Regel die Antragsgegnerin. Bei ordnungsgemäßer Leistungserbringung hat die Antragsgegnerin Anspruch auf ein angemessenes, kostenorientiertes Entgelt, das im Nichteinigungsfall von der Regulierungsbehörde festgelegt werden kann (vgl dazu ausführlich OGH 16. 12. 2002, 16 Ok 12/02). Den Wettbewerbern der Antragsgegnerin, den alternativen Netzbetreibern, stehen in technischer Hinsicht also verschiedene Möglichkeiten offen, ihre Kunden mit Telekommunikationsdiensten zu versorgen. Grundsätzlich können alternative Netzbetreiber ihre Kunden auch mittels selbst errichteter Infrastruktur an ihr Netz anbinden, oder eben als sogenannte Verbindungsnetzbetreiber ihre Dienste anbieten. Im Falle des Verbindungsnetzbetriebes bleiben die Kunden der alternativen Netzbetreiber weiterhin Vertragskunden der Antragsgegnerin. Allerdings haben sie nach einem entsprechenden Vertragsabschluss mit einem alternativen Anbieter die Möglichkeit, ihre Gespräche über das Telekommunikationsnetz des alternativen Anbieters führen zu lassen. Auf diese Weise können Services wie dauerhafte Verbindungsnetzbetreibervorauswahl (Carrier Pre-Selection) oder Verbindungsnetzbetreiberwahl im Einzelfall (Call-by-Call) auf den Markt gebracht werden, ohne dass der alternative Anbieter ein eigenes Telekommunikationsnetz bis hin zum Endkunden verlegt haben muss.
Die Antragsgegnerin bewirbt jedenfalls seit Juli 2002 folgendes Angebot: "Schnurlostelefon, für Telekom Austria AG-Kunden zum Preis von EUR 49,90 statt zum Normalpreis von EUR 99,90. Bei Inanspruchnahme des Schnurlostelefons zum Preis von EUR 49,90 sind die Funktionalitäten Call by Call (CbC) und Carrier Preselection (CPS) vertraglich ausgeschlossen". Diese Schnurlosendgeräte werden von der Antragsgegnerin über eigene Stellen, aber auch über andere Kanäle vertrieben.
Die voreingestellte Version des FlexiTel FT 400 hatte auf Verpackung und Bedienungsanleitung folgende Aufschrift : "Nur zum Betrieb und für Verbindungen über das Netz von Telekom Austria geeignet". Das so beworbene Schnurlostelefon der Marke FlexiTel FT 400 wird somit in zwei Varianten angeboten, jenes mit Voreinstellung auf das Netz der Antragsgegnerin um EUR 49,90 und jenes ohne Voreinstellung um EUR 99,90. Die Anschaffung des nicht voreingestellten Modells des FlexiTel FT 400 erfordert für die Antragsgegnerin keinen höheren Aufwand als jene des voreingestellten Modells. Das FlexiTel FT 400 mit reduziertem Funktionsumfang ist so programmiert, dass jeder Wahl automatisch die Ziffernfolge "1001" vorangestellt wird, welche dafür sorgt, dass das Gespräch im Netz der Antragsgegnerin verbleibt. Der Käufer des voreingestellten Modells um EUR 49,90 kann sich in einem TA-Shop oder über hotline die Sperre aufheben (lassen), was rund EUR 50,- kostet, sodass er insgesamt etwa den Preis des sogenannten "freien" Gerätes zahlt. Weiters kann die Voreinstellung vom Endkunden deaktiviert werden, und zwar durch längeres Drücken der "R-Taste" vor jedem Gespräch. Die Bedienungsanleitung enthält aber keinen Hinweis auf den Umgang mit der "R-Taste" bzw wie man mit dieser entsperren kann.
Eine neuere Art der Aufmachung des FlexiTel FT 400 in der voreingestellten Version enthält folgende Aufschrift auf der Verpackung: „Voreingestellt auf das Netz von Telekom Austria. Weitere Informationen hierzu finden Sie im Internet unter shop.telekom.at/faq".
In bestimmten Handelsketten wird das S***** Schnurlostelefon Gigaset 100 um EUR 49,95 verkauft. Dieses ist aber eine "Low-Cost-Variante" eines Schnurlostelefons. Es scheint in der aktuellen Produktübersicht der Fa. S***** gar nicht mehr auf, da es ein Auslaufmodell ist. Es hat viele Funktionen des FlexiTel FT 400 nicht. Ein Schnurlostelefon der Marke Philips wurde vor Weihnachten 2002 in Österreich flächendeckend um EUR 59,- verkauft.
Der Schwerpunkt der Antragsgegnerin lag beim FlexiTel FT 400 in der voreingestellten und nicht in der "freien" Version. Verkauft wird es hauptsächlich über die eigenen Vertriebskanäle (Telekom Austria Shops, Callcenter, Direktvertrieb durch [Außendienst-]Mitarbeiter), und auch über Handelspartner .
Die Antragsgegnerin ist auf dem Markt für die Erbringung des öffentlichen Sprachtelefondienstes mittels festen Telekommunikationsnetzes, auf dem Markt für die Erbringung des öffentlichen Mietleitungsdienstes mittels festen Telekommunikationsnetzes sowie auf dem nationalen Markt für Zusammenschaltungsleistungen sowohl im Sinn des TKG als auch des KartG marktbeherrschend (vgl dazu ausführlich OGH 16. 12. 2002, 16 Ok 12/02). Der gesamte Telekom-Markt ist im letzten Jahr wertmäßig geschrumpft, und zwar um 10 %. Im Schnurlostelefon-Markt ist die Antragsgegnerin im letzten Jahr von 13 % auf 17 % gewachsen. Die Antragstellerin beantragte mit ihrem modifizierten Antrag (AS 123) schlussendlich, der Antragsgegnerin aufzutragen, den Missbrauch ihrer marktbeherrschenden Stellung durch den Verkauf von Schnurlosendgeräten, die den Anschein erwecken, dass der Verbindungsnetzbetrieb gesperrt sei, sowie durch das Vorenthalten der Entsperrinformation bezüglich des verfahrensgegenständlichen Endgerätes der Marke "S***** FlexiTel FT 400" (locked) abzustellen. Die Antragstellerin stützte dies darauf, dass die Antragsgegnerin ihre beherrschende Stellung auf dem Markt für Sprachtelefoniediestleistungen im Festnetz missbrauche, in dem sie beim Verkauf eines um etwa 50 % preisreduzierten Schnurlostelefons den Anschein erwecke, dass die Verbindungsnetzbetreibervorauswahl und Verbindungsnetzbetreiberauswahl ausgeschlossen sei. Das Verhalten sei missbräuchlich, weil dadurch die Stellung der Wettbewerber der Antragsgegnerin auf dem Festnetzsprachtelefoniemarkt behindert werde. Die Antragsgegnerin beantragte, die Anträge abzuweisen. Der Kunde könne zwischen den beiden Varianten des Schnurlostelefons frei wählen. Auch könne er gegen Aufpreis die Erweiterung der Funktionalität auf alle Verbindungsnetze einrichten lassen oder weitere Endgeräte zu verwenden. Die Voreinstellung könne übrigens auch deaktiviert werden.
