Eine Zahlungserleichterung kann entweder die Bewilligung einer Stundung (Hinausschiebung des Zeitpunktes der Abgabenentrichtung) oder die Bewilligung der Abgabenentrichtung in Raten sein.
Eine Zahlungserleichterungsbewilligung (Stundung oder Raten) setzt ein entsprechendes Ansuchen (Rz 203 bis Rz 215) voraus und ist nur zulässig (Ermessensentscheidung), wenn
- die sofortige oder die sofortige volle Entrichtung der Abgaben für den Abgabepflichtigen mit erheblichen Härten verbunden (Rz 223 bis Rz 231) und
- die Einbringlichkeit der Abgabe nicht gefährdet ist (Rz 232 bis Rz 239).
Fehlt auch nur eine der im
§ 212 Abs. 1 BAO genannten Voraussetzungen, so ist für eine Ermessensentscheidung kein Raum; die Abgabenbehörde hat diesfalls das Ansuchen aus Rechtsgründen abzuweisen (
VwGH 20.9.2001, 2001/15/0056;
VwGH 4.9.2008, 2007/17/0118).
Eine Zahlungserleichterung ist ein antragsbedürftiger begünstigender Verwaltungsakt (
VwGH 23.3.2000, 99/15/0145, 0156;
VwGH 4.9.2008, 2007/17/0118). Ein Ansuchen des Abgabepflichtigen ist stets Voraussetzung für einen Zahlungserleichterungsbescheid (
VwGH 23.3.2000, 99/15/0145). Hat die Behörde einen antragsgebundenen Bescheid ohne Vorliegen eines derartigen Antrages erlassen, so hat sie eine Zuständigkeit in Anspruch genommen, die ihr nicht zukommt (
VwGH 17.6.1992, 91/13/0243;
VwGH 17.12.2002, 2002/17/0273).
Ein Ansuchen um Zahlungserleichterungen bedarf keiner besonderen Form. Es kann nicht nur schriftlich, sondern auch mündlich gestellt werden. Dass ein solches Ansuchen nach
§ 85 Abs. 1 BAO grundsätzlich schriftlich anzubringen ist, hindert die Behörde nicht, im Einzelfall auch ein mündliches Anbringen gemäß
§ 85 Abs. 3 BAO zur Kenntnis zu nehmen (
OGH 5.3.1996, 14 Os 80/95).
Bei Begünstigungstatbeständen, zu denen auch Zahlungserleichterungen gehören, tritt die Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung gegenüber der Offenlegungspflicht des Begünstigungswerbers in den Hintergrund. Der eine Begünstigung in Anspruch nehmende Abgabepflichtige hat also selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen all jener Umstände darzulegen, auf welche die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann (
VwGH 26.2.2002, 2000/17/0252). Dem Antragsteller fällt die Behauptungslast und diesbezügliche Konkretisierungspflicht (erhöhte Mitwirkungspflicht) zu. Er hat alle maßgeblichen Umstände überzeugend darzulegen (
VwGH 28.2.2000, 99/17/0416;
VwGH 23.10.2000, 2000/17/0069). Die Voraussetzungen für die Bewilligung einer Zahlungserleichterung, nämlich das Vorliegen einer erheblichen Härte und der Umstand, dass die Einbringung der Abgabe nicht gefährdet ist, hat der Abgabepflichtige aus eigenem Antrieb konkretisiert anhand seiner Einkommens- und Vermögenslage überzeugend darzulegen (
VwGH 26.2.2001, 2000/17/0252;
VwGH 20.9.2001, 2001/15/0056).
Kommt der Abgabepflichtige als Begünstigungswerber diesen Mindestanfordernissen, die an den Antrag zu stellen sind, nicht nach, hat er mit dessen Abweisung zu rechnen (
VwGH 28.2.2000, 99/17/0416).
Hat der Abgabepflichtige keine Beweise für seine zur Erlangung einer Zahlungserleichterung aufgestellten Behauptungen erbracht, berechtigt dies die Abgabenbehörde jedoch nicht, sich über diese Behauptungen ohne jedes Ermittlungsverfahren hinwegzusetzen. Der Umstand, dass bei der Gewährung abgabenrechtlicher Begünstigungen der Grundsatz der strikten Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung in den Hintergrund tritt, bedeutet keineswegs, dass die Abgabenbehörde von ihrer amtswegigen Ermittlungspflicht völlig entbunden wird. Insbesondere in Fällen, in denen der Abgabepflichtige Behauptungen aufstellt, die durchaus der Wirklichkeit entsprechen können, bei denen aber die Abgabenbehörde die Auffassung vertritt, dass sie zu beweisen oder zumindest glaubhaft zu machen sind, erfordert ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren, dass der Abgabepflichtige zur Beweisführung bzw. Glaubhaftmachung aufgefordert wird (VwGH 8.2.1989, 85/13/0001).
