BVwG L523 1436960-3

BVwGL523 1436960-31.2.2017

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2017:L523.1436960.3.00

 

Spruch:

L523 1436960-3/8E

L523 1436959-3/8E

L523 1436808-3/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

1.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Dr. Tanja DANNINGER-SIMADER als Einzelrichterin über die Beschwerde von

XXXX , geb. XXXX , StA. Armenien, vertreten durch Rechtsanwälte Dellasega und Kapferer, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl Regionaldirektion Tirol vom 02.09.2016, Zl. XXXX nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

2.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Dr. Tanja DANNINGER-SIMADER als Einzelrichterin über die Beschwerde von

XXXX , geb XXXX , StA. Armenien, vertreten durch Rechtsanwälte Dellasega und Kapferer, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl Regionaldirektion Tirol vom 02.09.2016, Zl. XXXX nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

3.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Dr. Tanja DANNINGER-SIMADER als Einzelrichterin über die Beschwerde von

XXXX , geb. XXXX , StA. Armenien, vertreten durch Rechtsanwälte Dellasega und Kapferer, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl Regionaldirektion Tirol vom 02.09.2016, Zl. XXXX nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Die beschwerdeführenden Parteien ("P"; in weiterer Folge gemäß der Reihenfolge ihrer Nennung im Spruch kurz als "P1" bis "P3" bezeichnet), sind Staatsangehörige der Republik Armenien. Sie brachten nach ihrer rechtswidrigen Einreise nach Österreich erstmals (P1 und P2 am 15.4.2013; P3 am 13.5.2013) bei der belangten Behörde – vormals Bundesasylamt nunmehr Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge "BFA" bezeichnet) – Anträge auf internationalen Schutz ein.

Die männliche P1 und die weibliche P2 sind Eheleute und die P3 ihr gemeinsamer erwachsener Sohn.

Als Ausreisegrund führten alle P zusammengefasst an, dass P1 mit ihrem Autohandel in Armenien ins Visier der Mafia gekommen wäre und P1 folglich einer Schutzgelderpressung ausgesetzt war. Im Zuge dessen sei es auch zu Tätlichkeiten zwischen den Mafiosi und P3 gekommen sowie die Familie mit dem Umbringen bedroht worden. Da einer der Erpresser einen Verwandten bei der Polizei gehabt hätte, hätten die P von der Polizei keinen Schutz erwarten können.

Mit Bescheiden des Bundesasylamtes vom 8.7.2013 wurden die Anträge der P allesamt gemäß §§ 3, 8 AsylG abgewiesen und die P gemäß § 10 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen. Das Fluchtvorbringen wurde als nicht glaubwürdig erachtet. Die dagegen erhobenen Beschwerden wurden jeweils mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 21.10.2013 als unbegründet abgewiesen und erwuchsen mit 25.10.2013 in Rechtskraft.

2. Am 12.12.2013 stellten die P nunmehr die gegenständlichen Folgeanträge. P1 und P2 gaben an, dass sie bei der Erstantragstellung nicht die richtigen Gründe angegeben hätten. Es würde sich eigentlich um Probleme des Sohnes (P3) handeln, welche die ganze Familie betreffen würden.

P3 brachte am 17.12.2013 bei der niederschriftlichen Einvernahme der Erstaufnahmestelle West vor, dass sie 2011 beim Militär gemeinsam mit einem Kollegen den Mord an einen Soldaten beobachtet habe. Dieser Vorfall sei beim Militär als Selbstmord eingestuft worden. Die Täter seien Offiziere gewesen. Nach dem Militärdienst habe der Kollege diese Beobachtung seiner Familie erzählt und diese sei dann zur Polizei gegangen. Aufgrund dessen sei P3 im März 2013 telefonisch von einem der Offiziere bedroht und gewarnt worden, dass P3 bei der bevorstehenden polizeilichen Einvernahme keinesfalls die Wahrheit sagen dürfe, ansonsten würde der Familie etwas Schlimmes passieren. Auch hätte der Offizier gesagt, dass die Probleme des Vaters mit der Schutzgelderpressung und die Tätlichkeiten gegen P3 vom Offizier veranlasst worden seien.

3. Mit Bescheiden vom 30.1.2015 wies das BFA diese Folgeanträge vom 12.12.2013 gemäß § 68 AVG wegen entschiedener Sache zurück. Den dagegen eingebrachten Beschwerden wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 7.4.2015 stattgegeben und die Bescheide gemäß § 28 VwGVG wegen Ermittlungsmängeln behoben. Das Gericht monierte, dass seitens des BFA zum veränderten Gesundheitszustand der P1 – diese hatte 2014 einen Schlaganfall erlitten – Feststellungen zur Nachbehandlungsbedürftigkeit fehlten. So ist P1 zwar am 17.12.2013 einvernommen worden, nicht jedoch mehr vor Bescheiderlassung am 31.1.2015 und damit nach Veränderung ihres Gesundheitszustandes. Diese Ermittlungstätigkeit ist im fortgesetzten Verfahren nachzuholen.

4. Am 25.5. und 2.6.2016 erfolgten daraufhin neuerliche Einvernahmen aller P vor dem BFA. P1 und P2 beriefen sich wieder auf die Probleme von P3 als Gründe für deren Flucht aus Armenien.

P3 brachte vor, dass sie mit der Familie fliehen musste, da sie während des Militärdienstes 2011 zusammen mit einem Kameraden namens XXXX Zeuge eines Mordes geworden sei. Im März 2013 habe sie per Post eine gerichtliche Ladung bekommen, worin stand, dass XXXX Angaben gemacht hätte und P3 diese bestätigen solle. P3 habe daraufhin XXXX kontaktiert um zu erfahren, worum es bei dieser gerichtlichen Ladung ginge. XXXX habe dann P3 erzählt, dass er seine Familie über den Mordfall beim Militär in Kenntnis gesetzt habe. Aus Angst um den Bruder von XXXX , welcher ebenfalls beim Militär sei, hätten diese dann Anzeige erstattet. Danach habe der beim Vorfall beteiligte Offizier P3 oft telefonisch bedroht, damit diese nicht die Wahrheit aussagen würde. Um der Aussage bei Gericht und der damit zusammenhängenden drohenden Festnahme zu entgegen, seien die P aus Armenien geflohen.

5. Die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz der P wurden mit Bescheiden des Bundesasylamtes vom 2.9.2016, gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen. Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurden die Anträge auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass deren Abschiebung nach Armenien gemäß § 46 FPG zulässig sei. Entsprechend § 55 Abs. 1 a FPG wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise festgesetzt und entsprechend § 18 Abs. 1 Z 6 die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Das BFA begründete seine abweisende Entscheidung im Wesentlichen damit, dass die Fluchtgründe als gänzlich nicht glaubwürdig angesehen werden mussten. Dies insbesondere deshalb, da es sich um gesteigerte Vorbringen zu den ersten Asylanträgen handelte und in wesentlichen Punkten gegenständlich etliche Widersprüche und Unplausibilitäten hervorgekommen wären. Demzufolge habe das BFA dem Fluchtvorbringen die gesamte Glaubwürdigkeit abzusprechen gehabt.

Hinsichtlich des Gesundheitszustandes, insbesondere betreffend P1, wurden umfassende Ermittlungen zur Behandelbarkeit der Krankheiten inklusive ärztlicher Befunde, Stellungnahmen und Anfragebeantwortungen der Staatendokumentation durchgeführt und letztlich festgestellt, dass bei den P keine Krankheiten vorliegen, welche ein Abschiebehindernis darstellen würden.

Vollständigkeitshalber wird angeführt, dass die belangte Behörde gegen P1, P2 und P3 per Bescheid jeweils auch eine Mutwillensstrafe gemäß § 35 AVG in der Höhe von je 450 Euro verhängt hat. Die P haben dagegen Beschwerde erhoben. Die Entscheidung darüber ergeht seitens der erkennenden Richterin in einem separaten Erkenntnis.

4. Mit Verfahrensanordnungen des BFA vom 13.9.2016 wurde gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG den Beschwerdeführern amtswegig ein Rechtsberater zur Seite gestellt.

5. Mit Verfahrensanordnungen des BFA vom 13.9.2016 wurde gemäß § 52a Abs. 2 BFA-VG den Beschwerdeführern die Verpflichtung mitgeteilt, innerhalb von 2 Wochen ab Zustellung dieser Verfahrensanordnung ein Rückkehrberatungsgespräch in Anspruch zu nehmen.

6. Die Bescheide wurden den rechtsanwaltlich vertretenen Beschwerdeführern am 15.9.2016 ordnungsgemäß zugestellt, wogegen am 29.9.2016 fristgerecht Beschwerde erhoben wurde.

Darin wurde insbesondere darauf hingewiesen, dass die Angaben der Beschwerdeführer sehr wohl glaubhaft seien und vielmehr behördenseitig konstruierte Widersprüche und unrichtige Beweiswürdigungen der Länderfeststellungen seitens des BFA durchgeführt worden seien. Diese zu berücksichtigenden und zu einem anderen Ergebnis führenden Länderfeststellungen werden in den Beschwerden nochmals explizit angeführt. Auch sei insbesondere der Krankheitszustand von P1 nach wie vor unrichtig und nicht ausreichend gewürdigt worden. Für P1 und P2 gäbe es in Armenien keine kostenlose medizinische Versorgung und anhand der Befunde von P1 wäre absehbar, dass diese eine dauerhafte Pflege in absehbarer Zeit benötigen werde, welche in Armenien nicht erhältlich sei. Die Rückkehrentscheidung führe daher zu einer unmenschlichen Lage im Sinne des Art 3 EMRK. Generell sei das Ermittlungsverfahren willkürlich geführt worden und es sei eine unrichtige rechtliche Beurteilung erfolgt. Auch bezüglich der Voraussetzungen eines humanitären Aufenthaltstitels habe das BFA unrichtig beurteilt, so verfüge zweifelsohne P3 über eine ausreichende Integration und könne Deutschkenntnisse auf dem Niveau B1 vorweisen.