Der relevante Markt sei jener der Endgeräte. Auf diesem Markt habe die Antragsgegnerin keine marktbeherrschende Stellung. Bei den potentiellen Käufern handle es sich ohnedies um Endkunden, welche die Wahl ihres Sprachtelefoniedienstleisters schon getroffen hätten. Diesen Kunden werde die Möglichkeit eingeräumt, ohne weitere Verpflichtungen ein Schnurlostelefon zu erwerben, das um ca. 50 % billiger ist als jenes, das ihnen die Auswahl von anderen Verbindungsnetzbetreibern ermögliche. Sie würden sich dadurch die Hälfte des Kaufpreises für eine Funktionalität, die sie weder benötigen noch wünschen würden, ersparen. Die Verbraucher seien voll über die damit verbundenen Einschränkungen informiert. Es bestehe keine Abnahmeverpflichtung. Den Kunden werde durch Kauf des Endgerätes kein Preisvorteil für die Telefoniedienstleistung gewährt, der zu einer faktischen Bindung des Kunden an die Antragsgegnerin führen würde. Der Schutz des freien Wettbewerbes dürfe niemals so weit gehen, der Antragsgegnerin jedes Verhalten zu verbieten, von dem sie sich einen wirtschaftlichen Erfolg erwarte. Es sei für einen hoch kompetitiven Markt wie dem Telekommunikationsmarkt typisch, dass Marktanteilsgewinne des einen Anbieters zu Lasten anderer Anbieter gehen können. Durch den Verkauf der Schnurlostelefone habe die Antragsgegnerin jedoch nicht ihre marktbeherrschende Stellung auf einem anderen Markt missbraucht.
Die Bundeswettbewerbsbehörde brachte vor, die Verbraucher würden bei der Kaufentscheidung getäuscht und sich irrtümlich als an das Netz der Antragsgegnerin gebunden erachten. Die Antragsgegnerin versuche dadurch ihre Marktstellung gegenüber Mitbewerbern abzusichern und auszubauen und die Mitbewerber in einer rechtlich als Missbrauch zu bewertenden Weise zu behindern.
Das Erstgericht gab dem Antrag mit folgender Begründung statt:
Art 12 Abs 7 der Richtlinie 98/61/EG verpflichte dazu, den Teilnehmern, einschließlich der Nutzer von diensteintegrierenden digitalen Fernmeldenetzen (ISDN), die Möglichkeit des Zugangs zu Diensten jedes zusammengeschalteten Anbieters öffentlich zugänglicher Telekommunikationsdienste zu bieten. Dafür müssten Einrichtungen vorhanden sein, die es dem Teilnehmer erlauben, die Dienste im Wege der Vorauswahl zu wählen, wobei die Möglichkeit gegeben sein müsse, eine etwaige Vorauswahl bei jedem Anruf durch Wählen einer kurzen Kennzahl aufzuheben.
Die Antragstellerin habe als nationale Regulierungsbehörde (§§ 110, 111 TKG) über die Festlegung der Zusammenschaltungsbedingungen zwischen den Telekommunikationsnetzen der Antragsgegnerin und alternativer Netzbetreiber entschieden. Daraus ergebe sich die Verpflichtung der Antragsgegnerin, den alternativen Netzbetreibern den Zugang zum Verbindungsnetz zu gewährleisten. Gemäß § 34 TKG habe ein Anbieter, der auf dem Markt für Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit über eine marktbeherrschende Stellung verfüge, Wettbewerbern auf diesem Markt unter Einhaltung des Grundsatzes der Nichtdiskriminierung unter vergleichbaren Umständen zu gleichwertigen Bedingungen in derselben Qualität Leistungen bereitzustellen, die er am Markt anbietet oder die er für seine eigenen Dienste oder für Dienste verbundener Unternehmen bereitstelle. Er dürfe insbesondere den Zugang nur so weit beschränken, als dies den grundlegenden Anforderungen im Sinne des Artikels 3 Abs 2 der RL 90/387/EWG entspreche. Die Regulierungsbehörde könne einem Anbieter, der dagegen verstoße, ein Verhalten auferlegen oder untersagen und Verträge ganz oder teilweise für unwirksam erklären, soweit dieser Anbieter seine marktbeherrschende Stellung missbräuchlich ausnutzt. Das gegen die Antragsgegnerin eingeleitete Verfahren sei eingestellt worden, weil aufgrund der Möglichkeit der Unterdrückung der geräteseitig voreingestellten automatischen Wahl von "1001" durch Drücken der "R-Taste" nicht davon ausgegangen werden könne, dass die Antragsgegnerin gegen § 34 TKG verstoße.
