OGH 4Ob2132/96z

OGH4Ob2132/96z12.8.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek und Dr.Niederreiter sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr.Griß und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K***** GmbH & Co KG, ***** vertreten durch Fiebinger & Polak, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei "S*****, vertreten durch Dr.Heinrich Kammerlander und andere Rechtsanwälte in Graz, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 450.000), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgericht vom 3.April 1996, GZ 6 R 63/96y-8, womit der Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 2.Februar 1996, GZ 17 Cg 8/96f-3, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S

19.845 bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin S 3.307,50 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Klägerin, die Medieninhaberin und Verlegerin der "N*****", unterstützte die Veranstaltung vom 13.Juli 1996, bei welcher die drei Tenöre Carreras, Domingo und Pavarotti im Wiener Praterstadion auftraten, als Sponsorin. Dafür garantierten ihr die Veranstalter - H***** GmbH in Zusammenarbeit mit Peter K***** und M***** GmbH -, daß das Logo der "N*****" auf allen Plakaten, Werbeschriften und Anzeigen zu dieser Veranstaltung angebracht werde.

Am 30.November 1995 wurde für diese Veranstaltung in der "N*****" und in der "K*****", deren Medieninhaberin und Verlegerin die Beklagte ist, geworben.

Auftraggeberin der Inserate war die damit von den Veranstaltern beauftragte Agentur S***** & Co. Die in Auftrag gegebenen Inserate waren vereinbarungsgemäß mit dem Logo der Klägerin versehen. In dieser Form erschien das Inserat auch in der Zeitung der Klägerin. In der Zeitung der Beklagten wurde das Inserat hingegen ohne dieses Logo veröffentlicht.

Die Beklagte hatte der auftraggebenden Agentur mitgeteilt, daß sie das Inserat nur dann veröffentlichen werde, wenn das Logo der Klägerin entfernt werde. Nach Rücksprache mit den Veranstaltern entschied sich die Agentur, dem Wunsch der Beklagten zu entsprechen. Das Inserat wurde dann so in Auftrag gegeben, wie es in der "K*****" vom 30.November 1995 erschienen ist.