Weiters wurde die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht beantragt.

7. Mit jeweiligem Beschluss vom 11.10.2016 erkannte das Bundesverwaltungsgericht den Beschwerden die aufschiebende Wirkung zu.

8. Für den 24.01.2017 lud das erkennende Gericht die Verfahrensparteien zu einer mündlichen Verhandlung.

9. Seitens des BFA wurde die vollinhaltliche Abweisung gegenständlicher Beschwerden beantragt.

10. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung erstatteten die Beschwerdeführer Ausführungen zu ihrer Identität und führten aus, dass sie verhandlungsfähig seien.

Die beschwerdeführenden Parteien hatten zudem die Möglichkeit insbesondere zu deren persönlichen Verhältnissen und zur Integration, sowie ihren Fluchtvorbringen und der Rückkehrsituation Stellung zu nehmen.

11. Hinsichtlich des Verfahrensherganges im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt)

1.1 Feststellungen zu den Personen

Bei den beschwerdeführenden Parteien handelt es sich um armenische Staatsbürger. Sie sprechen armenisch, gehören zur Volksgruppe der Armenier sind Christen und gehören der armenisch apostolischen Kirche an. Ihre Identität steht nicht zweifelsfrei fest.

P1 und P2 sind Eheleute und P3 deren erwachsener Sohn. Die P haben über die im gegenständlichen Erkenntnis hinausgehenden Mitglieder der Kernfamilie keine weiteren familiären Anknüpfungspunkte in Österreich. Die Schwester der P2 und Tante von P3 lebt mit deren berufstätigen Mann und den 2 Kindern nach wie vor in Armenien. Die P geben an, keinen Kontakt mehr zu ihnen zu haben.

P1 und P2 stellten am 15.4.2013, P3 am 13.5.2013 – nach illegaler Einreise in Österreich – den jeweils ersten Asylantrag. Diese wurden mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 8.7.2013 negativ beschieden und die dagegen erhobenen Beschwerden vom Asylgerichtshof am 21.10.2013 als unbegründet abgewiesen.

Die gegenständlichen Folgeanträge wurden am 12.12.2013 gestellt.

Die P verfügen allesamt über eine Schulausbildung und P1 und P2 waren auch jahrelang berufstätig in Armenien. P1 arbeitete als Bäcker, Bauarbeiter und Autohändler.

P2 war als Krankenschwester und in einer Textilfabrik tätig. P3 arbeitete einen Monat in einer Nähfabrik und absolvierte in Armenien eine Ausbildung zum Zahntechniker.

Die P waren bisher allesamt in Österreich gemeinnützig bzw. karitativ tätig. Sie engagierten sich insbesondere bei Baumpflanzungen, P1 und P2 besuchten mehrfach die Bewohner in Altersheimen, P1 und P3 halfen einem Zirkus bei Auf-und Abbauarbeiten von Zelten sowie war P3 ehrenamtlich beim Weihnachtsmarkt tätig.

P2 singt in einem Chor und P3 spielt regelmäßig Volleyball und ist im XXXX . P1, P2 und P3 verfügen über einen Freundeskreis in Österreich.

P1 und P2 absolvierten Deutschkurse auf dem Niveau A2 und P3 auf dem Niveau B2.

P1 erlitt im April 2014 einen Hirninfarkt und es wurde ein Loch im Herz diagnostiziert. Er muss folglich täglich Medikamente (insbesondere " XXXX " ) nehmen und sich in regelmäßige ärztliche Kontrolle (derzeit 25tägig) begeben.

Weiters wurden eine schwere depressive Störung, eine akute Belastungsreaktion und Anpassungsstörungen diagnostiziert, welche medikamentös behandelt werden.

P2 leidet an einer posttraumatischen Belastungsstörung, einer depressiven Anpassungsstörung und an Migräne und befindet sich diesbezüglich in psychotherapeutischer und medikamentöser Behandlung.

P3 ist bezüglich einer Migräne in ärztlicher Behandlung.

Die P sind allesamt strafrechtlich unbescholten und leben von Leistungen der Grundversorgung für Asylwerber.

1.2. Länderfeststellungen

Hinsichtlich der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Armenien schließt sich das Bundesverwaltungsgericht den zutreffenden und nachvollziehbaren Ausführungen der belangten Behörde vollinhaltlich an. Diese Länderfeststellungen werden auch der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes zu Grunde gelegt.

Auszugsweise werden aus den Länderfeststellungen insbesondere folgende Feststellungen explizit angeführt:

" Sicherheitslage:

Kernproblem für die armenische Außenpolitik bleibt der Konflikt um Nagorny Karabach und die in diesem Zusammenhang geschlossenen Grenzen zu Aserbaidschan und zur Türkei. Seit dem Krieg um das überwiegend von Armeniern bewohnte Gebiet Bergkarabach (1992-94) halten armenische Verbände rund 17% des aserbaidschanischen Staatsgebiets (Bergkarabach und sieben umliegende Provinzen) besetzt.

KI vom 2.8.2016, Geiselnahme in Polizeistation durch Regierungsgegner (relevant für Abschnitt 3/ Sicherheitslage)

Mitglieder der Oppositionsgruppe "Gründungsparlament" haben am 17.7.2016 in Jerewan eine Polizeistation besetzt und zeitweise mehrere Geiseln genommen, ein Polizist starb dabei (RFE/RL 17.7.2016). Die Geiselnehmer forderten die Freilassung von Schirajr Sefiljan, eines inhaftierten Oppositionsführers, und den Rücktritt des Staatspräsidenten. Sefiljan kritisiert vor allem das Verhalten der Regierung im Konflikt um die Region Berg-Karabach (DW 17.7.2016). In der darauffolgenden Woche kam es zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei. Die Demonstranten verlangten eine Versorgung der Geiselnehmer mit Lebensmitteln, was die Polizei jedoch ablehnte. Nach offiziellen Angaben wurden 51 Personen verletzt und 136 verhaftet (NZZ 21.7.2016). Am 29.7.2016 kam es erneut zu Zusammenstößen zwischen Sympathisanten der Besetzer der Polizeistation und Sicherheitskräften, bei denen 75 Personen verletzt und 20 verhaftet wurden (RFE/RL 30.7.2016). Nach zwei Wochen endete der Konflikt um die besetzte Polizeistation mit der Kapitulation der bewaffneten Gruppe unter Führung von Varuzhan Avetisian (RFE/RL 1.8.2016, vgl. Spiegel online 31.7.2016).

...

Rechtsschutz/Justizwesen:

Im Rahmen der Strategie zur Justizreform (2012-16) wurde die Unabhängigkeit der Richter durch Festlegung der Pflichten der Selbstverwaltungsstrukturen gesetzlich gestärkt. Die Ernennung, Beurteilung und Beförderung von Richtern wurde transparenter gestaltet. Die formelle Rolle des Staatspräsidenten in der endgültigen Bestellung der Richter wurde in der Gesetzesreform jedoch bestätigt. Das öffentliche Misstrauen gegenüber dem Justizsystem und dessen Integrität besteht weiterhin (EC 25.3.2015).

Die Rechtsstaatlichkeit bleibt durch die mangelnde Gewaltenteilung geschwächt. Der starken Rolle des Präsidentenamtes, begleitet von einem ineffizienten Parlament, steht ein fügsames Justizwesen gegenüber. Der Mangel an Rechtsstaatlichkeit und Unabhängigkeit der Justiz schwächt in weiterer Folge auch die Effizienz der staatlichen Verwaltung (BS 2014).

Trotz der verfassungsmäßig garantierten richterlichen Unabhängigkeit mangelt es an dieser in der Praxis. Die richterliche Unabhängigkeit wird durch externe Akteure sowohl der vollziehenden Gewalt als auch innerhalb des Justizsystems, etwa durch Richter der höheren Instanzen, beeinflusst (CoE-CommDH 10.3.2015).

Das Prinzip der "Telefonjustiz" - Machthaber nehmen Einfluss auf laufende Verfahren - ist in politisch heiklen Fällen nach wie vor verbreitet. Wenige Fortschritte wurden somit hinsichtlich des Grundrechts auf ein faires Gerichtsverfahren und des Zugangs zur Justiz erzielt (AA 24.4.2015).

Der Gerichtsbarkeit mangelt es nicht bloß an Vertrauen, sondern sie gilt auch als von Korruption durchdrungen und in enger Verbindung zur Exekutive stehend. Die Korruption in der Justiz wurde auch vom UN-Hochkommissar für Menschenrechte bei einem Besuch im Oktober 2014 kritisiert. Nur ein Viertel der Bevölkerung hat Vertrauen in die Justiz (FH 28.1.2015, vgl. BS 2014).

Wehrdienst:

Männer armenischer Staatsangehörigkeit unterliegen vom 18. bis zum 27. Lebensjahr der allgemeinen Wehrpflicht (24 Monate). Es besteht die Möglichkeit der Rückstellung aus sozialen Gründen (z.B. Hochschulstudium, pflegebedürftige Eltern, zwei oder mehr Kinder), die in Armenien beantragt werden muss. Männliche Armenier ab 16 Jahren sind zur Wehrregistrierung verpflichtet. Sofern sie sich im Ausland aufhalten und sich nicht vor dem Erreichen des 16. Lebensjahres aus Armenien abgemeldet haben, müssen sie zur Musterung nach Armenien zurückkehren; andernfalls darf ihnen kein Reisepass ausgestellt werden. Nach der Musterung kann die Rückkehr ins Ausland erfolgen. Ab dem 18. Lebensjahr muss entweder der Wehrdienst abgeleistet werden oder eine Rückstellung erfolgen. Die Einberufung zu jährlichen Reserveübungen ist möglich. Laut Informationen des Verteidigungsministeriums soll es für Personen mit legalem Daueraufenthalt im Ausland auf Antrag Befreiungsmöglichkeiten auch im wehrpflichtigen Alter geben: Eine interministerielle Härtefall-Kommission prüft die Anträge auf Befreiung vom Wehrdienst (AA 24.4.2015, vgl. OSCE 14.4.2014).