Kartellrechtlich sei aber zu untersuchen, ob die Antragsgegnerin durch die irreführende Information an die Kunden, sie seien bei Kauf des FlexiTel FT 400 in der voreingestellten Version an das Netz der Antragsgegnerin gebunden, bzw durch das Vorenthalten der Entsperrinformation einen Missbrauch ihrer marktbeherrschenden Stellung gemäß § 35 KartG begehe. Der Antragsgegnerin komme auf dem hier relevanten Markt der Festnetzsprachtelefonie eine beherrschende Stellung zu. Es spiele keine Rolle, ob der Missbrauch auf dem beherrschten oder auf einem benachbarten Markt stattfinde, weil zwischen dem Endgeräte-Markt und dem Festnetzsprachtelefoniemarkt ein enger Zusammenhang bestehe. Zwar sei nicht jede Behinderung schon an sich als missbräuchlich anzusehen, aber das den Markt kontrollierende Unternehmen sei im besonderen Maße gehalten, nur leistungsgerechte Mittel einzusetzen. Der Verkauf von voreingestellten Geräten ohne Entsperrmöglichkeit würde sich auf dem von der Antragsgegnerin beherrschten Markt der Festnetzsprachtelefonie im Sinne einer Einschränkung der Betätigungsmöglichkeiten dritter Unternehmer (alternativer Netzbetreiber) auswirken. Techniken, welche die Betätigungsmöglichkeiten dritter Unternehmer auf dem relevanten Markt einschränkten und die keinen Leistungswettbewerb darstellten, seien als Behinderungsmissbrauch verpönt. Der vorliegende Verkauf des Schnurlostelefons stelle insofern keinen Leistungswettbewerb bzw. kein leistungsgerechtes Mittel des Wettbewerbs dar, da es für die Antragsgegnerin keinen höheren Aufwand verursache, "freie" (nicht voreingestellte) Geräte anzubieten. Dennoch verkaufe sie das voreingestellte Gerät um den halben Preis des "freien" Geräts. Die Antragsgegnerin versuche also, durch unverhältnismäßige Verteuerung der Freischaltung ihren Anteil am Markt der Festnetztelefonie zu steigern. Der Vertrieb von Geräten mit dem - unrichtigen - Hinweis, dass sie nur zum Betrieb und für Verbindungen über das Netz der Antragsgegnerin geeignet seien, sowie das Vorenthalten der Entsperrinformation bringe mit sich, dass die Konsumenten von der Inanspruchnahme des Telekommunikationsnetzes eines alternativen Netzbetreibers ausgeschlossen würden. Der gegenständliche Sachverhalt sei daher rechtlich mit jenem des Verkaufs "unentsperrbarer" Geräte gleichzusetzen und stelle somit einen unzulässigen Behinderungswettbewerb im Sinne des § 35 KartG dar, da nicht leistungsgerechte Mittel einsetzt würden. Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Kunden bereits beim Kauf der voreingestellten Version schlüssig auf die Telefonie in alternativen Netzen verzichten würden. Das Kaufanbot sei auch nicht nur an Kunden der Antragsgegnerin gerichtet. Es bedürfe einer klaren Informationen der Kunden.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der Antragsgegnerin wegen Nichtigkeit, Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unvollständiger Tatsachenfeststellungen sowie unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Aufhebung und Zurückverweisung wegen Nichtigkeit in eventu Abweisung des Sicherungsantrages bzw Aufhebung und Zurückverweisung.
Die Antragstellerin beantragt, dem Rekurs nicht folge zu geben. Die Bundeswettbewerbsbehörde erstattete zum Rekurs der Antragsgegnerin eine Gegenäußerung. Diese ergänzte sie mit Schriftsatz vom 21. 3. 2003.
Die Antragsgegnerin brachte zur Ergänzung der Bundeswettbewerbsbehörde eine Replik ein.
Rechtliche Beurteilung
1. Die Ergänzung der "Gegenäußerung" der Bundeswettbewerbsbehörde, die seit 1. 7. 2002 (Art V Abs 1 WettbG BGBl I 62/2002) als Amtspartei Parteistellung auch dann hat, wenn sie nicht Antragstellerin ist (§ 44 KartG idF KartG-Nov 2002, BGBl I 62/2002), zum Rekurs der Antragstellerin, sowie die Replik der Antragsgegnerin sind zurückzuweisen. Jede Partei hat nur das Recht, ein Rechtsmittel und eine Rechtsmittelbeantwortung (Gegenäußerung) zu erstatten; weitere Schriftsätze auf eine Gegenäußerung sind nicht vorgesehen (vgl 16 Ok 10/02 sowie 16 Ok 12/02; allgemein RIS-Justiz RS0007007 mwN).
2. Der Rekurs der Antragsgegnerin ist nicht berechtigt. Die geltend gemachte Nichtigkeit liegt nicht vor.
Soweit die Antragsgegnerin die Nichtigkeit des Verfahrens infolge angeblichen Ausschlusses vom rechtlichen Gehör geltend macht, die darin gelegen sein soll, dass sie keine ausreichende Gelegenheit zur Stellungnahme zum modifizierten Antrag der Telecom-Control-Kommission bzw zu den Zeugeneinvernahmen gehabt habe, ist ihr zu erwidern, dass sich das Verfahren vor dem Kartellgericht nach dem Verfahren außer Streitsachen richtet (§ 43 KartG), in welchem eine mündliche Verhandlung unter Beiziehung eines allfälligen Antragsgegners grundsätzlich nicht vorgesehen ist (OGH 1. 3. 1999, 16 Ok 1/99 = ÖBl 1999, 297 mwN - One ua). In der Unterlassung der Ladung der Antragsgegnerin zur Einvernahme einer Auskunftsperson liegt daher keine relevante Verletzung des rechtlichen Gehörs (OGH 1. 3. 1999, 16 Ok 1/99 = ÖBl 1999, 297 - One; RIS-Justiz RS0006036). Zutreffend ist, dass eine Tatsachenüberprüfung durch den Obersten Gerichtshof auch in kartellrechtlichen Rekursverfahren, wie schon mehrfach ausführlich dargelegt wurde, ausscheidet, wenn die Feststellungen nicht nur aufgrund von Urkunden, sondern auch - und hier sogar schwerpunktmäßig - aufgrund von Zeugen- oder Parteienvernehmungen getroffen wurden (OGH 16. 12. 2002 16 Ok 8/02 mwN; 16 Ok 20/97 = SZ 70/272 = ecolex 1998, 334; 16 Ok 5/98 = SZ 71/103 ua). Der Grund liegt darin, dass das Rechtsmittelgericht selbst Zeugen oder Parteien nicht einvernehmen kann. Vorliegendenfalls hat das Kartellgericht den Parteien aber ohnehin bereits mit Schreiben vom 13. 1. 2003 mitgeteilt, dass es von einem Scheitern der Vergleichsverhandlungen ausgehe, wenn bis 23. 1. 2003 keine Antragsrückziehung einlange, sodass die Parteien also mit einer unmittelbar bevorstehenden Entscheidung rechnen mussten. Die Modifizierung des Antrages umfasste nur geringfügige Änderungen, die sich weitgehend als Einschränkung des Antrages darstellen. Die Antragsgegnerin erhielt dazu auch noch die Möglichkeit einer kurzfristigen Stellungnahme, die sie auch nutzte und einen 10 Seiten umfassenden weiteren Schriftsatz einbrachte. Auch die Protokolle über die Einvernahmen der Zeugen wurden der Antragsgegnerin noch vor der Erstattung dieses Schriftsatzes zugestellt. Es ist daher nicht ersichtlich, inwieweit das rechtliche Gehör der Antragsgegnerin verletzt sein sollte.