Die Klägerin begehrt zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu gebieten, es im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs ab sofort zu unterlassen, die Veröffentlichung von Anzeigen in der "K*****" für von der "N*****" gesponserte Veranstaltungen davon abhängig zu machen, daß das Logo der Zeitung der Klägerin oder eine vergleichbare Werbeaufschrift aus dem jeweiligen Anzeigensujet entfernt wird und/oder aus einer solchen Anzeige das genannte Logo vor Veröffentlichung selbst zu entfernen. Das Verhalten der Beklagten verstoße insbesondere gegen §§ 1 und 2 UWG. Die Sittenwidrigkeit dieses Verhaltens liege in der Vereitelung des für die Klägerin erwarteten Werbeeffektes aus der Nennung als Sponsorin. Die Beklagte betreibe damit sittenwidrigen Behinderungswettbewerb. Sie habe nicht - wie es ihr möglich gewesen wäre - die Veröffentlichung des Inserates abgelehnt, sondern ausdrücklich verlangt, daß das "K*****-Logo" entfernt werde, und somit den Veranstalter gezwungen, ein unrichtiges und verstümmeltes Inserat zu veröffentlichen. Das Verhalten der Beklagten sei nicht anders zu beurteilen, als hätte sie selbst bei der Veröffentlichung des Inserats das Logo der Klägerin entfernt. Sie habe den Auftraggeber des Inserats in sittenwidriger Weise gezwungen, die Sponsorvereinbarung mit der Klägerin zu brechen. Ihr habe bewußt sein müssen, daß durch die Entfernung des "K*****-Logos" eine Werbevereinbarung verletzt werde. Die von der Beklagten gezielt herbeigeführte Veränderung des Inserats bewirke auch eine Irreführung der Leser der Zeitungen beider Streitteile. Die Leser der "K*****" würden zur unrichtigen Annahme gelangen, daß die Klägerin keine Fördererin oder Sponsorin der Veranstaltung sei. Leser beider Tageszeitungen würden aber noch mehr in die Irre geführt und glauben, die "N*****" habe die Frechheit, ihr Logo nur im eigenen Blatt auf Inserate zu setzen, oder sie würden annehmen, daß die "N*****" vielleicht aus ihrer Sponsorrolle ausgeschlossen worden sei.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsbegehrens. Das Unterlassungsbegehren sei jedenfalls zu weit gefaßt, weil die Beklagte das Logo der Klägerin nicht selbst entfernt habe. Die Beklagte habe nicht wettbewerbswidrig gehandelt. Sie sei nicht verpflichtet gewesen, das Inserat in der ursprünglich vorgeschlagenen Form zu veröffentlichen; sie habe kein Kontrahierungszwang getroffen. Die "K*****" sei in der Steiermark kein Monopolist auf dem Gebiet der Tageszeitungen. Sie habe nur von ihrer Vertragsfreiheit Gebrauch gemacht und das Angebot der Agentur auf Abschluß eines Vertrages über die Veröffentlichung eines Inserates mit dem Logo der Konkurrenzzeitung abgelehnt, weil niemand von ihr verlangen könne, für ihren härtesten und größten Konkurrenten Werbung zu machen. Die Agentur sei nicht gezwungen gewesen, mit der Beklagten den Vertrag zu schließen; sie hätte auch kein Inserat in dieser Zeitung schalten können. Von einem Verleiten der Agentur zum Vertragsbruch könne keine Rede sein. Auch ein sittenwidriger Behinderungswettbewerb liege nicht vor, weil die beanstandete Verhaltensweise es der Klägerin nicht erschwert oder unmöglich gemacht habe, ihre Leistung auf dem Markt zur Geltung zu bringen. Das Publikum werde auch nicht irregeführt. Mit der Veröffentlichung des Inserats seien keine Angaben im Sinne des § 2 UWG gemacht worden, die einen Einfluß auf den Erwerb der einen oder anderen Zeitung ausgeübt hätten.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Die Beklagte sei im Rahmen der Vertragsfreiheit durchaus berechtigt gewesen, ihre Leistung von der Bedingung abhängig zu machen, daß das Logo ihres Konkurrenten entfernt werde. Bei der Veröffentlichung eines Inserats mit diesem Logo habe es sich ja nicht um die Befriedigung eines allgemeinen Bedürfnisses gehandelt. Der Klägerin sei es dadurch auch nicht unmöglich gemacht geworden, ihre Leistungen zur Geltung zu bringen. Es liege daher kein sittenwidriger Behinderungswettbewerb vor. Die Beklagte sei auch nicht unter Kontrahierungszwang gestanden. Da die Klägerin weder behauptet noch bescheinigt habe, daß der Beklagten der Inhalt des Sponsorvertrages und des Vertrages mit der Werbeagentur bekannt war, sei auch ein bewußtes Verleiten zum Vertragsbruch nicht anzunehmen. Das in der Zeitung der Beklagten veröffentlichte Inserat habe keine Angaben über eigene geschäftliche Verhältnisse der Beklagten enthalten, so daß ein Verstoß gegen § 2 UWG nicht vorliegen könne. Daß der Durchschnittsleser beider Zeitungen sich die Meinung habe bilden können, die Klägerin habe in ihrer Zeitung das Logo im Inserat eigenmächtig angebracht, sei nicht anzunehmen.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluß und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Da die Beklagte keine Monopolistin auf dem Sektor der Zeitungswerbung sei, treffe sie kein Kontrahierungszwang. Der Beklagten könne auch nicht das bewußte Verleiten eines anderen zum Vertragsbruch vorgeworfen werden. Sie habe lediglich die den Inseratenauftrag erteilende Agentur in Ausübung ihrer unternehmerischen Dispositionsfreiheit darauf hingewiesen, daß Inserate nur ohne Logo der Klägerin veröffentlicht würden. Es sei nicht anzunehmen, daß der Beklagten der Inhalt des Sponsorvertrages und des Vertrages mit der Werbeagentur bekannt gewesen sei. Die Beklagte sei daher ihrem Auftraggeber oder dem Veranstalter auch nicht behilflich gewesen, einen Vertrag mit der Klägerin zu brechen.