Menschenrechtsverletzungen in der Armee und Todesfälle ohne Bezug auf Kampfhandlungen sind weiterhin ein ernsthaftes Problem. Die Behörden zeigen erst in jüngster Zeit ein Problembewusstsein, indem sie beispielsweise die Ombudsmannstelle beauftragt haben, die Menschenrechtssituation in den Streitkräften zu beobachten (CoE-PA 27.8.2014).

Medizinische Versorgung:

Die medizinische Grundversorgung ist flächendeckend gewährleistet. Das Gesetz über die kostenlose medizinische Behandlung regelt den Umfang der kostenlosen ambulanten oder stationären Behandlung bei bestimmten Krankheiten und Medikamenten sowie zusätzlich für bestimmte sozial bedürftige Gruppen (z.B. Kinder, Flüchtlinge, Invaliden). Es hängt allerdings von der Durchsetzungsfähigkeit und Eigeninitiative der Patienten ab, ob es gelingt, ihr Recht auf kostenlose Behandlung durchzusetzen. Nichtsdestotrotz ist die Qualität der medizinischen Dienstleistung weiterhin häufig von "freiwilligen Zuzahlungen" bzw. "Zuwendungen" an den behandelnden Arzt abhängig, auch bei Abschluss einer privaten Krankenversicherung. In letzter Zeit erschienen in der Presse Artikel mit Informationen über die kostenlose Behandlung; immer mehr Patienten bestehen erfolgreich auf diesem Recht. Die Behandlung in der Poliklinik des jeweiligen Wohnbezirks ist grundsätzlich kostenlos.

Die Kliniken sind finanziell unzureichend ausgestattet, um ihren Betrieb und die Ausgabe von Medikamenten sicherzustellen. Daher sind die Kliniken auch in Fällen, in denen sie eigentlich zu kostenloser Behandlung verpflichtet sind, gezwungen, von den Patienten Geld zu nehmen. Da dies ungesetzlich ist, erhalten die Patienten jedoch keine Rechnungen. Problematisch ist die Verfügbarkeit von Medikamenten: Nicht immer sind alle Präparate vorhanden, obwohl viele Medikamente in Armenien in guter Qualität hergestellt und billig verkauft werden (AA 24.4.2015).

Die primäre medizinische Versorgung wird in der Regel entweder durch regionale Polikliniken oder ländliche Behandlungszentren/Feldscher-Stationen erbracht. Das Verhältnis der Ärzte zur Einwohnerzahl beträgt: ein Arzt pro 1.200 bis 2.000 Einwohner und ein Kinderarzt für 700 bis 800 Kinder (IOM 8.2014).

Die sekundäre medizinische Versorgung wird von 37 regionalen Krankenhäusern und einigen der größeren Polikliniken mit speziellen ambulanten Diensten übernommen, während die tertiäre medizinische Versorgung größtenteils den staatlichen Krankenhäusern und einzelnen Spezialeinrichtungen in Jerewan vorbehalten ist. Darüber hinaus finden sich in der Hauptstadt sechs Kinder-und Mutterschaftskrankenhäuser. Die meisten Krankenhäuser sind staatlich. Derzeit bestehen vier private Krankenhäuser und ein teilweise privates Hospital. Des Weiteren gibt es ein privates Diagnosezentrum in Jerewan, das zu 80% im privaten Sektor aktiv ist. Ein fundamentales Problem der primären medizinischen Versorgung betrifft die Zugänglichkeit, die für einen großen Teil der Bevölkerung extrem schwierig geworden ist. Dieser Teil der Bevölkerung ist nicht in der Lage, die Gesundheitsdienste aus eigener Tasche zu bezahlen. Die Reformen haben den Patienten bereits die freie Wahl des Arztes garantiert. Das Recht der freien Arztwahl sollte auch die Qualität der Behandlung verbessern, da das Einkommen des Arztes jetzt die Anzahl der von ihm behandelten Patienten reflektiert. Für die Ärzte besteht nun ein höherer Anreiz, die Patienten zufriedenzustellen (IOM 8.2014).

Behandlungsmöglichkeiten von bestimmten Krankheit und Leiden

Insulinabgabe und Dialysebehandlung erfolgen im Prinzip kostenlos:

Die Anzahl der kostenlosen Behandlungsplätze ist zwar beschränkt, aber gegen Zahlung ist eine Behandlung jederzeit möglich. Die Dialysebehandlung kostet ca. USD 50 pro Sitzung. Selbst Inhaber kostenloser Behandlungsplätze müssen aber noch in geringem Umfang zuzahlen. Derzeit ist die Dialysebehandlung in fünf Krankenhäusern in Jerewan möglich, auch in den Städten Vanadzor und Gyumri sind die Krankenhäuser entsprechend ausgestattet.

Die größeren Krankenhäuser sowie einige Krankenhäuser in den Regionen verfügen über psychiatrische Abteilungen und Fachpersonal. Die technischen Untersuchungsmöglichkeiten haben sich durch neue Geräte verbessert. Die Behandlung des posttraumatischen Belastungssyndroms (PTBS) und Depressionen ist auf gutem Standard gewährleistet und erfolgt kostenlos (AA 24.4.2015).

Die öffentlichen Sozialpflegedienste in Armenien sind sehr begrenzt. Der private Sektor ist an der Erbringung dieser Leistungen nicht beteiligt. Es gibt nur ein einziges Krankenhaus für geistig und körperlich behinderte Menschen und keine Pflegeheime für Patienten, die eine dauerhafte, langfristige Betreuung benötigen. Es gibt keine Vorkehrungen für eine langfristige Aufnahme von Patienten mit chronischen Erkrankungen und keine Tagespflegeeinrichtungen für Patientengruppen mit speziellen Bedürfnissen und ebenfalls kein Sozialarbeiternetzwerk. Es gibt sieben regionale psychiatrische Kliniken, die lediglich eine langfristige Aufnahme von Patienten mit chronischen Erkrankungen bei nur geringer medizinischer Versorgung bieten.

Medizinisch-soziale Einrichtungen des Ministeriums für Arbeit und Soziales:

"

Hinsichtlich der Feststellungen bezüglich der Behandelbarkeit der gegenständlichen Krankheiten der P in Armenien schließt sich das Bundesverwaltungsgericht den zutreffenden und nachvollziehbaren Ausführungen der belangten Behörde unter Heranziehung zahlreicher Anfragebeantwortungen der Staatendokumentation vollinhaltlich an. Diese Anfragebeantwortungen der Staatendokumentation werden auch der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes – zusätzlich zu den oben angeführten Länderfeststellungen – zu Grunde gelegt.

Zusammengefasst ist dabei insbesondere von folgenden Feststellungen auszugehen:

In Armenien gibt es für die P zugängliche spezialisierte Krankenhäuser für Kardiologie, Neurologie und Psychiatrie. Psychotherapeutische Behandlung und notwendige Medikamente sind in Armenien ebenfalls verfügbar, bei schweren mentalen Krankheiten ist die Behandlung kostenlos.

Die seitens der P derzeit benötigten Medikamente bzw. adäquate Alternativmedikationen sind in Armenien grundsätzlich erhältlich.

1.3. Feststellungen zu den Vorbringen der Beschwerdeführer

Es konnte nicht festgestellt werden, dass die beschwerdeführenden Parteien Armenien aus wohlbegründeter Furcht vor Bedrohung und Verfolgung durch Offiziere des Militärs, der Mafia, oder durch die Polizei bzw. sonstigen Behörden oder Personen verlassen haben.

Ebenso wenig konnte festgestellt werden, dass sie im Falle einer Rückkehr nach Armenien einer konkreten Bedrohungs- und Gefährdungssituation ausgesetzt wären.

Hinsichtlich der behandlungsbedürftigen Krankheiten der P ist festzustellen, dass für diese in Armenien prinzipiell eine adäquate medizinische Behandlungs- und Nachbehandlungsmöglichkeit einschließlich der erforderlichen Medikation möglich ist.

2. Beweiswürdigung

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die Akte des BFA unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben der beschwerdeführenden Parteien vor dem BFA, die bekämpften Bescheide, die Beschwerdeschriftsätze, den medizinischen Befunden und Anfragebeantwortungen der Staatendokumentation sowie durch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes sowie der Beschwerdeverhandlung ist das erkennende Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.

2.1. Zum Verfahrensgang

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich zweifelsfrei aus dem Akteninhalt.

2.2. Zur Person der beschwerdeführenden Parteien:

Die Feststellungen hinsichtlich der Staatsangehörigkeit und dessen Volksgruppen – und Glaubenszugehörigkeit ergeben sich aus dem Akteninhalt und den diesbezüglich glaubwürdigen Angaben der P. Mangels Vorlage unbedenklicher Personaldokumente steht die Identität der P jedoch nicht zweifelsfrei fest.

Die Feststellungen zu den familiären und privaten Verhältnissen der P gründen sich auf die in diesen Punkten glaubwürdigen Angaben der P im Asylverfahren sowie den diesbezüglich zur Integration im Verfahren beigebrachten Schreiben und Nachweise.

Der Gesundheitszustand der P ergibt sich aus den Vorbringen der P sowie den im Akt befindlichen zahlreichen medizinischen Unterlagen. Die von den Beschwerdeführern vorgebrachten gesundheitlichen Beeinträchtigungen werden so weit als erwiesen angenommen, als sie von den Beschwerdeführern bescheinigt wurden, etwa durch die Vorlage ärztlicher Atteste. Es wird darauf hingewiesen, dass gerade in diesem Punkt eine erhöhte Mitwirkungspflicht durch die P besteht (VwSlg 9721 A/1978; VwGH 17.10.2002, 2001/20/0601), weshalb sich das erkennende Gericht nicht veranlasst sieht, diesbezüglich weitere Ermittlungen zu tätigen.