Keine rechtliche Einordnung lassen die Ausführungen der Antragsgegnerin zu dem Umstand zu, dass andere Richter des Kartellgerichts, die gar nicht an der Führung des vorliegenden Verfahrens beteiligt waren, Vorsitzende der antragstellenden Telekom-Control-Kommission sind und diese personelle Verflechtung in Einzelfällen zu gravierenden Verfahrensmängeln führen könne, hier etwa dem abrupten Abbruch der Vergleichsverhandlungen durch die Telekom-Control-Kommission. Damit releviert die Antragsgegnerin im Ergebnis keine Fehlverhalten des Erstgerichtes, sondern der Antragstellerin. Inwieweit daraus eine Mangelhaftigkeit des erstgerichtlichen Verfahrens abzuleiten sein sollte, ist nicht ersichtlich. Soweit den Ausführungen auch entnommen werden könnte, dass die Antragsgegnerin Zweifel an der vollen Unbefangenheit des Erstrichters äußert, kommt dem schon deshalb keine Relevanz zu, weil die maßgeblichen Umstände der Antragsgegnerin schon im erstgerichtlichen Verfahren bekannt waren und nicht rechtzeitig releviert wurden (vgl Mayr in Rechberger ZPO3 § 19 JN Rz 3 und § 21 JN Rz 2 jeweils mwN).
Zu den behaupteten unvollständigen Tatsachenfeststellungen dahin, dass das Gerät FlexiTel FT 400 den Anforderungen des Bundesgesetzes über Funkanlagen und Telekommunikationseinrichtungen (FTEG) entspreche, ist zu bemerken, dass von der Antragstellerin ja gar nicht releviert wurde, dass die verkauften Geräte nicht dem FTEG entsprechen würden.
Im Übrigen wird darauf noch im Rahmen der Behandlung der Rechtsrüge einzugehen sein.
Soweit die Antragsgegnerin begehrt, der Oberste Gerichtshof möge "den Sachverhalt hinsichtlich der von der Telekom Austria initiierten 'Abstellungsmaßnahmen', wie aus der Beilage ./7 ersichtlich, ergänzen", ist darauf zu verweisen, dass es sich bei dieser Beilage um ein fast 20 Blätter starkes Konvolut handelt, sodass nicht ersichtlich ist, welche konkreten weiteren Feststellungen zu treffen wären.
Aber auch die Rechtsrüge der Antragsgegnerin vermag nicht zu überzeugen.
Dass die Antragsgegnerin ein marktbeherrschendes Unternehmen auch iSd KartG ist, ist unter anderem durch verschiedene Bescheide der Telekom-Control-Kommission und die dort festgestellten extrem hohen Marktanteile ausreichend geklärt und wird von der Antragsgegnerin auch gar nicht weiters in Frage gestellt (vgl im Übrigen auch Geppert/Ruhle/Schuster, Handbuch Recht und Praxis der Telekommunikation, Rz 1004).
Der Oberste Gerichtshof hat als Kartellobergericht bereits wiederholt (zuletzt in seiner Entscheidung vom 16. 12. 2002 16 Ok 12/02 mwN; 1. 3. 1999, 16 Ok 1/99 = ÖBl 1999, 297 - One; vgl allgemein zur Abgrenzung des Kartellrechts etwa zum Vergaberecht auch OGH 16. 12. 2002, 16 Ok 14, 15/02) dargelegt, dass bei Vorliegen der jeweiligen Voraussetzungen Verfahren zur Abstellung eines Missbrauchs nach § 35 KartG unabhängig von der Möglichkeit geführt werden können, Missbräuche nach dem TKG abstellen zu lassen, selbst wenn dies zu einer teilweise Überschneidung der Verfahren führen sollte. Die Missbrauchsbestimmung des § 34 TKG (auch des TKG 2003 BGBl I 70/2003) ist prima vista enger formuliert als § 35 KartG. Ist doch ein Abstellen des Missbrauchs nur vorgesehen, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen gegen den Kontrahierungszwang unter Verletzung des Grundsatzes der Nichtdiskriminierung verstößt (OGH 16. 12. 2002, 16 Ok 12/02 mwN; Tahedl, Kartellrechtlicher Kontrahierungszwang für marktbeherrschende Telekommunikationsunternehmen, ÖBl 1997, 107 [112]; Wollmann, Sektorliberalisierung und allgemeine Wettbewerbsaufsicht, ecolex 2000, 548; ausführlich zur Abgrenzung Leitl, Missbrauchsaufsicht über Telekommunikationsunternehmen [2001] 117 ff).
Hier ist aber der von der Antragstellerin behauptete Verstoß gegen § 35 KartG zu prüfen.
