OGH 11Ns29/18f; 11Ns35/18p; 11Ns3/19h; 11Os148/18a; 14Ns29/19d; 11Os78/19h (RS0132157)

OGH11Ns29/18f; 11Ns35/18p; 11Ns3/19h; 11Os148/18a; 14Ns29/19d; 11Os78/19h21.10.2024

Rechtssatz

1. Die Verbindung zweier Hauptverfahren gemäß § 37 Abs 3 StPO setzt – auch im Verfahren vor dem Einzelrichter des Landesgerichts oder dem Bezirksgericht – die Rechtswirksamkeit (§ 4 Abs 2 StPO) beider Anklagen voraus. Im Fall des § 37 Abs 3 zweiter Halbsatz iVm Abs 2 zweiter Satz StPO zuständigkeitsbegründend zuvorgekommen ist jenes Gericht, bei dem die Anklage zuerst rechtswirksam wurde.

2. Im einzelrichterlichen Verfahren tritt die Rechtswirksamkeit der Anklage mit dem positiven Abschluss einer amtswegigen Vorprüfung des Strafantrags ein. Sie findet dort jedoch – anders als im kollegialgerichtlichen Verfahren – keinen beschlussförmigen Ausdruck, sondern zeigt sich erst im darauf folgenden Akt der Einleitung des Hauptverfahrens.

3. Die Einleitung des Hauptverfahrens (§ 4 Abs 2 StPO) geschieht im einzelrichterlichen Verfahren durch die Anordnung der Hauptverhandlung (§ 450 und § 485 Abs 1 Z 4 StPO). Unter dieser Anordnung wird (keineswegs nur das "Ausschreiben" einer Hauptverhandlung, sondern) jedes Verhalten des Gerichts verstanden, das die Bejahung der Prozessvoraussetzungen (den positiven Ausgang der amtswegigen Vorprüfung) unmissverständlich erkennen lässt. Dies trifft auf jede Entscheidung zu, deren Ergebnis keines nach (im landesgerichtlichen Verfahren:) § 485 Abs 1 Z 1 bis Z 3 StPO oder (im bezirksgerichtlichen Verfahren:) § 450 erster Satz StPO (beschlussförmiger Ausspruch sachlicher Unzuständigkeit), § 451 Abs 2 StPO (beschlussförmige Verfahrenseinstellung) oder § 38 StPO (Wahrnehmung eigener Unzuständigkeit nach § 36 Abs 3, Abs 5; § 37 Abs 1, Abs 2 StPO) ist, also jeder contrarius actus dazu.

4. Bei der amtswegigen Vorprüfung des Strafantrags (noch) außer Betracht zu bleiben hat die Anhängigkeit eines im Sinn des § 37 Abs 3 StPO konnexen Hauptverfahrens bei (irgend-)einem Gericht. Vielmehr hat sich die Vorprüfung – isoliert – auf jenes (Haupt-)Verfahren zu beziehen, das durch die Einbringung dieses (einen) Strafantrags begonnen hat.

Normen

StPO §4 Abs2
StPO §37 Abs3

11 Ns 29/18fOGH19.07.2018

Beisatz: Im bezirksgerichtlichen Verfahren ist von Rechtswirksamkeit eines Strafantrags (sofern sie bei ein und demselben Gericht eingebracht wurden: beider Strafanträge) bereits dann auszugehen, wenn das damit angerufene Bezirksgericht die Verbindung des Verfahrens über diesen Strafantrag mit jenem über den anderen Strafantrag verfügt, ohne das Vorliegen der Prozessvoraussetzungen infrage zu stellen. Ebenso ist Rechtswirksamkeit eines Strafantrags anzunehmen, wenn das damit angerufene Bezirksgericht „sein“ Verfahren – iSd § 37 Abs 3 StPO – einem anderen Gericht zur Verbindung mit einem dort anhängigen Hauptverfahren überweist. (T1)