Entsprechend der Behandelbarkeit der gegenständlichen Erkrankungen der P – insbesondere der P1 – im Herkunftsstaat schließt sich das Gericht den diesbezüglich zutreffenden und sehr umfassenden Sachverhaltsfeststellungen (explizit unter Heranziehung etlicher Anfragebeantwortungen der Staatendokumentation, ärztlicher Stellungnahmen) und den darauf basierenden Schlussfolgerungen des BFA vollinhaltlich an.

Die strafrechtliche Unbescholtenheit ergibt sich aus Strafregisterauszügen der Republik Österreich.

2.3. Zum Fluchtvorbringen der beschwerdeführenden Parteien

Das BFA konnte keine glaubhafte Bedrohung und Verfolgung der P in Armenien – da P3 im Zuge seines Militärdienstes einen Mord gesehen hätte und nunmehr verhindert werden solle, dass P3 gegen die Täter (Offiziere) aussagen könnte – feststellen. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens insbesondere auch unter Einbeziehung der abgehaltenen mündlichen Verhandlung, schließt sich das entscheidende Gericht den diesbezüglichen Begründungen und den tragfähigen und schlüssigen Ausführungen des BFA vollinhaltlich an.

So ist es insbesondere keinesfalls nachvollziehbar, dass die Beschwerdeführer allesamt bei ihrer ersten Asylantragstellung aus Angst unrichtige Angaben betreffend der angeblich wahren Fluchtgründe machten. Vielmehr ist davon auszugehen, dass Asylsuchende generell alle entscheidungsrelevanten Angaben vorbringen, die ihre behauptete Bedrohungs-und Gefährdungslage betreffen und untermauern können.

Da die P ihre Asylanträge erst nach Ankunft in Österreich – ihrem für sie laut eigenen Angaben sicheren Zufluchtsort – stellten und sie hier ausdrücklich betreffend der wahrheitsgemäßen Schilderung ihrer Fluchtgründe aufgefordert und belehrt wurden, ist das gegenständliche Verhalten und Vorbringen der P – die nunmehr angeblich wahren Fluchtgründe erst im Zuge einer Folgeantragstellung vorzubringen – nicht plausibel.

Auch traten sowohl im Verfahren vor dem BFA als auch in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht vermehrt Widersprüche und Unplausibilitäten in den Aussagen auf, welche auf ein konstruiertes Fluchtvorbringen schließen lassen.

So sind insbesondere die unterschiedlichen Aussagen der P3 hinsichtlich ihrer Kenntniserlangung von der Bedrohungssituation auffällig.

So gab P3 einerseits bei der letzten niederschriftlichen Befragung beim BFA an, dass sie eine gerichtliche Ladung per Post erhalten habe, sie daraufhin über Nachfrage bei XXXX erfahren habe, dass es um den Mordfall beim Militär ginge und sie erst daran anschließend vom Offizier telefonisch bedroht worden sei. Im Widerspruch dazu gab P3 bei der Erstbefragung zu ihrem Folgeantrag an, dass ein Offizier sie am Handy bedrohte und ihr ankündigte, dass Sie zur Befragung von der Polizei in den nächsten Tagen geholt werden würde. Tage später wäre daraufhin eine Ladung von der Polizei gekommen.

Zum Vorhalt dieser unterschiedlichen Aussagen gab P3 in der mündlichen Beschwerdeverhandlung an, dass die Angaben bei der Erstbefragung nicht richtig seien. Es stimme vielmehr dass P3 eine gerichtliche Ladung bekommen habe und dann vom Offizier bedroht worden sei. Auf die Frage warum P3 diese Angaben bei der Erstbefragung dann getätigt habe, antwortete sie, dass sie das nicht wisse und sie sich das auch nicht erklären könne.

Auch ist es für das Gericht nicht nachvollziehbar, dass die gerichtliche Ladung – welche den Aussagen der P zufolge ursächlich für deren Flucht war – nicht als zentraler Beweis für das Fluchtvorbringen mitgenommen wurde. Die Ausreise aus Armenien erfolgte ja nicht plötzlich, vielmehr gaben die P an, zuerst ihr Hab und Gut verkauft zu haben und dann verließen sie Armenien – insofern ist davon auszugehen, dass kein fluchtartiges Verlassen sondern vielmehr eine zumindest in Grundzügen geplante und organisierte Ausreise stattfand.

Diese und dem Akteninhalt klar entnehmbare weitere Widersprüche und nicht nachvollziehbare Angaben der P führen dazu, dass das erkennende Gericht das Fluchtvorbringen der Beschwerdeführer als nicht glaubwürdig zu werten hat.

Nach der ständigen Rsp des Verwaltungsgerichtshofes kann die Behörde einen Sachverhalt grundsätzlich nur dann als glaubwürdig anerkennen, wenn der Asylwerber während des Verfahrens im Wesentlichen gleich bleibende Angaben macht, wenn diese Angaben wahrscheinlich und damit einleuchtend erscheinen und wenn erst sehr spät gemachte Angaben nicht den Schluss aufdrängten, dass sie nur der Asylerlangung um jeden Preis dienen sollten, der Wirklichkeit aber nicht entsprechen. Als glaubhaft könnten Fluchtgründe im Allgemeinen nicht angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt (vgl. zB. VwGH 6.3.1996, 95/20/0650).

In der Gegenüberstellung der auf das behördliche Vorbringen gestützten und insofern in sich schlüssigen Beweiswürdigung der belangten Behörde zum Fluchtvorbringen mit dem insoweit nicht stichhaltigen Beschwerdevorbringen gelangte das erkennende Gericht nach Durchführung der Beschwerdeverhandlung zu keinem von den diesbezüglichen Feststellungen der Behörde abweichenden Ergebnis.

2.4. Zur Lage im Herkunftsstaat

Die vom BFA im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat einschließlich der Anfragebeantwortungen der Staatendokumentation betreffend der gegenständlichen Behandlungsmöglichkeiten der Erkrankungen der Beschwerdeführer ergeben sich aus den von ihm in das Verfahren eingebrachten und im Bescheid angeführten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen. Das BFA hat dabei Berichte verschiedenster allgemein anerkannter Institutionen berücksichtigt. Diese Quellen liegen dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vor und decken sich im Wesentlichen mit dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes, das sich aus der ständigen Beachtung der aktuellen Quellenlage (Einsicht in aktuelle Berichte zur Lage im Herkunftsstaat) ergibt.

Insoweit die belangte Behörde ihren Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde gelegt hat, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Der Beschwerdeführer ist auch in seiner Beschwerde den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat, die auf den in das Verfahren eingeführten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen beruhen, nicht substantiiert entgegengetreten. Vielmehr wurden Teile der ohnehin seitens der belangten Behörde herangezogenen Länderfeststellungen in die Beschwerdeschrift aufgenommen und zur Untermauerung des Fluchtvorbringens noch mal explizit angeführt.

Es wurden folglich im gesamten Verfahren keine stichhaltigen Gründe dargelegt, die an der Richtigkeit der Informationen der belangten Behörde zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat Zweifel aufkommen ließen.

Das Bundesverwaltungsgericht geht alledem zufolge davon aus, dass seitens des BFA der maßgebliche Sachverhalt im ausreichenden Maße ermittelt wurde und zusätzliche Ermittlungen letztlich in einem unzulässigen Erkundungsbeweis münden würden. Erkundungsbeweise sind Beweise, die nicht konkrete Behauptungen, sondern lediglich unbestimmte Vermutungen zum Gegenstand haben. Sie dienen also nicht dazu, ein konkretes Vorbringen der Partei zu untermauern, sondern sollen es erst ermöglichen, dieses zu erstatten. Nach der Rsp des Verwaltungsgerichtshofes sind Erkundungsbeweise im Verwaltungsverfahren – und somit auch im asylgerichtlichen Verfahren - unzulässig. Daher ist die Behörde [das ho. Gericht] nicht zur Durchführung eines solchen Beweises verpflichtet, sodass deren Unterlassung keinen Verfahrensmangel bedeutet. (Hengstschläger – Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, Manz Kommentar, Rz 16 zu § 46 mwN).

3. rechtliche Beurteilung

Zuständigkeit und anzuwendendes Recht

Gemäß § 7 Abs. 1 Z. 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes.

Gemäß Art. 135 Abs. 1 B-VG iVm § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) idF BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 34 AsylG ist in den gegenständlichen Fällen von einem Familienverfahren auszugehen.

Zu A)

3.1. Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG hat die Behörde einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK droht. Darüber hinaus darf keiner der in § 6 Abs. 1 AsylG genannten Ausschlussgründe vorliegen, andernfalls der Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ohne weitere Prüfung abgewiesen werden kann.

Nach Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

Gemäß § 3 Abs. 2 AsylG kann die Verfolgung auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe).

Im Hinblick auf die Neufassung des § 3 AsylG 2005 im Vergleich zu § 7 AsylG 1997 wird festgehalten, dass die bisherige höchstgerichtliche Judikatur zu den Kriterien für die Asylgewährung in Anbetracht der identen Festlegung, dass als Maßstab die Feststellung einer Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK gilt, nunmehr grundsätzlich auch auf § 3 Abs. 1 AsylG 2005 anzuwenden ist.

Zentraler Aspekt der in Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung (vgl. VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334). Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen (vgl. VwGH 21.09.2000, Zl. 2000/20/0241; VwGH 14.11.1999, Zl. 99/01/0280). Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 19.04.2001, Zl. 99/20/0273; VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334). Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH 19.10.2000, Zl. 98/20/0233; VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0318).

Ein in seiner Intensität asylrelevanter Eingriff in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen führt dann zur Flüchtlingseigenschaft, wenn er an einem in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK festgelegten Grund, nämlich die Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung anknüpft.

Eine gegen die Beschwerdeführer gerichtete Verfolgungsgefahr aus solchen Gründen konnte weder im Verfahren vor der belangten Behörde noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht glaubhaft gemacht werden.