Zweck der Missbrauchsbestimmung des § 35 KartG ist es ganz allgemein, konkrete Verhaltensweisen im wirtschaftlichen Wettbewerb, die sich negativ auf den Markt auswirken können, zu unterbinden. Als missbräuchlich werden sämtliche Verhaltensweisen eines Unternehmers in beherrschender Stellung bezeichnet, die die Strukturen eines Marktes beeinflussen können, auf dem der Wettbewerb gerade wegen der Anwesenheit des fraglichen Unternehmers bereits geschwächt ist und die Aufrechterhaltung des auf dem Markt noch bestehenden Wettbewerbs oder dessen Entwicklung durch die Verwendung von Mitteln behindern, die von den Mitteln eines normalen Produkt- oder Dienstleistungswettbewerbs auf der Grundlage der Leistungen der Marktbürger abweichen (zuletzt etwa OGH 16. 12. 2002, 16 Ok 14, 15/02 mwN; RIS-Justiz RS0063530). Ein Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung liegt somit dann vor, wenn ein den anderen Marktteilnehmern wirtschaftlich überlegener Unternehmer auf das Marktgeschehen in einer Weise Einfluss nimmt, die negative Auswirkungen auf die Markt- und Wettbewerbsverhältnisse befürchten lässt. Bei der Prüfung, ob eine missbräuchliche Ausnützung einer marktbeherrschenden Stellung vorliegt, ist jedoch stets eine sorgfältige Abwägung der einander widerstreitenden Interessen vorzunehmen (zuletzt etwa OGH 16. 12. 2002, 16 Ok 12/02; 16 Ok 1/99 = ÖBl 1999, 297 - One mwN). Sehr breiten Raum nehmen nun die Ausführungen der Antragsgegnerin dazu ein, dass ihr ja auf dem Markt der "Endgeräte" gar keine beherrschende Stellung zukomme und sich daher das dort gesetzte Verhalten nicht als Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung der Antragsgegnerin auf dem Markt der Festnetztelefonie darstelle. Für diese Frage ist grundsätzlich zwischen dem Bewirken eines Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung ("Ausbeutungsmissbrauch"), und der Behinderung der Konkurrenten in ihrem Wettbewerb ("Behinderungsmissbrauch") zu unterscheiden. Gerade beim Behinderungsmissbrauch wird nicht darauf abgestellt, ob die gesetzten Verhalten nur durch die Marktmacht des marktbeherrschenden Unternehmens ermöglicht wurden. Vielmehr werden unter Bedachtnahme auf Artikel 82 EGV sämtliche Verhaltensweisen eines Unternehmens in beherrschender Stellung als missbräuchlich angesehen, die die Strukturen eines Marktes beeinflussen können, auf dem der Wettbewerb gerade wegen der Anwesenheit des fraglichen Unternehmens bereits geschwächt ist, und die die Aufrechterhaltung des auf dem Markt noch bestehenden Wettbewerbs oder dessen Entwicklung durch die Verwendung von Mitteln behindern, die von den Mitteln eines normalen Produkt- oder Dienstleistungswettbewerbs auf der Grundlage der Leistungen der Marktbürger abweichen (vgl zuletzt etwa OGH 5. 9. 2001, 16 Ok 3/01 mwN; RIS-Justiz RS0063530).
Es hat daher gerade in dem hier maßgeblichen Bereich des Behinderungswettbewerbs bei der oben dargestellten Voraussetzung zu bleiben, dass es sich nur um Mittel handeln muss, die von jenen eines normalen Wettbewerbes auf Grundlage der Leistungen der Marktbürger abweichen und geeignet sind, den Wettbewerb auf dem beherrschten Markt noch weiter zu beeinträchtigen. Für den Behinderungsmissbrauch, dessen Zielrichtung ja gerade darin liegt, den Wettbewerb weiter zu beeinträchtigen, kann ein darüber hinausgehendes Erfordernis, dass es sich nur um solche Mittel handeln kann, die sich aus der beherrschenden Stellung des Unternehmens auf dem beherrschten Markt ergeben, nicht abgeleitet werden. Dies zeigt sich auch an dem - entsprechend der bereits davor bestehenden Rechtsprechung - durch die Kartellgesetznovelle 1999 nunmehr in § 35 Z 5 KartG ausdrücklich anerkanntem Verbot des sachlich nicht gerechtfertigten Verkaufes von Waren unter dem Einstandspreis (5. 9. 2001 16 Ok 3/01 mwN; vgl dazu 1775 BlgNR 20. GP, 11; sowie 9. 10. 2000 16 Ok 6/00 = MuR 2000, 391 = ÖBl 2001, 133 ua). Damit wird auch die Regelung des Einleitungssatzes des § 35 Abs 1 KartG in diesem Sinne klargestellt, weil dieses Mittel jedem und nicht nur einem marktbeherrschenden Unternehmen offensteht. Dieses Ergebnis wird auch dadurch untermauert, dass nach ständiger Judikatur des Kartellobergerichtes Art 86 EGV (= nunmehr Art 82 EG) zur Auslegung des § 35 KartG heranzuziehen ist (vgl 5. 9. 2001, 16 Ok 3/01 mwN; Koppensteiner, Österreichisches und europäisches Wettbewerbsrecht3, 231 uva). Der EuGH hat aber eindeutig das Erfordernis eines kausalen Zusammenhanges zwischen der marktbeherrschenden Stellung und dem eingesetzten missbräuchlichen Verhalten verneint (vgl 9. 9. 2001, 16 Ok 3/01 mwN; EuGH 21. 2. 1973 Rs 6-72 Continental CanSlg 1973, 215; ebenso EuGH 13. 2. 1979 Rs 85-76 Hoffmann - La Roche Slg 1979, 0461 Rz 91; vgl auch Schulz in Langen/Bunte Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht9, 565; Möschl in Immenga/Mestmäcker GWB3, 666, wonach die wettbewerbsrechtliche Gefährlichkeit im Rahmen des GWB ausreicht; derselbe unmittelbar zum europäischen Kartellrecht in Immenga/Mestmäcker EG-Wettbewerbsrecht 1997, 722; Stockhuber, Europäisches Kartellrecht, 98; Schröter/Jakob/Mederer Kommentar zum Europäischen Wettbewerbsrecht § 82 Rz 167; Leitl, Missbrauchsaufsicht über Telekommunikationsunternehmen, 98; de Bronett in Wiedemann Handbuch des Kartellrechts, Art 82 Rz 9).
Besonders ausführlich hat sich der EuGH auch in der Rechtssache Tetra Pak (C-333/94 P Slg 1996, I-5951) mit diesen Fragen allgemein auseinander und darauf hingewiesen, dass auch bestimmte Verhaltensweisen auf anderen als den beherrschten Märkten, die sich auf diesen auswirkten, als missbräuchlich qualifiziert werden können (vgl in diesem Zusammenhang auch die Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Wettbewerbsregeln auf Zugangsvereinbarungen im Telekommunikationsbereich Abl C 265 vom 22. 8. 1998, 2 ff Rz 65 f, insbes aber Rz 81 f).
