Rechtssatz
Ein Kontrahierungszwang ist überall dort anzunehmen, wo die faktische Übermacht eines Beteiligten bei bloß formaler Parität diesem die Möglichkeit der "Fremdbestimmung" über andere gibt.
4 Ob 166/90 | OGH | 20.11.1990 |
Veröff: WBl 1991,170 = MR 1991,121 |
4 Ob 2132/96z | OGH | 12.08.1996 |
Beisatz: Ansonsten besteht Kontrahierungszwang als Ausnahme vom Prinzip der Abschlussfreiheit nur in den vom Gesetz geregelten Fällen. (T1) <br/>Veröff: SZ 69/176 |
7 Ob 383/98v | OGH | 01.09.1999 |
Beis wie T1; Beisatz: Hier: Abschlusszwang nur dort, wo faktische Übermacht entgegen den guten Sitten in Anspruch genommen wird. (T2)<br/>Beisatz: Hier: Halter eines Privatflugplatzes (T3) |
1 Ob 125/09b | OGH | 13.10.2009 |
Beisatz: Eine Pflicht zum Vertragsabschluss besteht dann nicht, wenn der Unternehmer für die Weigerung sachlich gerechtfertigte Gründe ins Treffen führen kann. (T5)<br/>Veröff: SZ 2009/135 |
4 Ob 222/10s | OGH | 12.04.2011 |
Vgl auch; Beis ähnlich wie T5; Beisatz: Verwertungsgesellschaften sind nicht zur Rechteeinräumung nach § 17 Abs 1 VerwGesG verpflichtet, wenn ein sachlich gerechtfertigter Grund vorliegt (hier: jahrelanger beträchtlicher Zahlungsrückstand). (T6)<br/>Veröff: SZ 2011/46 |
4 Ob 134/12b | OGH | 17.12.2012 |
Vgl auch; Beis ähnlich wie T5; Beisatz: Allgemeiner Kontrahierungszwang bedeutet, dass ein Unternehmer, der die Leistung bestimmter Sachen oder Dienste öffentlich in Aussicht stellt, einem zum angesprochenen Personenkreis gehörigen Interessenten, wenn diesem zumutbare Ausweichmöglichkeiten fehlen, die zur Befriedigung seines Bedarfs nötige einschlägige Leistung und den sie vorbereitenden Vertragsschluss ohne sachlich gerechtfertigte Gründe nicht verweigern darf, wenn es sich dabei um „Normalbedarf“ oder „Notbedarf“ handelt und der Interessent Willens und in der Lage ist, die Leistung zu den gewöhnlichen Bedingungen zu erwerben. (T7)<br/>Beisatz: Zum „Normalbedarf“ gehört auch die Sicherung der ungestörten normalen Berufsausübung, die jedermann für sich selbst in Anspruch nimmt. (T8)<br/>Beisatz: Dieser Kontrahierungszwang trifft Anbieter von Waren und Dienstleistungen, nicht jedoch (allenfalls alleinige) Nachfrager nach Waren oder Dienstleistungen (Monopsonisten). (T9)<br/>Beisatz: Tritt die öffentliche Hand als Nachfrager auf, ist sie zwar den Vorschriften des Vergaberechts unterworfen sie unterliegt aber keinem Kontrahierungszwang. (T10) |
6 Ob 48/16a | OGH | 27.06.2016 |
Beis wie T5; Beis wie T7; Beis wie T8 |
1 Ob 39/17t | OGH | 26.04.2017 |
Vgl auch; Beisatz: Dies gilt nicht nur bei Verträgen über lebensnotwendige Güter. (T11)<br/>Beisatz: Spiegelbildlich muss dann auch ein sachlicher Grund für die Kündigung eines schon bestehenden Vertrags vorliegen. Daran ändert auch eine formal im Vertrag enthaltene Vereinbarung über ein ordentliches Kündigungsrecht nichts. (T12) |
4 Ob 207/19y | OGH | 26.11.2019 |
Beisatz: Im Verhältnis zu Gebietskörperschaften, die im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung tätig werden, kommt ein weiterer Rechtsgrund für einen Kontrahierungszwang in Betracht, der in der Verpflichtung zur Gleichbehandlung gesehen wird. Liegt eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebots vor und wird ein Wirtschaftsteilnehmer durch eine Leistungsverweigerung unsachlich benachteiligt, so kann dies zu einem Kontrahierungszwang führen. (T13) |
8 Ob 7/24y | OGH | 22.05.2024 |
Beisatz: Hier: Freie Auswahlmöglichkeit des Verbrauchers aus verschiedenen Stromanbietern. (T14)<br/>Anm: vgl 6 Ob 277/08s zur Liberalisierung des Strommarktes. |
Dokumentnummer
JJR_19901120_OGH0002_0040OB00166_9000000_001
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