Wie im gegenständlichen Fall bereits in der Beweiswürdigung ausführlich erörtert wurde, war dem Vorbringen der Beschwerdeführer zum behaupteten Ausreisegrund insgesamt die Glaubwürdigkeit abzusprechen, weshalb die Glaubhaftmachung eines Asylgrundes von vornherein ausgeschlossen werden kann. Es sei an dieser Stelle betont, dass die Glaubwürdigkeit des Vorbringens die zentrale Rolle für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Asylgewährung [nunmehr "Status eines Asylberechtigten"] einnimmt (vgl. VwGH v. 20.6.1990, Zl. 90/01/0041).

Im Asylverfahren muss das Vorbringen des Antragstellers als zentrales Entscheidungskriterium herangezogen werden. Ungeachtet der gesetzlichen Verpflichtung der Asylbehörde bzw. des Asylgerichtshofes, im Einklang mit den im Verwaltungsverfahren geltenden Prinzipien der materiellen Wahrheit und des Grundsatzes der Offizialmaxime, den maßgeblichen Sachverhalt amtswegig (§ 39 Abs 2 AVG, § 18 AsylG 2005) festzustellen, obliegt es in erster Linie dem Asylwerber auf Nachfrage alles Zweckdienliche für die Erlangung der von ihm angestrebten Rechtsstellung darzulegen (vgl VwGH 16. 12 1987, 87/01/0299; 13. 4. 1988, 87/01/0332; 19. 9. 1990, 90/01/0133; 7. 11. 1990, 90/01/0171; 24. 1. 1990, 89/01/0446; 30. 1. 1991, 90/01/0196; 30. 1. 1991, 90/01/0197; vgl zB auch VwGH 16. 12. 1987, 87/01/0299; 2. 3. 1988, 86/01/0187; 13. 4. 1988, 87/01/0332; 17. 2. 1994, 94/19/0774) und glaubhaft zu machen (VwGH 23.2.1994, 92/01/0888; 19.3.1997, 95/01/0525). Es ist in erster Linie Aufgabe des Asylwerbers, durch ein in sich stimmiges und widerspruchsfreies Vorbringen, allenfalls durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauert, einen asylrelevanten Sachverhalt glaubhaft zu machen. (VwGH 30. 11. 2000, 2000/01/0356).

Im gegenständlichen Fall erachtet das erkennende Gericht in dem im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegten Umfang die Angaben als unwahr, sodass die von den Beschwerdeführern behaupteten Fluchtgründe nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden können, und es ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohl begründeter Furcht vor Verfolgung nicht näher zu beurteilen (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380).

Da eine aktuelle oder zum Fluchtzeitpunkt bestehende asylrelevante Verfolgung auch sonst im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht hervorgekommen, notorisch oder amtsbekannt ist, war in der Folge davon auszugehen, dass eine asylrelevante Verfolgungsgefahr nicht existiert.

Daher waren die Beschwerden gegen Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide gemäß

§ 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen.

3.2. Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten

3.2.1. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird (Z 1), oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z 2), der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Ist ein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon mangels einer Voraussetzung gemäß Abs. 1 oder aus den Gründen des Abs. 3 oder 6 abzuweisen, so hat gemäß § 8 Abs. 3a AsylG eine Abweisung auch dann zu erfolgen, wenn ein Aberkennungsgrund gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt. Diesfalls ist die Abweisung mit der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Dies gilt sinngemäß auch für die Feststellung, dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen ist.

Somit ist vorerst zu klären, ob im Falle der Rückführung des Fremden in seinen Herkunftsstaat Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter), das Protokoll Nr. 6 zur EMRK über die Abschaffung der Todesstrafe oder das Protokoll Nr. 13 zur EMRK über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden würde. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger, noch zum Refoulementschutz nach der vorigen Rechtslage ergangenen, aber weiterhin gültigen Rechtsprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer solchen Bedrohung glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffende und durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (VwGH 23.02.1995, Zl. 95/18/0049). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993, Zl. 93/18/0214).

Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).

Unter "realer Gefahr" ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen ("a sufficiently real risk") im Zielstaat zu verstehen (VwGH 19.02.2004, Zl. 99/20/0573; auch ErläutRV 952 BlgNR 22. GP zu § 8 AsylG 2005). Die reale Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Artikels 3 EMRK zu gelangen (zB VwGH 26.06.1997, Zl. 95/21/0294; 25.01.2001, Zl. 2000/20/0438; 30.05.2001, Zl. 97/21/0560).

Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird – auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören –, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen. Die Ansicht, eine Benachteiligung, die alle Bewohner des Staates in gleicher Weise zu erdulden hätten, könne nicht als Bedrohung im Sinne des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 gewertet werden, trifft nicht zu (VwGH 25.11.1999, Zl. 99/20/0465; 08.06.2000, Zl. 99/20/0203; 17.09.2008, Zl. 2008/23/0588). Selbst wenn infolge von Bürgerkriegsverhältnissen letztlich offen bliebe, ob überhaupt noch eine Staatsgewalt bestünde, bliebe als Gegenstand der Entscheidung nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 die Frage, ob stichhaltige Gründe für eine Gefährdung des Fremden in diesem Sinne vorliegen (vgl. VwGH 08.06.2000, Zl. 99/20/0203).

Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (vgl. VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427; 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028; siehe dazu vor allem auch EGMR 20.07.2010, N. gg. Schweden, Zl. 23505/09, Rz 52ff; 13.10.2011, Husseini gg. Schweden, Zl. 10611/09, Rz 81ff).

Bei außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegenden Gegebenheiten im Herkunftsstaat kann nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) die Außerlandesschaffung eines Fremden nur dann eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen, wenn im konkreten Fall außergewöhnliche Umstände ("exceptional circumstances") vorliegen (EGMR 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich, Zl. 30240/96; 06.02.2001, Bensaid, Zl. 44599/98; vgl. auch VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443). Unter "außergewöhnlichen Umständen" können auch lebensbedrohende Ereignisse (zB Fehlen einer unbedingt erforderlichen medizinischen Behandlung bei unmittelbar lebensbedrohlicher Erkrankung) ein Abschiebungshindernis im Sinne des Art. 3 EMRK iVm. § 8 Abs. 1 AsylG 2005 bilden, die von den Behörden des Herkunftsstaates nicht zu vertreten sind (EGMR 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich; vgl. VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443; 13.11.2001, Zl. 2000/01/0453; 09.07.2002, Zl. 2001/01/0164; 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059). Nach Ansicht des VwGH ist am Maßstab der Entscheidungen des EGMR zu Art. 3 EMRK für die Beantwortung der Frage, ob die Abschiebung eines Fremden eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellt, unter anderem zu klären, welche Auswirkungen physischer und psychischer Art auf den Gesundheitszustand des Fremden als reale Gefahr ("real risk") – die bloße Möglichkeit genügt nicht – damit verbunden wären (VwGH 23.09.2004, Zl. 2001/21/0137).

Der EGMR geht in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass die EMRK kein Recht auf politisches Asyl garantiert. Die Ausweisung eines Fremden kann jedoch eine Verantwortlichkeit des ausweisenden Staates nach Art. 3 EMRK begründen, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass der betroffene Person im Falle seiner Ausweisung einem realen Risiko ausgesetzt würde, im Empfangsstaat einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung unterworfen zu werden (vgl. etwa EGMR, Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06).

Der EGMR geht weiter allgemein davon aus, dass aus Art. 3 EMRK grundsätzlich kein Bleiberecht mit der Begründung abgeleitet werden kann, dass der Herkunftsstaat gewisse soziale, medizinische oder sonstige unterstützende Leistungen nicht biete, die der Staat des gegenwärtigen Aufenthaltes bietet. Nur unter außerordentlichen, ausnahmsweise vorliegenden Umständen kann diesbezüglich die Entscheidung, den Fremden außer Landes zu schaffen, zu einer Verletzung des Art. 3 EMRK führen (vgl für mehrere. z. B. Urteil vom 2.5.1997, EGMR 146/1996/767/964 ["St. Kitts-Fall"], oder auch Application no. 7702/04 by SALKIC and Others against Sweden oder S.C.C. against Sweden v. 15.2.2000, 46553 / 99).

Gemäß der Judikatur des EGMR muss der Antragsteller die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer aktuellen und ernsthaften Gefahr schlüssig darstellen (vgl. EKMR, Entsch. Vom 7.7.1987, Nr. 12877/87 – Kalema gg. Frankreich, DR 53, S. 254, 264). Dazu ist es notwendig, dass die Ereignisse vor der Flucht in konkreter Weise geschildert und auf geeignete Weise belegt werden. Rein spekulative Befürchtungen reichen ebenso wenig aus (vgl. EKMR, Entsch. Vom 12.3.1980, Nr. 8897/80: X u. Y gg. Vereinigtes Königreich), wie vage oder generelle Angaben bezüglich möglicher Verfolgungshandlungen (vgl. EKMR, Entsch. Vom 17.10.1986, Nr. 12364/86: Kilic gg. Schweiz, DR 50, S. 280, 289). So führt der EGMR in stRsp aus, dass es trotz allfälliger Schwierigkeiten für den Antragsteller "Beweise" zu beschaffen, es dennoch ihm obliegt so weit als möglich Informationen vorzulegen, die der Behörde eine Bewertung der von ihm behaupteten Gefahr im Falle einer Abschiebung ermöglicht ( z. B. EGMR Said gg. die Niederlande, 5.7.2005)

3.2.2. Bezogen auf die Beschwerdeführer:

Dass die Beschwerdeführer im Fall ihrer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat Folter, einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung oder Strafe ausgesetzt sein könnten, konnte im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht festgestellt werden.

Da sich Armenien nicht im Zustand willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes befindet, kann bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht festgestellt werden, dass für die Beschwerdeführer als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines solchen internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht.