Es ist also davon auszugehen, dass Maßnahmen, die gesetzt werden, um die Beherrschung zu verstärken bzw die Konkurrenten zu behindern, auch dann erfasst sind, wenn sie nicht unmittelbar vom beherrschten Markt ausgehen. Vielmehr ist es geradezu typisch, dass versucht wird durch den Vertrieb bestimmter - mit dem relevanten Markt in einem technischen Konnex stehender vorgelagerter - Produkte auf Märkte einzuwirken.
Soweit die Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung des EuGH in der Rs Bronner Rz 32 (vgl EuGH C-7/97 Slg 1998, I-7791) verweist, ist ihr zu entgegen, dass sich der EuGH dabei nur mit der Frage der Bestimmung des Marktes zur Feststellung der "beherrschenden Stellung" befasste, nicht aber mit der Frage, inwieweit auch das Verhalten auf vorgelagerten Märkten missbräuchlich sein kann.
Im Übrigen können auch die wesentlichen Zielrichtungen des Telekommunikationsgesetzes nicht völlig unbeachtet bleiben. Schon § 1 TKG stellt die Förderung des Wettbewerbs einen wesentlichen Zweck des TKG dar. Der diesbezügliche fünfte Abschnitt des TKG idF vor dem TKG 2003 enthält ua Vorschriften, die den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung abstellen oder einen solchen vorbeugen sollen sowie zur Sicherstellung der Einhaltung der Grundsätze eines offenen Netzzuganges (§ 32 Abs 1 Z 3 und 4 TKG). Gemäß § 34 TKG ist letzterer dadurch sicherzustellen, dass ein Anbieter, der auf dem Markt für Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit über eine marktbeherrschende Stellung verfügt, Wettbewerbern auf diesem Markt unter Einhaltung des Grundsatzes der Nichtdiskriminierung unter vergleichbaren Umständen zu gleichwertigen Bedingungen in derselben Qualität Leistungen bereitzustellen hat, die er am Markt anbietet oder die er für seine eigenen Dienste oder für Dienste verbundener Unternehmen bereitstellt (Abs 1). Verstößt ein solcher Anbieter gegen Abs 1, kann ihm die Regulierungsbehörde ein Verhalten auferlegen oder untersagen und Verträge ganz oder teilweise für unwirksam erklären, soweit dieser Anbieter seine marktbeherrschende Stellung missbräuchlich ausnutzt (Abs 3). Ein solcher Missbrauch wird vermutet, wenn er sich selbst oder verbundenen Unternehmen den Zugang zu seinen intern genutzten oder zu seinen am Markt angebotenen Leistungen zu günstigeren Bedingungen ermöglicht, als er sie den Wettbewerbern bei der Nutzung dieser Leistungen für ihre Dienstleistungsangebote einräumt (Abs 4). Im folgenden (§§ 37, 38 TKG) wird festgelegt, dass ein solcher marktbeherrschender Betreiber eines Telekommunikationsnetzes anderen Nutzern den Zugang zu seinem Telekommunikationsnetz ermöglichen muss (§ 37 Abs 1 TKG) und welche Leistungen die Zusammenschaltung mindestens umfassen muss (§ 38 TKG). Als Ergebnis lässt sich daraus jedenfalls festhalten, dass die dominante Stellung in einem Netzbetrieb (nach dem TKG 2003 "beträchtlichen Marktmacht") nicht zu einer Benachteiligung der Konkurrenten in anderen damit im Zusammenhang stehenden Märkten, hier jenem der Festnetz-Sprachtelefonie führen soll. An dieser grundsätzlichen Zielrichtung hat sich auch durch das TKG 2003 nichts geändert (vgl auch §§ 38, 41 ff TKG 2003) Auch dieser Umstand bestätigt das dargestellte Ergebnis, weil auch Fälle, in denen ein nicht beherrschter Markt (Schnurlostelefone) "zwischengeschaltet" ist, erfasst sein müssen, wenn diese Märkte in einem Zusammenhang stehen. Der Umstand, dass sowohl im Gemeinschaftsrecht als auch im nationalen Recht teilweise zwischen den allgemeinen Regelungen über die Telekommunikation und den Bestimmungen für Telekommunikationsendeinrichtungen unterschieden wird und für letztere noch Sonderregelungen bestehen (vgl zuletzt etwa Pkt 8 der Begründungserwägungen der Richtlinie 2002/21/EG Rahmenrichtlinie für Telekommunikationsnetze und -dienste; aber auch die Bestimmungen des Bundesgesetzes über Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen BGBl I 134/2001 idF BGBl I 25/2002 - FTEG), ändert an der kartellrechtlichen Beurteilung der Auswirkungen auf den Markt der Sprachtelefonie nichts. Geht es bei den Regelungen für die Telekommunikationsendgeräte doch im Wesentlichen auch darum, dass diese zu den Schnittstellen der öffentlichen Telekommuniktionsnetze passen müssen (vgl § 3 Abs 3, § 4 und § 5 iVm § 10 FTEG), nicht aber um die Frage einer allfälligen Voreinstellung innerhalb dieser Netze auf einen bestimmten Anbieter von Sprachtelefonie.
Da also eine "Kausalität" der marktbeherrschenden Stellung des Unternehmens für das missbilligte Verhalten im Sinne des Erstgerichtes kein Erfordernis für die Beurteilung eines Verhaltens als missbräuchlich im Sinne des § 35 KartG darstellt, ist zu prüfen, inwieweit das Verhalten der Antragsgegnerin, Schnurlostelefone zu verkaufen, die den Anschein erwecken, dass der Verbindungsnetzbetrieb gesperrt sei, ohne Weitergabe der Informationen über die Möglichkeiten dieses zu entsperren, ein vom normalen Produktions- und Dienstleistungswettbewerb abweichendes Verhalten zur Behinderung des Wettbewerbes ist.