Kann ein Ansuchen um Ratenbewilligung nicht umgehend erledigt werden (zB weil noch Erhebungen erforderlich sind), so ist der Antragsteller zweckmäßigerweise zur vorläufigen Entrichtung der von ihm angebotenen Raten aufzufordern.
Ansuchen um Zahlungserleichterung sind ohne unnötigen Aufschub bescheidmäßig zu erledigen (
§ 85a BAO). Bei Abweisung wird hiedurch gewährleistet, dass die bei Vorliegen der Voraussetzungen hiefür einzuräumende Monatsfrist des
§ 212 Abs. 3 zweiter Satz BAO möglichst frühzeitig abläuft. Nach Einlangen des Ansuchens hat das Finanzamt umgehend zu prüfen, ob die Voraussetzungen vorliegen, von denen das Gesetz die Ermessensübung (siehe Rz 201 und 202) abhängig macht. Ansuchen, bei denen offenkundig ist, dass eine Bewilligung nicht in Betracht kommt, sind unverzüglich abzuweisen. Ansuchen, die nicht von vornherein unbegründet erscheinen, sind vom Finanzamt unter Bedachtnahme auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie auf die Liquiditätslage des Abgabenschuldners (der in Anspruch genommenen Gesamtschuldner und Haftungspflichtigen) zu erledigen.
Die Bewilligung einer Zahlungserleichterung kommt nur bei solchen Abgaben in Betracht, die beim Antragsteller Gegenstand von Einbringungsmaßnahmen sein können (
VwGH 16.12.1994, 93/17/0420;
VwGH 20.9.2001, 2001/15/0056). Das setzt voraus, dass die Abgabe auf einem seiner Abgabenkonten gebucht wird. Eine Zahlungserleichterung ist in folgenden Fällen ausgeschlossen:
- Die Abgaben sind Gegenstand einer Aussetzung der Einhebung (§ 212a BAO). Somit schließen beide Maßnahmen einander wechselseitig aus (VwGH 30.11.1989, 88/13/0213).
- Der Beschwerde an den VfGH oder der Revision an den VwGH wurde aufschiebende Wirkung zuerkannt, die sich auf diese Abgaben erstreckt.
- Der Haftende ist weder in Anspruch genommen noch zur Abfuhr verpflichtet. Besteht hingegen eine Abfuhrpflicht, so kann ihm eine Zahlungserleichterung bewilligt werden (VwGH 27.10.1997, 91/17/0098). Daher ist eine Zahlungserleichterungsbewilligung für den Arbeitnehmer bezüglich der vom Arbeitgeber einzubehaltenden Lohnsteuer ausgeschlossen, nicht jedoch für den Arbeitgeber (VwGH 26.2.1979, 2725/77).
- Anzahlungen (§ 205 Abs. 3 BAO). Da keine Verpflichtung besteht, Anzahlungen zu entrichten, können sie nicht im Weg der Vollstreckung eingehoben werden. Anzahlungen können daher nicht Gegenstand einer Zahlungserleichterungsbewilligung sein.
Die einem Gesamtschuldner gewährte Zufristung wirkt auch zu Gunsten der anderen schon in Anspruch genommenen Gesamtschuldner; es ist daher jeder Gesamtschuldner, der durch ein Leistungsgebot (Abgaben-, Haftungsbescheid) bereits in Anspruch genommen wurde, zur Einbringung eines Zahlungserleichterungsansuchens berechtigt, doch müssen die erforderlichen Voraussetzungen für eine Zahlungserleichterungsbewilligung bei allen Mitschuldnern gegeben sein (
VwGH 12.11.1997, 97/16/0422;
VwGH 22.2.2001, 95/15/0058). Bringt beispielsweise einer von mehreren in Anspruch genommenen Gesamtschuldnern ein Zahlungserleichterungsansuchen ein, so ist dieses auch dann abzuweisen, wenn zwar nach den persönlichen Verhältnissen dieses Gesamtschuldners die sofortige oder sofortige volle Entrichtung der Abgabenschuld für ihn mit erheblichen Härten verbunden wäre und ihm gegenüber keine Gefährdung der Einbringlichkeit besteht (siehe Rz 201 und Rz 202), diese Voraussetzungen jedoch nur bei einem der übrigen Gesamtschuldner nicht vorliegen.
Wenn auch im Fall eines Gesamtschuldverhältnisses der Zahlungserleichterungsbescheid nur an einen Gesamtschuldner ergeht, so ist dennoch im Hinblick auf das Bestehen eines einheitlichen Anspruches eine Hemmung der Einbringung (
§ 230 BAO) jeweils allen im Zeitpunkt der Bescheiderteilung in Anspruch genommenen Gesamtschuldnern gegenüber gegeben.
