OGH 14Os61/95 (RS0095004)

OGH14Os61/9520.6.1995

Rechtssatz

- Vaginalpenetration mit dem Finger

Ob eine digitale Vaginalpenetration dem Beischlaf gleichzusetzen ist, muss strikt einzelfallbezogen nach der Summe der Auswirkungen und Begleiterscheinungen eines solchen Sexualangriffes beurteilt werden. Als Vergleichskriterien sind die Intensität der sexuellen Inanspruchnahme, die Schwere des Eingriffes in die sexuelle Selbstbestimmung und das Ausmaß der Demütigung und Erniedrigung des Opfers heranzuziehen. Ein kurzzeitiges und unvollständiges Eindringen mit dem Finger in die Scheide einer erwachsenen Frau ist nach allgemeinem Verständnis noch nicht dem Beischlaf gleichzusetzen. Sofern der Vorsatz des Täters nicht auf ein als nach den bezeichneten Kriterien dem Beischlaf gleichzusetzendes intensives Eindringen mit dem Finger in die Vagina gerichtet ist, kann in einem solchen Fall auch nicht der Versuch einer Vergewaltigung angenommen werden.

Normen

StGB §201
StGB §206

14 Os 61/95OGH20.06.1995
13 Os 128/01OGH07.11.2001

nur: Als Vergleichskriterien sind die Intensität der sexuellen Inanspruchnahme, die Schwere des Eingriffes in die sexuelle Selbstbestimmung und das Ausmaß der Demütigung und Erniedrigung des Opfers heranzuziehen. (T1)

14 Os 78/02OGH06.08.2002
11 Os 70/02OGH03.09.2002

nur: Ob eine digitale Vaginalpenetration dem Beischlaf gleichzusetzen ist, muss strikt einzelfallbezogen nach der Summe der Auswirkungen und Begleiterscheinungen eines solchen Sexualangriffes beurteilt werden. Als Vergleichskriterien sind die Intensität der sexuellen Inanspruchnahme, die Schwere des Eingriffes in die sexuelle Selbstbestimmung und das Ausmaß der Demütigung und Erniedrigung des Opfers heranzuziehen. Ein kurzzeitiges und unvollständiges Eindringen mit dem Finger in die Scheide einer erwachsenen Frau ist nach allgemeinem Verständnis noch nicht dem Beischlaf gleichzusetzen. (T2)<br/>Beisatz: Auch der Vorsatz des Täters muss auf eine nach den bezeichneten Kriterien dem Beischlaf gleichzusetzende (nicht notwendigerweise auch eine Penetration erfassende!) intensive Manipulation der Vagina gerichtet sein, weil sonst weder von einem für die Vollendung des Deliktes nach § 201 StGB ausreichendem "Unternehmen" gesprochen, noch der Versuch einer Vergewaltigung angenommen werden könnte. (T3)<br/>Im Hinblick auf die durch § 202 StGB pönalisierten, ebenfalls durch den Einsatz von Gewalt oder gefährliche Drohung gekennzeichneten geschlechtlichen, in der Regel auf Geschlechtsorgane ausgerichteten Handlungen, unter denen Küsse, Umarmungen, bloße Zudringlichkeiten, kurze Berührungen und dergleichen von vornherein nicht zu verstehen sind, muss die "digitale Vaginalpenetration" über den dort erfassten Unwertsgehalt hinausgehen. Ohne die geschlechtsspezifische Handlung aggravierende Begleitumstände vermag somit eine digitale Vaginalpenetration die geforderte, einem Beischlaft vergleichbare Tatintensität nicht zu bewirken. (T4)<br/>Beisatz: Hier: Ein "nicht bloß kurzfristiges und teilweises Eindringen" mit dem Finger in die Vagina des Tatopfers sagt über Intensität und Dauer des Sexualangriffes nichts aus, sodass nach Lage des Falles eine (auch zur Abgrenzung vom Delikt der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 StGB erforderliche) Beurteilung des Schweregrades der Rechtsgutbeeinträchtigung nicht möglich ist. (T5)

11 Os 80/02OGH01.10.2002

Vgl; Beisatz: Hier: Die beschriebene Begehungsweise stellt schon in Hinblick darauf, dass sie an einer noch nicht einmal zehn Jahre alten Unmündigen begangen wurde, unabhängig von der Dauer des Eindringens jedenfalls eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung dar. (T6)

11 Os 26/03OGH29.04.2003

Auch; nur T2

14 Os 42/03OGH24.06.2003

Vgl aber; Beisatz: Die digitale Penetration ist eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung im Sinne des § 201 StGB, unabhängig von der Dauer des Eingriffs und der Tiefe des Eindringens. (T7)