An der objektiven Eignung, eine Behinderung des Wettbewerbs zu bewirken, kann nun kein Zweifel bestehen. Muss doch der Konsument den Eindruck haben, durch den Erwerb des von der Antragsgegnerin vertriebenen Telefons schon aus technischen Gründen an diese auch bei der Festnetz-Sprachtelefonie gebunden zu sein, und wird im Hinblick auf die Vorprogrammierung seiner Gespräche auch über die Antragsgegnerin geführt. Dass auch andere Geräte am Markt existieren, ändert an dieser Auswirkung der konkreten, von der Antragsgegnerin im großen Umfang vertriebenen Schnurlostelefone nichts; ebensowenig der Umstand, dass der Verbraucher allenfalls durch Internet Recherchen in Erfahren bringen kann, dass eine Aufhebung der Voreinstellung möglich ist. Hat der Verbraucher zu solchen Recherchen doch insbesondere bei der konkreten Fragestellung der Call-by-Call Selection wenig Anlass. Auch wird nicht einmal vorgebracht, dass auch nur der überwiegende Teil der Abnehmer über einen leicht zugänglichen Internetzugang verfügen.
Es stellt sich damit letztlich die Frage, ob das Verhalten der Antragsgegnerin ein vom normalen Produktions- und Dienstleistungswettbewerb abweichendes Verhalten darstellt. Die Antragsgenerin stellt dem entgegen, dass es sich im Wahrheit um einen Vorteil für Verbraucher handle, die sich ohnehin schon für die Antragsgegnerin entschlossen hätten, und ein um 50 % verbilligtes Schnurlostelefon erhalten. Da sich diese Verbraucher ohnehin schon für die Antragsgegnerin entschieden hätten, benötigten sie die Umstellfunktion gar nicht. Eine gewollte Selbstbindung der Kunden werde auch in anderen Bereichen akzeptiert und nicht als missbräuchlich eingestuft. Der Kauf des Schnurlostelefons sei an keine Bedingungen oder Bindungen geknüpft. Der Verkaufspreis liege durchaus im üblichen Bereich. Dass der Aufwand der Antragsgegnerin für nicht voreingestellte Modelle nicht geringer wäre bzw diese für das Umprogrammieren ein Entgelt in Rechnung stelle, sei irrelevant. Es stünde auch anderen Mitbewerbern frei, solche Geräte auf den Markt zu bringen. Es liege auch weder eine Irreführung der Kunden vor - diese würden sich bewusst für die Antragsgegnerin entscheiden und auch bei dieser bleiben - noch wäre diese unter kartellrechtlichen Gesichtspunkten relevant. Schließlich sei der Verkauf der Schnurlostelefone auch deshalb nicht missbräuchlich, da sie den Anforderungen des Bundesgesetzes über Funkanlagen und Telekommunikationseinrichtungen (FTEG) entsprechen würden. Dem zuletzt genannten Argument ist entgegenzuhalten, dass es bei der Beurteilung von Verhaltensweisen unter dem Aspekt des § 35 KartG darum geht, inwieweit sie wegen ihrer kartellrechtlichen Auswirkungen als missbräuchlich im Sinne dieser Bestimmung anzusehen sind, was nicht dadurch widerlegt werden kann, dass etwa ein konkretes Produkt einem bestimmten Produktstandard entspricht oder sich das Verhalten bei einem anderen, nicht marktbeherrschenden Unternehmen nicht als rechtswidrig darstellen würde (Schröter/Jakob/Mederer, Kommentar zum Europäischen Wettbewerbsrecht § 82 Rz 163). Auch worin der Vorteil für die Verbraucher gelegen sein sollte, über die tatsächlich bestehende Möglichkeit der Selection nicht aufgeklärt zu werden, ist vorweg nicht ersichtlich.
Regelmäßig ist zur Missbräuchlichkeit und zur Beurteilung eines vom normalen Wettbewerb abweichenden Verhaltens eine Interessenabwägung vorzunehmen (vgl 16. 12. 2002, 16 Ok 12/02 mwN), weil ja nicht jedes auf die Erhaltung einer marktbeherrschenden Stellung ausgerichtete Verhalten schon als verpönt anzusehen ist. Dabei sind auch gesamtwirtschaftliche Interessen miteinzubeziehen (vgl Barfuß/Wollmann/Tahedl, Österreichisches Kartellrecht, 97; Schröter/Jakob/Mederer, Kommentar zum Europäischen Wettbewerbsrecht § 82 Rz 169). In diesem Zusammenhang ist wieder um auf die klare Zielrichtung des TKG zu verweisen, wonach die dominante Stellung in einem Netzbetrieb nicht zu einer Benachteiligung der Konkurrenten in anderen damit im Zusammenhang stehenden Märkten, hier jenem der Festnetz-Sprachtelefonie führen soll, wird doch der Zugang zu den Endbenutzern als einer der wesentlichsten Faktoren der Marktbeherrschung angesehen (vgl etwa Leitl, Missbrauchsaufsicht über Telekommunikationsunternehmen, 89; Polster, Das Telekommunikationsrecht der Europäischen Gemeinschafts, 166). Dies wird auch durch die im TKG vorgesehene Verpflichtung des markbeherrschenden Anbieters, zum Netz eines neuen Anbieters durch vorprogrammierte Netzauswahl oder Wählen von Auswahlcodes entsprechend dem Nummerierungsplan einen Zugang zu sichern (vgl § 38 Abs 1 Z 1 TKG - Preselection; § 46 TKG 2003; Art 12 Abs 7 der Richtlinie 97/33/EG hinsichtlich der Übertragbarkeit von Nummern und der Betreibervorauswahl idF der Änderungsrichtlinie 98/61/EG; vgl allgemein auch Art 3 Abs 2 der Richtlinie 90/387/EWG idF der RL 97/51/EG ; vgl allgemein zur Zielrichtung des gleich günstigen Zugangs außer bei sachlich gerechtfertigten Unterschieden und der freien Wahl des Verbindungsnetzbetreibers Fuchs, wettbewerbsrechtliche Rahmenbedingungen des österreichischen Telekommunikationsmarktes, 106, 139), noch besonders gewichtet. Die Nutzer müssen problemlos zwischen den Diensten konkurrierender Betreibergesellschaften wählen können (Fuchs aaO 139 f). Nun gehört zwar grundsätzlich das Endgerät nicht mehr zum Netz (vgl etwa Heffermann, Telekommunikationsrecht, 117 f). Das Verhalten eines marktbeherrschenden Netzbetreibers, der gleichzeitig auch marktbeherrschend im Bereich der Festnetztelefonie ist, muss besonders genau beobachtet werden (vgl Polster, Das Telekommunikationsrecht der Europäischen Gemeinschafts, 176). Versucht er die Effektivität der Verpflichtungen im Netzbetrieb dadurch einzuschränken, dass er bei der - wenngleich nicht unmittelbar von diesen Regelungen erfassten - "Verlängerung" des Netzes - den Endgeräten - Maßnahmen setzt, die den Verbraucher von der Preselection anderer Anbieter abhalten, weil der Eindruck entsteht, dass die kostengünstigeren Geräte keine Wahl eines anderen Anbieters ermöglichten, ist dies jedenfalls dann als missbräuchlich im dargestellten Sinne anzusehen, wenn es dafür keine plausiblen wirtschaftliche Gründe gibt (vgl Koppensteiner, Wettbewerbsrecht3 , 233 zu den Treuerabatten; Leitl, Missbrauchsaufsicht über Telekommunikationsunternehmen, 99 zur "ungünstigeren Zugangsbedingung"; ebenso Fuchs aaO 106; Polster aaO 172 zum "Sim-card locking"; allgemein zum Behinderungsmissbrauch durch Bevorzugungsvereinbarungen oder finanzielle Vergünstigungen Schröter/Jakob/Mederer Kommentar zum Europäischen Wettbewerbsrecht § 82 Rz 275).