Auch wenn sich die Lage der Menschenrechte im Herkunftsstaat der P in manchen Bereichen als problematisch darstellt, kann nicht festgestellt werden, dass eine nicht sanktionierte, ständige Praxis grober, offenkundiger, massenhafter Menschenrechts-verletzungen (iSd VfSlg 13.897/1994, 14.119/1995, vgl. auch Art. 3 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984) herrschen würde und praktisch, jeder der sich im Hoheitsgebiet des Staates aufhält schon alleine aufgrund des Faktums des Aufenthaltes aufgrund der allgemeinen Lage mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, von einem unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt betroffen ist.

Bei den Beschwerdeführern handelt es sich darüber hinaus um Personen, welche auch bisher vor ihrer Ausreise ihren Lebensunterhalt gut bestreiten konnten. Alle P verfügen über eine mehrjährige Schulausbildung und P1 und P2 überdies über eine jahrelange Berufstätigkeit. P3 hat darüber hinaus eine Ausbildung zum XXXX absolviert und ist eine junge und arbeitsfähige und entsprechend des bei der mündlichen Beschwerdeverhandlung gewonnenen Eindrucks des Gerichts auch eine zweifelsohne arbeitswillige Person. Alle P geben überdies in der Beschwerdeverhandlung an, arbeiten zu wollen, wenngleich das erkennende Gericht hierbei nicht verkennt, das insbesondere bezüglich der Berufstätigkeit von P1 auf deren Gesundheitszustand Rücksicht zu nehmen sein wird. Schließlich kann aber davon ausgegangen werden, dass die Beschwerdeführer im Herkunftsstaat als Familie in der Lage sein werden sich ein ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften und ihre nötigsten Bedürfnisse zu befriedigen. Zudem gibt es in Armenien Sozialbeihilfen wie die Arbeitslosenunterstützung und die P könnten sich auch falls erforderlich letztlich noch an die zahlreich tätigen NGOs in Armenien wenden, um jene Unterstützung zu erhalten, die notwendig ist, ihre Grundbedürfnisse zu decken.

Eine die physische Existenz nur unzureichend sichernde Versorgungssituation im Herkunftsstaat, die im Einzelfall eine Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte darstellen würde (vgl. VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 13.11.2001, 2000/01/0453; 18.07.2003, 2003/01/0059), liegt somit nicht vor.

Zum Gesundheitszustand der Beschwerdeführer:

Unbestritten ist, dass nach der allgemeinen Rechtsprechung des EGMR zu Art. 3 EMRK und Krankheiten, die auch im vorliegenden Fall maßgeblich ist, eine Überstellung nach Armenien dann nicht zulässig wäre, wenn dort wegen fehlender Behandlung schwerer Krankheiten eine existenzbedrohende Situation drohte.

In diesem Zusammenhang ist vorerst auf das diesbezügliche Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 06.03.2008, B 2400/07-9, zu verweisen, welches die aktuelle Rechtsprechung des EGMR zur Frage der Vereinbarkeit der Abschiebung Kranker in einen anderen Staat mit Art. 3 EMRK festhält (D. v. the United Kingdom, EGMR 02.05.1997, Appl. 30.240/96, newsletter 1997,93; Bensaid, EGMR 06.02.2001, Appl. 44.599/98, newsletter 2001,26; Ndangoya, EGMR 22.06.2004, Appl. 17.868/03; Salkic and others, EGMR 29.06.2004, Appl. 7702/04; Ovdienko, EGMR 31.05.2005, Appl. 1383/04; Hukic, EGMR 29.09.2005, Appl. 17.416/05; EGMR Ayegh, 07.11.2006; Appl. 4701/05; EGMR Goncharova & Alekseytsev, 03.05.2007, Appl. 31.246/06).

Zusammenfassend führt der VfGH aus, das sich aus den erwähnten Entscheidungen des EGMR ergibt, dass im Allgemeinen kein Fremder ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaates gibt. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung in Art. 3 EMRK. Solche liegen etwa vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben (Fall D. v. the United Kingdom).

Jüngste Rechtsprechung des EGMR (N vs UK, 27.05.2008) und Literaturmeinungen (Premiszl, Migralex 2/2008, 54ff, Schutz vor Abschiebung von Traumatisierten in "Dublin-Verfahren") bestätigen diese Einschätzung.

Das Bundesverwaltungsgericht erachtet es daher für entscheidend, welche Haltung der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) zur Frage von krankheitsbedingten Abschiebehindernissen und einer ausreichenden medizinischen Versorgung in den Zielstaaten unter dem Gesichtspunkt des Artikel 3 EMRK im Rahmen seiner authentischen Interpretation dieser Konventionsbestimmung einnimmt. Zu diesem Zweck ist auf die jüngere einschlägige Rechtsprechung des EGMR in den folgenden Judikaten abzustellen:

GONCHAROVA & ALEKSEYTSEV gg. Schweden, 03.05.2007, Rs 31246/06

AYEGH gg. Schweden, 07.11.2006, Rs 4701/05

PARAMASOTHY gg. NIEDERLANDE, 10.11.2005, Rs 14492/03

RAMADAN & AHJREDINI gg. Niederlande, 10.11.2005, Rs 35989/03

HUKIC gg. Schweden, 27.09.2005, Rs 17416/05

OVDIENKO gg. Finnland, 31.05.2005, Rs 1383/04

AMEGNIGAN gg. Niederlande, 25.11.2004, Rs 25629/04

NDANGOYA gg. Schweden, 22.06.2004, Rs 17868/03

Aus dieser Rechtsprechung ergeben sich folgende Judikaturlinien:

Der Umstand, dass die medizinischen Behandlungsmöglichkeiten im Zielland schlechter sind als im Aufenthaltsland, und allfälligerweise "erhebliche Kosten" verursachen, ist nicht ausschlaggebend. In der Entscheidung HUKIC gg. Schweden, 27.09.2005, Rs 17416/05 wurde die Abschiebung des am Down-Syndrom leidenden Beschwerdeführers nach Bosnien-Herzegowina für zulässig erklärt und wurde ausgeführt, dass die Möglichkeit der medizinischen Versorgung in Bosnien-Herzegowina gegeben sei. Dass die Behandlung in Bosnien-Herzegowina nicht den gleichen Standard wie in Schweden aufweise und unter Umständen auch kostenintensiver sei, sei nicht relevant. Notwendige Behandlungsmöglichkeiten wären gegeben und dies sei jedenfalls ausreichend. Im Übrigen hielt der Gerichtshof fest, dass ungeachtet der Ernsthaftigkeit eines Down-Syndroms, diese Erkrankung nicht mit den letzten Stadien einer tödlich verlaufenden Krankheit zu vergleichen sei.

In der Entscheidung RAMADAN & AHJREDINI gg. Niederlande vom 10.11.2005, Rs 35989/03 wurde die Abschiebung der Beschwerdeführer nach Mazedonien für zulässig erklärt, da Psychotherapie eine gängige Behandlungsform in Mazedonien ist und auch verschiedene therapeutische Medizin verfügbar ist, auch wenn sie nicht dem Standard in den Niederlanden entsprechen möge.

Dass sich der Gesundheitszustand durch die Abschiebung verschlechtert ("mentaler Stress" ist nicht entscheidend), ist vom Antragsteller konkret nachzuweisen, bloße Spekulationen über die Möglichkeit sind nicht ausreichend. In der Beschwerdesache OVDIENKO gg. Finnland vom 31.05.2005, Nr. 1383/04, wurde die Abschiebung des Beschwerdeführers, der seit 2002 in psychiatrischer Behandlung war und der selbstmordgefährdet ist, für zulässig erklärt; mentaler Stress durch eine Abschiebungsdrohung in die Ukraine ist kein ausreichendes "real risk".

Auch Abschiebungen psychisch kranker Personen nach mehreren Jahren des Aufenthalts im Aufenthaltsstaat können in Einzelfällen aus öffentlichen Interessen zulässig sein (vgl. PARAMSOTHY gg. Niederlande, 10.11.2005, Rs 14492/05; mit diesem Judikat des EGMR wurde präzisiert, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach neunjährigem Aufenthalt in den Niederlanden, welcher unter posttraumatischem Stresssyndrom leidet und bereits einen Selbstmordversuch hinter sich hat, zulässig ist, da spezielle Programme für Behandlungen von traumatisierten Personen und verschiedene therapeutische Medizin in Sri Lanka verfügbar sind, auch wenn sie nicht denselben Standard haben sollten wie in den Niederlanden).[...]

In der Beschwerdesache AMEGNIGAN gg. Niederlande, 25.11.2004, Rs 25629/04, stellte der EGMR fest, dass in Togo eine grundsätzliche adäquate Behandlung der noch nicht ausgebrochenen AIDS-Erkrankung gegeben ist und erklärte die Abschiebung des Beschwerdeführers für zulässig.

In der Beschwerdesache NDANGOYA gg. Schweden, 22.06.2004, Rs 17868/03, sprach der EGMR aus, dass in Tansania Behandlungsmöglichkeiten auch unter erheblichen Kosten für die in 1-2 Jahren ausbrechende AIDS-Erkrankung des Beschwerdeführers gegeben seien; es lagen auch familiäre Bezüge vor, weshalb die Abschiebung für zulässig erklärt wurde.

Die beiden letztgenannten Entscheidungen beinhalten somit, dass bei körperlichen Erkrankungen im allgemeinen (sofern grundsätzliche Behandlungsmöglichkeiten bestehen; bejaht zB für AIDS in Tansania sowie Togo und für Down-Syndrom in Bosnien-Herzegowina) nur Krankheiten im lebensbedrohlichen Zustand relevant sind.