12 Os 101/04OGH10.03.2005

Vgl; Beisatz: Eine digitale Vaginalpenetration ist eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung, wenn sie nach der konkreten Fallgestaltung in der Summe ihrer Auswirkungen und Begleiterscheinungen nach allgemeinem Verständnis eine solche Gleichsetzung zulässt, wobei als Vergleichskriterien die Intensität der sexuellen Inanspruchnahme, die Schwere des Eingriffs in die sexuelle Selbstbestimmung und das Ausmaß der Demütigung und Erniedrigung des Opfers heranzuziehen sind. (T8)

11 Os 88/05hOGH27.09.2005

Vgl; Beis ähnlich wie T8; Beis ähnlich wie T6

11 Os 143/05xOGH14.03.2006

Auch; Beisatz: Eine Handlung ist stets dann eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche, wenn sie bei fallspezifischer Gesamtbetrachtung nach der Intensität der sexuellen Inanspruchnahme und der Schwere des Eingriffs in die Sexualsphäre dem Beischlaf entspricht, was auf das wiederholte Einführen eines Fingers in die Scheide eines zur Tatzeit etwa dreizehnjährigen Mädchens jedenfalls zutrifft. (T9)

14 Os 15/06xOGH04.04.2006

Auch; Beis wie T8; Beis ähnlich wie T6

13 Os 141/06vOGH11.04.2007

Vgl aber; Beis wie T8 nur: Eine digitale Vaginalpenetration ist eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung, wenn sie nach der konkreten Fallgestaltung in der Summe ihrer Auswirkungen und Begleiterscheinungen nach allgemeinem Verständnis eine solche Gleichsetzung zulässt. (T10); Beis wie T7

12 Os 16/08gOGH13.03.2008

Auch; Beis ähnlich wie T8; Beis ähnlich wie T6

14 Os 156/08kOGH16.12.2008

Vgl; Beis wie T6; Beis wie T7; Beisatz: Hier: 13jähriges Tatopfer. (T11)

15 Os 100/09hOGH09.09.2009

Auch; Beisatz: Hier: Neunjähriges Tatopfer. (T12)

11 Os 145/09xOGH19.01.2010

Vgl; Beis wie T8; Beisatz: Hier: Tiefes Eindringen mit dem Finger in die Scheide des zum Tatzeitpunkt erst 10-jährigen Mädchens. (T13)

15 Os 60/10bOGH30.06.2010

Vgl; Beis wie T6; Beis wie T7; Beis wie T13

12 Os 128/10fOGH11.11.2010

Vgl; Beis ähnlich wie T6

11 Os 131/10iOGH17.02.2011

Vgl

15 Os 122/11xOGH19.10.2011

Vgl aber; Beis ähnlich wie T6; Beis ähnlich wie T11

13 Os 54/13kOGH29.08.2013

Vgl; Beisatz: Die (von einem unmündigen Mädchen über Verleitung des Täters an sich selbst vorgenommene) digitale Vagnialpenetration entspricht auch beim Tatbild des § 206 Abs 2 zweiter Fall StGB dem Merkmal der "dem Beischlaf gleichzusetzenden" geschlechtlichen Handlung. (T14)

11 Os 134/13kOGH12.11.2013

Auch; Beisatz: Die Aufforderung an das Tatopfer im Rahmen eines Internetkontakts via Skype, sich vor der Internetkamera einen Finger in die Scheide bzw in den After einzuführen, stellt eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung dar. (T15)

15 Os 152/13mOGH11.12.2013

Auch

15 Os 31/14vOGH23.04.2014

Auch; Beis wie T8

12 Os 71/14dOGH03.07.2014

Vgl auch; Beisatz: Hier: Mehrfache Digitalpenetration bei einem sechs‑ bis siebenjährigen Mädchen. (T16)

14 Os 17/18hOGH06.03.2018

Auch; Beis wie T6; Beis wie T7; Beis wie T8; Beis wie T9; Beis wie T10; Beis wie T11

12 Os 335/19fOGH11.04.2019

Vgl; Beisatz: Hier: Zwei Finger zur Gänze. (T17)

14 Os 47/19xOGH21.05.2019

Vgl aber; Beisatz: Nach gefestigter jüngerer Rechtsprechung erfüllt jede digitale (Vaginal‑)Penetration das Tatbild (einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung). (T17)

15 Os 90/19bOGH22.08.2019

Vgl aber; Beis wie T7; Beis wie T17

11 Os 126/19tOGH10.12.2019

Vgl aber; Beis wie T7

14 Os 41/21tOGH01.06.2021

Vgl; Beis wie T17

12 Os 83/21dOGH16.09.2021

Vgl; Beis wie T7; Beis wie T17

Dokumentnummer

JJR_19950620_OGH0002_0140OS00061_9500000_001