Zu den im Rechtsmittel relevierten Aufklärungen durch die Antragsgegnerin ist darauf hinzuweisen, dass der erkennende Senat zwar ausgesprochen hat, nur aktuelles, auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung andauerndes kartellrechtswidriges Verhalten kann Gegenstand eines Untersagungsauftrags gemäß § 25 Abs 1 KartG (Untersagung der Durchführung eines verbotenen Kartells) sein; ist das verbotswidrige Verhalten hingegen bereits endgültig beendet, mangelt es am Tatbestand eines Kartells, das für die Zukunft untersagt werden könnte (16 Ok 7/01 = ÖBl/LS 2002/99 - Landesnervenklinik). Gleiches gilt auch im Bereich der Marktmachtmissbrauchsaufsicht: Ein Auftrag gemäß § 35 KartG, den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung abzustellen, setzt denknotwendig ein Andauern des Missbrauchs im Entscheidungszeitpunkt voraus; ist der Missbrauch bereits abgestellt, ist ein solcher Auftrag unzulässig (OGH 16. 12. 2002, 16 Ok 8/02 mwN; Gugerbauer, KartG2 § 35 Rz 4; ebenso Emmerich in Immenga/Mestmäcker, GWB3 § 32 Rz 11, und Bornkamm in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht I9 § 32 GWB Rz 21, zur vergleichbaren Bestimmung der Untersagungsverfügung nach § 32 GWB im deutschen Kartellrecht; ebenso nunmehr 16 Ok 7/02 und 16 Ok 10/02 = RIS-Justiz RS0117115).
Dass aber die Antragsgegnerin keine Schnurlostelefone mit den inkriminierten Beschreibungen mehr auf dem Markt bringt bzw auf den Vertrieb einwirken könnte, wurde nicht festgestellt. Wegen des Untersuchungsgrundsatzes kennt nun zwar das Außerstreitverfahren keine subjektive Beweis-(führungs-)last, aber wie in jedem Verfahren die objektive Beweislast (Feststellungslast, dazu Rechberger/Simotta Zivilprozessrecht4 Rz 584): Sie gibt an, wie der Richter zu entscheiden hat, wenn der maßgebliche Sachverhalt trotz Heranziehung aller zugänglichen Erkenntnisquellen nicht aufgeklärt und daher weder das Vorliegen noch das Nichtvorliegen der relevanten Tatsachen festgestellt werden kann (sog "non-liquet" Fall). Dann sind die Beweislastregeln, die für das streitige Verfahren entwickelt wurden, anzuwenden (dazu im Einzelnen Klicka, JAP 1991/92, 83 ff). In - wie hier - außerstreitigen kontradiktorischen Verfahren, in denen sich die Parteien in gegenläufigen Rollen gegenüber stehen, sind schon ganz allgemein die Behauptungs- und Beweislastregeln, die das streitige Verfahren beherrschen, heranzuziehen (Okt 7/93 = ÖBl 1993, 241 - Fiat-Vertriebsbindung; Barfuß/Wollmann, Tahedl aaO 137). Da eine ausreichende Änderung des Verhaltens des Antragsgegnerin nicht festgestellt werden konnte, war also der Abstellungsauftrag zu erteilen.
Zur letztlich relevierten Frage der Bestimmtheit des Unterlassungsbegehren ist folgendes festzuhalten:
Grundsätzlich muss nun die Unterlassungspflicht so deutlich gekennzeichnet sein, dass ihre Verletzung gem § 355 EO sanktioniert werden kann. Das erfordert jedoch nicht alle möglichen Formen des Zuwiderhandelns im Detail anzuführen, da ohnehin der Exekutionsrichter zu beurteilen hat, ob die behauptete Zuwiderhandlung als Verstoß gegen den Exekutionstitel gewertet werden kann (vgl RIS-Justiz RS0000878 mwN; zuletzt 4 Ob 131/02x). Damit soll allerdings keine Verlagerung des Rechtsstreites in das Exekutionsverfahren erfolgen (1 Ob 520/94; 7 Ob 327/987h). Regelmäßig wird ein allgemein gehaltenes Begehren - zur Vermeidung von Umgehungsmöglichkeiten (vgl RIS-Justiz RS0037733 mwN zuletzt 4 Ob 280/02h) - durch konkrete Einzelverbote ergänzt (4 Ob 147/89). Das Bestimmtheitsgebot ist bei Unterlassungsbegehren nicht allzu streng auszulegen (vgl RIS-Justiz RS0000845 mwN, zuletzt 4 Ob 131/02x; vgl zur Zulässigkeit des Begehrens auf Unterlassung "störenden" Lärms RIS-Justiz RS0037178 mwN, zuletzt 4 Ob 329/00m). Dies hat auch für die kartellgerichtlichen Abstellungsaufträge zu gelten. Ausgehend davon ist auch die Anordnung es zu unterlassen, Schnurlosendgeräte zu verkaufen, die den Anschein erwecken, dass der Verbindungsnetzbetrieb gesperrt sei, als ausreichend bestimmt anzusehen.
Eine Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens entfällt, weil im Hinblick auf § 45 Abs 2 KartG zutreffender Weise Kosten nicht verzeichnet wurden.
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