In Bezug auf psychische Erkrankungen, wie zB schweren Depressionen und PTBS mit suizidaler Einengung, haben auch nachfolgende, sich ebenfalls aus der Rechtsprechung des EGMR ergebende, Überlegungen (vgl. auch VfGH v. 6. März 2008, B 2400/07 sowie Premiszl, Migralex 2/2008, 54ff, Schutz vor Abschiebung von Traumatisierten in "Dublin-Verfahren" mwN auf die Judikatur des EGMR) für eine Art 3-EMRK-konforme Entscheidung mit einzufließen:

Schwere psychische Erkrankungen erreichen solange nicht die erforderliche Gravität, als es nicht zumindest einmal zu einer Zwangseinweisung in eine geschlossene Psychiatrie gekommen ist. Sollte diese allerdings schon länger als ein Jahr zurückliegen und in der Zwischenzeit nichts Nennenswertes passiert sein, dürfte von keiner akuten Gefährdung mehr auszugehen sein. Die lediglich fallweise oder auch regelmäßige Inanspruchnahme von psychiatrischen oder psychotherapeutischen Leistungen einschließlich freiwilliger Aufenthalte in offenen Bereichen psychiatrischer Kliniken indizieren eine fehlende Gravität der Erkrankung.

Mentaler Stress, der durch eine Abschiebungsentscheidung hervorgerufen wird, rechtfertigt nicht die Abstandnahme von der Effektuierung dieser Entscheidung.

Auch wenn eine akute Suizidalität besteht, ist ein Vertragsstaat nicht dazu verpflichtet, von der Durchführung der Abschiebung Abstand zu nehmen, wenn konkrete risikominimierende Maßnahmen getroffen werden, um einen Selbstmord zu verhindern. Die Zusicherung von Garantien, welche von der die Abschiebung durchführenden Polizei zu beachten sind (zB die Charterung eines eigenen, mit einem ärztlichen Team ausgestatteten Flugzeuges), reiche hierzu aus. Dies gilt auch für den Fall bereits mehrerer vorangegangener Suizidversuche.

Aus diesen Judikaturlinien des EGMR ergibt sich jedenfalls der für die vorliegenden Beschwerdeverfahren relevante Prüfungsmaßstab.

In Armenien ist eine medizinische Grundversorgung flächendeckend gewährleistet. Bezüglich des Gesundheitszustandes der P insbesondere von P1 ist auszuführen, dass es in Armenien spezialisierte Krankenhäuser für Kardiologie, Neurologie und Psychatrie gibt. Insbesondere für kardiologische Untersuchungen und Behandlungen gibt es in Armenien Polikliniken die für jeden Bürger kostenfrei beansprucht werden können. Die seitens der P benötigten Medikamente bzw. eine adäquate Alternativmedikation sind ebenfalls erhältlich. Auch eine psychologische Betreuung in Kombination mit der nötigen Medikation ist im Herkunftsstaat vorhanden und für jedermann zugänglich. Insbesondere die Behandlung des posttraumatischen Belastungssyndroms und von Depressionen sind auf gutem Standard gewährleistet und erfolgen entsprechend der aktuellen Länderfeststellungen kostenlos.

Inwieweit sich der gesundheitliche Zustand der Beschwerdeführer im Falle eines Aufenthaltes in Österreich bzw. einer Behandlung in Österreich verbessern sollte, wurde nicht vorgebracht, ist nicht erkennbar und kann auch nicht festgestellt werden, dass sich dieser bei einer Überstellung nach Armenien und dortiger medizinischer Betreuung verschlechtern würde. Die in der Beschwerdefrist aufgestellte Vermutung, dass P1 ausgehend von ihren Befunden langfristig eine dauerhafte Betreuung in einem Pflegeheim benötigen wurde, ist anhand des gegenständlichen Gesundheitszustandes von P1 nicht nachvollziehbar und ist durch die vorliegenden ärztlichen Befunde keinesfalls gedeckt.

Dass die diesbezüglichen Behandlungsmöglichkeiten im Zielland allenfalls schlechter sind als im Aufenthaltsland, und allfälligerweise "erhebliche Kosten" verursachen, ist gemäß der EGMR-Judikatur nicht ausschlaggebend.

Eine akute lebensbedrohende Krankheit der Beschwerdeführer, welche eine Überstellung nach Armenien gemäß der dargestellten Judikatur des EGMR verbieten würde, liegt in den gegenständlichen Verfahren somit aktuell nicht vor. Auch konnte nicht konkret dargelegt werden, dass sich der Gesundheitszustand der Beschwerdeführer im Falle einer Überstellung nach Armenien verschlechtern würde.

Durch eine Abschiebung der Beschwerdeführer wird Art. 3 EMRK nicht verletzt und reicht es jedenfalls aus, wenn medizinische Behandlungsmöglichkeiten im Land der Abschiebung verfügbar sind, was in Armenien jedenfalls der Fall ist. Dass die Behandlung in Armenien den gleichen Standard wie in Österreich aufweist oder unter Umständen auch kostenintensiver ist, ist nicht relevant.

Nach den herangezogenen Feststellungen können nahezu alle Erkrankungen in Armenien behandelt werden. Die Grundversorgung mit nahezu allen gängigen Medikamenten und explizit auch der verfahrensgegenständlich seitens der P benötigten Medikamente ist grundsätzlich sichergestellt.

Festzuhalten ist überdies, dass die Kosten der nötigen Medikamente vom Staat auch gedeckt werden können, wenn der Patient eine sozialschwache Person ist. Aus den Länderfeststellungen geht zudem hervor, dass in letzter Zeit Presseartikel mit Informationen über die kostenlose Behandlung erschienen sind und daher immer mehr Patienten erfolgreich auf diesem Recht bestehen.

Selbst wenn die Beschwerdeführer in Armenien mit erheblichen finanziellen Belastungen zu rechnen hätten, kann unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 EMRK kein wesentlicher Aspekt erblickt werden, zumal davon ausgegangen werden kann, dass die Beschwerdeführer gegenseitige familiäre Unterstützung im Herkunftsstaat finden. Insbesondere P3 ist ein junger grundsätzlich gesunder arbeitsfähiger Mann, der zum Familieneinkommen sicherlich wesentlich beitragen kann. Auch die Schwester von P2 und Tante von P3 ist mit ihrer Familie nach wie vor in Armenien aufhältig. Zudem haben die P im Falle ihrer Rückkehr auch die Möglichkeit, sich an die zahlreich tätigen NGOs zu wenden, um dort jene Unterstützung zu erhalten, die notwendig ist, ihre Grundbedürfnisse zu decken. Sie sind daher weder von Obdachlosigkeit noch extremer Armut und daraus resultierendem gänzlich fehlenden Zugang zu medizinischen Leistungen bedroht.

Im gegenständlichen Fall mag es somit zwar sein, dass die Behandlungsmöglichkeiten im Herkunftsstaat hinter denen in Österreich zurückbleiben, aufgrund des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens ist jedoch bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen festzustellen, dass hierdurch im gegenständlichen Fall die vom EGMR verlangten außerordentlichen Umstände nicht gegeben sind (vgl. hierzu insbesondere auch weiters Urteil des EGMR vom 06.02.2001, Beschwerde Nr. 44599, Case of Bensaid v. The United Kingdom oder auch VwGH v. 7.10.2003, 2002/01/0379).

Vor diesem Hintergrund erweist sich letztlich die Annahme des BFA, es lägen im gegenständlichen Fall keine stichhaltigen Gründe für die Annahme des realen Risikos einer Gefährdung im Sinne des § 8 Abs. 1 AsylG vor, als mit dem Gesetz in Einklang stehend und dementsprechend als richtig.

Insoweit waren auch die Beschwerden gegen Spruchpunkt II. der angefochtenen Bescheide gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen.

3.3. Zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides - Frage der Erteilung eines Aufenthaltstitels und Erlassung einer Rückkehrentscheidung

3.3.1. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird sowie kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt.

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Die Beschwerdeführer befinden sich seit mindestens April 2013 bzw. Mai (P3) 2013 im Bundesgebiet, wobei ihr Aufenthalt nicht in obigem Sinne geduldet ist. Sie sind nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen daher nicht vor, wobei dies weder in den Verfahren noch in den Beschwerden behauptet wurde.

In den vorliegenden Verfahren erfolgte die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz im Hinblick auf den Status des subsidiär Schutzberechtigten auch nicht gemäß § 8 Abs. 3a AsylG 2005 und ist auch keine Aberkennung gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 ergangen, wie aus dem Verfahrensgang ersichtlich ist.

3.3.2. Gemäß § 55 Abs.1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn 1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und 2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird. Nach § 55 Abs. 2 AsylG 2005, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen, wenn nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vorliegt.

§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität aufweisen, etwa ein gemeinsamer Haushalt vorliegt. Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts kommt dem öffentlichen Interesse aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSd Art 8 Abs 2 EMRK ein hoher Stellenwert zu. Der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof haben in ihrer Judikatur ein öffentliches Interesse in dem Sinne bejaht, als eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragsstellung im Inland aufhalten durften, verhindert werden soll (VfSlg. 17.516 und VwGH vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479).

Ist von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme die gesamte Familie betroffen, greift sie lediglich in das Privatleben der Familienmitglieder und nicht auch in ihr Familienleben ein; auch dann, wenn sich einige Familienmitglieder der Abschiebung durch Untertauchen entziehen (EGMR in Cruz Varas).

Bezogen auf den konkreten Fall bedeutet dies, dass die Beschwerdeführer in Österreich über die im gegenständlichen Erkenntnis behandelten Mitglieder der Kernfamilie hinausgehend keine Verwandten haben und alle P auch sonst mit keiner nahe stehenden Person zusammen leben. Sie möchten offensichtlich ihr künftiges Leben in Österreich gestalten und halten sich dazu seit mindestens April bzw. Mai 2013 im Bundesgebiet auf. Da von der aufenthaltsbeendenden Maßnahme die gesamte Familie betroffen ist, stellt die Ausweisung keinen Eingriff in das Recht auf Familienleben dar, sondern allenfalls einen Eingriff in das Recht auf Privatleben.

Gem. Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts auf das Privat- und Familienleben nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, welche in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, der Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Zweifellos handelt es sich sowohl beim BFA als auch beim ho. Gericht um öffentliche Behörden im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK und ist der Eingriff in § 10 AsylG gesetzlich vorgesehen.