Auch für Werbung im Rahmen des Sponsoring bestehe kein Kontrahierungszwang, mögen auch solche Veranstaltungen erst durch werbewirksames Sponsoring ermöglicht werden.

Der Beklagten sei es unzumutbar, das Logo der Klägerin als eines erheblichen Konkurrenten in ihrem Printmedium zu veröffentlichen. Darin liege kein Behinderungswettbewerb. Es sei Sache des Veranstalters, das Sponsoring und die als erforderlich angesehenen Werbemaßnahmen gehörig aufeinander abzustimmen.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluß erhobene außerordentliche Revisionsrekurs der Klägerin ist zwar zulässig, weil - soweit überblickbar - Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu einem vergleichbaren Sachverhalt fehlt; er ist aber nicht berechtigt.

Die Revisionsrekurswerberin meint, daß die Beklagte deshalb sittenwidrig gehandelt habe, weil sie ihren Inseratenauftraggeber sowie den Veranstalter zum Bruch des Vertrages mit der Klägerin verleitet habe. Entgegen der Annahme der Vorinstanzen habe die Beklagte als Verlegerin eines Printmediums gewußt, daß die Klägerin auf Grund des Sponsorvertrages einen Anspruch auf die Anführung ihres Logos gehabt habe.

Selbst wenn man eine solche Kenntnis der Beklagten unterstellen wollte, wäre damit für die Klägerin nichts zu gewinnen:

Richtig ist, daß nach Lehre und Rechtsprechung derjenige, der einen anderen zu Zwecken des Wettbewerbs zum Vertragsbruch verleitet, grundsätzlich wettbewerbswidrig handelt (Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht18 702 Rz 697 zu § 1 dUWG; Hohenecker/Friedl, Wettbewerbsrecht 84; Koppensteiner, Wettbewerbsrecht2 II 222; Fitz/Gamerith, Wettbewerbsrecht 78; SZ 32/79 = ÖBl 1959, 84; ÖBl 1984 - Almdudler-Limonade; ÖBl 1984, 120 - Fertighäuser ua). Dies wurde in Fällen ausgesprochen, wo ein Unternehmer fremde Beschäftigte auszuspannen (Baumbach/Hefermehl aaO 656 Rz 584) oder die Kunden eines anderen Unternehmers auf diese Weise für sich zu gewinnen versucht hat (Baumbach/Hefermehl aaO 662 Rz 598; ÖBl 1987, 45 - Bezirksjournale; ÖBl 1993, 159 - Kreditschutzverband ua) sowie bei der Verleitung zur Verletzung (zulässiger) vertraglicher Vertriebsbindungen (Baumbach/Hefermehl aaO 725 Rz 762; Köhler/Piper UWG 346 Rz 390 zu § 1 dUWG; ÖBl 1987, 17 - Guerlein-Depositurvertrag; MR 1991, 150 - Picadilly ua).

Die Besonderheit des vorliegenden Falles liegt aber darin, daß der von der Klägerin behauptete Vertrag zwischen ihr und den Veranstaltern (und dem Vertrag mit der Werbeagentur) nur unter Mitwirkung der - in den Vertrag nicht einbezogenen - Beklagten erfüllt werden konnte, kann doch nicht ohne Wissen und Willen der Beklagten das Inserat für die (ua) von der Klägerin gesponserte Veranstaltung in bestimmter Aufmachung in der "K*****" erscheinen. Daß die Partner des Sponsorvertrages sowie des Werbeauftrages die Beklagte nicht zu einem bestimmten Verhalten verpflichten konnten, bedarf keiner näheren Begründung, weil Verträge zu Lasten Dritter grundsätzlich als dem Wesen der Privatautonomie widersprechend unmöglich sind (Koziol/Welser10 I 309) und den Dritten nicht verpflichten. Soweit nun die Beklagte die Veröffentlichung des Inserats in einer Form, wie es der Vereinbarung zwischen der Klägerin und den Veranstaltern entsprochen hätte, verweigert hat, hat sie damit nur die Erfüllung einer Vertragsbedingung vereitelt, die Dritte zu ihren Lasten, sohin unwirksam, vereinbart haben. Darin liegt keine sittenwidrige Verleitung zum Vertragsbruch, sondern nur ein Ausfluß des Grundsatzes der Vertragsfreiheit.

