VwGH 2002/17/0273

VwGH2002/17/027317.12.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde 1. der POLYTEC FOR Car Styling GmbH & Co. KG in Hörsching,

2. der POLYTEC Immobilien GmbH in Marchtrenk und 3. der POLYTEC Holding AG in Hörsching, alle vertreten durch Dr. Dietmar Endmayr, Rechtsanwalt in 4601 Wels, Vogelweiderstraße 9, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 12. Juli 2002, Zl. Gem-524254/3-2002-SI/Wö, betreffend Vorschreibung einer Kanalbenützungsgebühr (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Hörsching, 4063 Hörsching, Neubauerstraße 26),

Normen

VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z2;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z2;

 

Spruch:

1. den Beschluss gefasst:

Die Beschwerde der Erst- und Zweitbeschwerdeführerin wird zurückgewiesen.

Die Erstbeschwerdeführerin und die Zweitbeschwerdeführerin haben dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

2. zu Recht erkannt:

Über Beschwerde der Drittbeschwerdeführerin wird der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat der Drittbeschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 22. Dezember 2000 schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde aus Anlass der Errichtung einer Produktions- und Lackieranlage auf einer näher bezeichneten Liegenschaft dem grundbücherlichen Eigentümer gemäß § 3 Abs. 1 der Kanalgebührenordnung der mitbeteiligten Marktgemeinde für den Zeitraum von Jänner 1995 bis 31. Dezember 2000 eine Nachzahlung zur Kanalbenützungsgebühr von S 554.581,50 vor. Bescheidadressatin dieses Bescheides war die "FOR Kunststofftechnik GmbH" in Hörsching. Der Bescheid wurde dieser GmbH nachweislich zugestellt.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte die Bescheidadressatin vor, der Bescheid verstoße insbesondere gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz des § 1 Abs. 3 O.ö. Interessentenbeiträgegesetz.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 26. Juni 2001 wies der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde diese Berufung als unbegründet ab. Bescheidadressatin war die POLYTEC Holding AG in Hörsching und dieser AG wurde der Bescheid nachweislich zugestellt.

In dem als Einspruch bezeichneten Vorlageantrag vom 11. Juli 2001 brachte die "POLYTEC FOR" vor, die Berufungsvorentscheidung sei zu Unrecht an die POLYTEC Holding AG und nicht an die POLYTEC FOR Car Styling GmbH & Co. KG ausgestellt worden.

Der Gemeinderat der Marktgemeinde Hörsching wies mit Bescheid vom 22. Oktober 2001, Zl. 851-3-342.2-2001-Ha, die Berufung gegen den Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 22. Dezember 2000 als unbegründet ab. Bescheidadressatin dieses Bescheides war die POLYTEC Holding AG in Hörsching.

Mit dem als "Berufung" bezeichneten Schreiben vom 15. November 2001 beantragte die "POLYTEC FOR, Polytec FOR Car Styling GmbH & Co. KG", den Bescheid vom 22. Oktober 2001, "Zl. 851-3-342-2000-St-BAO4/KoBen" (das ist die Geschäftszahl des erstinstanzlichen Abgabenbescheides vom 22. Dezember 2000), nochmals zu prüfen.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde "der Vorstellung der POLYTEC Holding AG vom 15. November 2001" keine Folge. Bescheidadressatin dieses Bescheides ist die POLYTEC Holding AG in Hörsching und nach der Zustellverfügung des Bescheides erging dieser Bescheid an diese AG.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde der POLYTEC FOR Car Styling GmbH & Co. KG, der POLYTEC Immobilien GmbH und der POLYTEC Holding AG. Die beschwerdeführenden Parteien erachten sich in ihrem Recht auf Nichtvorschreibung der Kanalbenützungsgebühr verletzt und machen sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine auf Art. 131 Abs. 1 Z 1 B-VG gestützte Beschwerde nur dann zulässig, wenn zumindest die Möglichkeit besteht, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in einem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt wurde. Demjenigen, dem gegenüber ein abgabenrechtlicher Bescheid nicht ergangen ist und demgegenüber er auch nicht wirkt, kann vor dem Verwaltungsgerichtshof keine Beschwerdelegitimation zukommen (vgl. hg. Erkenntnis vom 18. März 1994, Zl. 94/17/0125).

Der angefochtene Bescheid nennt als Bescheidadressatin die Drittbeschwerdeführerin. An diese ist der angefochtene Bescheid auch ergangen. Der angefochtene Bescheid wurde der Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin laut der Zustellverfügung des Bescheides nicht zugestellt, er ist an sie nicht ergangen und wirkt auch nicht gegen sie. Die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführerin war daher aus diesem Grund in dem nach § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

2. Die Beschwerde der Drittbeschwerdeführerin ist zulässig. Gegen den an die Drittbeschwerdeführerin ergangenen Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde hat aber nicht die Drittbeschwerdeführerin, sondern die "POLYTEC FOR Car Styling GmbH & Co. KG" Vorstellung erhoben.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes belastet die Erlassung eines antragsbedürftigen Verwaltungsaktes ohne Vorliegen eines Antrages den Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der Behörde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. März 1995, Zl. 93/17/0387).

Da die Drittbeschwerdeführerin keine Vorstellung gegen den Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde erhoben hat und der vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtene Vorstellungsbescheid somit ohne einen von der Drittbeschwerdeführerin erhobenen Vorstellungsantrag ergangen ist, belastete die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde.

Der angefochtene Bescheid war daher aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG aufzuheben.

3. Bei Erlassung des Bescheides des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 22. Dezember 2000 war die FOR Kunststofftechnik GmbH gemäß §§ 245 ff AktG bereits in FOR Kunststofftechnik AG umgewandelt und im Fall der Gesamtrechtsnachfolge hatte der Bescheid erster Instanz damals an diese Aktiengesellschaft zu ergehen (in der Zwischenzeit ist nach den vorgelegten Firmenbuchauszügen eine weitere Rechtsnachfolge eingetreten). Die FOR Kunststofftechnik GmbH war im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides vom 22. Dezember 2000 im Firmenbuch bereits gelöscht, so dass dieser Bescheid ins Leere gegangen ist. Mit dem an die Drittbeschwerdeführerin ergangenen Berufungsbescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde wurde die nicht von der Drittbeschwerdeführerin, sondern von der POLYTEC FOR Car Styling GmbH & Co. KG erhobene Berufung abgewiesen. Dieser ebenfalls mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit belastete Berufungsbescheid blieb von der Drittbeschwerdeführerin unangefochten.

Eine Abweisung der Berufung als unbegründet ist so zu werten, als ob die Berufungsbehörde einen mit dem angefochtenen Bescheid erster Instanz im Spruch übereinstimmenden Bescheid erlassen hätte, der fortan an die Stelle des angefochtenen Bescheides tritt (Ritz, Bundesabgabenordnung Kommentar2, Rz 3 zu § 289 BAO).

Im Beschwerdefall allerdings ist der mit Berufung angefochtene Bescheid erster Instanz ins Leere gegangen und nicht wirksam geworden. In einem solchen Fall kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Spruchinhalt des ins Leere gegangenen Bescheides zum Spruchinhalt des Berufungsbescheides wird und dieser an die Stelle des angefochtenen Bescheides erster Instanz tritt, weil ein solcher nicht ergangen ist.

4. Bei diesem Ergebnis hatte ein Abspruch des Berichters über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebende Wirkung der Beschwerde zu unterbleiben.

5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

6. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert werden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes

nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am 17. Dezember 2002

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