Rechtssatz
Der Verzicht auf einen Kündigungsgrund unter dem Gesichtspunkt des § 863 ABGB hat zur Voraussetzung, dass das Zuwarten des Vermieters mit der Aufkündigung unter Umständen erfolgt, aus denen mit Überlegung aller Umstände kein vernünftiger Grund daran zu zweifeln übrig bleibt, dass der Vermieter den ihm bekannten Sachverhalt nicht mehr als Kündigungsgrund geltend machen will (MietSlg 24306, 22435, 22433, 20497 ua). Es ist daher erforderlich, dass der Mieter weiß oder aus dem Verhalten des Vermieters doch mit Recht ableiten kann, dieser kenne den vollen Sachverhalt, der die Kündigung rechtfertigte, und dem Mieter keine Umstände bekannt sind, die ein Zuwarten des Vermieters mit der Kündigung aus einem anderen Grund als dem eines Verzichtes auf das Kündigungsrecht erklärlich erscheinen lassen.
Normen
ABGB §863 FII
MG §19 C
MRG §30 Abs1 C
4 Ob 569/76 | OGH | 07.09.1976 |
Veröff: MietSlg 28393 |
4 Ob 137/76 | OGH | 01.02.1977 |
Veröff: Arb 9552 = MietSlg 29187/10 |
6 Ob 541/77 | OGH | 31.03.1977 |
Veröff: MietSlg 29371 |
1 Ob 674/80 | OGH | 01.10.1980 |
Auch; Beisatz: Inhalt und Umfang eines solchen Verzichtes richten sich in der Regel danach, welcher Sachverhalt dem Vermieter bekannt geworden ist. (T1) <br/>Veröff: MietSlg 32358 |
5 Ob 576/81 | OGH | 05.05.1981 |
Auch; nur: Der Verzicht auf einen Kündigungsgrund unter dem Gesichtspunkt des § 863 ABGB hat zur Voraussetzung, dass das Zuwarten des Vermieters mit der Aufkündigung unter Umständen erfolgt, aus denen mit Überlegung aller Umstände kein vernünftiger Grund daran zu zweifeln übrig bleibt, dass der Vermieter den ihm bekannten Sachverhalt nicht mehr als Kündigungsgrund geltend machen will (MietSlg 24306, 22435, 22433, 20497 ua). (T2) <br/>Beisatz: Hier: § 1118 ABGB (T3) |
3 Ob 557/81 | OGH | 22.07.1981 |
Auch; nur T2; Beisatz: Mit Begründung aus dem Wesen des Dauerschuldverhältnisses und der gesetzlichen Kündigungsbeschränkungen; hier: einjährige Untätigkeit. (T4) |
3 Ob 609/81 | OGH | 13.01.1982 |
Vgl auch; nur T2; Beisatz: Ein gewisses Zuwarten aus sozialen Erwägungen kann gegen einen stillschweigenden Kündigungsverzicht sprechen. (T5) |
6 Ob 695/81 | OGH | 03.03.1982 |
Auch; Beisatz: Dem Vermieter kann nicht zugemutet werden, ohne entsprechende Grundlagen allenfalls vorzeitig eine Aufkündigung einzubringen und sich dadurch den Kostenfolgen eines verlorenen Rechtsstreites auszusetzen. (T6) <br/>Veröff: MietSlg 34484 |
1 Ob 621/82 | OGH | 07.07.1982 |
Auch; nur T2; Beis wie T1; Beis wie T6 |
3 Ob 505/84 | OGH | 23.05.1984 |
nur T2; Beisatz: Dabei kommt es immer auf die Umstände des einzelnen Falles und nicht allein darauf an, dass der Vermieter mit der Kündigung längere Zeit zugewartet hat. (T7) |
6 Ob 733/83 | OGH | 06.09.1984 |
Vgl auch; nur T2; Beisatz: Haben die Vermieter durch das Einbringen von 2 Kündigungen bereits deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie die Kündigung und Räumung anstreben, hätte es trotz des Ablaufes von mehr als zweieinhalb Jahren bis zur gegenständlichen Kündigung besonderer Umstände, allenfalls in Form von Erklärungen bedurft, um einen Absichtswandel der Vermieter vor Einbringen der gegenständlichen Kündigung mit der durch § 863 ABGB erforderlichen Deutlichkeit erschließen zu können. (T8) |
8 Ob 634/87 | OGH | 15.03.1988 |
nur T2; Beisatz: Hier: Vertragswidrige, aber widerspruchslose Benützung eines Geschäftslokals nur zu Lagerzwecken durch siebzehn Jahre (also schon vor Inkrafttreten des MRG). (T9) |
6 Ob 580/81 | OGH | 06.02.1992 |
Vgl auch |
7 Ob 631/94 | OGH | 23.11.1994 |
Vgl auch; nur T2; Beisatz: hat der Vermieter aufgrund der bewilligten Aufkündigung die Räumungsexekution erwirkt und die Wohnung anschließend für eigene Zwecke benützt, ist ihm sehr wohl zuzubilligen, auf den Wiedereinsetzungsantrag des Beklagten nicht sofort mir einer neuerlichen Aufkündigung zu reagieren, sondern zunächst einmal das ohnehin bereits anhängige Verfahren weiterzuführen und dessen Ausgang abzuwarten. (T10) |