Zu prüfen bleibt daher, ob die Beklagte hier tatsächlich - wie die Klägerin meint - doch einer Art von "Kontrahierungszwang" unterlegen ist. Das haben aber die Vorinstanzen bereits zutreffend verneint. Der Kontrahierungszwang besteht als Ausnahme vom Prinzip der Abschlußfreiheit nur in den vom Gesetz geregelten Fällen sowie überall dort, wo die faktische Übermacht eines Beteiligten bei bloß formaler Parität die Möglichkeit der "Fremdbestimmung" über andere gibt (ÖBl 1989, 19 - TURFSPORT mwN aus Rechtsprechung und Schrifttum; ÖBl 1994, 66 - Linzer Straßenbahnen mwN). Der Klägerin ist offenbar selbst bewußt, daß die Beklagte auf dem Gebiet des Zeitungswesens nicht Monopolistin mit faktischer Übermacht - auch nicht in der Steiermark und in Kärnten - ist. Sie meint nur, daß für eine kulturelle Großveranstaltung wie das für den 13.Juli 1996 festgesetzte Konzert eine Werbung in allen bedeutenden Medien notwendig sei, und schließt daraus auf die Pflicht der Beklagten, auch ihr Medium für eine solche Werbung zur Verfügung zu stellen. Für diese Auffassung fehlt jedoch jede Grundlage in der Rechtsordnung. Als Tageszeitung, die grundsätzlich über alle Aktualitäten berichtet, wird auch die "K*****" zweifellos über eine bevorstehende Großveranstaltung informieren. Eine Verpflichtung dazu besteht aber nicht; noch weniger kann die Beklagte verpflichtet sein, jedes Inserat für eine solche Veranstaltung selbst dann zu veröffentlichen, wenn sie mit einem Teil des Inhalts nicht einverstanden ist.

Auch wenn Konzerte wie dasjenige vom 13.Juli 1996 auf breites Interesse stoßen, besteht doch weder eine allgemeine Staatsbürgerpflicht, sie zu unterstützen noch die besondere Verpflichtung von Medien, jede Werbung dafür weiterzutragen.

Es trifft zwar zu, daß Sponsoring im heutigen Kultur- und Sportbereich sehr große Bedeutung hat. Es unterliegt auch keinem Zweifel, daß die Sponsoren - wie es die Klägerin für sich geltend macht (S. 53) - nicht "aus Nächstenliebe", sondern zu Reklamezwecken handeln. Das ist ihr gutes Recht, begründet aber nicht die Pflicht ihrer Mitbewerber, sie bei dieser für sie werbewirksamen Tätigkeit zu unterstützen. Ob sich die Unterstützung für den Sponsor noch "auszahlt", wenn Hinweise auf ihn in dem einen oder anderen Inserat nicht aufscheinen, muß der Sponsor selbst entscheiden. Allein sein wirtschaftliches Vertrauen in den Erfolg seiner Werbetätigkeit schafft noch keinen Anspruch gegen die Konkurrenten, Inserate für die gesponserten Veranstaltungen mit werbenden Hinweisen auf den Sponsor zu verbreiten.

Zutreffend verweist die Beklagte darauf, daß das Institut des Sponsorings durch das Verhalten der Beklagten nicht "in Frage gestellt" wird. Die Wirksamkeit einer Werbung zugunsten eines Sponsors bleibt auch dann bestehen, wenn er nicht überall erwähnt wird.

Die beanstandete Verhaltensweise der Beklagten steht somit nicht im Gegensatz zu den Grundsätzen des Leistungswettbewerbs und widerspricht damit auch nicht den guten Sitten im Sinn des § 1 UWG.

Auf den in der ersten Instanz geltend gemachten Rechtsgrund des § 2 UWG kommt die Klägerin im Rechtsmittelverfahren nicht mehr zurück.

Der Revisionsrekurs mußte erfolglos bleiben.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens gründet sich auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 41, 50 Abs 1, § 52 ZPO.

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