Da weder Drittschuldnern noch übernommenen Schuldnern iSd
§§ 1392 ff ABGB in dieser Eigenschaft die Stellung eines Abgabepflichtigen zukommt, finden die Bestimmungen des
§ 212 BAO auf allfällige von solchen Personen eingebrachte Ansuchen um Zahlungserleichterung keine Anwendung. Die Bewilligung von Zahlungserleichterungen an einen Drittschuldner ist zwar durch
§ 73 Abs. 1 AbgEO nicht ausdrücklich ausgeschlossen, sie setzt jedoch die Zustimmung des Abgabenschuldners voraus. Eine solche Bewilligung ist allerdings kein Bescheid nach
§ 212 BAO, sondern nur eine privatrechtliche Erklärung der Behörde.
Ein vom Abgabepflichtigen gestelltes Ansuchen um Zahlungserleichterung ist,
- wenn es zeitgerecht iSd § 230 Abs. 3 BAO eingebracht wurde, für den Beginn des Zeitraumes, für den Stundungszinsen zu entrichten sind, maßgeblich, (Rz 297 und Rz 298),
- kann eine Hemmung der Einbringung bewirken (Rz 217 bis Rz 220) und
- kann die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages hinausschieben (Rz 221 und Rz 222).
Ein Ansuchen um Zahlungserleichterung ist zeitgerecht iSd
§ 230 Abs. 3 BAO, wenn es vor Ablauf der für die Entrichtung der Abgabe zur Verfügung stehenden Frist oder während der Dauer eines diese Abgabe betreffenden Zahlungsaufschubes iSd
§ 212 Abs. 2 zweiter Satz BAO eingebracht wird.
Wurde ein Ansuchen um Zahlungserleichterung zeitgerecht iSd
§ 230 Abs. 3 BAO eingebracht, so dürfen Einbringungsmaßnahmen bis zur Erledigung des Ansuchens nicht eingeleitet oder fortgesetzt werden (
§ 230 Abs. 3 BAO).
Wurde ein Ansuchen um Zahlungserleichterung nicht zeitgerecht eingebracht, so kann die Abgabenbehörde dem Ansuchen aufschiebende Wirkung hinsichtlich der Maßnahmen zur Einbringung zuerkennen (
§ 230 Abs. 4 BAO). Demnach steht ein verspätetes Ansuchen der Ausfertigung eines Rückstandsausweises und der Einleitung oder Fortsetzung von Einbringungsmaßnahmen solange nicht entgegen, als nicht auf Grund eines solchen Ansuchens Zahlungserleichterungen bewilligt werden.
Wurde ein Ansuchen um Zahlungserleichterung erst nach Einleitung von Einbringungsmaßnahmen eingebracht, so kann dies einen Grund für den Aufschub weiterer Einbringungsmaßnahmen gemäß
§ 18 Z 7 AbgEO darstellen.
In den Fällen der Vollstreckungshilfe (
§ 5 Abs. 1 AbgEO) obliegt die Entscheidung über Ansuchen um Zahlungserleichterungen dem ersuchenden Finanzamt.
Nach § 217 Abs. 4 lit. b in Verbindung mit
§ 230 Abs. 3 BAO verhindern zeitgerechte Ansuchen um Zahlungserleichterungen die Verwirkung von Säumniszuschlägen. Dies gilt sowohl für den ersten als auch für den zweiten und dritten Säumniszuschlag. Aus § 217 Abs. 4 lit. b in Verbindung mit
§ 230 Abs. 5 BAO ergibt sich, dass bei Bewilligung der Zahlungserleichterung für die Dauer des Zahlungsaufschubes keine Säumniszuschlags-ansprüche entstehen. Die Verpflichtung zur Entrichtung des Säumniszuschlages tritt erst ein, wenn infolge eines Terminverlustes (
§ 230 Abs. 5 BAO) ein Rückstandsausweis (
§ 229 BAO) ausgestellt wird.
Wird einem iSd
§ 230 Abs. 3 BAO zeitgerecht eingebrachten Ansuchen um Zahlungserleichterung nicht stattgegeben, so steht für die Zahlung der Abgabe eine Nachfrist von einem Monat zu (
§ 212 Abs. 3 zweiter Satz BAO). Während der Dauer der Nachfrist entstehen keine Säumniszuschlagsansprüche (
§ 217 Abs. 4 lit. b BAO). Dies gilt sowohl für den ersten als auch für den zweiten und dritten Säumniszuschlag. Wird allerdings gegen die Abweisung eines Ansuchens um Zahlungserleichterung innerhalb der Frist des
§ 212 Abs. 3 zweiter Satz BAO eine Bescheidbeschwerde (
§ 243 BAO) oder ein Vorlageantrag (
§ 264 BAO) eingebracht, so ergibt sich aus
§ 212 Abs. 4 BAO ein Hinausschieben der Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages sowie ein dem
§ 212 Abs. 3 zweiter Satz BAO entsprechender Anspruch auf eine Nachfristsetzung, wenn der Bescheidbeschwerde nicht stattgegeben wird (
VwGH 22.3.2000, 98/13/0227).