1 Ob 565/95 | OGH | 29.05.1995 |
Auch; nur T2; Beis wie T6; Beisatz: Ein Verzicht auf die Geltendmachung eines Kündigungsgrundes darf nur angenommen werden, wenn der Vermieter trotz Kenntnis des rechtsbegründenden Sachverhalts die Kündigung ohne die Säumnis erklärende Gründe während längerer Zeit unterlässt. (T11) |
4 Ob 2050/96s | OGH | 16.04.1996 |
Beis wie T6; Beisatz: Den Vermieter trifft weder eine Obliegenheit zur Anstellung von Nachforschungen noch zur Ermittlung der tatsächlichen Voraussetzungen für die erfolgreiche Geltendmachung eines Kündigungsgrundes. Allfällige Verschleierungshandlungen des gekündigten Mieters schließen die Annahme eines konkludenten Verzichtes des Vermieters auf das Kündigungsrecht aus. (T12) |
4 Ob 2190/96d | OGH | 17.09.1996 |
Vgl auch; nur T2; Beisatz: Bei Annahme eines stillschweigenden Verzichts auf die Geltendmachung der Räumung wegen titelloser Benützung ist besondere Vorsicht geboten. (T13) |
1 Ob 254/00k | OGH | 28.11.2000 |
nur T2; Beisatz: Auch bei Dauertatbeständen - hier unzulässige Hundehaltung im Haus - kommt an sich ein stillschweigender Kündigungsverzicht in Frage, allerdings ist ein besonders strenger Maßstab anzulegen. Im Zweifel wird ein konkludenter Verzicht des Bestandgebers auf das Kündigungsrecht nicht anzunehmen sein. (T14) |
3 Ob 268/02m | OGH | 21.08.2003 |
Vgl auch; nur T2; Beisatz: Der Umstand, dass hier die Vermieterin nicht sogleich eine Aufkündigung einbrachte, sondern mit Antrag bei der Schlichtungsstelle die Beseitigung der vorgenommenen Veränderungen begehrte, kann in keiner Weise als Tolerierung der vom Mieter vorgenommenen baulichen Maßnahmen und als Verzicht auf die Geltendmachung des Kündigungsgrunds des erheblich nachteiligen Gebrauchs angesehen werden. Im Gegenteil gab die Vermieterin damit klar zum Ausdruck, mit den vom Beklagten eigenmächtig vorgenommenen baulichen Veränderungen nicht einverstanden zu sein. (T15) |
7 Ob 273/07h | OGH | 23.01.2008 |
Auch; Beisatz: Hier: Nimmt der Vermieter „nach Prüfung der Sach-und Rechtslage" den Eintritt der Beklagten in das Hauptmietverhältnis zur Kenntnis, liegt keine - gar nicht geforderte - ausdrückliche Erklärung des Vermieters vor, er werde unter allen Umständen auf die Überprüfung des Vorliegens der Eintrittsvoraussetzungen verzichten, wenn ihm kein Umstand bekannt war, der das Fehlen auch nur indizieren hätte können. (T16) |
8 Ob 86/08t | OGH | 14.10.2008 |
Auch; nur T2; Beisatz: Ob auf ein Recht iSd §863 ABGB stillschweigend verzichtet wurde, ist unter Anlegung eines strengen Maßstabs zu prüfen. (T17)<br/>Beisatz: Hält sich der Mieter nicht an die „Vereinbarung" mit dem Vermieter, dass er (der Mieter) die Wohnung entrümpeln und das vorhandene Ungeziefer beseitigen werde, so kann dem Vermieter nicht unterstellt werden, er hätte durch diese „Vereinbarung" auf die Einbringung der Aufkündigung wegen erheblich nachteiligen Gebrauchs (§ 30 Abs 2 Z 3 erster Fall MRG) trotz Weiterbestehens des Unrats in der Wohnung verzichtet). (T18) |
4 Ob 73/12g | OGH | 12.06.2012 |
Vgl auch; Beisatz: Hier: KFZ-Händler- und Servicevertrag. (T19) |
6 Ob 190/15g | OGH | 23.10.2015 |
Vgl auch; Beis wie T11; Beis ähnlich wie T7; Beisatz: Wenn der Mieter einen Antrag auf Durchführung notwendiger Erhaltungsarbeiten einbrachte und der Vermieter in diesem Verfahren klar zum Ausdruck brachte, dass er die Ursache für die eingetretenen Schäden ausschließlich der Sphäre des Mieters zurechnet, kann im Zuwarten mit einer Aufkündigung kein konkludenter Verzicht auf den Kündigungsgrund des erheblich nachteiligen Gebrauchs gesehen werden. (T20) |
Dokumentnummer
JJR_19760907_OGH0002_0040OB00569_7600000_001
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