11 Ns 35/18pOGH19.07.2018

Beis wie T1

11 Ns 3/19hOGH26.02.2019

Beisatz: Die Anordnung der Hauptverhandlung (§ 450 StPO) kann darin bestehen, dass das Bezirksgericht die Hauptverhandlung (erstmalig) „ausschreibt“ (vgl § 221 Abs 1 StPO). Werden aber – ohne dass zunächst die Hauptverhandlung „ausgeschrieben“ wird – sonstige Verfügungen getroffen oder Beschlüsse gefasst, die das Vorliegen der Prozessvoraussetzungen nicht infrage stellen, ist bereits die erste solche Entscheidung des Gerichts als „Anordnung“ der Hauptverhandlung aufzufassen. (T2)<br/>Beisatz: Hier: Eintragung der Akten in den Geschäftskalender zu dem Zweck, den Eintritt der Rechtskraft eines in einem anderen Verfahren ergangenen Urteil zu überwachen. (T3)

11 Os 148/18aOGH29.01.2019

Beis wie T1

14 Ns 29/19dOGH21.05.2019

Beis wie T1

11 Os 78/19hOGH25.06.2019

Vgl

11 Os 116/19xOGH08.10.2019

Vgl; Beisatz: Abweichend von §§ 450 und 485 Abs 1 StPO versteht § 491 Abs 8 StPO unter Anordnung der Hauptverhandlung nur die "Ausschreibung". (T4)

11 Ns 42/20wOGH03.08.2020

Beisatz: Zur ‑ jedenfalls gebotenen ‑ Zustellung des Strafantrags an den Angeklagten. (T5)<br/>Beisatz: Gemäß § 484 zweiter Satz StPO „hat“ der Einzelrichter des Landesgerichts den bei ihm eingebrachten (§ 210 Abs 2 StPO) Strafantrag dem Angeklagten „unverzüglich zuzustellen“ (vgl § 71 Abs 4 erster Satz StPO für das Verfahren über eine Privatanklage und § 451 Abs 1 letzter Halbsatz StPO für das Verfahren vor dem Bezirksgericht). Dieser Gesetzesbefehl gilt unabhängig von einer (idR gleichzeitigen) Vorgangsweise nach § 485 Abs 1 Z 1 bis 3 oder Z 4 StPO. Die betreffende Verfügung ist daher ‑ für sich allein genommen – nicht schon als Anordnung der Hauptverhandlung (§ 485 Abs 1 Z 4 StPO) aufzufassen. (T6)

13 Ns 87/20bOGH18.11.2020

Vgl

15 Ns 74/20fOGH14.01.2021

Vgl

13 Os 49/21mOGH14.07.2021

Vgl

12 Ns 64/21iOGH22.10.2021

Vgl

12 Os 34/23aOGH26.04.2023

vgl

14 Os 36/23kOGH23.05.2023

vgl

14 Os 95/23mOGH24.10.2023

vgl

15 Os 159/23fOGH31.01.2024

vgl

13 Ns 23/24xOGH22.05.2024

vgl

14 Ns 28/24iOGH19.06.2024

vgl; Beisatz wie T1; Beisatz wie T2

15 Ns 46/24vOGH17.07.2024

vgl; Beisatz: hier: Rechtswirksamkeit des Strafantrags infolge Anordnung der Hauptverhandlung durch den Einzelrichter des Landesgerichts. (T7)

14 Ns 43/24wOGH31.07.2024

vgl; Beisatz wie T1

14 Ns 59/24yOGH21.10.2024

vgl; Beisatz wie T1

15 Ns 56/24iOGH04.09.2024

vgl; Beisatz wie T5; Beisatz wie T6<br/>Beisatz: hier: Durch die Verfügung der Zustellung einer Note an den Beschuldigten, wonach "ein Verhandlungstermin gesondert bekanntgegeben" werde, unmissverständlich dokumentierte Prüfung des Strafantrags gem § 485 Abs 1 Z 1 bis 3 StPO. (T8)

Dokumentnummer

JJR_20180719_OGH0002_0110NS00029_18F0000_001

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