Es ist in weiterer Folge zu prüfen, ob ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens der Beschwerdeführer im gegenständlichen Fall durch den Eingriffsvorbehalt des Art. 8 EMRK gedeckt ist und ein in einer demokratischen Gesellschaft legitimes Ziel, nämlich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSv. Art. 8 Abs. 2 EMRK, in verhältnismäßiger Weise verfolgt.

Zum Eingriff in das Privatleben ist auszuführen, dass die Dauer des Aufenthaltes der Beschwerdeführer im Bundesgebiet seit ihrer illegalen Einreise im April bwz. Mai 2013 als noch nicht sehr lange zu bemessen ist - Insbesondere verglichen mit ihrem jeweiligen Lebensalter und deren bisherigen Aufenthalt im Herkunftsstaat. Die Dauer des Aufenthalts wird weiter dadurch relativiert, dass der Aufenthalt bloß aufgrund der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung als Asylwerber rechtmäßig war, was den Beschwerdeführern bewusst gewesen sein muss. Die Beschwerdeführer begründeten somit ihr hier relevantes Privatleben zu einem Zeitpunkt, zudem ihr Aufenthalt ungewiss und auf die Dauer des Asylverfahrens beschränkt war.

Zu verweisen ist in diesem Zusammenhang zentral auf VwGH 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479, wonach ein dreijähriger - auf die Stellung eines Asylantrages gestützter - Aufenthalt im Bundesgebiet (regelmäßig) noch keine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat begründet sowie auch auf das Urteil des EGMR vom 8. April 2008, Nr. 21878/06 (NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich), in welchem der EGMR im Rahmen der Interessensabwägung zum Ergebnis gelangt, dass grundsätzlich das öffentliche Interesse an einer effektiven Zuwanderungskontrolle bei erfolglosen Asylanträgen höher wiegen muss als ein während des Asylverfahrens begründetes Privatleben. In den gegenständlichen Fällen liegt eine etwas höhere Aufenthaltsdauer von 3 Jahren und 8 Monaten (P3) bzw. 3 Jahren und 9 Monaten (P1 und P2) vor.

Die Interessen der Beschwerdeführer werden dadurch gemindert, dass ihr Aufenthalt lediglich auf - wie sich im Verfahren zeigte - unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (VwGH 26.6.2007, 2007/01/0479 mwN).

Als Stärkung der persönlichen Interessen ist zu berücksichtigen ist, dass P1 und P2 Deutschkenntnisse auf dem Niveau der Kurse A2 und P3 sogar auf dem Niveau B2 vorbringen konnten. Das Gericht verkennt in diesem Zusammenhang nicht die Bemühungen der Beschwerdeführer sich sprachlich zu integrieren. Überdies ist P3 im Sportverein und dem XXXX tätig und besucht die Pflichtschule. P2 singt in einem Chor. Die Beschwerdeführer konnten auch glaubhaft darlegen, dass sie über einen Freundeskreis hier in Österreich verfügen. Auch die gemeinnützigen und karitativen Tätigkeiten aller Beschwerdeführer würdigt das Gericht.

Dennoch ist in diesem Zusammenhang auf die höchstgerichtliche Judikatur zu verweisen, wonach die Umstände, dass selbst ein Fremder der perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale darstellen (Erk. d. VwGH vom 6.11.2009, 2008/18/0720; 25.02.2010, 2010/18/0029).

Auch ist festzuhalten, dass die Beschwerdeführer nicht gezwungen sind, nach einer Ausreise nach Armenien die bestehenden privaten Bindungen zur Gänze abbrechen zu müssen. So stünde es ihnen frei diese durch briefliche, telefonische, elektronische Kontakte mit ihren Freuenden oder durch gegenseitige Besuche aufrecht zu erhalten.

Zu den Interessen von P1 und P2 auch aufgrund ihrer Krankheiten hier in Österreich bleiben zu wollen ist festzuhalten, dass entsprechend höchstgerichtlicher Judikatur kein Fremder ein Recht hat in seinem aktuellen Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet. Dass die Behandlung im Zielstaat nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, fällt nicht entscheidend ins Gewicht, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten dort gibt. Dass im gegenständlichen Fall die Behandlungsmöglichkeiten für die Beschwerdeführer gegeben sind – wurde bereits unter 3.2.2. ausführlich erörtert.

Eine erlaubte Beschäftigung üben die Beschwerdeführer in Österreich nicht aus, sie leben von der Grundversorgung für Asylwerber und sind insofern nicht selbsterhaltungsfähig.

Bezüglich der Bindungen der Beschwerdeführer zu ihrem Herkunftsstaat ist auszuführen, dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass bereits eine Entwurzelung vom Herkunftsland stattgefunden hat. P1, P2 und P3 verbrachtem den überwiegenden Teil ihres Lebens in Armenien, wurden dort sozialisiert, ausgebildet und P1 und P2 waren dort auch berufstätig. Sie sprechen auch allesamt armenisch auf muttersprachlichem Niveau. Ebenso ist davon auszugehen, dass in Armenien Bezugspersonen etwa im Sinne eines gewissen Freundesund/oder Bekanntenkreises der Beschwerdeführer existieren, da nichts darauf hindeutet, dass sie vor ihrer Ausreise in ihrem Herkunftsstaat in völliger sozialer Isolation gelebt hätten. Auch die Schwester von P2 und Tante von P3 lebt nach wie vor mit ihrer Familie in Armenien. Es deutet daher nichts darauf hin, dass es den Beschwerdeführern im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat nicht möglich wäre, sich in die dortige Gesellschaft erneut zu integrieren.

Die Beschwerdeführer sind weiters allesamt strafrechtlich unbescholten.

Diese Feststellung stellt laut Judikatur aber weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen dar (VwGH 21.1.1999, Zahl 98/18/0420). Der VwGH geht wohl davon aus, dass es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält. Zu Lasten ins Gewicht fallen jedoch sehr wohl rechtskräftige Verurteilungen durch ein inländisches Gericht (vgl. Erk. d. VwGH vom 27.2.2007, 2006/21/0164, mwN, wo dieser zum wiederholten Male klarstellt, dass das Vorliegen einer rechtskräftigen Verurteilung den öffentlichen Interessen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK eine besondere Gewichtung zukommen lässt).

Ein Aufenthalt der auf überlangen Verzögerungen, welche den Behörden zurechenbar wären, begründet ist, konnte seitens des erkennenden Gerichtes unter Berücksichtigung der durchgeführten Ermittlungsverfahren nicht festgestellt werden.

Ergebnis der Interessensabwägung:

Unter Heranziehung der einschlägigen und höchstgerichtlichen Judikatur kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Artikel 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu. Nur beim Vorliegen von außergewöhnlichen, besonders zu berücksichtigenden Sachverhalten kann sich ergeben, dass den Fremden, welche rechtswidrig in das Bundesgebiet einreisten oder sich rechtswidrig in diesem aufhalten, ihre Obliegenheit zum Verlassen des Bundesgebietes nachgesehen und ein Aufenthaltsrecht erteilt wird. Derartige Umstände liegen gegenständlich nicht vor.

Nach Maßgabe der Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist davon auszugehen, dass die privaten Interessen der Beschwerdeführer am Verbleib im Bundesgebiet gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein hoher Stellenwert zukommt, in den Hintergrund treten. Die Verfügung der Rückkehrentscheidung war daher im vorliegenden Fall geboten und erscheint auch nicht unverhältnismäßig.

Würde sich ein Fremder nunmehr generell in einer solchen Situation wie die Beschwerdeführer erfolgreich auf das Privat- und Familienleben berufen können, so würde dies dem Ziel eines geordneten Fremdenwesens und dem geordneten Zuzug von Fremden zuwiderlaufen.

Es würde dies darüber hinaus dazu führen, dass Fremde, welche die unbegründete bzw. rechtsmissbräuchliche Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz allenfalls in Verbindung mit einer illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet in Kenntnis der Unbegründetheit bzw. Rechtsmissbräuchlichkeit des Antrags unterlassen, letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, welche genau zu diesen Mitteln greifen um sich ohne jeden sonstigen Rechtsgrund den Aufenthalt in Österreich legalisieren, was in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen würde (vgl. hierzu auch das Estoppel-Prinzip ["no one can profit from his own wrongdoing"], auch den allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen [VwGH 11.12.2003, 2003/07/0007]).

Angesichts der - somit in ihrem Gewicht geminderten - Gesamtinteressen der Beschwerdeführer am Verbleib in Österreich überwiegen nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung, die sich neben den gefährdeten Sicherheitsinteressen insbesondere im Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften sowie darin manifestieren, dass das Asylrecht (und die mit der Einbringung eines Asylantrages verbundene vorläufige Aufenthaltsberechtigung) nicht zur Umgehung der allgemeinen Regelungen eines geordneten Zuwanderungswesens dienen darf (vgl. dazu im allgemeinen und zur Gewichtung der maßgeblichen Kriterien VfGH 29.09.2007, B 1150/07).

3.3.3. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

Nach § 50 Abs. 2 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

Nach § 50 Abs. 3 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

Im gegenständlichen Fall liegen keine derartigen Abschiebehindernisse vor. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird diesbezüglich insbesondere auf die bereits erfolgten Ausführungen dieses Erkenntnisses insbesondere unter 3.2. verwiesen.

Die Zulässigkeit der Abschiebung der Beschwerdeführer in ihren Herkunftsstaat ist somit letztlich gegeben, da nach den die Abweisung ihrer Anträge auf internationalen Schutz tragenden Feststellungen der vorliegenden Entscheidung keine Gründe vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde.

Somit war spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht hervor, dass das Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des VwGH, insbesondere zur Auslegung des Begriffs des internationalen Schutzes, sowie des durch Art. 8 EMRK geschützten Rechtes auf ein Privat- und Familienleben, bzw. zur Bindungswirkung bereits rechtskräftig vorliegender Entscheidungen abgeht.

Auch war die gegenständliche Entscheidung im Wesentlichen von Tatsachenfeststellungen abhängig, die anhand von Glaubwürdigkeitserwägungen im Rahmen der freien Beweiswürdigung getroffen wurden.

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